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Okt.17
on 17. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Linda Moulhem Arous

Linda Moulhem Arous

Kritk am Bildunsplan und mangelnden
pädagogischen Freiheiten

Interview mit einem Hamburger Gymnasiallehrer
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Linda Moulhem Arous

Heeey Freunde,

ich habe mit einem Lehrer ein sehr interessantes Interview zum Hamburger Schulsystem geführt. Sven unterrichtet an einem Hamburger Gymnasium Informatik- und Mathematik und ist auch in der Lehrer/innenfortbildung tätig. Er konnte mir interessante Einblicke in den das vom Hamburger Schulsystem geprägten Schulalltag geben.

Es war ein superinteressantes Gespräch und ich bedanke mich hiermit noch mal bei Sven für seine ehrlichen und offenen Antworten.

Hier  das Video, gerne lese ich Eure Kommentare zu Svens Vorschlägen.

Hier ist nun mein Interview mit dem Informatik und Mathematiklehrer Sven Er

 

Über die Autorin: Linda Moulhem Arous (Jahrgang 1998) studiert Politikwissenschaft, ist aktives Mitglied der Partei DIE LINKE. in Hamburg-Langenhorn und bloggt auf YouTube.
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Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

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Okt.17
on 17. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Rui Filipe Gutschmidt

Rui Filipe Gutschmidt

Pro-Tejo klagt an „Spanien gräbt Portugal das Wasser ab!“

Rui Filipe Gutschmidt

Die anhaltende Trockenheit in Portugal und Spanien ist seid Langem bekannt. Doch kaum einer weiß wie verheerend es, vor allem im Süden Portugals ist. Der Rio Tejo, mit 1007 km der längste Fluss auf der Iberischen Halbinsel, hat in den letzten zwei Jahrzehnten etwa 25 Prozent seiner Wassermenge verloren. Die Stauseen des Südens sind weit unter dem Mittelwert und jeden Sommer ist Wasser sparen angesagt. Jetzt schlug die Umweltorganisation Pro-Tejo Alarm. Die Zuflüsse des Tejo sind nur noch Rinnsale. Die Spanier sollen daran Schuld haben.


In der Provinz „Beira Interior“, nördlich vom Tejo, ist die Trockenheit groß, doch das allein kann nicht der Grund dafür sein, dass der Pegel des Tejo-Zuflusses Rio Pônsul auf ein historisches Tief gesunken ist. Auch andere Zuflüsse von Portugals grössten Strom sind kaum noch mehr als ein Rinnsal. Weiter nördlich ist der Rio Côa so ausgetrocknet, dass er den Stausee „Sabugal“ nicht mehr erreicht. Spanien zapft seit langem die grossen Flüsse in Spanien an, um damit riesige Flächen zu bewässern. Damit dies nicht aus dem Ruder gerät und Portugal am Ende ohne Wasser dasteht, haben beide Länder ein Abkommen geschlossen.

Im Februar 2018 ist der Tajo in Aranjuez kaum mehr ein Fluss – er verschwindet in der Ufervegetation. Bild YouTube screenshot

„Es ist ein deprimierender Anblick. Tote Fische verbreiten einen ekelerregenden Gestank. Da, wo ich noch vor ein paar Jahren meine Reusen auslegte, meine Netze auswarf und Muscheln sammelte, ist jetzt kein Leben mehr. Ich bin ruiniert und überlebe nur dank meiner kleinen Rente von knapp 300 €…“, lamentiert ein Fischer des Rio Côa gegenüber einer Regionalzeitung. Die Restaurants, die für ihre Flusskrebse berühmt waren, müssen die Krustentiere jetzt teilweise aus Spanien kommen lassen. Doch die Preise kann sich kaum einer leisten. Die gesamte Region leidet unter der Trockenheit und die Flüsse sind nur ein Teil des Puzzles.

Dürre in Portugal (Dunkelbraun = die trockenste Region). Quelle IPMA CC BY 2.0

Nach Angaben des portugiesischen Wetterdienstes IPMA, befand sich das gesamte Land im September in einer Dürre, wobei fast die Hälfte (48,4%) eine mittlere und 15,4% eine gemäßigte Dürre verzeichneten. Ein Drittel war von schwerer (32,7%) oder extremer (3,4%) Dürre betroffen, letztere im Südosten des Landes, von Albufeira an der Algarve bis in die Nähe von Mértola im Alentejo. Die durchschnittliche Wassermenge war seit 1990/91 nicht mehr so niedrig. Neue Stauseen sollten das eigentlich vermeiden, aber dessen Speicherkapazität wurde inzwischen anuliert. Man kann ja auch nur speichern, was man hat. Wenn die Flüsse nicht genügend Wasser führen, dann kann man auch keines speichern.

Im Flussbett des Tejo liegt das Niveau mit 58,8%, etwas unter dem Durchschnittswert von 62,5%. Doch am fehlendem Regen alleine kann das nicht liegen.

Die Umweltschutzbewegung des Rio Tejo (in Spanien „Tajo“) PRO-TEJO, beschuldigte Spanien, das Stauseen-Abkommen in der hydrologischen Saison von Oktober 2018 bis September 2019 nicht eingehalten zu haben. „Spanien wird das Abkommen trotz der im August und September durchgeführten großen Wassereinleitungen, die einem Drittel der jährlichen Durchflussmenge entsprechen, um dies zu erreichen, nicht einhalten können“, sagte der Sprecher der Bewegung, Paulo Constantino.

Die Spanier und selbst die portugiesischen Behörden leugnen eine Nichteinhaltung des hydrologischen Abkommens zwischen den beiden Ländern. Dabei gibt die portugiesische Umweltbehörde APA durchaus Vertragsbrüche zu. „Es gibt Jahre, in denen es gelegentlich zu Ausfällen für einige Wochen kommt, weil es wöchentliche, vierteljährliche und jährliche Messungen gibt“, erklärte Constantino und stellte fest, dass es auch andere Ausfalljahre gab, nämlich 2004/2005, 2005/2006. 2008/2009 oder 2011/2012. „2004/2005 war ein Jahr der Dürre und die Schutzklausel wurde von Spanien in Anspruch genommen, laut dem sie nicht verpflichtet sind, sich daran zu halten“, sagte der Sprecher der PRO-TEJO.

Spanische und portugiesische Bürgermeister der Gebiete aus der Region des internationalen Tejo/Tajo-Gebiet, kritisierten vor kurzen die falsche Handhabung der Kontrolle der Wassermengen des Flusses mit der Begründung, dass dies „hohe Umwelt-, Tourismus- und Wirtschaftsschäden“ verursache. Neben dem Fischfang, Tourismus und Wassersportaktivitäten, Probleme für die Stromgewinnung durch Wasserkraft und eine Rationierung des Wassers für die Landwirtschaft, verschlimmern sich noch ganz andere Probleme, die ohnehin schon schlimm genug sind.

Findige Reiseveranstalter bieten am Rio Seco bei Pilar de la Horadada in Spanien, Wanderungen durch das ausgetrocknete Flussbett an. Bild: Hiking Blog

Zum einen habe wir die periodisch auftretenden illegalen Abwassereinleitungen, die meistens durch Papierindustriebetriebe gemacht werden und die bei niedrigem Wasserstand immer schlimmer werden. Immer wieder denunziert die PRO-TEJO die massive Umweltverschmutzung durch die Papierindustrie, die immer mit einem großem Fischsterben einhergeht, während die stinkende Brühe flussabwärts in Richtung Lissabon fließt.

Dazu kommt noch eine mögliche radioaktive Verseuchung. Da wäre zum Beispiel das Projekt einer Uranmine bei Salamanca. Spanier und Portugiesen kämpfen gemeinsam für den Entzug der Lizenz, die noch von der konservativen Regierung Spaniens unter Mariano Rajoy vergeben wurde. Das gilt auch für das Atommüllzwischenlager (Endlager?) beim AKW Almaraz, etwa 100 KM von der portugiesischen Grenze und ebenfalls am Tajo gelegen. Das Atomkraftwerk Almaraz ist selbst störanfällig und seine Laufzeit wurde gegen den Wunsch der ansässigen Bevölkerung ebenfalls unter Mariano Rajoy verlängert. Mit zunehmender Trockenheit und sinkendem Pegelstand bekommt der größte Strom Portugals mehr und mehr Probleme. Diese werden bis ans Meer gespült, aber nicht bevor sie an Lissabon vorbei fließen.

Der Tejo ist einer der schönsten Flüsse der Welt. Die Sicht auf den Fluss ist vor allem in Lissabon eine Touristenattraktion. Von dort aus segelten Portugals Entdecker in alle Welt und ihre Handelsflotte brachte waren aus Afrika, Indien, Brasilien, China und Japan. Die Fado Sängerinnen und Sänger haben unzählige Lieder über den Fluss verfasst, die Dichter und Schriftsteller schrieben mehr über den Tejo, als ein normaler Mensch in einer Lebensspanne lesen kann und Maler, Bildhauer und Architekten wurden von dem Gewässer inspiriert. „Rettet den Tejo“ ist ein Aufruf an die Politik und die Wirtschaft Spaniens und Portugals. Nicht nur die Iberer müssen Druck machen, sondern auch die vielen Touristen, die gerne nach Lissabon oder überhaupt auf der Iberischen Halbinsel ihren Urlaub verbringen. Die Regierungschefs Costa und Sanches müssen sich persönlich darum kümmern, dass genügend Wasser – ohne Gift und ohne verstraltem Kühlwasser aus Almaraz, den Tejo und seinen Nebenflüssen bis in den Atlantik herunter fließt.


Ein erschütterndes Video

TEJO INTERNACIONAL SEM ÁGUA MALPICA DO TEJO 02 OUTUBRO 2019

TEJO INTERNACIONAL SEM ÁGUA MALPICA DO TEJO 02 OUTUBRO 2019

Weitere Artikel zum Thema:

> Rio Tejo – Ekelerregender Schaum erstickt den Fluss vor Lissabon
> Portugal trocknet aus – Großes Fischsterben im Rio Tejo, Quelle des Douro versiegt
> Spaniens Regierung will Uranmine nahe Portugal die Lizenz entziehen – Umweltaktivisten noch skeptisch
> Hitzerekord in Portugal – Bestätigt sich die Ausdehnung der Sahara nach Norden?
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> Portugals Zellstoffindustrie – 600 Millionen Euro Umsatz auf Kosten der Natur
> „Schließt Almaraz!“ Riefen Demonstranten in Madrid

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Erstveröffentlichung heute oder vor ein paar Tagen in unserer Partnerzeitung INFO-WELT.

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Weitere Artikel von Rui Filipe Gutschmidt
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└ Schlagwörter: Albufeira, Alentejo, Algarve, AmericanRebel, Aranjuez, Arbeit Zukunft, Beira Interior, Durchschnittswert, Dürre, Fischsterben, Flussbett, IPMA, Mértola, Muscheln, Paulo Constantino, Portugal, Pro-Tejo, Reusen, Rinnsale, Rio Côa, Rio Pônsul, Rui Filipe Gutschmidt, Stauseen-Abkommen, Tajo, Tejo, Trockenheit, Umweltschutzbewegung, Wassereinleitungen
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Okt.16
on 16. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Allgemein
Volkskorrespondentin

Nicola Hofediener, Hamburg
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Der erste kommunistische Bürgermeister
der Türkei, Fatih Mehmet Maçoğlu,
zu Besuch in Hamburg

Nicola Hofediener

Ein Bürgermeister aus der Türkei zu Besuch in Hamburg? Na und – was ist schon dabei, mag sich der Eine oder Andere fragen? Zur Diskussionsveranstaltung mit Dolmetscher lud heute Mehmet Yildiz (MdHB Linksfraktion Hamburg) in den Saal der Alevitischen Gemeinde, am Nobistor in Hamburg, ein. Der war rammelvoll, 700 Hamburher kamen und jede/r spürte den Geist des Internatialismus.

In der Türkei eilt dem Genossen Fatih Mehmet Maçoğlu, dem ersten kommunistischen Bürgermeister in der Türkei, der Ruf eines progressiven Politikers voraus. Als Bürgermeister der Kreisstadt Ovacik erlangte er durch Veränderungen der Produktionsweise und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie durch die Einführung eines kostenlosen ÖPNV weitreichende Bekanntheit. Bei den letzten Kommunalwahlen in der Türkei kandidierte er für Dersim und gewann diese Wahl durch den Rückhalt in der Bevölkerung und die Unterstützung für seine Politik.

Genosse Fatih Mehmet am 31. März 2019 bei der Bürgermeisterwahl in der Kreisstadt Ovacik

Wie kann es sein das es in der faschistischen Türkei einen kommunistischen Bürgermeister gibt fragten sich viele der Besucher. „Meine politische Arbeit muss vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Mardin, Diyarbakir und Van betrachtet werden“ erzählte Genosse Fatih Mehmet den Anwesenden. Die Bürgermeister dieser Städte wurden (unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung) entmachtet. Durch diese repressive Politik stehen jetzt viele fortschrittliche Bürgermeister in der Türkei unter Druck: Als demokratisch gewählte Bürgermeister laufen sie Gefahr, selbst entmachtet und in Schauprozessen angeklagt zu werden. Jetzt gilt es mehr denn je, sich mit den demokratischen Kräften in der Türkei zu solidarisieren und die Demokratiebewegung zu unterstützen.

Genosse Fatih Mehmet beantwortet Fragen …………

Die russische Sängerin Linda Moulhem Arous sang russische und internationale Arbeiterlieder

Genossen Fatih Mehmet Maçoğlu und Mehmet Yildiz am Nachmittag in seinem Büro

 

Video von Mehmet Yildiz vom 16. Oktober 2019

Gepostet von Mehmet Yildiz am Mittwoch, 16. Oktober 2019

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Türkei: Ein kommunistischer Bürgermeister
ARTE-Dokumentation vom 21. Juni 2019

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Lest dazu auch:

Kommunistischer Bürgermeister in der Türkei

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Veröffentlichungen sind nur angeschlossenen Medien der Gruppe-Volkskorrespondenz gestattet.

 

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Okt.16
on 16. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Eleonora Roldán Mendívil, Narges Nassimi, Ramsis Kilani

Ramsis Kilani, Narges Nassimi, Eleonora Roldán Mendívil

Klasse, ‚Rasse‘ und Geschlecht in Deutschland –
Zur Kritik des liberalen Feminismus

Ramsis Kilani

Eleonora Roldán Mendívil

Narges Nassimi

Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer vertieften Auseinandersetzung mit Fragen von Klasse und Rassismus in feministischen Räumen. Auslöser für unsere ausführliche Diskussion waren unsere Erfahrungen auf dem Feminist Futures Festival in Essen vom 13. bis zum 15. September.

Unsere Überlegungen gehen aber tiefer, als es eine einzelne kritische Beleuchtung eines einzigen Festivals hergeben könnte. Wir wollen aufzeigen, was unserer Meinung nach die Tücken aktueller (links-)liberaler feministischer Politik sind, sowie eine Perspektive auf die Möglichkeit gemeinsamer feministischer Kämpfe werfen.
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Intersektionaler Feminismus

In erster Instanz stellen wir fest, dass es nicht den einen Feminismus gibt, sondern dass verschiedenste politische Strömungen mit den unterschiedlichsten Antworten sich auf das Konzept „Feminismus“ beziehen. Unserer Beobachtung nach sind liberale Spielarten des Feminismus dabei in Deutschland dominant. Ein lean in– oder Quoten-Feminismus, der sich durch die Repräsentation von Frauen in Führungspositionen eine frauenfreundlichere Politik erhofft ist genauso verbreitet wie ein imperialistisch-rassistischer Feminismus, der die Überlegenheit weißer und/oder europäischer Frauen dadurch zum Ausdruck bringt, dass sie „Brauen Frauen vor Braunen Männern“ retten wollen (Gayatri Spivak). Dieser eurozentrische Feminismus beruft sich nur auf nicht-weiße Frauen, wenn diese ihre chauvinistische Politik, welche sich schlussendlich gegen gesamte Gemeinschaften im Globalen Süden sowie gegen die gesamte migrantische Gemeinschaft hier im Globalen Norden richtet, unterstützen (Alice Schwarzer und Konsorten). Wir verstehen als liberalen Feminismus, ein Feminismus der aus einem kleinbürgerlichen Verständnis heraus „Gleichberechtigung“ für Frauen innerhalb des kapitalistischen Systems sucht. Diesen Feminist*innen geht es nicht um die Befreiung aller Frauen vom patriarchalen Joch und der kapitalistischen Überausbeutung, sondern um die Möglichkeit, dass auch Frauen Ausbeuterinnen werden können. Prinzipien wie Individualismus und der Leistungsgedanke machen aus Frauen und queeren Personen Einzelkämpfer*innen für ihre individuelle Emanzipation.

Denver Rock Drill. StreetArt von Marka27

Gegen die Vorstellung, alle Frauen seien etwa gleich, war das Konzept der Intersektionalität, selbst in liberalen Kreisen, eine notwendige Intervention. Die Idee der Intersektionalitätstheorie ist dabei, dass Klasse, ‚Rasse‘, Geschlecht und andere als soziale Kategorien benannte Lebenserfahrungen (Sexualität, Alter, etc.) sich in Intersektionen zueinander befänden, die die Gesamtheit der Individuen bilden. Daraus ergibt sich, dass ein intersektionaler Feminismus alle Formen struktureller Benachteiligung in seine feministische Praxis einbeziehen muss. Hierdurch wird Klassenzugehörigkeit eine von vielen Unterdrückungserfahrungen. Die Hegemonisierung der Kategorie „Klassismus“, wenn man in feministischen Räumen überhaupt von Klasse spricht, ist dabei sowohl in feministischer Theorie als auch in aktivistischen Basisgruppen dominant.

Intersektionalität als politische Strategie hat unserer Meinung nach Grenzen. Terry Eagleton erklärt das Problem treffend:

Niemand hat eine bestimmte Hautpigmentierung, weil andere eine andere haben, und niemand hat ein bestimmtes Geschlecht, weil andere ein anderes haben. Aber Millionen von Menschen befinden sich in der    ‚Position‘ des Lohnarbeiters oder der Lohnarbeiterin, weil es auf der Welt ein paar Familien gibt, die in ihren Händen die Produktionsmittel konzentrieren. Beide Kategorien (bürgerlich/proletarisch oder       Ausbeuter*in/Ausgebeutete*r) stehen auf eine Weise im Verhältnis zueinander, das – im Unterschied zu anderen Identitäten – nur durch Abschaffung dieses spezifischen Verhältnisses (Kapital/Arbeit) auch die untergeordneten ‚Identitäten‘ abgeschafft werden können“.

Intersektionalität stößt als Strategie also an Grenzen, da Ausbeutung etwas anderes ist als Unterdrückung. Die Ausbeutung, also fremde Aneignung der Kapitalistenklasse, des in der Lohnarbeit der Arbeiter*in erzeugten Mehrwertes, bildet die ökonomische Grundlage des Kapitalismus, der ein enges Bündnis mit patriarchaler und rassistischer Unterdrückung schließt. Natürlich besteht die Arbeiterklasse aus verschiedensten Identitäten, die oft anhand spezifischer Unterdrückungserfahrungen segmentierte Teile bilden. Und als konzeptionelle Kategorie hilft uns Intersektionalität oder ein „intersektionaler“ Blick essenziell, unsere Kämpfe breiter und inklusiver für die besonders ausgebeuteten Teile unserer Klasse zu gestalten. Wir erkennen jedoch in Intersektionalität ohne Klassenstandpunkt keine ganzheitliche Strategie. Denn im Endeffekt ist diese Art des intersektionalen Feminismus keine vollständige Theorie mit einer Strategie bis zur Befreiung von Kapitalismus und Unterdrückung – sondern ein Konzept, welches die Überschneidung unterschiedlicher Unterdrückungsmechanismen sichtbar zu machen versucht.

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Die Sichtbarkeit oder Inklusion einiger „Vertreter*innen“ unterdrückter Gruppen überwindet diese Mechanismen nicht; der kapitalistische Staat bleibt bestehen; Kapitalist*innen, die reaktionären weltweiten Strömungen, Kriege, koloniale und imperialistische Besatzungen bleiben – auch mit einem intersektionalen Feminismus – weiter bestehen. Es wird nicht mehr gegen ein durch und durch menschenfeindliches Ausbeutungssystem gekämpft, sondern mehr „arme“ Menschen, die von „Klassismus“, also von Diskriminierung aufgrund ihrer Armut, betroffen sind, werden inkludiert. Im schlimmsten Fall wird sogar belesenen Prolet*innen willkürlich „Intellektualismus“ vorgeworfen und somit eine politisch-strategische Diskussion untergraben.

Wir denken, dass die Diskriminierung von Menschen aufgrund einer beispielweise nicht-akademischen Bildung existiert und wir wollen barrierefreie feministische Räume ermöglichen und gestalten. Doch eine Benennung dieser Diskriminierungsformen allein reicht nicht aus, um die Strukturen der Armut zu erkennen und zu bekämpfen. Und die Bekämpfung und Überwindung struktureller Armut ist unser Ziel.
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Rassismus im Feminismus

Auch Rassismus ist in feministischen Räumen weit verbreitet. Dies wird in der nicht zentralen Behandlung von Rassismus in feministischer Politik deutlich. Zum Beispiel gibt es kaum sichtbare feministische Rufe nach einem Wahlrecht für alle Frauen, inklusive in Deutschland lebende ausländische Staatsbürgerinnen, sowie Frauen mit ungesichertem oder gar keinem Aufenthaltsstatus in Deutschland. Aber auch die geringe Anzahl migrantischer und/oder nicht-weißer Aktivist*innen in deutschen, feministischen Räumen lässt für uns auf strukturelle Ausschlüsse, und nicht auf eine mangelnden Begeisterung migrantischer und/oder nicht-weißer Feminist*innen, schließen.

Tatsächlich wird in vielen migrantischen Gemeinschaften „Feminismus“ oft primär mit imperialistischer Politik in Verbindung gebracht. Auch Deutschland ist zum Beispiel in Afghanistan in den Krieg gezogen, um zusammen mit den USA „Frauenrechte“ durchzusetzen. Diese Art des imperialistischen Feminismus sind viele Gemeinschaften aus dem Globalen Süden auch von sogenannten Nicht-Regierungsorganisationen in ihren Herkunftsländern gewöhnt. Dort werden unter dem Deckmantel „Chancengleichheit“ oder „Inklusion von Frauen auf dem Arbeitsmarkt“ seit Jahrzehnten brutale neoliberale Strukturanpassungsprogramme durchgesetzt, die ohnehin schon prekär lebende Frauen und queere Menschen in oft noch viel unsicherere ökonomische Verhältnisse stoßen. Beispiele hierfür sind die Politiken des Internationalen Währungsfonds in Argentinien, dem Irak, Nigeria und Indien (siehe Naomi Klein oder Silvia Federici).

Innenpolitisch fällt die rassistische Politik der größten Deutschen Frauenrechts-Organisation „Terre des Femmes“ auf, die seit Monaten eine Kampagne zum Hijab-Verbot für Mädchen und Frauen unter 18 Jahren in öffentlichen Räumen durchsetzen will. Dass hier die zentrale feministische Losung „Mein Körper gehört mir“ durch staatliche Repressionsmaßnahmen von Feminist*innen eingeschränkt werden soll, ist nur möglich, da muslimischen Frauen und Mädchen per Muslim-Sein selbstbestimmte Entscheidungen zu ihrem Körper – anders als nicht-Musliminnen – von dieser Art Femonationalismus verwehrt werden.

Aber Rassismus ist nicht nur ein Phänomen in offen liberal-bürgerlichen feministischen Räumen. Auch in linken und linksradikalen Räumen trifft man wenige migrantische und/oder nicht-weiße Aktivist*innen an. Auch hier wird zum Beispiel in gängigen Argumenten Frauen-, Homo- und Transfeindlichkeit als primär migrantisches („Aber in Neukölln ist es nun mal homophober!“), statt als gesamtgesellschaftliches, patriarchales Problem dargestellt. Aber auch Fragen nach der „wahren Herkunft“ nicht-weißer Aktivist*innen, oder dem Setzen eines als weiß, aufenthaltsgesicherten und finanziell abgesichertem „Wir“, sind Alltag.

Wir sind es leid in deutschen, feministischen Räumen, in die wir treten, als „die Anderen“ oder gar als die Repräsentant*innen der Migrant*innen behandelt zu werden. Wir denken, dass eine fruchtbare antirassistische Kritik mit der Analyse, was Rassismus überhaupt ist, woher er kommt und wer davon profitiert, anfängt.
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Materialistischer Rassismusbegriff

Wir denken nicht, dass Rassismus aus individualisierenden und pathologisierenden Erklärungsversuchen heraus bestimmt und verstanden werden kann. Rassismus ist eine ideologische Formation (Robert Miles), die im Kapitalismus einerseits dazu dient, die Überausbeutung bestimmter Teile der Arbeiterklasse zu rechtfertigen. Der wesentlich geringere Lohn, die schlechtere Unterbringung, die unsichereren Arbeitsverträge und die schlechtere wohnliche Unterbringung der sogenannten Gastarbeiter (BRD) beziehungsweise Vertragsarbeiter (DDR) ließ sich im Deutschland der 1960er und 1970er Jahre leicht durch rassistische Argumentation legitimieren: Die ausländischen Arbeiter*innen seien fauler, nicht so geschickt, seien sowieso schmutzig und bräuchten nicht die gleichen Hygienestandards wie deutsche Arbeiter*innen, etc. Rassismus wird somit von der herrschenden Klasse als Instrument der Spaltung gegen die Arbeiterklasse eingesetzt, um Löhne und die Kosten reproduktiver Tätigkeiten runter zu schrauben und Arbeitskämpfe zu demobilisieren. Andererseits wird Rassismus auch dazu genutzt, um imperialistische Raubzüge in anderen Teilen der Welt und koloniale Ausbeutung, Unterdrückung und Verdrängung zu legitimieren, indem andere Nationen und Menschengruppen in ihrer Wertigkeit herabgestuft werden.

Rassismus ist ein konstitutiver Teil kapitalistischer Klassengesellschaften. Wie David McNelly treffend beschreibt, bilden „die geschlechtsspezifischen und rassisierten Beziehungen der kapitalistischen Produktion und Reproduktion […] eine übergeordnete Einheit für alle Dimensionen der sozialen Erfahrung“. Auch wenn wir den Charakter des Rassismus als Erscheinung und als sich materiell äußernde Unterdrückungsform im Kapitalismus erkennen, besteht über derlei Funktionen hinaus eine weitere Komponente. Rassismus wird als Legitimationsformel für die Überausbeutung bestimmter Teile der Arbeiterklasse über common sense-Strategien der ideologischen Staatsapparate, des Überbaus, wie der Schule, der Kirche, der Medien, etc., als Klassenkampf-Strategie von oben propagiert. Rassismus kann dadurch immer auch eine gesellschaftliche Eigendynamik entwickeln, die losgelöst von der Frage, was die jeweiligen Kapitalfraktionen eigentlich brauchen (meist: besonders billige Arbeitskraft), auftauchen kann.

Rassismus wird dabei in linken und feministischen Kontexten weiterhin als völlig anders verhandelt als Sexismus. Frauen und queere Menschen konnten mittlerweile die Vermittlung der Erkenntnis erkämpfen, dass Sexismus über seine Funktion in der Klassengesellschaft und im Produktionsverhältnis hinaus auch als gesellschaftliches Phänomen besteht, welches vor linken und feministischen Gruppen nicht Halt macht, in denen Individuen nach wie vor sexistische Vorurteile haben und eine patriarchale politische und private Praxis an den Tag legen. Für Rassismus ist das Gleiche hingegen weder gesellschaftlich noch für einen Großteil linker Gruppen vermittelt.

Rassismus wird immer noch primär am rechten Rand, als Teil einer reaktionären Ideologie verortet. Höchstens wird dann noch auf staatlichen, strukturellen Rassismus verwiesen. Selten aber wird die Seite dieser gesellschaftlichen Formation in linken Räumen wahrgenommen und/oder thematisiert. Auch weiße Deutsche in progressiven Gruppen und Kontexten zeigen nach wie vor rassistische Vorurteile und Praktiken. Dies zeigt sich unter anderem in einer paternalistischen und opportunistischen Politik gegenüber „den Migrant*innen“ oder „den Asylsuchenden“, bei der migrantische Stimmen nur als Aushängeschild zum Selbstzweck der Organisation willkommen sind, solange sie keine Kritik an deren Politik äußern und/oder den Elefanten im Raum – die Unterstützung großer Teile der deutschen Linken und Feminist*innen für den Kolonialstaat Israel – thematisieren. Obwohl genau dieser Umstand migrantische Menschen kategorisch ausschließt und ihnen die Teilnahme an linken Kontexten damit oft praktisch verwehrt bleibt, wird die Ausklammerung solcher eklatanten Fragen dann auch häufig noch mit der Vermeidung von Spaltung begründet, die durch das Ausklammern längst besteht. Nicht zu vergessen, entwickeln aber auch Migrant*innen und nicht-weiße Menschen selbst durch die ansozialisierte rassistische Ideologie rassistische Denkmuster und Handlungen gegenüber anderen migrantischen Gruppen oder durch Minderwertigkeitskomplexe gegen die eigene Gemeinschaft und sich selbst als Individuen.

Auch wenn wir es als politisch kontraproduktiv einordnen, ist das verzweifelte und resignierte Abwenden von geflüchteten, migrantischen und nicht-weißen Linken von deutschen linken Kontexten in erster Linie eine Reaktion auf die dortigen Verhältnisse. Es hilft also wenig, mit dem Finger auf das Symptom zu zeigen und wegen separatistischer Organisierung von Migrant*innen „Identitätspolitik“ zu rufen und somit marginalisierte, von Rassismus Betroffene, als das eigentliche Problem zu markieren. Statt einer solchen Symptombekämpfung, die lediglich dazu führen wird, dass sich migrantische und nicht-weiße Aktivist*innen noch mehr angegriffen und bestätigt fühlen und sich dadurch weiter zurückziehen, sollten wir die Ursache des Problems bekämpfen. Diese liegt maßgeblich im Rassismus linker und feministischer Räume und der Weigerung, eine klare antikoloniale und antiimperialistische Praxis zu entwickeln, die sich klar und deutlich auf der Seite der Unterdrückten positioniert.
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Antijüdischer und antimuslimischer Rassismus

Um dies beispielhaft zu erläutern, wollen wir ausführlicher auf die Antisemitismusdefinition im Glossar des Programms des Feminist Futures Festivals schauen. Diese im deutschen Kontext nicht einzigartige, sondern sehr gängige Definition ist Ausdruck gleich mehrerer theoretischer Probleme, allen voran einer falschen Rassismusdefinition, die fatale und reale Auswirkungen auf feministische Praxis hat.

In diesem Glossar heißt es: „Antisemitismus hat unterschiedliche Erscheinungsformen und entsteht unabhängig vom Verhalten jüdischer Menschen.“ Antisemitismus braucht, wie jede andere Diskriminierungsform, einen vorhandenen Ansatzpunkt, um legitimiert werden zu können. Beim Antisemitismus waren das zum einen historische Ansatzpunkte wie beispielsweise des feudalen Europas, wo die Herrschenden, jüdische Menschen quasi als eigene „Volksklasse“ (Abraham Léon) Handel und Finanzen betreiben ließen. Diese im Kapitalismus untergegangene wirtschaftliche Sonderstellung von Jüd*innen wurde im Nachhinein benutzt, um ihre Rassifizierung zu legitimieren. Denken wir an die antisemitische Idee von einer „jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung“, so sehen wir, dass auch reale Entwicklungen im Kapitalismus selbst zur Legitimation des Antisemitismus missbraucht wurden und werden. Es war nämlich tatsächlich so, dass eine Vielzahl an jüdischen Menschen durch ihre erlebte rassistische Unterdrückung in revolutionäre sozialistische Gruppen strömten und zu starken Verfechter*innen sozialistischer Ideen wurden. Diese für rassistische Ideologien verdrehten Ansatzpunkte in der realen Welt haben natürlich keineswegs zur Bedeutung, dass eine von Rassismus betroffene Menschengruppe schuld an ihrer Unterdrückung wäre – ganz im Gegenteil. Es bedeutet, dass rassistische Ideen, die sich durchsetzen, nicht völlig unabhängig von realen Gegebenheiten konstruiert werden können, ohne an Überzeugungskraft einzubüßen.

Der rassistische Charakter des Antisemitismus wird im Glossar gänzlich abgestritten. Vertreten wird ein gänzlich nicht-materialistischer Antisemitismusbegriff, mit dem unter anderem auch der israelische Staat sich selbst und seine Politik legitimiert sowie vor Kritik schützt. Daher heißt es: „Der Begriff bezeichnet Einstellungen, Äußerungen und Handlungen, die sich – direkt oder indirekt – gegen (vermeintlich) jüdische Menschen, Institutionen und Einrichtungen richten.“ Diese Definition führt dazu, dass jegliche Kritik an einer jüdischen Person oder Institution eigentlich immer als antisemitisch gewertet werden kann. Dies höhlt das, was antijüdischer Rassismus beziehungsweise Antisemitismus wirklich ist, aus und gefährdet Jüd*innen, da diese in rassistischer Manier nur als homogene Gruppe (zum Beispiel: Jüd*in = Zionist*in) existieren dürfen. Vor diesem Hintergrund macht auch die deutsche Wortklausel eines „israelbezogenen“ Antisemitismus so wenig Sinn wie von „Saudi-Arabien-bezogenem“ antimuslimischem Rassismus zu sprechen. Es gibt Rassismus, inklusive Antisemitismus. Der Umstand, anhand welcher Ansatzpunkte in der realen Welt sich Formen von Rassismus legitimieren, lässt keine neue Erscheinungsform entstehen.

Weiter heißt es im Glossar: „Anders als in von Rassismus geprägten Denkmustern werden Juden und Jüdinnen meist als mächtig und überlegen angesehen, als heimliche Herrschende der Welt.“ Es ist falsch, dass derartige Denkmuster jüdische Menschen als „überlegen“ darstellen. Jüd*innen werden auch in dieser antisemitischen Deutung mit negativen Eigenschaften entwertet: Als charakterlich und moralisch verkommen, als egomanisch, hinterhältig, unmenschlich, gierig, als herrsch- und machtsüchtig – ob nun aufgrund von biologischen oder kulturellen Merkmalen. Der Rasseantisemitismus der Nazis stellt dies sehr deutlich dar: Jüdischen Menschen wurde vorgeworfen, sich durch Manipulation und „barbarische“ Praktiken einen Platz an der Spitze der Gesellschaft erschlichen zu haben, der eigentlich den überlegenen „Ariern“ zustehe. Antisemitismus ist in unserem Verständnis, und hier schließen wir uns Brian Klug und Mike Cole an, ebenfalls eine ideologische Formation, die die rassistisch Markierten entwertet und ihrer Individualität und Heterogenität beraubt.

Zweitens stimmt es nicht, dass die rassistische Propaganda, unterdrückte und marginalisierte Menschengruppen befänden sich insgeheim in Machtpositionen, ein Alleinstellungsmerkmal des Antisemitismus sei. Der in Deutschland staatstragende und hegemoniale antimuslimische Rassismus benutzt beispielsweise ebenfalls derartige Deutungsmuster. So gehen Rassist*innen beispielsweise davon aus, dass muslimische Menschen unterstützt von reichen arabischen Ölstaaten weltweit einen „Jihad in drei Phasen“ planen, mit dem sie die nicht-muslimischen Mehrheitsgesellschaften übernehmen wollen: Anfänglich friedliche Festigung ihrer Position als Minderheit in der Gesellschaft durch vermeintliche Lügen, dann propagandistische Agitation und Kampf und abschließend die militärische Machtübernahme und weltweite Unterwerfung aller Nichtmuslim*innen. Auch rechtsextreme und antideutsche Illustrationen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem Hijab oder die hartnäckigen Gerüchte gegen den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, Moslem zu sein, dienen dazu, Muslim*innen zu Herrschenden zu machen und dichten ihnen an, an den eigentlichen Schalthebeln der Macht zu sitzen. Derartige Deutungsmuster können in verschiedenen Situationen unterschiedlichen Klasseninteressen dienen: Eine ökonomisch herrschende Klasse kann so die berechtigte Wut auf die Ungerechtigkeit ihrer Herrschaft auf einen Sündenbock leiten. Oder – und das war historisch im europäischen Faschismus der Fall – das Kleinbürgertum, die Klasse zwischen der ausbeutenden und der ausgebeuteten Klasse, kann auf diese Weise auf eine wirtschaftliche Krise des entwickelten Kapitalismus reagieren. Seine Abstiegsängste im Konkurrenzkampf sowie seinem Verschwinden und seiner politischen Machtlosigkeit als verschwindende Klasse kann es die utopistische Ideologie einer völkischen Einheit im Kampf gegen die rassifizierten Anderen entgegenstellen. Das bringt niemand prägnanter auf den Punkt als Hitler selbst: „Rassenkampf statt Klassenkampf“. Für den erfolgreichen Klassenkampf zu klein, ist das Kleinbürgertum deshalb dazu genötigt, dieses Gift in die Arbeiterklasse zu tragen. Die Arbeiterklasse hat alles andere als ein natürliches Klasseninteresse an der sie spaltenden Ideologie des Rassismus.

Dramatischerweise ist der letzte Satz der Antisemitismusdefinition einer der wenigen richtigen und wichtigen, der aber durch das grundsätzliche Nichterkennen des Antisemitismus als Form von Rassismus an Wert verliert: „Antisemitische Vorurteile sind in allen gesellschaftlichen Gruppen vorhanden – selbst unter Menschen, die sich gegen Antisemitismus positionieren.“ Herrschaftssichernde und staatstragende rassistische Ideologien, die sich einmal durch die oben angeführten Gründe und gesellschaftlichen Entwicklungen durchsetzen konnten, sind tatsächlich dazu in der Lage, sich als gesamtgesellschaftliches Phänomen durchzusetzen. Das trifft im Falle des Antisemitismus zu. Es trifft aber aktuell darüber hinaus im deutschen sowie im gesamten Kontext des imperialistischen Speckgürtels vor allem auf antimuslimischen Rassismus zu. Die gleiche Komponente findet in der Begriffsdefinition von Rassismus in selbigem Glossar keine Erwähnung.
Welchen Feminismus brauchen wir?

Ein Feminismus, der die Klasse, die allen gesellschaftlichen Reichtum schafft, die Arbeiterklasse, nicht ins Zentrum seiner Politik rückt, wird immer nur eine Politik für eine Identität anvisieren und nicht die Befreiung aller Menschen. Der Rassismus innerhalb linker Gruppen und der mangelnde Protagonismus von nicht-weißen Menschen in linken Räumen kann von uns Migrant*innen, denen diese Problematik schmerzlich bewusst ist, angegangen werden, indem wir uns innerhalb progressiver Gruppen miteinander und mit weißen, antirassistischen Genoss*innen vernetzen und gezielte Aufbauarbeit in migrantisch-proletarischen Kontexten angehen. Vor allem migrantische Linke können die Funktion als Brückenbauer*innen einnehmen, die aktiv auf andere migrantische Arbeiter*innen zugehen. Durch einen gemeinsamen Horizont an Unterdrückungserfahrungen sind wir in einer günstigen Position, um mit migrantischen Arbeiter*innen ins Gespräch zu kommen und gemeinsam politische Forderungen zu formulieren, die zu den allgemeinen Forderungen einer neuen Arbeiterbewegung – mit Frauen, queeren und migrantischen Menschen unter den sichtbaren Anführer*innen – werden müssen. Weiße Linke müssen darum kämpfen, Rassismus zentral und konstant in linken Räumen zu verhandeln und müssen Fragen des deutschen Imperialismus und die Komplizenschaft pseudo-linker und feministischer Politik damit aufzeigen lernen. Schlussendlich müssen wir alle die Probleme aslysuchender und migrantischer Menschen ins Zentrum feministischer Politik rücken.

Antirassismus ist keine Gemütshaltung – oder lediglich der Spruch auf einem Beutel („Rassismus ist keine Alternative“). Antirassismus zeigt sich in einer gelebten Praxis, einer antiimperialistischen Politik, die weiße Arbeiter*innen mit sicherlich auch rassistischen Einstellungen nicht verprellt, sondern in diese ebenfalls marginalisierten Teile unserer Klasse reicht und einen aktiven proletarischen Antirassismus lebt und nicht den Sozialdemokraten, Liberalen und Rechten das Feld überlässt.

Was wir brauchen, sind Repräsentant*innen einer internationalistischen, klassenkämpferischen, antiimperialistischen Perspektive des heutigen Feminismus in Deutschland. Die hauptsächliche Stoßrichtung muss hin zu einer bewegungsorientierten, statt einer statischen, bürokratisch stellvertretenden politischen Praxis weisen. Strategien des Mitverwaltens stehen Strategien des Antagonismus der Arbeiterklasse mit allen Kapitalfraktionen gegenüber. Mitregieren statt Umwerfen der unterdrückenden Verhältnisse verkommt so zu einer fatalen Strategie. Eine gemeinsame Strategie mit dem deutschen Imperialismus und kolonialen Staaten wie Israel müssen einer internationalistischen, antirassistischen Politik weichen, die sich mit den Unterdrückten solidarisiert.

Wir wollen über eine Strategie zum Sturz der Macht des Kapitals, welches imperialistisch und frauenfeindlich ist, sprechen. Wir denken, dass es einen anderen Feminismus braucht, der die Sichtbarmachung aller Unterdrückungsmechanismen beinhaltet, aber Klassenzugehörigkeit als Maßstab des Grads der Unterdrückung versteht. Wir denken, dass es einen Feminismus braucht, der eine klare antikapitalistische, und damit gezwungenermaßen antiimperialistische, internationalistische Perspektive und Praxis für aktuelle feministische Kämpfe in Deutschland zum Ziel hat. Wir brauchen einen Feminismus, der nicht nur anklagt und letztlich die Lösung an Parteien und den Staat abgibt, sondern einen, der die bürgerliche Macht umstoßen möchte und dazu bewusst Kräfte in der Arbeiterklasse sammelt, und sich dafür mit Reproduktions-, Frauen- und queeren Kämpfen, mit Migrant*innen- und Geflüchtetenkämpfe an vorderster Stelle verbindet. Ein internationalistischer und antiimperialistischer Feminismus muss die Überausbeutung als weiblich beziehungsweise nicht-männlich oder nicht-heterosexuell markierter und/oder Schwarzer und Brauner Körper in einem globalen Kontext kapitalistischer Akkumulation verstehen. Feministische Kämpfe von einer internationalistischen und antiimperialistischen Ausrichtung zu trennen, stützt den deutschen Imperialismus und Nationalismus und fördert das, was Sara R. Farris „Femonationalismus“ nennt, also ein rassistischer und nationalistischer Feminismus für eine kleine Minderheit. Und das ist nicht unser Feminismus.

Erstveröffentlichung in „Die Freiheitsliebe“ vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder und Bildunterschriften wurden von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.
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Über die Autoren/-innen:

Ramsis Kilani ist palästinensischer Sozialist und Mitglied beim SDS. Sein politischer Fokus liegt auf Antirassismus und antikolonialen Befreiungskämpfen. Er lebt in Siegen.
Narges Nassimi ist kurdische Feministin aus Rojilat und Mitbegründerin der internationalen, sozialistischen Frauenorganisation Brot und Rosen in Deutschland. Sie lebt in München.
Eleonora Roldán Mendívil ist Marxistin und arbeitet als Journalistin und Freie Bildungstrainerin zu Rassismus, Geschlecht und Kapitalismuskritik. Sie ist im Frauen*Streik Komitee und in der Organisation des Antikolonialen Monats in Berlin aktiv.

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Lest dazu auch:

– 8. März

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└ Schlagwörter: AmericanRebel, Arbeit Zukunft
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Okt.14
on 14. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Eren Gültekin

Eren Gültekin

Erdogan bereitet sich auf einen Angriff vor

Eren Gültekin

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte am Samstag in Ankara vor seinen Parteimitgliedern, dass die türkischen Streitkräfte bereit seien, jeden Moment eine Luft- und Bodenoffensive in Nordsyrien starten zu können. Zehntausende türkische Soldaten sind bereits mit dschihadistischen Truppen diese bestehend aus ehemaligen Mitgliedern des islamischen Staates und der Al-Qaida vor der Grenze zu Rojava bereit, aufzumarschieren.
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Rückendeckung für Erdogan auf Umwegen

Nach dem Telefongespräch zwischen US-Präsident Donald Trump und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, teilte man aus Washington mit, dass die Türkei einen lange geplanten Einsatz bald beginnen würde und die USA sich an diesen Angriff nicht beteiligen werden. Mit dem beginn des Truppenabzugs am Montag der US Streitkräfte ist gleichzeitig auch die Anti-IS-Allianz zwischen den Syrisch-Demokratischen Kräften und den USA in Rojava das als taktische Zusammenarbeit galt auf Eis gelegt. Zudem teilten sie mit, dass die USA keine festgenommenen IS Kämpfer aus dieser Region aufnehmen werde, für diese und auch für die gefangenen IS Kämpfer die aus Deutschland, Frankreich und der anderen europäischen Ländern stammenden wäre in Zukunft die Türkei zuständig und verantwortlich.

Pro Rojava-Demo in Essen. Foto: YeniHayat

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Erdogans „Kriegskorridor“

Mehrfach stellte Erdogan seinen Plan eines sogenannten „Friedenskorridor“ vor, so auch zuletzt Ende September bei der UN-Generalversammlung in New York. Hierbei handelt es sich um einen 480 Kilometer langes und 30 Kilometer tiefes Gebiet, wo 2-3 Millionen syrischen Geflüchtete angesiedelt werden sollen, die derzeit in der Türkei leben. Mit diesem Schritt würde Erdogan zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und mehr Kontrolle über das Gebiet erlangen. Mit diesem Vorstoß setzt Erdogan auf die Karte des Nationalismus. Nach den verlorenen Wahlen in den Metropolen Istanbul, Izmir und Ankara möchte sich die AKP-Regierung als Garant der nationalen Sicherheit profilieren.
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Der Östliche Euphrats soll auch Kontrolliert werden

Dass dies keine leeren Drohungen sind, bewies Erdogan bereits im Sommer 2016 und auch Anfang 2018 mit der „Operation Olivenzweig“ in Afrin. Mit diesem dritten und größten bevorstehenden Angriff würde Erdogan auch die östliche Seite des Euphrats unter seine Kontrolle bringen das von der YPG kontrolliert wird. Zudem wird die Kosten für die Ansiedlung der Geflüchteten in Nordsyrien, Erdogan viel Geld einbringen. Die Kosten sollen sich um 26,5 Milliarden Dollar belaufen, die Europa aufbringen soll.

Kurz nach dem das Außenministerium in Washington erklärte, dass sie die USA diese Operation nicht unterstützen wird, schrieb der US-Präsident via Twitter, wenn die Türkei Schritte unternehme, die er in seiner „großartigen und beispiellosen Weisheit für ausgeschlossen“ halte, werde er „die türkische Wirtschaft völlig zerstören und ausradieren“.

Natürlich wird die USA die Fäden nicht aus der Hand geben. Solange diese Operation den Interessen der USA nicht konterkariert, wird sie es „billigen“. Der Sprecher des Demokratischen Syrien-Rates Amdschad Othman, geht sicher davon, dass die Türkei angreifen wird. Auch der SDK-Sprecher Mustafa Bali schrieb: „Wir werden nicht zögern, jeden Angriff von türkischer Seite in einen umfassenden Krieg entlang der ganzen Grenze zu verwandeln, um uns und unser Volk zu verteidigen“.

Durch diesen Einmarsch könnte die Opposition in der Türkei, die sich in der letzten Zeit genährt haben wieder einen Bruch erleiden. Denn, immer wenn es um die sogenannte „Nationale Sicherheit“ ging, ist die CHP (Republikanische Volkspartei) eingeknickt. So auch Ende September, wo der Vorsitzende der CHP Kemal Kilicdaroglu auf ihrer „Syrien-Konferenz“ in Istanbul, eine Militäroperation befürwortete .

Weitere Beiträge von Eren Gültekin

Erstveröffentlichung in „NeuesLeben/YeniHayat“ vor ein paar Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
Bild und Bildunterschrift teilweise oder ganz hinzugefügt von der Redaktion AmericanRebel

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Okt.13
on 13. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Diethard Möller

Diethard Möller

Wolfgang Schorlau – immer wieder für Überraschungen gut!

Buchbesprechung: »Brennende Kälte« von Wolfgang Schorlau
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Diethard Möller

Aus aktuellem Anlass möchte ich auf das schon 2009 erschienene Buch »Brennende Kälte« von Wolfgang Schorlau hinweisen.
Der Film zum Buch wurde kürzlich im ZDF gezeigt. Er kann in der ZDF-Mediathek abgerufen werden.

Auch dieser Politkrimi von Wolfgang Schorlau endet mit einer deftigen Überraschung. Der Krimi
 beginnt mit einer Routineaufgabe. Der Privatdetektiv Dengler soll im Auftrag
der Ehefrau den verschwundenen Mann suchen. Der Fall hat es in sich. Der Mann
 ist Mitglied des KSK der Bundeswehr und war zu Kampfeinsätzen im Süden 
Afghanistans. Nach seiner Rückkehr ist er schwer psychisch gestört und kommt 
ins Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg. Dort verschwindet er. Bei seinen 
Recherchen gerät Detektiv Dengler in ein für ihn zunächst kaum durchschaubares
 Spinnennetz – gesponnen von der Regierung, Rüstungskonzernen und dem BND. Als
er beginnt dieses Spinnennetz zu durchschauen schwebt er in Lebensgefahr. Wie
 es ausgeht wollen wir hier nicht verraten. Es lohnt sich, diesen Krimi zu
kaufen und zu lesen. Der Autor ist auch zu Lesungen bereit.

Erschreckend ist, dass der Krimi sich weitgehend an der
 Realität in unserem Staat orientiert und nur wenig der Phantasie entspringt.


Natürlich ist die Story erfunden, doch viele Elemente der Geschichte sind wahr.
So gerät der Krimi zu einer heftigen Anklage gegen den Bundeswehreinsatz in
 Afghanistan. Er entlarvt das Gerede vom „humanitären Einsatz“. Auch die
 menschenverachtenden Ziele und Bestrebungen der Rüstungskonzerne werden offen
gelegt.

Schorlau hat seinen Krimi offensichtlich sehr gut
 recherchiert, denn auch in Details ist er genau und hat sich Fachkenntnisse zu
nutze gemacht. So kann er in seinem Roman die psychischen Störungen
traumatisierter Soldaten (die so genannte posttraumatische Belastungsstörung)
 recht lebendig machen. Er zeigt damit auch, welche menschliche Zeitbomben durch
 solche Kriegseinsätze produziert werden und wie gefährlich die Politik der
 Bundesregierung und des Kapitals für die Zivilgesellschaft ist. Es ist toll, dass es in Deutschland einen Krimiautor gibt,
 der sich nicht auf Polizeischmonzetten verlegt, in denen der „aufopferungsvolle
 Dienst“ für Gerechtigkeit beweihräuchert wird, sondern der die
 Ungerechtigkeiten in dieser Gesellschaft aufs Korn nimmt. Daher siegt auch in 
„Brennende Kälte“ nicht das Gute.

Leseprobe

Zur ZDF-Mediathek



Erstveröffentlichung heute oder vor wenigen Tagen in Arbeit Zukunft online. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.

Bilder und Bildunterschriften wurden komplett oder zum Teil von der Redaktion AmericanRebel hinzu gefügt.
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Weitere Artikel von Diethard Möller

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└ Schlagwörter: BND, Brennende Kälte, KSK, Phantasie, Polizeischmonzetten, posttraumatische Belastungsstörung, Wolfgang Schorlau, ZDF
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Okt.12
on 12. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Harry Popow

Harry Popow

Soldaten für den Frieden (Teil vierundzwanzig)

Leseprobe aus „Ausbruch aus der Stille…“ von Harry Popow
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Harry Popow

Hier nun die vierundzwanzigste Leseprobe aus meinem neuen Buch »Ausbruch Aus Der Stille – Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten«, das im Februar dieses Jahres auf den Markt gekommen ist. Bitte benutzt auch die Kommentarfunktion für Eure Kritiken und Einschätzungen.

„Kampfplatz“ Adlershof

Es ist der erste Dezember 1986, da geht Henry nach Beendigung seines Dienstes in der NVA das erste Mal wieder seit dem Herbst 1954, also seit 32 Jahren, in Zivil zur Arbeit. Mit der S-Bahn von Friedrichshagen nach Köpenick, von dort fährt er mit der Straßenbahn nach Adlershof, betritt dann diesen riesigen Gebäudekomplex des Fernsehens der DDR: Sein neuer Arbeitsplatz. Konkreter: Die Räume der Beratergruppe. Die ist im grauen Verwaltungsgebäude im obersten Stockwerk untergebracht. Einige Mitarbeiter sind dafür verantwortlich, daß in Drehbüchern über die Armee und bei allen zu bearbeitenden militärischen Problemen keine fachlichen und politischen Unebenheiten stehen. Ein Oberst ist Henrys Vorgesetzter, sehr korrekt im Umgang mit seinen zwei Zivilleuten, zu denen auch Detlef gehört, ein äußerst beweglicher Geist mit immer neuen Ideen. Vor allem: Er hilft Henry, in der für ihn fremden Welt des Fernsehens allmählich Fuß zu fassen, die einzelnen Bereiche wie Unterhaltung und Dramatik kennenzulernen, aber auch die Leute von „Radar“, dem militärpolitischen Magazin. Er muß an „Abnahmen“ – seien es die Radar-, seien es publizistische Beiträge, seien es Spielfilme mit Armeeproblematik – teilnehmen und den jeweiligen Inhalt mit begutachten. Die meiste Arbeit aber liegt im Vorfeld der Filmaufnahmen. So sitzt Henry bald über Drehbüchern gebeugt, liest gründlich, bildet sich ein Urteil über die wahrheitsgetreue Darstellung, der künstlerischen Wiedergabe des Wirklichkeitsausschnittes. Hin und wieder fährt er mit dem Dienstauto – Detlef, sein Mitstreiter, ist oft mit von der Partie – auf Reise zu den Drehorten und Schauplätzen. Das alles ist nach seinem Geschmack, entspricht seinen Erfahrungen und seinem Können. Er vermißt nicht den sagenhaften Termindruck der Zeitungsarbeit. Dafür genießt er – den mitunter gemächlichen – Arbeitsbeginn. 7.30 Uhr trifft er für gewöhnlich als erster in der Beratergruppe ein, rückt seinen Schreibtischsessel zurecht, legt die durchzuackernden Drehbücher auf den Tisch … Da kommt schon Detlef, der seinen Schreibtisch gegenüber Henrys hat. Kleiner Plausch, dann ein Anruf vom Oberst, die beiden möchten doch 8.30 Uhr mal zu ihm kommen. Sie schnappen sich ihre Arbeitsbücher und melden sich ganz zivilistisch bei ihrem Chef. „Was gibt es neues?“ Man beschnarcht dieses und jenes, internes und weltpolitisches, zwischendurch bringt Brigitte, die gute Seele der ganzen Abteilung, Kaffee ins Arbeitszimmer. Natürlich, was hier besprochen und entschieden wird, hat letztlich Auswirkungen auf die Qualität der Fernsehprodukte mit militärischen Themen, deshalb eine gewisse Ruhe und Gründlichkeit in allen Belangen, man will allen Bestrebungen, die militärische Sicherheit des Landes lebendig darzustellen und neue Kader zu gewinnen, Tür und Tor öffnen, das spürt Henry sofort und genießt weiter. Doch bald, sehr bald kribbelt es dem viel Bewegung gewöhnten ehemaligen Reporter in den Händen und im Kopf. Er müßte etwas persönliches zum NVA-Bild beisteuern, also eine Filmgeschichte oder so

Inzwischen ist es Mai geworden. Henry hat etwas mehr Zeit am neuen Arbeitsplatz zum Nachdenken, Grübeln, Ideen entwerfen für die Darstellung von Armeeproblemen. Doch die wiederum sind eingebettet in die politische Weltlage, in die Zusammenhänge auch philosophischer Art. Er liest u.a. in der Zeitschrift für Philosophie 1/87 zu aktuellen Problemen der philosophischen und soziologischen Forschung in der SU, Seite 6: „Die Ursachen für das Zurückbleiben der Philosophie sehen die Autoren u.a. im „Fehlen von gründlichen Forschungen zu den dialektischen Prozessen unter den Bedingungen des Sozialismus und von Untersuchungen der Eigenart des Erscheinens allgemeiner dialektischer Gesetzmäßigkeiten unter qualitativ neuen Bedingungen. Sehr bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß die Kategorie Negation und das Gesetz der Negation der Negation, angewandt auf die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft, faktisch nicht ausgearbeitet ist. (…) Die Folge des ‚Vergessens der Notwendigkeit, die Entwicklung (…) dialektisch und kritisch zu betrachten, ist eine vereinfachte, begrenzte, einseitige Vorstellung vom Inhalt selbst und dem Wesen der Produktionsverhältnisse im Sozialismus.“ Die Autoren zitieren die Klassiker ( M/E Werke, Bd. 23, S. 28): Karl Marx erklärte, daß die materialistische Dialektik „in dem positiven Verständnis des Bestehenden zugleich auch das Verständnis seiner Negation, seines notwendigen Untergangs einschließt, jede gewordene Form im Flusse der Bewegung, also auch nach ihrer vergänglichen Seite auffaßt, sich durch nichts imponieren läßt, ihrem Wesen nach kritisch und revolutionär ist.“

Henry merkt dazu an in seinem Tagebuch: Wenn etwas in Bewegung ist, gehört dazu – vom Subjekt aus gesehen – die Kritik und die Fähigkeit dazu! Einbringen bei nächsten Seminaren …

  • Oktober 1987. Leipzig. 30. Festival für Dokumentarfilme in Leipzig. Henry wurde von der Beratergruppe delegiert. Er sieht sich insgesamt 72 Filme an. Er soll alles aus militärpolitischer Sicht beurteilen, aber ihn interessieren besonders die kritischen Sichten auf den Alltag im Sozialismus. So z. B. das „neue Denken“ contra Bürokratismus. Weitere Probleme: die Praxis im Strafvollzug, Süchtige, Behinderte. Ein Film wühlt ihn besonders auf: „Ist es leicht, jung zu sein?“ Ein Streifen aus der SU. Ins Notizbuch im dunklen Kinosaal kritzelt Henry folgende Aussprüche: Orientalische Lobgesänge statt Wahrheit? / Bei der Entwicklung einer neuen Werkzeugmaschine benötigt man fünf Jahre, wenn man sich an alle Instruktionen hält. / Beginnend mit Andropow brodelte der Geist. / Zwischen der institutionellen Wahrheit und der, dem Volke zu dienen – der Widerspruch zwischen beiden Polen – da beginnt der reinste Kriminalfilm. / Der Kampf gegen den Bürokratismus ist wie der Kampf Davids gegen Goliath, der auf drei Beinen steht: Wunder, Geheimniskrämerei und Autoritäten. / Wenn man wächst, gewiß, dann ist man den Blitzen und dem Donner näher – ihr könnt euer Dasein aber auch geschützt unterm Busch verbringen – dort schlagen zwar keine Blitze ein, dafür aber pinkeln dort die Hasen.

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Zum Inhalt

Ausgangssituation ist Schweden und in Erinnerung das Haus in Berlin Schöneberg, in dem die Ziebells 1945 noch wohnen. Der Leser erfährt zunächst, wer die Eltern waren (seine Mutter stammt aus Moskau), berichtet kurz vom Evakuierungsort 1943/44 in Pommern, von der Rückkehr in das noch unter Bombenhagel liegende Berlin (Schöneberg), von den Eindrücken nach Kriegsende und vom Einleben in der neuen Gesellschaft, dabei auch von einer Begegnung der Jungen Pioniere mit Wilhelm Pieck.

Buch-Cover Ausbruch aus der Stille von Harry Popow – Mit freundlicher Genehmigung des Autors

Die Lehrzeit wird skizziert mit der Arbeit im Zwickauer Steinkohlenrevier, mit Tätigkeiten in der Geologischen Kommission der DDR und mit dem Besuch der Offiziersschule der KVP/NVA in Erfurt und in Plauen, wo er seine spätere Frau kennenlernte.

Wie lebt ein junger Offizier in der Einöde im Nordosten der DDR, welche Gedanken und Gefühle bewegen ihn? Darum geht es in den nächsten Aufzeichnungen seiner Impressionen. Seine Träume führen ihn mitunter weg vom Kasernenalltag und so nimmt er die Gelegenheit wahr, für fünf Monate im Walz- und Stahlwerk Eisenhüttenstadt als einfacher Arbeiter tätig zu sein.

Durch Versetzungen gelangt er nach Potsdam. Dabei kommen Querelen des Alltags als Ausbilder und später als Politoffizier nicht zu kurz. Ein Glücksfall für ihn, als er nach Neubrandenburg in einen höheren Stab als Redakteur berufen wird. Er beginnt ein Fernstudium als Diplomjournalist an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Inzwischen ist er längst glücklich verheiratet. Die Höhen und Tiefen eines Militärjournalisten – die zwingen ihn, vieles neu zu überdenken. Vor allem als einstiger Ausbilder gelingt es ihm, die Probleme der Soldaten immer besser zu verstehen und sie bildhaft zu schildern.

Die spätere Arbeit als Abteilungsleiter in der Wochenzeitung „Volksarmee“ macht ihm nicht nur Spaß, er nimmt auch Stellung gegen Ungereimtheiten, was ihm nach der Entlassung aus dem aktiven Armeedienst und der Tätigkeit als Journalist im Fernsehen der DDR nicht nur böse Blicke einbringt. So fährt er im September 1989 seiner Tochter nach Ungarn hinterher, um herauszukriegen, weshalb sie mit ihrem Partner abgehauen ist; er gibt ihr dabei das Versprechen, sie in keiner Weise als Tochter zu verurteilen. Nach seiner Rückkehr wird er mit einer Parteistrafe gerügt, die Wochen später angesichts der vermeintlichen Verstöße und Fehler durch die Politik nicht mehr relevant scheinen und wieder gestrichen wird. Auf Unverständnis stößt er auch bei seinen Mitarbeitern, als er nach der Teilnahme an der Dokumentarfilmwoche1988/89 in Leipzig angeblich nicht die erwarteten Schlussfolgerungen zieht.

Nach der Wende: Versuche, arbeitsmäßig Fuß zu fassen, u.a in Gran Canaria und in einer Steuerfirma. Die Suche nach Alternativen, günstiger zu wohnen, sowie die Sehnsucht nach Ruhe führt das Ehepaar nach Schweden.

Episoden aus dem Dorfleben und von vielen Begegnungen, so z.B. bei der Geburtstagsfeier einer siebzigjährigen Schwedin, machen den Alltag und die feierlichen Momente in der „Stille“ nacherlebbar. Keine der in der DDR erlebten Widersprüche und politischen Unterlassungssünden wirft den überzeugten Humanisten aus der Bahn, wogegen die Kapitaldiktatur mit ihren hörigen Medien, politische Manipulationen und Lügen im angeblich so demokratischen Deutschland ihn aufbringen – er bleibt ein Suchender, auch nach der Rückkehr im Jahre 2005 nach Deutschland. Als Rentner, Blogger, Rezensent undund Autor!

 

zum 1. Teil zum 6. Teil zum 11. Teil zum 16. Teil zum 21. Teil zum 26. Teil zum 31. Teil
zum 2. Teil zum 7. Teil zum 12. Teil zum 17. Teil zum 22. Teil zum 27. Teil
zum 3. Teil zum 8. Teil zum 13. Teil zum 18. Teil zum 23. Teil zum 28. Teil
zum 4. Teil zum 9. Teil zum 14. Teil zum 19. Teil zum 24. Teil zum 29. Teil
zum 5. Teil zum 10. Teil zum 15. Teil zum 20. Teil zum 25. Teil zum 30. Teil

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Harry Popow: AUSBRUCH AUS DER STILLE. Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten. © Copyright by Harry Popow, Verlag: epubli, Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, Erscheinungsdatum 18.02.2019, ISBN: 9783748512981, Seiten: 500, Preis: 26,99 Euro.

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Über den Autor: Geboren 1936 in Berlin Tegel, erlebte Harry Popow (alias Henry) in seinem Buch „Ausbruch aus der Stille“) noch die letzten Kriegsjahre und Tage. Ab 1953 war er Berglehrling im Zwickauer Steinkohlenrevier. Eigentlich wollte er Geologe werden, und so begann Harry Popow ab September 1954 eine Arbeit als Kollektor in der Außenstelle der Staatlichen Geologischen Kommission der DDR in Schwerin. Unter dem Versprechen, Militärgeologie studieren zu können, warb man ihn für eine Offizierslaufbahn in der KVP/NVA. Doch mit Geologie hatte das alles nur bedingt zu tun… In den bewaffneten Kräften diente er zunächst als Ausbilder und danach 22 Jahre als Reporter und Redakteur in der Wochenzeitung „Volksarmee“. Den Titel Diplomjournalist erwarb der junge Offizier im fünfjährigen Fernstudium an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Nach Beendigung der fast 32-jährigen Dienstzeit arbeitete er bis Ende 1991 als Journalist und Berater im Fernsehen der DDR. Von 1996 bis 2005 lebte der Autor mit seiner Frau in Schweden. Beide kehrten 2005 nach Deutschland zurück. Sie sind seit 1961 sehr glücklich verheiratet und haben drei Kinder, zwei Enkel und zwei Enkelinnen.

Frühere Artikel von Harry Popow

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Okt.12
on 12. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Victor Grossman

Victor Grossman

THE BERLIN WALL THIRTY YEARS LATER

Berlin Bulletin No. 167
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Victor Grossman

Remembrance Days are rewarding for journalists, especially since Google made research digging so easy. And how the German media love such days! Their favorite dates recall four events: June 17, 1953,  the „Uprising“ (or whatever it’s labeled) by East German workers in the birthing period of the German Democratic Republic (GDR), the building of the Berlin Wall on August 13, 1961, its opening up on November  9, 1989 and „German unification“ on October 3, 1990. The final digits of round-numbered years are 3, 1, 9 and 0. Add on five-year final digits – after all, proper calendars must mark 25 or 35 year anniversaries – and you get 8, 6, 4 and 5, so all but two years every decade offer fine opportunities for journalists, orators and politicians to remind us, for days, even weeks in advance, how awful the GDR was, how doomed to fail and how lucky its demise made all of us poor „Ossies“ (East Germans).

We are again blessed with one such year. Not German unification, a 29th year is not round. But November 9th fits the bill, a full 30 years after the Berlin Wall was breached, so we must ready our nerves for weeks of speeches, articles, memory dips and PR stunts. At one such event miles of big domino stones were pushed down, at another, thousands of brightly lit balloons sent floating upward. Such celebrations usually end up near the Brandenburg Gate with giant fireworks and fervent singing of the all-German anthem, „Deutschland über alles“.

The Ku’damm with its shops is a boulevard for the East Germans. At the financial institutions in West Berlin, here at a savings bank on the Kurfürstendamm, GDR citizens stand in long queues to pick up their so-called welcome money of 100 DM. | picture: Youtube screnshoot

Sarcastic voices mumble that their basic aim was formulated back in 1991 by Minister of Justice Klaus Kinkel: „It must be possible to delegitimize the GDR system, which justified itself till the bitter end with its anti-fascist beliefs, its professedly higher values and its asserted absolute humanism while, under the cover of its Marxism-Leninism, it built up a state in many aspects just as inhumane and frightful as fascist Germany“. This from a man whose second goal for Germany contained curious, worrisome undertones: „… to complete something we have twice previously failed to achieve: finding a role, in agreement with our neighbors, which corresponds with our wishes and our potential.“

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His equation of fascists and communists, of fascism and communism, was recently adopted as official policy by the European Union, blaming both for World War Two, ignoring even a mention that Auschwitz, Treblinka and Sachsenhausen were freed and Nazi Germany defeated thanks more to the USSR than to any other country, and that it lost 27 million of its people as a result of Nazi aggression.

Why is the 20th century’s tragic history so distorted? And why, in Germany, are unrelenting salvos still fired at a sunken vessel, the GDR, aimed at any broken spars still visible above the waves? Why, after thirty years, is it still being kicked, like the corpse of a deceased work horse? Do some still fear it might yet kick or bite?

But sarcasm is unappropriate when recalling how thousands, in total euphoria, poured through the suddenly opened checkpoints of the Berlin Wall. At last they could freely visit friends and relatives – with no restrictions or limitations. They could soon join eager lines to admire Mona Lisa, climb the Leaning Tower, ride cablecars in Frisco’s Chinatown or camel backs to Gizeh’s pyramids, try their luck in Monaco or Vegas. After 28 years of feeling walled-in they could now breathe joyfully the fresh air of the free world. Their tears of joy were genuine.

Most immediately, they found a very tangible goal in those first heady days. Every West Berlin bank awarded them „welcome money“- 100 marks, West-marks at last, not the scorned East-marks! They could spend them freely for the bananas they had missed, like papayas and other fruits rare or unknown in the East. There were Mars bars, Hershey bars (and even all-night bars), Big Whoppers, the latest fashionable shoes, blouses, dessous and dildos, they could admire crowded Ku’damm, West Berlin’s “Fifth Avenue” or the lone, widowed panda bear in the West Berlin zoo. Or see the latest Hollywood blockbuster and buy books by Tom Clancy (or Koestler), still unavailable in the East where, within a few months, any last faded slogans about peace, production, socialism – and our wise leaders – would disappear, replaced by glittering images of Marlboro cowboys, golden McDonald arches, sleek VWs or BMWs displayed by sleek female beauties. Above all, there were those West-marks, respected in all the world – and soon required in every purchase and payment.

But alas, before long unexpected thorns were felt: unity brought rapid privatization, shutdown and abandonment of almost all East German industry, some of it decrepit, some of it state of the art, the lay-off of millions, the firing of nearly everyone in any form of administration, down to „ignorant eastern“ traffic or sewage disposal managers, the silencing of teachers, professors, journalists, scientists, actors and musicians by the thousand.

But while most of the replaced ones hunted sadly for any new occupation, however meager and unaccustomed, and others simply gave up, younger generations searched for new niches in the new/old system, rejoiced at the wide choice of cars, books, or vacation destinations and enjoyed the fireworks, perhaps even the newly-learned anthem, without regretting the loss of a fading past with all its deficiencies and injustices. And by now, after all, three decades have helped it fade!

And yet today’s atmosphere, especially in the five eastern, former GDR states, somehow seems to lack the esprit of past remembrance days. The reasons? Wages have still not caught up with West German levels, hours are longer, jobless figures higher than those in the West. In both East and West the jobs are more often insecure, temporary, part-time, lower-paid. Germany’s powerful economy, based on exports of cars, machines, chemicals, is weakening. The scandal at Volkswagen and then most other carmakers, with lying cheaters at the top poisoning the atmosphere with their gas emissions while raking in millions, is cutting export figures. A likely break-away of Britain with its Brexit can hit export trade sharply and weaken the entire European Union which Germany has been increasingly dominating. It, too, is currently torn by dissension and the increasing stubbornness of its eastern members, also rescued thirty years ago from diabolical totalitarianism but now turning ever more clearly to the right, from Warsaw and Budapest to Sofia and Kiev.

Even thirty years have not accustomed all ex-GDR citizens to seeing youngsters in the streets with their ragged dogs and paper cups for charitable donations, concert violinists begging money with Mozart in cold subway stations or, on icy nights, homeless huddled figures in sleeping bags on the stations‘ concrete floors – although some may „not even be Germans“ but only immigrants from other liberated regions such as Poland or Bulgaria.

Not only sympathy or charity result. Many in eastern Germany are still waiting for the promised „blossoming landscapes“ and wondrous West-mark bounties. Insecurity and feelings of dissatisfaction at „second-class citizenship“ lead many to sullen rejection of all „establishment parties“ and, fueled by racist propaganda too often aided by the media, cause them to believe that aid and support they are deprived of is wasted on „refugees and immigrants“, especially Islamist Muslims – in other words the poorest.

Many in Germany watched with alarm when Görlitz, one of its most beautiful towns, after losing nearly all its industry and large numbers of its young citizens, came very close to electing an extreme right-wing xenophobe from the Alternative for Germany (AfD) as mayor. On September 1 that party won a powerful second place in two of the five East German states, Saxony and Brandenburg. In two weeks it will try for the same goal in Thuringia, where its leader spouts, almost verbatim, quotations of fanatic Nazi leaders from the 1930s.

Such anger is not only expressed in voting booths but in violence as well, by fanatic loners or networks of neo-nazis, often tolerated or even supported by frightened small town mayors, sympathizers wearing police uniforms, judges‘ robes or parliamentary suits and ties. Most attacks are against those „other“ Muslims, but anti-Semitism can also be found again in German streets. In Halle, in the East German state, Saxony-Anhalt, a synagogue was attacked during Yom Kippur ceremonies and a man in a Turkish shop nearby was killed. And hatred now possesses a political base in every German state legislature, east and west.

The Fall of the Wall and the demise of the GDR which followed had other consequences. For the first time since 1945 Germans in uniform engaged in military battle when, defying the UN and international law, Tornado fighters fired NATO missiles against Serbia, a land Germany had violently attacked in both world wars. Following this historic breakthrough was the deployment of soldiers and pilots to Afghanistan and Mali and sailors to the Mediterranean.

At least as alarming are the maneuvers around northern Russia. Last year it was „Trident Juncture 2018“ with 50,000 troops from 29 countries, 150 planes and 60 ships in Norway and Arctic waters, the biggest NATO maneuvers since the Cold War ended.

Next spring it will be „Defender 2020“ with 37,000 American soldiers, 20,000 flown in from the USA to join 17,000 already stationed in Europe and with Germany serving as a hinge with „convey support centers“ to help transport them eastward. Aside from sending its own troops, top officers and weapons, Germany will spend billions to guarantee that its highways, railroad lines and waterways can withstand the rapid transport of 130-ton tanks, artillery and other modern weapons eastward to Estonia, Latvia, Lithuania and Poland – perilously close to Russia’s second metropolis, St. Petersburg.

Somehow journalistic remembrance agility rarely extends back 85 years, when Hitler’s modern network of Autobahn highways served a very similar purpose. Or five years later, when German troops held Leningrad, St. Petersburg, in an icy siege, starving and freezing to death more than a million civilians. But these maneuvers, as Lt. Gen. Christopher G. Cavoli assured the press, were innocently meant only „to frighten off possible enemies“.

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Okt.11
on 11. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Rui Filipe Gutschmidt

Rui Filipe Gutschmidt

Portugal hat ein neues Parlament gewählt

Rui Filipe Gutschmidt

Die linken Parteien haben einen großen Sieg errungen und sind somit in der Lage eine stabile Regierung zu bilden.

Premierminister António Costa hat die absolute Mehrheit verfehlt und ist daher auf die Zusammenarbeit mit anderen Parteien angewiesen. Die historische Niederlage der Mitterechtsparteien zeigt, dass die Menschen den Unterschied begriffen haben, zwischen der Troikaregierung 2011-2015 und der letzen Legislaturperiode. Unerwartet war der Einzug von gleich drei kleinen, vor kurzem gegründeten Parteien.

Die sozialdemokratische Partido Socialista (PS) unter dem Premierminister António Costa hat einen klaren Wahlsieg erzielt. Seine Partido Socialista bekam aber nicht die absolute Mehrheit und ist daher, wie auch schon in der letzten Legislaturperiode, auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen.

Doch fehlen noch die 4 Abgeordneten, die von den im Ausland lebenden Portugiesen gewählt wurden. Diese Stimmen werden noch ausgezählt, doch ist es sicher, dass diese zwischen PS und PSD aufgeteilt werden.

Wahlplakate in Portugal. Bild: YouTube screenshot

Die Frage „wer mit wem?“, oder in diesem Fall „wer mit der PS und António Costa?“, hat sich in den letzten Tagen herauskristallisiert. Doch klar war schon von Anfang an der Wunsch des Premierministers Costa, die bisherige, linksgerichtete Politik fortzuführen. Doch dazu benötigt er die Kooperation der Parteien zu seiner Linken. Vor vier Jahren war es ein absolutes Novum, als die Linken Parteien sich zusammenrauften, um der PS die Bildung einer Regierung zu ermöglichen, obwohl die Koalition aus PSD und CDS die meisten Stimmen erreicht hatten.

Dieses Bündnis wurde aber nur auf parlamentarischer Ebene geschlossen. Die PS, soviel scheint klar, wird dieses mal nicht mit den selben Parteien oder einem gleichen Abkommen (auf vier Jahre) ihre Regierung bilden. Auch Premierminister Costa wurde bereits von Präsident Marcelo de Sousa aufgefordert eine Regierung zu bilden und hat auch schon mit den anderen Parteien Gespräche geführt.

Die Kleinparteien CHEGA (es reicht), Iniciativa Liberal und LIVRE (Freie), haben je einen Abgeordneten und sind daher nicht ausschlaggebend. Die CHEGA sind noch dazu Rechtspopulisten und die IL sind radikale Neoliberale. Die LIVRE aber, ist eine ökologische linksgerichtete Partei, die Antonio Costa nicht von sich weist. Die PSD und die CDS, also die Mitterechtsparteien im Parlament, sind auch vom Tisch und so bleiben nur noch die PAN und die Parteien des Bündnisses von 2015.

Es ist inzwischen allen klar, dass die PAN nicht wirklich links oder rechts einzustufen ist. Auch ein gewisser Radikalismus ist ihnen zu eigen. Die Partei der „Menschen, Tiere und Natur“ ist strickt gegen den Konsum von Rindfleisch, da die Massenproduktion einige der größten Umweltprobleme verursacht. Aber die Partei hat keine klare Linie und hat außerdem einen langfristigen Kompromiss mit der PS ausgeschlossen.
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PS Mittelinks 36,6 % 106
PSD Mitterechts 27,9 % 77
BE Links 9,7 % 19
CDU (PCP+PEV) PCP-Links
PEV-Ökologie
6,5 % 12
CDS Mitterechts 4,2 % 5
PAN Ökologie 3,3 % 4
CHEGA Rechtspopulistisch 1,3 % 1
IL Neoliberal 1,3 % 1
Livre Linksökologisch 1,1 % 1

Wahlbeteiligung 54,5 Prozent (Quelle: Publico)

Die CDU ist das Bündnis aus Grünen und Kommunisten. Sie haben etwa die Hälfte der Stimmen verloren, aber es wären immer noch genug, um gemeinsam mit der PS auf über 50 Prozent zu kommen. Jeronimo Sousa, der Vorsitzende der Kommunisten, hat klar gestellt, dass eine Zusammenarbeit mit der Regierung nur für Dinge in Frage kommt, die eine Verbesserung für das Leben der Arbeiter und der großen Masse des Volkes bedeuten. Ein tiefgreifender Kompromiss ist eher nicht zu erwarten, weil die CDU von ihren Stammwählern für ihre Kompromissbereitschaft in der letzten Legislaturperiode abgestraft wurde, während die PS über 20 Sitze dazu gewann und der Dritte im Bunde – der Linke Block – BE – seinen Stimmanteil ausbaute und die 19 Sitze im Parlament beibehielt.

Es ist mit eben dieser linksprogressiven Partei unter der Vorsitzenden Catarina Martins (die sich selbst als „Sprecherin“ der Partei designiert), dass ein stabiles Regierungsbündnis möglich sein könnte. Laut Premierminister Costa blieb, nach ersten Sondierungsgesprächen, nur noch die Frage „wie weitreichend“ das Abkommen reichen könnte. Inzwischen ist klar, dass Costa eine linksgerichtete Politik weiterführen muss, wenn er stabile Mehrheiten wünscht. Der BE ist in den Verhandlungen mit der PS in einer relativ previligierten Position. Nur Kommunisten und die konservativ-neoliberale PSD haben genug Sitze, um jeweils eine Mehrheit im Parlament mit der PS zu bilden. Doch keiner von ihnen hat die Absicht ein tiefgreifendes Abkommen mit António Costa zu schließen.

Doch der Linke Block hat keinen schriftlichen Vertrag mit der PS geschlossen und Catarina Martins wird von Fall zu Fall entscheiden. Klar ist, dass der BE Druck ausüben wird, da mit ihr nur durchgeht, was der großen Masse wieder mehr Geld in der Tasche lässt und somit den Konsum und die Binnennachfrage steigert. Die Verbesserung der Lebensqualität der Arbeiter, Rentner, Familien oder kurz gesagt, der unteren ¾ der Bevölkerung, eine Politik der Solidarität mit den weniger vom „Glück“ begünstigten Menschen, steht zwar auch im Programm der PS, aber der Druck von links, insbesondere des BE, ist unumgänglich, damit sich die Partido Socialista auch in der Praxis daran hält.

Antonio Costa, der also sicherlich (zunächst auf jeden Fall) eine reine PS-Regierung anführen wird, hat in den vergangenen vier Jahren nur allzu oft die Forderungen der Gläubiger und die Schuldentilgung vor die dringend benötigten staatlichen Investitionen (z. B. ins Gesundheitssystem oder in die Bildung) gesetzt. Seine Obsession für ein Nulldefizit wird seit kurzem von einer Obsession für einen Haushaltsüberschuss abgelöst. Diesen Weg gehen die Parteien zu seiner linken nicht mit. Dennoch wird Costa seinen „Linkskurs“ beibehalten, zumindest solange es ihm nutzt. Doch einzelne Abkommen mit der PSD behält er sich vor und sei es nur um seine Position der Stärke zu demonstrieren. Eine Zusammenarbeit der linken Parteien, BE. PCP, PEV und LIVRE, kann aber ebenso eine gewisse Position der Stärke repräsentieren. In den nächsten Wochen, wenn der Haushaltsplan für 2020 verhandelt wird, wird uns zeigen wie stark Catarina Martins, Jeronimo Sousa und die andere Linken im Parlament wirklich sind.

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Erstveröffentlichung heute in unserer Partnerzeitung INFO-WELT.
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Okt.11
on 11. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Lucy Redler

Lucy Redler

Erfolg oder Scheitern des Mietendeckels
wird auf der Straße entschieden

Lucy Redler

Ohne die Berliner Mieter*innenbewegung der letzten Jahre und die Initiative “Deutsche Wohnen & Co enteignen” würde in der Hauptstadt Mitte Oktober kein Mietendeckel beschlossen. Die Debatte der letzten Monate über Enteignung von großen Immobilienkonzernen zeigt, wie eine kleine Initiative eine Stimmung in der Bevölkerung aufgreifen und in Aktivität für eine weitgehende Forderung entwickeln und dabei weitreichende Zugeständnisse erreichen kann. 

Die Idee des Mietendeckels war zu Beginn eine Reaktion der SPD auf den Vorstoß der Initiative “Deutsche & Co enteignen”. Diese fordert, Immobilienkonzerne mit mehr als dreitausend Wohneinheiten zu enteignen und in öffentlicher Hand zu demokratisieren. Dabei wurde sie von der LINKEN unterstützt. Der Versuch der SPD, der Initiative durch einen Mietendeckel den Wind aus den Segeln zu nehmen, scheiterte, da die Bewegung und auch Die LINKE auf eine Kombination von Mietendeckel und Enteignung setzen.

Ende August wurde ein Entwurf für den Mietendeckel aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geleakt, die der LINKE-Senatorin Katrin Lompscher untersteht. Dieser wurde von Mieter*inneninitiativen in der Stadt als großer Wurf gefeiert. Das Wichtigste an dem Entwurf: Fünf Jahre sollte es keine Mieterhöhungen mehr geben. Ein allgemeiner Anspruch auf Mietsenkung sollte entstehen, wenn die Nettokaltmieten eine Obergrenze von 3,42 Euro bis 7,97 Euro übersteigen.

Die Immobilienwirtschaft, die bürgerlichen Medien, FDP, CDU und AfD schrien Zeter und Mordio, die Berliner Morgenpost behauptete gar, DIE LINKE wolle Berlin “anzünden”. Aber auch SPD und Grüne kritisierten den Entwurf öffentlich.
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Abschwächung des Entwurfs 

Der Leak war von der LINKEN und der Senatsverwaltung nicht beabsichtigt. Dabei wäre gerade die Veröffentlichung einer radikalen, mit den anderen Parteien im Senat  nicht abgestimmten Position ein positives Beispiel dafür, wie DIE LINKE im Senat agieren sollte: Die eigenen Positionen selbstbewusst in der Öffentlichkeit vertreten, mit Bündnispartner*innen der außerparlamentarischen Bewegung für ihre volle Umsetzung kämpfen und das gesellschaftliche Kräfteverhältnis durch den Aufbau von Gegenmacht so verschieben, dass mehr durchsetzbar wird. In jedem Streik passiert genau das.

Berlin am 12.04.2015, Foto: pilot_micha, Flickr

Leider wurde der Entwurf nach massivem Druck der Immobilienwirtschaft und der anderen Parteien stark verwässert. Die Position der Grünen war auf einmal, dass Mieterhöhungen weiter möglich sein müssten. Dabei sei daran erinnert, dass es auf Bundesebene in den 1940er Jahren ein Mietendeckel eingeführt wurde, der bis 1972 galt, in West-Berlin gar bis 1988.

Die wesentlichen Änderungen des abgeschwächten Mietendeckels sind:

  • Höhere Richtwerte für Mietobergrenzen von bis zu 9,80 Euro pro m², abhängig vom Baujahr und Ausstattung
  • Zur Berechnung wird der Mietspiegel 2013 statt des Mietspiegels 2011 herangezogen
  • Liegen Mieten unter den Richtwerten, sind Erhöhungen von jährlich 1,3 Prozent möglich
  • Modernisierungszuschläge sind bis zu 1 Euro pro m² möglich, für Modernisierungen der letzten fünfzehn Jahre kann die Mietobergrenze zudem um 1,40 Euro pro m² angehoben werden
  • Ausnahmeregelungen für Vermieter*innen bei “unbilligen wirtschaftlichen Härten”
  • Statt einem allgemeinen Anspruch auf Mietsenkung gibt es einen individuellen Anspruch für Menschen, deren Nettokaltmiete die Obergrenze und dreißig Prozent des Haushaltseinkommens „bei angemessener Wohnungsgröße“ übersteigt.

hier geht es weiter »
Rechtssicherheit?

Ein Argument der Koalition, das auch von der LINKEN vertreten wird, ist die Rechtssicherheit des Mietendeckels, damit er gegenüber Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hat. Der Republikanische Anwaltsverein hat ausführlich begründet, dass es durchaus möglich ist, einen scharfen Mietendeckel rechtssicher zu formulieren. Zudem sollte es DIE LINKE mit Ferdinand Lassalle halten, demzufolge Rechtsfragen Machtfragen sind und auch ein Bundesverfassungsgericht die Stimmung im Land zur Kenntnis nehmen wird.

Durch den neuen Entwurf wären viel weniger Menschen anspruchsberechtigt. Aus einer Untersuchung des Soziologen Sigmar Gude geht hervor, dass ein Fünftel der Berliner mindestens dreißig Prozent des Haushaltseinkommens für die Kaltmiete aufbringen.

„Wird einbezogen, dass die Wohnungsgröße angemessen sein muss, reduziert sich der Kreis der Anspruchsberechtigten für eine Mietsenkung jedoch auf nur noch knapp zehn Prozent.“

Der Kreis der Anspruchsberechtigten würde sich zudem

„voraussichtlich sogar noch weiter reduzieren. Denn einen Anspruch auf Absenkung soll es nur dann geben, wenn die neuen Mietoberwerte, die zwischen 5,95 und 9,80 Euro pro Quadratmeter für normal ausgestattete Wohnungen liegen, überschritten werden.“

Wie weiter?

Natürlich wäre auch der jetzige Mietendeckel-Entwurf ein gewisser Fortschritt zum Status Quo und ein Eingriff in das Eigentumsrecht. Er würde jedoch viel zu wenige Mieter*innen betreffen und der Run der Immobilienkonzerne auf Berlin wäre nicht gestoppt, weil mit der Miete weiter ordentliche Profite gemacht werden können.

Daher ist es richtig, jetzt alle Kraft darauf zu verwenden, für die Kernelemente des ursprünglichen Entwurfs und die Forderungen von “Deutsche Wohnen &Co enteignen” zu mobilisieren und die vom Berliner Mietenbündnis geplante Großdemonstration am 3. Oktober unter dem Motto “Richtig deckeln, dann enteignen – Rote Karte für die Spekulation” zu einem Erfolg zu machen:

  • Für einen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf qualitative Mietsenkung
  • Runter mit den Mietobergrenzen, Stopp jeglicher Mieterhöhungen und Modernisierungszuschläge
  • Mietendeckel ohne Ausnahmen

Die wesentlichen Rückschritte des veränderten Variante müssen zurückgenommen werden.

Im Aufruf zur Demo heißt es zurecht:

“Lasst uns verhindern, dass die Koalition unter dem Druck der Immobilienlobby noch weitere Zugeständnisse macht! (…) Wir brauchen jetzt einen Mietendeckel, der hält und uns langfristig vor Mieterhöhungen schützt. Der keine Ausnahmen zulässt und die überteuerten Mieten wirksam senkt. Zusätzlich brauchen wir verlässliche Bedingungen für Sozialmieter*innen, wir brauchen Schutz vor Zwangsräumungen und den sicheren Erhalt von Jugendzentren und Freiräumen in der Stadt. Für einen echten Kurswechsel brauchen wir Wohnraum in der Hand der Gesellschaft.
Im Oktober wird über den Mietendeckel entschieden. Bringen wir unseren Protest auf die Straße: Mit einem löchrigen Deckel geben wir uns nicht zufrieden. Zeigen wir dem Senat, dass wir erst den richtigen Mietendeckel, dann die Enteignung der Immobilienkonzerne wollen! Wir wollen Wohnraum, der nicht als Ware gehandelt wird, und eine Stadt, in der alle leben können.“

Die Warnung des Bündnisses vor weiteren Zugeständnissen an die Immobilienwirtschaft ist mehr als berechtigt. So hat sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am 18. September bereits öffentlich gegen die Möglichkeit von Mietsenkungen ausgesprochen und damit einem Kernelement des Mietendeckels eine Absage erteilt.
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Die Rolle der LINKEN

Der Landesverband der LINKEN ist nun gefordert, sich mit voller Kraft an der Vorbereitung und Mobilisierung zur Demonstration zu beteiligen. DIE LINKE Neukölln hat bei ihrer Mitgliederversammlung Anfang September einen offenen Brief an die zuständige Senatorin der LINKEN und die Fraktion im Abgeordnetenhaus beschlossen, in dem es unter anderem heißt:

“Holt den ursprünglichen Entwurf aus dem Hinterzimmer, diskutiert ihn mit uns und lasst ihn uns gemeinsam mit den Miet-Aktivist*innen verteidigen!“

Der Bezirk plant Mobilisierungsaktionen mit eigenen Plakaten und Flugblättern. Nun ist es am Landes- und den anderen Bezirksverbänden, bei der Mobilisierung nachzuziehen und einen Beitrag zum Aufbau von Initiativen und einer starken Bewegung zu leisten.

Der Landesverband sollte außerdem einen außerordentlichen Landesparteitag nach der Demo und vor der Senatsentscheidung im Oktober durchführen, um zu diskutieren und zu entscheiden, wie sich die Abgeordnetenfraktion und die Mitglieder des Senats angesichts des gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses in Verhandlungen im Senat verhalten sollen. Wenn SPD und Grüne darauf beharren, dass Mieterhöhungen möglich sein müssen oder sich Müller damit durchsetzen sollte, Mietsenkungen auszuschließen und dadurch die Koalition in Frage gestellt wäre, müssten SPD und Grüne dies den Mieter*innen in Berlin erklären und es wird deutlich, wo die Konfliktlinien verlaufen.

Gleichzeitig ist es wichtig, dass DIE LINKE dabei hilft, die Bewegung für Enteignung von Immobilienkonzernen weiter aufzubauen und verhindert, dass der Initiative durch den Senat juristische Steine in den Weg gelegt werden. Für die Initiative ist es wichtig, zeitnah mit der zweiten Stufe beginnen zu können.
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Die Gewerkschaften

Auch die Gewerkschaften müssen jetzt ins Boot geholt werden, um die Demo am 3.10. zu einem Erfolg zu machen. Bisher unterstützt die Gewerkschaft ver.di die Demonstration. Um politisch über die Forderungen aufzuklären und zu mobilisieren, wären Betriebsversammlungen mit entsprechenden Informationen ein erster Schritt einer gewerkschaftliche Kampagne. Wichtig ist, auch die Kolleg*innen, die bei den Immobilienkonzernen, Genossenschaften und städtischen Wohnungsbaugesellschaften beschäftigt sind, politisch für den Mietendeckel und die Forderung nach Enteignung gewinnen.

Aber selbst wenn der Mietendeckel in der verschärften Form käme, würde das die grundlegenden Probleme nicht lösen. Rouzbeh Taheri, einer der Sprecher der Initiative “Deutsche Wohnen & Co enteignen”, wies gegenüber dem Tagesspiegel darauf hin, dass der Deckel zeitlich befristet sei und die Konzerne zudem Mittel und Wege hätten, diesen zu umgehen, um ihre Profite zu erhalten und zu steigern, beispielsweise durch Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, die Reduzierung der Kosten für Instandhaltung oder die Erhöhung der Nebenkosten.
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Ein Mietendeckel löst grundlegende Probleme nicht

Im Kapitalismus werden die großen Konzerne immer wieder Umgehungsstrategien finden, um ihre Profite zu steigern. Das ist keine Ausnahme, sondern die Triebfeder dieses Systems, das auf Profitmaximierung und Konkurrenz basiert. Die Enteignung der größten Immobilienkonzerne wäre ein riesiger Schritt, um die Mondmietpreise zu stoppen. Es wäre eine politische Ermutigung, auch in anderen Bereichen die Eigentumsfrage zu stellen. Trotzdem stünden die vergesellschafteten Konzerne weiterhin in Marktkonkurrenz gegenüber privaten Konzernen in Deutschland und international.

Es ist Aufgabe der LINKEN, die Offenheit gegenüber der Idee der Enteignung dazu zu nutzen, um Debatten zu befördern, wie eine sozialistische Systemalternative aussehen könnte und wie wir solche Ideen heute verbreiten können.

Ganz praktisch geht es darum, zu helfen, die Demo zu einem Erfolg zu machen und einen Beitrag zur Organisierung von Mieter*inneninitiativen zu leisten.

Wenn die Großproteste von Fridays for Future und die Mietenbewegung eines zeigen, dann, dass die wesentlichen Erfolge nicht im Parlament oder von Regierungen, sondern auf der Straße, in Schulen und Betrieben erstritten werden. 

Erstveröffentlichung in vor wenigen Tagen »sozialismus-info« mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und der Autorin. Bilder und Bildunterschriften wurden zum Teil von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.
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Über die Autorin: Lucy Redler ist Mitglied im Parteivorstand DIE LINKE, aktiv in der SAV und Bundessprecherin der Antikapitalistischen Linken (AKL).

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