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Juli26
on 26. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Friedhelm Klinkhammer, Volker Bräutigam

Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Die Falschmünzer

Bei der Berichterstattung zum Syrienkrieg pfeift die ARD auf Völkerrecht und ihre Pflicht zur Objektivität.
.

Friedhelm Klinkhammer

Volker Bräutigam

Systematischer Tendenzjournalismus, Nachrichtenunter- schlagung und bellizistische Propaganda: Die Informationen der Tagesschau über das Massenmorden in Syrien sind beispiellos einäugig. Das ist ganz im Sinne der Bundesregierung. Deren Völkerrechtsbruch, grundgesetzwidrige Politik und strafrechtlich relevanter Friedensverrat sind dem Durchschnittszuschauer nicht bewusst. Dessen verzerrte Sicht auf die Kriege des US-Imperiums gegen den Rest der Welt erlaubt es den politisch Verantwortlichen in Berlin, sich fortgesetzt als friedliebende Demokraten und Verteidiger der Menschenrechte aufzuspielen.

Tatsächlich sind unsere politischen Repräsentanten jedoch nichts Besseres als Heloten: Kriegstreiber, Kriegsknechte. Qualitätsjournalisten bilden den Tross. Preisfrage: Wann haben Sie, lieber Leser, den letzten gut recherchierten und vollständigen Syrien-Bericht in der Tagesschau gesehen?

Die per Internet hergestellte Gegenöffentlichkeit ist leider noch meilenweit von nachhaltigem Einfluss auf den gesellschaftlichen Meinungsprozess entfernt, darüber sollte sich niemand täuschen. Auf die Frage an den Durchschnittswähler: „Worum geht es im Krieg gegen Syrien?“ lautet dessen Antwort noch immer: „Assad muss weg.“ Auf Nachfrage, warum: „Weil er sein eigenes Volk mit Fassbomben und Giftgas terrorisiert — und überhaupt wegen der Terroristen.“

Die ebenso irregeleitete wie diffuse Volksmeinung ist das Ergebnis transatlantischer Kriegspropaganda, auf Mode-Deutsch: des „Narrativs“ des NATO-Westens. Dass der Luftkrieg der USA und ihrer Verbündeten in Syrien, dass das Besatzungsregime der USA über die Ölquellen im syrischen Norden sowie die grausame westliche Embargo- und Sanktionspolitik gegen Damaskus pure Verbrechen sind, gehört ganz und gar nicht zum Standardwissen.

Foto: ADragan/Shutterstock.com

Ein gravierendes Defizit, denn sowohl die militärische Intervention als auch die Sanktionspolitik verletzen Grundnormen der UN-Charta (1). Die deutsche Komplizenschaft dabei ist schon deshalb, aber auch nach ureigenem deutschen Recht ein Verfassungsbruch (2) und erfüllt zugleich einen Straftatbestand (3, 4). Warum ist uns das nicht gegenwärtig?

Ebenso wenig ist der wahre Kriegsgrund Thema der politischen Allgemeinbildung:

Trotz sorgfältiger Pflege des entsprechenden Aberglaubens geht es nicht um Demokratie und Menschenrechte in Syrien, sondern ausschließlich um die geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen der USA, der US-basierten Plutokratie und deren gewissenlosen Artverwandten in den Vasallenstaaten, darunter auch Deutschland.

Damaskus hatte sich den Plänen des Westens widersetzt, eine Pipeline vom größten Erdgaslager der Welt, dem Pars-Gasfeld (5) im Persischen Golf, teilweise unter Hoheit des Emirats Katar, durch die arabischen Monarchien und Syrien in die Türkei und nach Europa zu verlegen.

Geostrategische Absicht dieses Projekts waren die Herauslösung Syriens aus dem politischen Einflussbereich Moskaus und die forcierte militärische Einkreisung der Russischen Föderation; das geowirtschaftliche Ziel des Pipeline-Plans war, mit billigem, weil leichter zugänglichem Erdgas aus der Golfregion den Gaslieferanten Russland vom westeuropäischen Markt zu drängen und ihn ökonomisch zu schwächen. Warum ist uns das bis heute nicht klar?

Bevor Assad einen Strich durch diese Rechnung machte, pflegte der Westen mit ihm und seiner Regierung lebhafte und freundschaftliche Kontakte. Westliche Geheimdienste arbeiteten eng mit denen im „Folterstaat“ zusammen, Menschenrechte hin oder her. Die CIA entführte nach Lust und Laune ihre missliebigen Mitmenschen — auch Deutsche sind darunter! (6) — und ließ sie in syrischen Geheimgefängnissen foltern. Der Bundesnachrichtendienst nahm daran teil (7, 8). Warum sind uns diese kriminellen Schweinereien nicht erinnerlich?

Seit ihrem Richtungswechsel im Jahr 2011 versuchen nun die USA und ihre Heloten mithilfe islamistischer Terroristen, in Damaskus einen „regime change“ herbeizumorden. Ihr Krieg, angeblich auch gegen den islamistischen Terror gerichtet, ist ein Hohn auf das Völkerrecht. Das könnte jeder wissen, der es wirklich wissen will. Aber regierungsoffiziell und tagesschau-sprachgeregelt wird über den Syrienkrieg gelogen, dass die Schwarte kracht: „Ein Volk erhebt sich gegen den Tyrannen”, lautet die Propaganda-Parole.

„Machthaber Assad“ massakriere unbewaffnete Demonstranten, verkünden Merkel, Obama, Trump, Sarkozy, Hollande, Macron, Blair, Cameron, May & Co. seit Jahr und Tag, unisono mit ihren Freunden aus Saudi-Arabien, den weiteren arabischen Monarchien und Israel. Auch die Türkei ist seit Jahren beteiligt, wenn auch seit kurzem in nicht mehr leicht durchschaubarer Weise. Die Mär vom „Volksaufstand“ und „Bürgerkrieg“ wurde von den Massenmedien aller Gattungen nachgeplappert, von den großen Tageszeitungen ebenso wie vom kommerziellen Rundfunk und, besonders penetrant, von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Obwohl per Gesetz zu wahrheitsgemäßer, objektiver und umfassender Berichterstattung verpflichtet, tröteten Moderatoren wie Thomas Roth, Caren Miosga, Tom Buhrow und Ingo Zamperoni, ARD-Korrespondenten wie Volker Schwenk, Carsten Küntopp und Alexander Stenzel die Kriegslügen nach. Der bereits im Krieg gegen Libyen erprobte Textbaustein „Diktator schießt auf sein eigenes Volk” wurde dem Fernsehzuschauer zeitweise allabendlich an den Kopf geworfen.

Seit Sommer 2011 hallt die Story von der Unterdrückung friedlicher Oppositioneller und dem „Freiheitskampf“ angeblich „gemäßigter“ Rebellen (!) in den deutschen Wohnstuben wider, im Echo die Schauergeschichte, Assad lasse „Fassbomben auf das eigene Volk“ abwerfen und sei mutmaßlich sogar verantwortlich für diverse Giftgasangriffe.

Das syrische Staatsfernsehen zeigte unterdessen von Terroristen niedergebrannte Gerichtsgebäude, Ruinen von gesprengten Polizeistationen und Telefonzentralen, ausgeraubte Lebensmittellager, zeigte die Stätten und die Opfer von Massenexekutionen in Dörfern, die in die Hand der Dschihadisten gefallen waren. Diese Bilder und Informationen sowie Dokumente über systematische Ermordung beziehungsweise Vertreibung der Angehörigen von konfessionellen und ethnischen Minderheiten — Schiiten, Alawiten, Eziden, Kurden und alle, die als „Assats Sympathisanten“ eingestuft wurden — blieben im Westen weitgehend unbekannt.

Unsere „freiheitlichen” Medien taten die ungezählten Beweise des Terrors als billige Propagandalüge der syrischen Regierung ab: „Das Regime behauptet, es sei Opfer einer Aggression radikal-islamischer Terroristen”, lautete ein Standard-Satz in Radio und Fernsehen. Bei dieser „offiziellen“ Version blieb es selbst dann noch, als bekannt wurde, dass in Syrien mehr als tausend verschiedene Milizen marodierten (9), viele von ihnen im Dunstkreis von al-Qaida, viele von den USA und vom Westen bewaffnet und finanziert (10 bis 14).

Am Terror in Syrien beteiligte sich allerdings mit dem „Islamischen Staat“, IS, auch eine Dschihadisten-Organisation, die sich dem westlichen Kommando entzog, obwohl sie den USA ihre Entstehung verdankt. Der IS ging sogar so weit, gefangene US-Bürger zu enthaupten und die grausigen Videos davon ins Internet zu stellen (15). Trotzdem setzte der Westen den Dschihadisten in Irak wenig und in Syrien gar nichts entgegen, schließlich waren sie ebenfalls „Feinde Assads“.

Die Milizen des IS legten tausendjährige Städte wie Palmyra, Bosra und Aleppo sowie die historischen Dörfer im Norden in Trümmer, allesamt „Weltkulturerbe“ (16); die Regierung in Damaskus stand 2015 praktisch vor dem Aus. Angesichts dieser schnellen Siege des IS, seiner beträchtlichen Geländegewinne, der fürchterlichen und massenhaften Foltermorde und der schier grenzenlosen Zerstörungswut seiner Milizen empfanden viele Menschen Erleichterung, als Moskau Assads Hilfeersuchen nachkam und militärisch eingriff. Binnen weniger Wochen wendete sich das Blatt in Syrien, und zwar dermaßen nachdrücklich, dass Russland bald weit über den Nahen Osten hinaus als neue Führungsmacht wahrgenommen wurde (17).

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Unverminderter Herrschaftsanspruch

Russlands militärischer Erfolg in Syrien und der damit verbundene politische Einflussgewinn reduzieren die Rolle Washingtons im Nahen Osten. Zwar haben die USA als mittlerweile weltgrößter Produzent und Exporteur von (Fracking-)Flüssiggas (18) kein gesteigertes Interesse mehr an dem kriegsauslösenden Erdgas-Pipeline-Projekt vom Pars-Feld nach Europa. Aber das mindert ihren Herrschaftsanspruch über die ölreichste Region der Welt nicht und ändert nichts an ihrer strategischen Absicht, den Konkurrenten Russland immer strammer militärisch einzukreisen und zu schwächen.

Schließlich bestätigte sich, dass es von Beginn des Syrienkrieges an eine Komplizenschaft der USA mit der al-Qaida gab, also mit derselben Terrororganisation, die für den Anschlag auf die New Yorker Zwillingstürme am 11. September 2001 verantwortlich gemacht worden war. Im Februar 2012 schrieb der stellvertretende Stabschef des US-Außenministeriums, Jacob „Jake“ Jeremiah Sullivan, in einer E-Mail an seine damalige Chefin und Außenministerin der USA, Hillary Clinton:

„al-Qaida ist auf unserer Seite in Syrien“ (19).

Diese E-Mail wurde 2016 von WikiLeaks der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (20). Ihre Echtheit ist unbestritten.

Dennoch logen die westlichen Mainstreammedien unvermindert weiter und verharmlosten die Dschihadisten als „moderate Rebellen” und aufrechte Kämpfer gegen den dämonisierten Präsidenten Assad. Das „Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau“ (O-Ton der Ankündigung der 20-Uhr-Sendung) war und ist bei der Feindbildpflege immer ganz vorne mit dabei. Die Redaktion ließ sich — trotz noch so gewichtiger und fundierter Kritik — von keiner Expertise beirren, der Laden blieb bei seinem „Narrativ“. Professor Michael Jabra Carley von der Universität Montreal, einer der ungezählten akademischen Kritiker, kommentierte:

„Die Rede von ‚unseren Gemäßigten‘ ist eine Fiktion und ein Deckmantel der USA für ihre Unterstützung für al-Qaida und deren verschiedene Verbündete, bei denen es sich weitgehend um ausländische Söldner handelt, die gegen die säkulare, legitime Regierung Syriens kämpfen“.

Der Wissenschaftler spricht im Weiteren von einer „Serie von Lügen“ des Westens und von einer „US-geführten al-Qaida-Invasion Syriens“ (21).

Trotz massenhafter Publikumsbeschwerden über diese Propaganda und trotz ebenso vieler Beweise für die verbrecherische Kumpanei des Westens mit den Terroristen in Syrien blieben die ARD-aktuell-Redaktion und ihre zuständigen Intendanten Marmor (NDR) und Boudgust (SWR) sowie deren unfähige Aufpasser in den Rundfunk- und Verwaltungsräten auf AgitProp-Linie.

Sie haben erheblichen Anteil daran, dass das unsägliche Leid der syrischen Bevölkerung kein Ende nehmen will. Sie unterließen es wider besseres Wissen, mittels wahrheitsgemäßer Berichterstattung öffentlichen Druck auf die Kriegsbefürworter in Berlin auszuüben. Die staatsvertragliche Anweisung, sich für den Frieden einzusetzen wurde zur hohlen Phrase:

„Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale … Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung … fördern“ (22).

„Das Programm des NDR soll für die Friedenssicherung … eintreten, …“ (23).

Bis heute und obwohl längst erwiesen ist, dass die Bevölkerung mit einer gigantischen Propaganda-Offensive hinters Licht geführt wurde, wahrt die ARD-aktuell antirussische und antisyrische Linientreue. Sie sendet nur, was dem verlogenen „Freiheit für Syrien“-Narrativ entspricht. Über den Rest wird der Mantel des Schweigens gelegt. Im (dank russisch-syrisch-iranischer Kriegserfolge) letzten verbliebenen Rückzugsgebiet der Mörderbanden, im nordwestlichen Idlib, gibt es für die Tagesschau keine Dschihadisten, keine al-Nusra, keine damit identischen al-Qaida-Terroristen, keine Söldner und Verbrecher aus aller Herren Länder, sondern wie zuvor nur „Aufständische“ und „Rebellen“, die lediglich das Ziel haben, Assad zu entmachten (24). Wahre Menschenfreunde also…

Zweckdienlich für die Wahrung der fälschenden ARD-aktuell-Tendenz ist der häufig wiederkehrende, aber nicht belegte Hinweis, das „Regime” in Damaskus und die Russen bombardierten Kindergärten und Krankenhäuser. Statt schlüssig darstellender wissenschaftlicher und journalistischer Experten kommen als unqualifizierte Ankläger paranoide syrisch-turkmenische Hardliner wie Khaled Khodscha ausführlich zu Wort

— „die Russische Föderation (ist) der größte Mörder von Zivilisten in Syrien“ (25) —

, die trotz aller Leiden ihrer Landsleute weiterhin eine militärische Aufrüstung der terroristischen Gewalttäter „gegen Putin” (!) fordern.

Ein besonders übles journalistisches Machwerk fand sich am 15. Juli 2019 im Internet-Angebot der ARD. Unter der Titelzeile

„Zerstörungen nach Bürgerkrieg — Warum nur wenige Syrer zurückkehren“ (26)

unterstellt die WDR-Auslandskorrespondentin Anne Allmeling im ARD-Studio Kairo in deutsch-überheblicher und ignoranter Art, das „Assad-Regime” sei der Grund dafür, dass die syrischen Flüchtlinge ihr Land verlassen haben und nicht bereit seien, zurückzukehren. Der „Rat für Integration e.V.“, eine bundesweite Vereinigung von Migrationsforschern, schätzt, dass allein in Deutschland 800.000 syrische Flüchtlinge leben (27).
.

Objektive Fluchtursachen

Vom Krieg als wesentlichste Fluchtursache mal ganz abgesehen: Kein Wort über die grausamen westlichen Sanktionen, die maßlosen Wirtschafts- und Finanz-Embargen, die sich längst als Strangulation des Zivillebens in Syrien erweisen; sie verhindern Energieversorgung, sabotieren das Transportwesen, blockieren die medizinische und Lebensmittelversorgung und machen organisierten Wiederaufbau fast unmöglich: Das sind die weiteren objektiven Fluchtursachen.

Wirtschaftssanktionen, noch dazu ohne Billigung des Weltsicherheitsrats exekutiert, verstoßen massiv gegen das humanitäre Völkerrecht (28), im Fall Syrien ebenso wie inzwischen auch im Fall Venezuela. Sie sind ein Verbrechen gegen die Menschheit.

Kein Tagesschau-Wort darüber, dass es die WWG war, die „Westliche Wertegemeinschaft”, die mit Waffenlieferungen und finanzieller Unterstützung der Terroristen seit 2011 entscheidend zur Zerstörung Syriens beitrug. Als Waffenschieber im Großformat anzuklagen wären die Türkei, Saudi-Arabien, USA, Großbritannien, Frankreich, Israel und — ja, auch Deutschland.

Kein Wort darüber, dass Deutsche zudem geplant hatten, in Syrien richtig Beute zu machen. Bereits im Jahre 2012 gab es in der von der Bundesregierung finanzierten Stiftung „Wissenschaft und Politik” Überlegungen, wie nach dem Sturz Assads (die Drecksarbeit dafür sollten die dschihadistischen Terroristen erledigen) mit den syrischen Sicherheitskräften umzugehen wäre; wie sich Deutschland beim notwendigen Wiederaufbau eine Führungsrolle sichern und seine Konzerne dabei eine goldene Nase verdienen könnten. Beteiligt an den miesen Gedankenspielen waren neben den Stiftungsexperten auch Spezialisten des Think Tanks „United States Institute for Peace”. Die hatten keinerlei Skrupel, dass auch Dschihadisten als Kriegsgewinnler bereitstanden. Bei den Beratungen in Berlin störte auch ein UN-Bericht niemanden, in dem es hieß:

„Die Kommission interviewte zehn Rebellenkämpfer in Aleppo. Sie hatten noch nie von den Begriffen ‚Humanitäres Völkerrecht‘ und ‚Internationales Menschenrecht‘ gehört“ (29).

Bei der Präsentation des Berichts in Berlin forderte einer der syrischen Beteiligten — ohne Widerspruch der Stiftung Wissenschaft und Politik — militärische Unterstützung aus dem Ausland:

„Wir brauchen ein bisschen mehr als nur Worte“ (30).

Noch ein Blick zurück auf die erst im Mai 2019 auf besonderes Betreiben der Bundesregierung und Frankreichs um ein weiteres Jahr verlängerten und nochmals verschärften EU-Sanktionen gegen Syrien (31): Sie sind in jeder Hinsicht zerstörerisch. Sie bewirken nicht nur, dass die Flüchtlinge hierzulande ihre Rückkehr weit in die Zukunft verschieben müssen, sondern auch, dass die steuerliche Belastung ihrer deutschen Gastgeber aufgrund der notwendigen Unterstützung für die Asylbedürftigen beträchtlich gestiegen ist. Das Geld dafür fehlt an anderer Stelle. Allein im Bundeshaushalt sind für 2019 insgesamt 13 Milliarden Euro zur Versorgung der Asylbedürftigen eingeplant, ungefähr die Hälfte des Betrages, der für Hartz-IV-Berechtigte aufgewendet wird, das sind 27 Milliarden Euro (32, 33).

Die Ärzteorganisation „IPPNW Deutschland — Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.“ äußerte sich dazu:

„Die einst gute Gesundheitsversorgung in Syrien leidet nicht nur unter den Folgen des Krieges, sondern auch unter den seit 2011 von der EU und den USA verhängten und ständig verschärften wirtschaftlichen Strafmaßnahmen. … Die UN-Kommission … bezeichnete die Sanktionen als die ‚kompliziertesten und weitreichendsten Sanktionsmaßnahmen, die jemals verhängt wurden‘. Der UN-Sonderermittler für die humanitären Folgen der Sanktionen gegen Syrien, Idriss Jazairy, betonte in seinem Bericht von September 2018 … die Sanktionen mit ihren negativen Konsequenzen für humanitäre Hilfe müssten beendet oder zumindest neu gefasst werden, da sie das Leiden der Zivilbevölkerung steigern …“ (34).

Die Sanktionen sind eine tödliche Form von Gewalt und völkerrechtswidrig. (35) Trotzdem findet sich kein Wort über diese mörderische Politik des Westens in den Schmierenstücken der ARD-aktuell auf tagesschau.de und auch nicht in den TV-Sendungen. Obwohl die Verantwortlichen sich über das Defizit im Klaren sein müssten, denn es ist noch nicht lange her, dass die Weltöffentlichkeit erfuhr, wie mörderisch sich die Sanktionen gegen den Irak ausgewirkt hatten:

  • Die Kindersterblichkeit stieg laut UNICEF in den Jahren von 1990 bis 1999 im Irak um 160 Prozent. Dies ist der höchste Anstieg in den 188 Ländern, die vom UN-Hilfswerk untersucht wurden.
  • 500 000 Kinder starben in diesem Zeitabschnitt wegen verschmutzten Wassers, fehlender Medikamente und Unterernährung. Alle drei Faktoren waren ausschließlich auf die Sanktionen zurückzuführen.
  • Im Jahr 2000 litten 30 Prozent der irakischen Kinder unter fünf Jahren an chronischer Unterernährung , mehr als 7 Prozent sogar an akuter, also lebensgefährlicher Unterernährung. Laut UNICEF hatten die Prozente 1991 noch halb so hoch gelegen, 18,7 und 3 Prozent.
  • In den Jahren 1990 bis 1998 stieg die Zahl der psychisch erkrankten Kinder unter 14 Jahren im Irak laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO um 124 Prozent.
  • Im Jahr 1987 war die Regierung des Irak von der Welt-Kulturorganisation UNESCO dafür belobigt worden, weil sie in zehn Jahren, von 1977 bis 1987, den Analphabetismus von 48 Prozent auf 20 Prozent reduziert hatte. 1995 war der Anteil der Analphabeten an der Gesamtbevölkerung als Folge der Sanktionspolitik wieder auf 42 Prozent gestiegen (36).

Ein ähnliches Schicksal droht nun auch der syrischen Zivilbevölkerung. Bleibt die Frage, welcher europäische Politiker wohl die menschenfeindliche Rolle der früheren US-Außenministerin Madeleine Albright spielen wird: Auf die Frage, ob “die Sanktionen den Preis der halben Million toter Kinder wert“ gewesen seien, antwortete sie:

„Wir meinen, dass sie den Preis wert sind“ (37).
.

Unterschlagungen an der Tagesordnung

Dass die ARD-aktuell historische Erfahrungen und gesicherte Erkenntnis über die Sanktionsfolgen unterschlägt und für das Leiden der syrischen Bevölkerung ausschließlich deren Präsidenten Assad und mittelbar Russland verantwortlich macht, ist journalistische Falschmünzerei der übelsten Sorte. Die öffentlich-rechtlich bestallten Qualitätsjournalisten ignorieren übrigens ganz nebenbei auch, dass Syrien seines Öl-Reichtums beraubt ist, weil die USA den Nordosten des Landes und damit alle Lagerstätten besetzt halten (38). Die Besatzer sabotieren alle syrischen Bemühungen um eine ausreichende Energieversorgung, denn Öltransporte nach Syrien sind ebenfalls unter Embargo, und gegebenenfalls wird das mit Beschlagnahme von Tankern gewaltsam durchgesetzt: noch ein Akt der Piraterie. Die Tagesschau findet nichts dabei (39).

Es reicht. Es reicht schon lange. Über die Sanktionspolitik als Teil der Kriegsführung des Westens kann es keine zwei Meinungen mehr geben: völkerrechtswidrig, verbrecherisch. Mord, Raub, Willkür und Lügen: Alles Rüstzeug des Werte-Westens und seiner Erfüllungsgehilfen in den Medien.

Über den Krieg in Syrien und seine Schuldigen mögen die Bundesregierung und das Parlament die deutsche Öffentlichkeit belügen. Gegen ihre feindselige Hetze gibt es keine staatsanwaltlichen Kläger und über sie keinen Richter:

„Mitglieder des Bundestages, der Bundesversammlung oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die sie in der Körperschaft oder in einem ihrer Ausschüsse getan haben, außerhalb der Körperschaft zur Verantwortung gezogen werden“ (40).

Ja, der Volksvertreter ist eben nur seinem Gewissen verantwortlich — falls er eins hat. Und die Qualitätsjournaille? Könnte man ihr, der Gewissenlosen, wegen der Verbreitung von Kriegspropaganda wenigstens die finanzielle Grundlage austrocknen, mittels Verweigerung des Rundfunkbeitrags? Keine Chance:

„Die vom Kläger geäußerten Einwände gegen die „Objektivität der Berichterstattung des Beklagten“ sind nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Rundfunkbeitrags in Zweifel zu ziehen“ (41).

Du siehst, lieber Nachbar: Politiker und Qualitätsjournaille können unsereinen zum Narren halten, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Wer sich auf ihre verlogenen Sprüche und auf die beitragsfinanzierten ARD-, DLF- oder ZDF-Nachrichtensendungen als Informationsquelle beschränkt, macht sich allerdings selbst zum Deppen.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Artikel 2, Absatz 4: Alle Mitglieder unterlassen in ihren inter- nationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt. https://www.unric.org/html/german/pdf/charta.pdf
(2) Artikel 26 GG, Absatz 1: Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören …, sind verfassungswidrig. https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_26.html
(3) Artikel 26 GG, Absatz 1, Satz 2: (Angriffskriegshandlungen, Friedensverrat) Sie sind unter strafe zu stellen. https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_26.html
(4) Friedensverrat: https://www.buzer.de/gesetz/6165/al58396-0.htm
(5) https://de.wikipedia.org/wiki/South-Pars-Gasfeld
(6) https://de.wikipedia.org/wiki/Khaled_al-Masri
(7) https://www.stern.de/investigativ/projekte/geheimdienste/kooperation-mit-einem-folterstaat-die-syrien-connection-3525940.html
(8) https://www.tagesspiegel.de/politik/geheimdienst-bnd-pflegt-kontakte-zu-assad-regime-in-syrien/12744444.html
(9) file:///C:/Users/49178/AppData/Local/Temp/Aufstaendische_Syrien-1.pdf
(10) https://www.zeit.de/politik/ausland/2014-07/islamischer-staat-gotteskrieger-finanzierung-syrien-irak
(11) https://www.nachdenkseiten.de/?p=48223
(12) https://kritisches-netzwerk.de/forum/niederlande-skandal-ueber-finanzierung-von-terrorgruppen-syrien
(13) https://www.wiwo.de/politik/ausland/syrien-experte-guenter-meyer-amerika-ist-verantwortlich-fuer-diese-katastrophe/14628278.html
(14) https://www.heise.de/tp/features/Bundesregierung-finanziert-tuerkeitreue-Islamisten-in-Nordsyrien-4303256.html
(15) https://www.n-tv.de/politik/Dschihadisten-enthaupten-US-Reporter-article13450241.html
(16) https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/syrien-weltkulturerbe-ruiniert-die-verlorenen-schaetze-a-1084794.html
(17) https://www.tagesspiegel.de/politik/krisenregion-nahost-russland-statt-amerika-der-neue-nahe-osten/20427784.html
(18) https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/durch-fracking-boom-schieferoel-foerderung-sinkt-ab-2020-wieder/9062148-3.html?ticket=ST-5475282-qEEr9uEs4hdAWerYXsK4-ap4
(19) https://wikileaks.org/clinton-emails/emailid/23225
(20) https://www.rubikon.news/artikel/staatsterrorist-usa
(21) https://www.nachdenkseiten.de/?p=35619
(22) Rundfunkstaatsvertrag, Abschnitt II, Vorschriften für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, §11 Auftrag, Absatz 1 https://www.rbb-online.de/unternehmen/der_rbb/struktur/grundlagen/rundfunkstaatsvertrag.file.html/181010-Rundfunkstaatsvertrag_RStV_21..pdf
(23) NDR-Staatsvertrag, § 7 Programmgrundsätze, Absatz 2 https://www.ndr.de/der_ndr/unternehmen/staatsvertrag100.pdf
(24) https://www.tagesschau.de/ausland/idlib-177.html
(25) https://www.gloria.tv/article/mx6mhPk9GUSM3MfYf8qfhWneL
(26) https://www.tagesschau.de/ausland/homs-155.html
[27] https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/syrische-fluechtlinge.html
(28) https://amerika21.de/2019/05/226097/un-experte-gegen-sanktionspolitik-usa
(29) https://www.spiegel.de/politik/ausland/syrer-stellen-in-berlin-plaene-fuer-das-syrien-nach-assad-vor-a-852363.html
(30) http://www.mesop.de/berlin-stiftung-wissenschaft-und-politik-swp/
(31) https://www.bundesanzeiger-verlag.de/aw-portal/aktuelles/nachrichten/detail/artikel/eu-verlaengert-sanktionen-gegen-syrien-31045.html
(32) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/665598/umfrage/kosten-des-bundes-in-deutschland-durch-die-fluechtlingskrise/
(33) https://www.hartziv.org/news/20181123-hartz-iv-kosten-2018-explodiert-mehraufwand-in-millionenhoehe.html
(34) https://www.ippnw.de/frieden/konflikte-kriege/artikel/de/wirtschaftliche-sanktionen-gegen-syr.html
(35) Charta der Vereinten Nationen, Artikel II, Absatz 4: Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit … gerichtete … Androhung oder Anwendung von Gewalt. https://www.unric.org/de/charta
(36) http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Irak/sponeck3.html
(37) https://www.youtube.com/watch?v=UYagQuqK31s
(38)https://www.globalsecurity.org/jhtml/jframe.html#https://www.globalsecurity.org/military/facility/images/map-syria-2017-07-17.jpg|||
(39) https://www.tagesschau.de/ausland/gibraltar-tanker-festnahme-101.html
(40) Strafgesetzbuch, § 36. https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__36.html
(41) Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, München, Beschluss v. 30. März 2017 — 7 ZB 17.60
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2017-N-107886?hl=true&AspxAutoDetectCookieSupport=1

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Dieser Artikel erschien vor Kurzem auch auf www.Rubicon. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
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Juli26
on 26. Juli 2019
Veröffentlicht in: Andrej Konstantin Hunko

Andrej Konstantin Hunko

Wählerbetrug und Militarisierung

Andrej Konstantin Hunko

Ursula von der Leyen wird EU-Kommissionspräsidentin, Annegret Kramp-Karrenbauer wird zur deutschen Kriegsministerin und IWF-Direktorin Christine Lagarde wird voraussichtlich neue Chefin der Europäischen Zentralbank – drei Entscheidungen, die für Militarisierung und Demokratiefeindlichkeit in Europa stehen. Andrej Hunko Zur Postenrochade nach der EU-Wahl.

By European Parliament, Flickr, licensed under CC BY 2.0.

Nun wird Ursula von der Leyen die mächtige EU-Kommission leiten. Als Kompromisskandidatin der Regierungen der Mitgliedsländer wurde die deutsche Verteidigungsministerin aus dem Hut gezaubert, als sich diese nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen konnten. Der Unmut in Teilen des Europäischen Parlaments über diese Entscheidung ließ sich schließlich am Ergebnis der Abstimmung ablesen. Mit nur neun Stimmen über der 50-Prozent-Marke von 374 Abgeordneten wurde sie schließlich bestätigt und musste sich für das knappe Ergebnis auch auf Stimmen der rechtskonservativen PiS aus Polen oder der Fidesz des ungarischen Rechtsaußen Viktor Orbán stützen. Gleichwohl hat dich das EU-Parlament damit ein Stück weit selbst entmachtet.

Dies ist dreifach fatal. Zunächst einmal ist es ein krasser Betrug an den Wählerinnen und Wählern. Was wurde dem Wahlvolk nicht alles erzählt: Mit den vermeintlichen Spitzenkandidatensystem würde das mächtige Amt der Kommissionpräsidentschaft vom europäischen Demos bestimmt. Nun rächt sich, dass diese vermeintliche Demokratisierung nie in den EU-Verträgen verankert, sondern immer vom guten Willen der Staats- und Regierungschefs, dem Europäischen Rat, abhängig war. Es lohnt sich eben doch, die von erheblichen Demokratiedefiziten geprägten EU-Verträge einmal zu lesen.

Ein zweiter undemokratischer Aspekt wird ebenfalls geflissentlich übergangen: An der Wahl des Parlamentspräsidenten und der Kommissionspräsidentin durften drei gewählte und offiziell bestätigte Abgeordnete nicht teilnehmen. Obwohl sie über zwei Millionen Stimmen repräsentieren, haben die spanischen Behörden es bislang erfolgreich verhindert, dass die katalanischen Abgeordneten Carles Puigdemont, Antonio Comín und Oriol Junqueras ihr Mandat antreten. Bereits vor der Wahl hatte der spanische Wahlrat versucht, ihre Kandidatur zu verhindern, war damit aber gescheitert. Doch während das Europäische Parlament und die Regierungen der EU in der Regel darin glänzen, mit erhobenem Zeigefinger anderen Ländern Verstöße gegen demokratische Regeln und Grundrechte vorzuwerfen, herrscht in diesem Fall weitgehend Schweigen im Walde. Ein handfester Skandal.

Nicht nur die demokratisch zweifelhaften Verfahren zur Bestimmung der neuen Kommissionspräsidentin stellen ein ernsthaftes Problem dar. Auch die zu erwartende inhaltliche Ausrichtung ist, drittens, gelinde gesagt besorgniserregend und wird hoffentlich auf breiten Widerstand stoßen. Denn Ursula von der Leyen steht wie wenige andere geradezu sinnbildlich für den (falschen) Umgang mit den multiplen Krisen der EU. Sei es die Finanz- und Wirtschaftskrise oder die Eurokrise, der Brexit oder der Streit um die Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten: immer wird als vermeintliche Lösung für diese oder als Ablenkung von diesen Problemen der Aufbau einer Supermacht EU vorgebracht, die durch Militarisierung und Aufrüstung „unsere“ vermeintlichen Interessen in der Welt durchsetzen soll. Frau von der Leyen gehörte innerhalb der Bundesregierung zu den Scharfmachern gegen Russland. Unter ihrer Ägide erlebte Deutschland die massivste Aufrüstung des Militäretats mindestens seit Ende des Kalten Krieges. Es ist kein Zufall, dass die auf stärkere Konfrontation mit Russland und Aufrüstung drängenden osteuropäischen Länder, wie etwa Polen, mit der Personalie von der Leyen auf einen eigenen Kandidaten verzichteten. Mit der deutschen Verteidigungsministerin als EU-Kommissionspräsidentin im Duett mit Frankreich, ist eine beschleunigte Militarisierung der EU zu befürchten – eine hochgefährliche Entwicklung.

Angesichts dieser Aussichten muten der Beraterskandal in von der Leyens Verteidigungsministerium, das teure Desaster um die Gorch Fock und die Plagiatsaffäre um die Doktorarbeit der Ministerin geradezu als nebensächlich an. Sie wird damit aller Voraussicht nach in „guter“ Gesellschaft sein. Der designierte EU-Außenamtschef, der Spanier Josep Borrell, hatte „vergessen“, Nebeneinkünfte in Höhe von 300.000 Euro pro Jahr anzugeben und deshalb seinen Posten als Präsident des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz aufgeben müssen. Auch die voraussichtliche neue Chefin der Europäischen Zentralbank, die bisherige IWF-Direktorin Christine Lagarde, hat ihren eigenen Skandal an den Schuhen. Als Ministerin in Frankreich war sie des fahrlässigen Umgangs mit öffentlichen Geldern schuldig gesprochen worden, die den Staat 400 Millionen Euro kostete – ohne bestraft zu werden, versteht sich. Es bleibt zu hoffen, dass der Bundestag genügend Selbstachtung hat, Frau von der Leyen auch als Kommissionspräsidentin vor den gerade eingerichteten Untersuchungsausschuss zu den Beraterverträgen zu zitieren.

Die verheerende Personalrochade wird mit der Benennung von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Kriegsministerin abgerundet. Die Vereidigung soll am 24. Juli in Verbindung mit einer Regierungserklärung unter dem Titel „In Verantwortung für die Zukunft Deutschlands. Für eine starke Bundeswehr in einer Welt im Wandel“ stattfinden. Deutlicher kann man Großmachtsambitionen und Aufrüstungspläne wohl kaum ausdrücken. Es besteht Anwesenheitspflicht für die Abgeordneten. Einziger Lichtblick: Über 73,3 Prozentr der Menschen in Deutschland halten laut einer Civey-Umfrage Frau Kramp-Karrenbauer für eine schlechte oder sehr schlechte Besetzung, nur 13,2 Prozent begrüßen den Schritt. Darauf lässt sich aufbauen.
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Erstveröffentlichung in „Die Freiheitsliebe“ vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder und Bildunterschriften wurden von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.
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Über den Autor: Andrej Hunko ist Sprecher für Europapolitik der Partei DIE LINKE im Bundestag.

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Juli26
on 26. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, La Forge


Zentralorgan der Kommunistischen
Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF)

 

Trump und die Politik der „unendlichen“ Provokationen

Er wiederholt ständig, dass er sich nicht in die Politik der „Kriege ohne Ende“ seiner Vorgänger stürzen will und beweist es insbesondere, indem er an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea die Hände von Kim Jong-Un, dem Führer der DRV Korea schüttelt. Aber er hört nicht auf, Provokationen und Drohungen mit der „totalen Vernichtung“ gegen den Iran auszustoßen und spricht von einem möglichen „Blitzkrieg“, der, das weiß jeder, die ganze Region in Feuer und Blut zu ersticken drohte.

Trump will Teheran wirtschaftlich in die Knie zwingen, Foto: Youtube

Es ist oft nicht leicht, richtig zu unterscheiden zwischen dem, was zur internationalen Politik des Führers des US-Imperialismus gehört und dem, was Wahlpropaganda für seine Wiederwahl ist, einer Kampagne, die er selbst offiziell eröffnet hat. Der gemeinsame Punkt ist der zwanghafte Slogan des „Make America great again“, ergänzt durch „America first“, die unter anderem „vergessen“, dass Amerika nicht nur die USA sind. Beide tragen die gleiche Vision der größten imperialistischen Macht zur Schau, die nicht mehr die Welt wie einst beherrscht, die sich von allen Seiten, angefangen bei ihren „Verbündeten“, auf wirtschaftlichem Gebiet angegriffen sieht, und die absolut verhindern will, dass China sich zur großen Weltwirtschaftsmacht entwickelt. In diesem letzten Punkt weiß Trump, dass die anderen imperialistischen Westmächte sowie Japan diesen Willen teilen, der wachsenden Wirtschaftsmacht China Kontra zu geben, die ihrerseits ihre Verbindungen zu Russland verstärkt und versucht, Keile zwischen die USA und einige ihrer Verbündeten zu treiben. Diese gefährliche und chaotische Lage ist Ausdruck der Verschärfung der Konkurrenz unter imperialistischen Mächten auf allen Gebieten, was eine der grundlegenden Widersprüche des kapitalistisch-imperialistischen Systems ist und die Ursache der zwischen-imperialistischen Kriege. Die Geschichte hat gezeigt, dass die „lokalen“ Kriege unweigerlich zur Konfrontation zwischen imperialistischen Mächten gehören und das Vorspiel zu einer direkten Konfrontation zwischen ihnen sein können. Im gegenwärtigen Kräfteverhältnis haben sie es vermieden, diesen Schritt zu tun: Man sieht das in Syrien und heute im Golf von Persien mit den zunehmenden Spannungen gegen den Iran.

Seit Mai hat sich im Golf von Hormus, den 30% 1) der Öl- und Gastanker, die das Öl und Erdgas der Golfstaaten, Irans, Saudi-Arabiens und des Irak zu ihren europäischen, japanischen, chinesischen, koreanischen, türkischen, afrikanischen usw. Kunden transportieren, ein „Öltanker-Krieg“ entwickelt. Aber man darf seine Bedeutung für den gesamten Handel der Golf-Monarchien, insbesondere die Waffentransporte, nicht unterschlagen.

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Ein „Blitzkrieg“ gegen den Iran?

Seitdem die USA aus dem Atomvertrag mit dem Iran ausgestiegen sind, sind die Spannung ständig größer geworden, vor allem ausgehend vom US-Imperialismus. Die US-Truppen, die in dieser Region schon sehr präsent sind, wurden noch mehr verstärkt (durch einen Flugzeugträger, ein Kriegsschiff, das Marines, Amphibienfahrzeuge etc. transportiert, sowie ein Aufgebot an B-52 Bombern). Dazu kommt die Blockade des Exports von iranischem Öl, der Haupteinnahmequelle, mit Maßnahmen gegen die Länder und Gesellschaften, die sich nicht daran halten. Sechs Öltanker (saudische, norwegische und japanische) waren von Angriffen, deren Ursprung unklar geblieben ist, betroffen. Es kann sich um Operationen von Geheimdiensten handeln, besonders der Staaten, die offen auf eine militärische Konfrontation mit dem Iran scharf sind (die saudische Monarchie, Israel …), wie auch um Operationen, die von der iranischen Armee ausgeführt werden, oder beides zugleich. Immer hat dies zu zweierlei Reaktionen geführt: Sofortige Verurteilungen und Beschuldigungen, die gegen das iranische Regime gerichtet waren mit Rufen nach Vergeltungsschlägen, aber auch Erklärungen von hochrangigen iranischen Führern, die Androhungen einer totalen Blockade der Meerenge wiederholten, was eine sehr große internationale Krise hervorrufen würde.

Als eine US-Überwachungsdrohne, weil sie in den iranischen Luftraum eingedrungen sei, abgeschossen wurde, drohte Trump mit Vergeltungsschlägen. Aber „zehn Minuten“ vor der dem Startschuss behauptete er, die Order zur Aussetzung der Operation gegeben zu haben, weil sie „150 Opfer gekostet hätte“. Das ist der Gipfel der Heuchelei!

Das iranische Regime hat seinerseits seine Position verhärtet und angekündigt, dass es sich nicht mehr an die Bestimmungen der Atomvertrags gebunden fühlt, der die Produktion von angereichertem Uran begrenzt. Es hat die Tatsache vorgebracht, dass die anderen westlichen Unterzeichner dieses Vertrags nichts unternommen haben, um die Sanktionen der USA auszugleichen – was die genaue Wahrheit ist. Denn letztendlich haben die europäischen Firmen jenseits der Erklärungen für die Einhaltung des Atomvertrags und der „Vermittlungsmissionen“ – wie die, für die sich Macron stark gemacht hat – den Iran verlassen. Die Regierungen haben seine finanzielle Isolierung nicht aufgehoben und sie wiederholen, wie es Macron macht, gegenüber den iranischen Führern, dass sie akzeptieren müssten, ihr Raketenprogramm aufzugeben und dass sie aufhören müssten, die militärisch-politischen Gruppen im Libanon zu unterstützen oder die Assad-Regierung in Syrien… Kurz, wie ein Experte der Region betont, es gibt keine grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten mit den USA, nur Unterschiede in den „Methoden“, um ans gleiche Ziel zu gelangen.
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Welche Position wurde von Trump eingenommen?

Den selbsternannten, europäischen „Vermittlern“ hat er gezeigt, dass sie auf ihn keinen Einfluss haben; Beweis dafür ist die von Washington veranlasste Durchsuchung eines Öltankers vor Gibraltar, der beschuldigt wird, iranisches Erdöl an Syrien liefern zu wollen, indem er britisches Militär eingreifen ließ. Das ist eine Art und Weise, die Folgen des Brexit vorwegzunehmen, den er herbeiwünscht und der EU zu zeigen, dass sie „aus dem Rennen“ ist.

Wenn er nicht gar einen „regime change“ im Iran zu einer Bedingung für einen „Deal“ machte, der vor allem auf eine neue, bilaterale Vereinbarung über die Atomfrage, über die Frage der ballistischen Raketen und über den „Stopp des iranischen Expansionismus“ hinausliefe. Das erinnert an die Verhandlungen mit den nordkoreanischen Führern.

Aber als Befürworter des Kräfteverhältnisses, um seinen Gegner niederzuringen, hat er auch von einem „schnellen“ und begrenzten Krieg ohne, zur Zeit, „Intervention am Boden“ gesprochen, um den Druck auf Teheran aufrecht zu erhalten. Er weiß, dass das iranische Regime finanziell etwa 2 Jahre aushalten kann (mit seinen Reserven an Devisen), auch wenn das für die Bevölkerung sehr hart wird. Vor allem setzt er auf die „gute Nachricht“, dass der Ölpreis hoch bleiben wird und das mit dem Fracking gewonnene Gas der USA, noch mehr „Kunden“ gewinnen könnte, die über ihre zu große Abhängigkeit vom Golföl beunruhigt sind.
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Die „Lektion“, die in Osaka erteilt wurde

In diesem Kontext fand die Versammlung der G20 in Japan statt. Im Zentrum der Diskussionen stand die Frage des Wirtschafts- und Handelskriegs zwischen USA und China. „Die Wirtschaft Chinas bricht zusammen, sie wollen eine Übereinkunft“, posaunte Trump bei seiner Ankunft hinaus. Tatsächlich brauchen die zwei Protagonisten eine Abmachung, denn beide haben bei der Verlängerung und Vertiefung dieser Krise viel zu verlieren. In dieser „ersten Runde“ waren die chinesischen Führer gezwungen, die Tatsache anzuerkennen, dass Trump vor ihren Vergeltungsmaßnahmen, besonders bezüglich der Zölle auf Importe von landwirtschaftlichen Produkten aus den USA, nicht in die Knie ging. Sie sind auch mit einer Tatsache konfrontiert: Wenn die großen US- und europäischen Unternehmen von chinesischen Produktionsfirmen und vom chinesischen Markt abhängig sind, so ist die chinesische Wirtschaft selbst noch sehr abhängig von den europäischen und US-Märkten und den Importen bestimmter strategischer Produkte wie der amerikanischen Mikroprozessoren.

Es ist klar, dass Trump seine Politik der Provokationen und der Kraftmeierei fortsetzt.

Aber es ist auch klar, dass die Arbeiter und die Völker, die die Folgen davon zu spüren bekommen, nichts damit gewinnen, auf die anderen imperialistischen Mächte zu „setzen“, um Widerstand zu leisten. Es ist das kapitalistisch-imperialistische System, das beseitigt werden muss.

Anmerkung 1: Die Zahlen variieren zwischen 20 und 35%. Sie wurden von der US-Agentur (AIE) veröffentlicht, die alles Interesse hat, die Bedeutung des Handelsverkehrs zu dramatisieren, um auf der „iranischen Bedrohung“ zu insistieren.
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Aus „La Forge, Juli/August 2019. Veröffentlichung mit freindlicher Genehmigung der PCOF. Übersetzung: Siegfried None. Karrikaturen und Bilder wurden von der Redaktion „AmericanRebel“ teilweise oder ganz hinzu gefügt.

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Juli26
on 26. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Victor Grossman

Victor Grossman

A FATEFUL TUG OF WAR

Berlin Bulletin No. 161
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Victor Grossman

Tug-of-war is an innocent sport and, if there’s no heat wave such as now in the USA and Europe, it can be fun for all the players. But in world politics it may be a dangerous game, especially if played like some old Vikings did – across a fiery pit awaiting the losers.

On the global scale, tug-of-war is currently played with drones and surveillance planes provocatively skirting the borders of Iran in the east and Venezuela in the west, with missile-bearing carriers closely standing by. (Perhaps now in the Far East as well?). Most often, behind them, rubbing their hands – though never soiling them with tug ropes or triggers – is a team of war-hungry politicians and armament kings. The seizure of oil tankers, first by the UK and then, obviously in reprisal, by Iran, makes them hopeful but most decent people fearful! This tug-of-war, however, is not really between countries. It is between that team, itching for confrontation, new bombing missions and new vassals, and all those working for peace. Which side will win out? Or can the thin rope tear?

Google also helps the US during the drone war. Photo: Youtube screenshot

Germany has long been divided by this test of strength. On one side were those who, ever since Konrad Adenauer launched the Federal German Republic, huddled with war hawks in the Pentagon and NATO strategy rooms. Called “Atlanticists” because of their transoceanic connections, they found a slick advocate in Ursula von der Leyen, since 2014 the Minister of Defense. On July 16th she took a big jump upwards. Her last-day oratory may have done the trick; down-playing her military obsession, she evoked stirring emotions about climate protection, women’s equality, European togetherness and “Western democratic values”. After a painfully narrow secret ballot victory, by just nine votes, 383 to 374, with 23 abstentions, she became president of the European Commission, the powerful cabinet of the European Union, with 28 seats heading 28 departments covering all aspects of European life, one seat to a country (but dropping to 27 if Britain leaves as planned in October). She will become the boss of more than 30,000 employees who can determine life patterns for about 500 million Europeans. It is hard to imagine that she has forgotten her major goal, a strong, German-dominated European army, a muscular junior partner of the US-dominated NATO and aiming in the same eastward direction. A good church-goer might well cry out: “God protect us!”

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This meant giving up her job as German defense minister. But her immediate successor, a major surprise, was Annegret Kramp-Karrenbauer, the woman who replaced Angela Merkel as chair of the Christian Democratic Union (CDU). Any hopes for less belligerency were quickly dispersed. AKK, as her long name is shortened (but having zero resemblance with that US name abbreviator, AOC), immediately demanded a further increase in armament spending, up to the multibillion-euro, 2 % budget level demanded of all NATO members. Less martial in appearance than her predecessor, she follows the same line. Gun maker Heckler & Koch (the Mauser offspring), KruppThyssen, super-modern U-boat maker for decades, and Kraus-Maffei-Wegmann, Hitler’s best tank-maker and now exporter of deadly-clanking “Leopards”, could all enjoy untroubled sleep and more billions.

Or could they? The Greens, it is true, now stronger than ever, retain few traces of original pacific traditions and have moved so far in their hatred for Putin and their yen for trouble with Russia that their criticism has not been against an increase in military financing but rather a demand for a “more efficient, less wasteful” build-up.

But the Social Democrats, still in the government coalition and with a record of support for NATO build-ups, were now fighting for survival as a major party. The result: unusually forthright statements like those of Karl Lauterbach, a candidate for party leadership, who warned “against an armament policy conforming to the wishes of Donald Trump”. Some of their delegates voted against von der Leyen, have no love for her successor, AKK, and even echoed the LINKE (Left), who continued to oppose armaments, weapon exports and all military embroilments such as in Afghanistan, Mali, Iraq or Syria.

Last week, at the annual German-Russian discussion forum in Bonn, the “Petersburg Dialogue”, both foreign ministers attended for the first time since the Ukraine crisis. Heiko Maas, a Social Democrat, after meeting with Sergei Lavrov, spoke of positive signals in the Ukraine and hoped that the truce soon to begin there „will also be respected, that there will be a continuing ceasefire and that we will have further progress in implementing the Minsk Agreement“ (to end the conflict). Despite all differences, such as with economic sanctions, Maas said that world political solutions are hard to find without „the constructive participation of Russia“. Could this mean a change in tone?

Indeed, varied interests offered glimpses of hope on the “Peace” side in the tug-of-war. Many manufacturers, not so involved with military gear, retained interest in the huge Russian market. So did many in the important fruit and vegetable sector. Both suffered greatly from the sanctions imposed by the USA and the European Union, and tried to get around them. They had no desire to convert roads and rails for eastward-bound tanks and artillery nor to send German battalions with inflammatory missions to maneuvers along Russia’s borders. Many hoped for Russian gas from the Baltic undersea pipeline.

And such tendencies, aside from their motivation, conformed with the thoughts and wishes of very many Germans, most probably a majority, who resisted the “hate-Putin, hate-Russia“ stress in the mass media, which recalled very similar words and caricatures in the media of eighty years earlier.

Much as in the USA, these feelings did not lead to the big peace demonstrations of earlier decades. Main attention and activity was rather turned to environmental questions and opposing fascist threats and violence against people of other colors, clothes or churches. But such issues, also based on internationalism, certainly had their place in the tug-of-war and were close to similar movements in the USA, where the fight against fascism by that courageous young “Squad” of congresswomen has been greatly admired in progressive German circles.

This fight took a dramatic turn on June 2nd when Walter Lübcke, 65, a courageous official in the city of Kassel, a Christian Democrat, was shot dead in front of his home. Four years earlier he had replied angrily to vicious anti-foreigner catcalls in the audience: Whoever did not like the values upon which this country was founded was free to leave it whenever he wanted. The murderer, a dyed-in-the-wool fascist, had been waiting to kill Lübcke ever since, stimulated by fascist blogs, one of them that of a prominent adherent of the Alternative for Germany (AfD).

A huge wave of mourning and anger followed. At a state government session even in conservative Bavaria, all present stood in silent mourning for Lübcke – except one AfD delegate who remained demonstratively in his seat. He has been making excuses ever since.

Widespread rejection of the far right increased substantially. A small local pro-Nazi party in Lübcke’s town, Kassel, called for a rally favoring “justice” for the murderer and announced that 500 would attend. In a giant response by all political parties (except the AfD), the churches, unions and every kind of organization, the city filled up on July 20th. 10,000 anti-fascists were everywhere, many with anti-Nazi T-shirts, flags, banners and noise enough to drown out the downcast-looking neo-Nazis, about 100 of them who, carefully protected by the police, held what they called a meeting and departed in disgrace.

This was a genuine triumph in the tug-of-war. More such triumphs are urgently needed in the next five weeks. The East German states of Saxony and Brandenburg vote on September 1st, Thuringia on October 27th, and up till now the polls give the AfD a strong possibility of winning first place. Broad alliances of three or even four parties may be necessary to form state governments without them.

Thus far any coalition with the AfD has been ruled out by all the others. But some Christian Democrats (CDU) in Saxony, who have headed every government there since German unification, have long been playing an under-the-table game with the AfD best described as “footsie”. The feared far-right gains, resembling those in Hungary, France, Italy and often based on lynch-type mobs such as those in the USA, are truly frightening. And although the AfD, seeking popularity, has publicly advocated detente with Russia, it demands, less publicly, an ever bigger army with ever more modern weapons. To oppose its policy of hatred toward people of color and all those on the left, and its tolerance of violence, thousands from all over Germany are expected in Saxony’s capital Dresden on August 24th to help local groups and warn voters of the threatening dangers. As in so many parts of today’s world, every form of commitment helps. The international tug-of-war demands ever more hands to prevent a fall into a fiery pit of bloody fascism and annihilating war.

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PS. If my words and the subject are of interest (either pro or con), you may like to read my new book, “A Socialist Defector: From Harvard to Karl-Marx-Allee” (Monthly Review Press). Check it out!

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More by Victor Grossman
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Juli24
on 24. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein

Rui Filipe Gutschmidt

Die Macht der privaten Monopole – Wenn das Kapital den Staat ersetzt

Rui Filipe Gutschmidt

Die „öffentliche Hand“ sollte eigentlich die Steuergelder so verteilen, dass alle Bürger die grundlegenden Bedürfnisse erhalten: Wohnraum, Wasser, Wärme, Hygiene, Nahrung und auch Strom, Telekommunikation, Gesundheit, Bildung, Transportwesen… Doch immer mehr dieser Leistungen werden von privaten Konzernen übernommen und profitorientiert geführt. Die Menschen haben in der Regel keinen Einfluss darauf und müssen darunter leiden, wie auch das Beispiel des Autors dieses Beitrags zeigt.

„Wieso haben wir kein Wasser?“ Die Frage eines Untermieters kam überraschend, wenn auch nicht ganz unerwartet. Denn schon vor Monaten hatte ein anderer Untermieter (mit schlechter Zahlungsmoral, hohem Aggressionspotential und viel krimineller Energie) die Wasserkosten nicht wie vereinbart bezahlt und nach Abstellung einfach das Siegel verletzt und das Wasser wieder angestellt. Nachdem das herauskam und nach unzähligen weiteren Lügen, Betrügereien und Drohungen (selbst die Polizei ließ sich beschimpfen), kam nun die „Rechnung“ vom Wasserwerk. Der Zähler wurde ausgebaut und der Vertrag gekündigt. Ein neuer Vertrag wurde für einen eigentlich unzumutbaren Preis geschlossen.
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Konzession statt Verkauf – Es bleibt de Facto eine Privatisierung

In der portugiesischen Stadt Santa Maria da Feira wurde die Wasserversorgung an das private Unternehmen Indaqua auf 50 Jahre konzessioniert. Dieses Unternehmen hat auch in mehreren anderen Städten ähnliche Konzessionierungsverträge, die in meinen Augen (schon lang vor den jetzigen Problemen) nichts anderes sind als verkappte Privatisierungen. So hat die Indaqua eine Stellung, die ein privates Unternehmen normalerweise nie haben dürfte: Ein Monopol!

Zähler ausgebaut! Bild Rui Gutschmidt

Wie sich das auf die Bürger auswirkt? Vor allem kann man nicht zu einem anderen Anbieter wechseln. So muss man sich so ziemlich alles gefallen lassen, jeden Preis akzeptieren und alles schlucken, was einem vorgesetzt wird. Die Indaqua hat das teuerste Wasser des Landes und auch in Europa gibt es nur wenige Orte in denen das Wasser noch teurer ist als hier. Dabei ist der Verdienst der Portugiesen auch noch viel niedriger als in den meisten Ländern Europas, wodurch der Anteil der Wasserrechnung im Privathaushalt oder auch bei Unternehmen aller Art besonders gross ist.

WASSER ist ein öffentliches Gut. Ein Menschenrecht, das hier aufs schwerste verletzt wird. Die Indaqua verlangt Unsummen für die Wiederherstellung der Wasserversorgung nach einer Unterbrechung wegen fehlender Zahlungen. Ein neuer Wasseranschluss ist ebenfalls nicht bezahlbar für Leute die den Mindestlohn (600€) oder knapp darüber verdienen. Rentner mit etwa 200 € im Monat haben es ebenso schwer wie Leute mit 189,44 € Grundsicherung.

In meinem Fall haben die Monopolisten eine Ratenzahlung von 6 x 91,50 € vereinbart, was anscheinend das Minimum darstellt. NEIN sagen ist nicht, egal ob die alte Schuld auf meinen Namen läuft oder nicht. Auch eine Anzeige gegen den Autor des Siegelbruchs ist nichts Wert, da sie wissen, dass ICH zahle und der andere eher nicht. Aber das schlimmste ist, dass nach der Zahlung am Freitag immer noch (Dienstag) kein neuer Wasseranschluss erolgte! Bei Temperaturen von fast 30º C ist es unmenschlich und unmoralisch ohne Wasser zu sein!

Aber so ist der Kapitalismus neuer Prägung nun einmal. Neoliberalismus bedeutet: Der Markt macht was er will, wobei keinerlei Rücksicht auf die Menschen genommen wird. Private Monopole oder stumme Kartelle (Benzin, Diesel usw), nehmen uns aus und zwingen uns alles zu akzeptieren um genug Geld für die ganze Bande zu haben. Die Armut ist gewollt. Sie verleiht Macht an die Großaktionäre, Eigentümer und Raubtierkapitalisten. Ihrer Macht gilt es einen Riegel vorzuschieben und dem Staat – und damit dem Volk – die Kontrolle über die Schlüsselsektoren zurückzugeben. Einem Staat, versteht sich, der frei von der Kontrolle der Wirtschaftsbosse ist und endlich im Interesse der Menschen handelt.

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Erstveröffentlichung am 23. Juli 2019 in unserer Partnerzeitung INFO-WELT.

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Juli20
on 20. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein

Harry Popow

Soldaten für den Frieden (Teil sechszehn)

Leseprobe aus „Ausbruch aus der Stille…“ von Harry Popow
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Harry Popow

Hier nun die sechszehnte Leseprobe aus meinem neuen Buch »Ausbruch Aus Der Stille – Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten«, das im Februar dieses Jahres auf den Markt gekommen ist. Bitte benutzt auch die Kommentarfunktion für Eure Kritiken und Einschätzungen.
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Schwiegervater Hahn: „Vom Umtausch ausgeschlossen“

Plauen. 23. Dezember 1961. Hochzeit mit Cleo. Schnee und siebzehn Grad Kälte. Sie im grünen Spitzenkleid. So ein wunderbares Gefühl, nun hat er sie ganz, endlich, seine Liebe und seinen Lebenskamerad für immer. Im Rathaus werden sie getraut. Mama Tamara ist da und die Verwandten von Cleo. Küsse und Tränen, die unvermeidlichen. Oma Gertrud hatte versprochen, sich nicht daneben zu benehmen, und so verhält sie sich – vornehm und zurückhaltend. Essen und Tanz in der Charaktergaststätte „Freundschaft“. Tage vorher hatte Cleos Clique ein Foto von Henry kritisch betrachtet und gewarnt: „Du, der hat so dicke Augenbrauen, der ist böse. Kriegste etwa ein Kind? Egal, mir nehm diech aaa mit Kind!“ Kind war nicht, es war Liebe! Die Hochzeitsgesellschaft stand im Halbkreis, ein Glas Wein in der Hand, in gehobener und fröhlicher Stimmung. Da sprach Schwiegervater Hans, der kluge und feinsinnige Lehrer, lächelnd und im schönsten vogtländisch an Henry und Walter Stoschek, dem Gatten von Jutta gerichtet: „Meine Herren Schwieschersöhne, meine Töchter sind vom Umtausch ausgeschlossen – wiedergebracht werd mir nischt. Prost!“ Hans, das war ein Volltreffer. Alles lachte, prustete. Und keiner wagte es!

Zurück nach Potsdam. Dort wartet eine Überraschung auf ihn. Die Soldaten seines Zuges schenken ihm zur Hochzeit ein Mokkaservice Marke „Oscar Schlegel-Milch“. Cleo und Henry sind gerührt. Das Service wird in Zukunft immer wieder bewundert werden und Henry verweist mit Stolz auf „seine“ Soldaten.

Silvester 1961/62. Bis zum Nachmittag hat er Dienst in der Kaserne. Bevor er abgelöst wird, schweifen seine Gedanken zurück an die wunderbare Hochzeit mit Cleo. Und heute will er mit ihr den Jahreswechsel feiern, zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern. Stunde um Stunde vergeht. Was brachte ihm das Jahr 1961? Literaturprüfung in Feldberg mit Gut bestanden. Verlegung der Dienststelle von Eggesin nach Motzen. Schwester Sophia hat geheiratet. Mit Cleo im Elbsandsteingebirge gewesen. Versetzung nach Potsdam in die 1. Mot.-Schützendivision. Verlobung in Plauen …

Zurück in die Gegenwart: Henry ist nach seiner Ablösung endlich zu Hause. Es ist 23.00 Uhr, da klingelt es. Vor der Wohnungstür stehen zwei Unteroffiziere. Sie sagen, der Oberleutnant müsse sofort mit ihnen in der Stadt Potsdam auf Streife gehen. Was? Henry kann es nicht fassen, lässt es sich aber nicht anmerken. Das kann nicht sein, sagt er sich. Er hatte doch bis jetzt Dienst. Daran darf sich kein weiterer anschließen. Das ist laut Vorschrift untersagt. Die Unteroffiziere erklären, der Kompaniechef hätte dies befohlen. Henry fällt ein, eben der war für heute Abend als Streifenführer eingeplant. Aber Befehl ist Befehl. Henry muss in den sauren Apfel beißen. Wie er ihn aber ausführen wird, ist seine Sache. Sein Entschluss: Er klappert mit den zwei anderen Genossen einige Gaststätten ab, kurz vor Mitternacht ist er wieder zu Hause, seine Begleiter mit ihm. Gemeinsam mit Cleo und allen anderen stoßen sie auf das neue Jahr an. Kurz darauf erstattet Oberleutnant Popow dem Standortältesten Meldung: „Keine besonderen Vorkommnisse, Genosse Major!“ Er ist es zufrieden und der Streifenführer darf wegtreten. Dieser Dienst ist damit beendet. Ein arroganter Scheiß seines unfairen Kompaniechefs bleibt es trotzdem. Später stellt sich heraus, des Egoisten Frau kam plötzlich zu Besuch … Ein „Vorgesetzter“ mit Ellbogenmanieren …
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Zum Inhalt

Ausgangssituation ist Schweden und in Erinnerung das Haus in Berlin Schöneberg, in dem die Ziebells 1945 noch wohnen. Der Leser erfährt zunächst, wer die Eltern waren (seine Mutter stammt aus Moskau), berichtet kurz vom Evakuierungsort 1943/44 in Pommern, von der Rückkehr in das noch unter Bombenhagel liegende Berlin (Schöneberg), von den Eindrücken nach Kriegsende und vom Einleben in der neuen Gesellschaft, dabei auch von einer Begegnung der Jungen Pioniere mit Wilhelm Pieck.

Buch-Cover Ausbruch aus der Stille von Harry Popow – Mit freundlicher Genehmigung des Autors

Die Lehrzeit wird skizziert mit der Arbeit im Zwickauer Steinkohlenrevier, mit Tätigkeiten in der Geologischen Kommission der DDR und mit dem Besuch der Offiziersschule der KVP/NVA in Erfurt und in Plauen, wo er seine spätere Frau kennenlernte.

Wie lebt ein junger Offizier in der Einöde im Nordosten der DDR, welche Gedanken und Gefühle bewegen ihn? Darum geht es in den nächsten Aufzeichnungen seiner Impressionen. Seine Träume führen ihn mitunter weg vom Kasernenalltag und so nimmt er die Gelegenheit wahr, für fünf Monate im Walz- und Stahlwerk Eisenhüttenstadt als einfacher Arbeiter tätig zu sein.

Durch Versetzungen gelangt er nach Potsdam. Dabei kommen Querelen des Alltags als Ausbilder und später als Politoffizier nicht zu kurz. Ein Glücksfall für ihn, als er nach Neubrandenburg in einen höheren Stab als Redakteur berufen wird. Er beginnt ein Fernstudium als Diplomjournalist an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Inzwischen ist er längst glücklich verheiratet. Die Höhen und Tiefen eines Militärjournalisten – die zwingen ihn, vieles neu zu überdenken. Vor allem als einstiger Ausbilder gelingt es ihm, die Probleme der Soldaten immer besser zu verstehen und sie bildhaft zu schildern.

Die spätere Arbeit als Abteilungsleiter in der Wochenzeitung „Volksarmee“ macht ihm nicht nur Spaß, er nimmt auch Stellung gegen Ungereimtheiten, was ihm nach der Entlassung aus dem aktiven Armeedienst und der Tätigkeit als Journalist im Fernsehen der DDR nicht nur böse Blicke einbringt. So fährt er im September 1989 seiner Tochter nach Ungarn hinterher, um herauszukriegen, weshalb sie mit ihrem Partner abgehauen ist; er gibt ihr dabei das Versprechen, sie in keiner Weise als Tochter zu verurteilen. Nach seiner Rückkehr wird er mit einer Parteistrafe gerügt, die Wochen später angesichts der vermeintlichen Verstöße und Fehler durch die Politik nicht mehr relevant scheinen und wieder gestrichen wird. Auf Unverständnis stößt er auch bei seinen Mitarbeitern, als er nach der Teilnahme an der Dokumentarfilmwoche1988/89 in Leipzig angeblich nicht die erwarteten Schlussfolgerungen zieht.

Nach der Wende: Versuche, arbeitsmäßig Fuß zu fassen, u.a in Gran Canaria und in einer Steuerfirma. Die Suche nach Alternativen, günstiger zu wohnen, sowie die Sehnsucht nach Ruhe führt das Ehepaar nach Schweden.

Episoden aus dem Dorfleben und von vielen Begegnungen, so z.B. bei der Geburtstagsfeier einer siebzigjährigen Schwedin, machen den Alltag und die feierlichen Momente in der „Stille“ nacherlebbar. Keine der in der DDR erlebten Widersprüche und politischen Unterlassungssünden wirft den überzeugten Humanisten aus der Bahn, wogegen die Kapitaldiktatur mit ihren hörigen Medien, politische Manipulationen und Lügen im angeblich so demokratischen Deutschland ihn aufbringen – er bleibt ein Suchender, auch nach der Rückkehr im Jahre 2005 nach Deutschland. Als Rentner, Blogger, Rezensent undund Autor!

 

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zum 5. Teil zum 10. Teil zum 15. Teil zum 20. Teil zum 25. Teil zum 30. Teil

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Harry Popow: AUSBRUCH AUS DER STILLE. Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten. © Copyright by Harry Popow, Verlag: epubli, Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, Erscheinungsdatum 18.02.2019, ISBN: 9783748512981, Seiten: 500, Preis: 26,99 Euro.

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Über den Autor: Geboren 1936 in Berlin Tegel, erlebte Harry Popow (alias Henry) in seinem Buch „Ausbruch aus der Stille“) noch die letzten Kriegsjahre und Tage. Ab 1953 war er Berglehrling im Zwickauer Steinkohlenrevier. Eigentlich wollte er Geologe werden, und so begann Harry Popow ab September 1954 eine Arbeit als Kollektor in der Außenstelle der Staatlichen Geologischen Kommission der DDR in Schwerin. Unter dem Versprechen, Militärgeologie studieren zu können, warb man ihn für eine Offizierslaufbahn in der KVP/NVA. Doch mit Geologie hatte das alles nur bedingt zu tun… In den bewaffneten Kräften diente er zunächst als Ausbilder und danach 22 Jahre als Reporter und Redakteur in der Wochenzeitung „Volksarmee“. Den Titel Diplomjournalist erwarb der junge Offizier im fünfjährigen Fernstudium an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Nach Beendigung der fast 32-jährigen Dienstzeit arbeitete er bis Ende 1991 als Journalist und Berater im Fernsehen der DDR. Von 1996 bis 2005 lebte der Autor mit seiner Frau in Schweden. Beide kehrten 2005 nach Deutschland zurück. Sie sind seit 1961 sehr glücklich verheiratet und haben drei Kinder, zwei Enkel und zwei Enkelinnen.

Frühere Artikel von Harry Popow

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Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung –
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└ Schlagwörter: 1. Mai, 24-Stundendienst, A.S. Puschkin, AmericanRebel, Angermünde, Arbeit Zukunft, Armeeleben, Armeerundschau, Ausbruch aus der Stille, Ausbruch aus der StilleNachkriegszeit, Autor, Bataillon, Berglehrling Henry, Bergwerk, Berlin, Berlin-Friedrichshagen, Berlin-Tegel, Blogger, Bombenhagel, Buchrezensent, Charaktergaststätte „Freundschaft“, Christine Laszar, Contra Wortgeklingel, Damm, DDDR, DDR, Deiche, Dokumentarfilmwoche 1988/89 in Leipzig, Dropsrollen, Eggesin, Eisenhüttenstadt, Erfurt, FDJ-Sekretär, FDJnik, Feldberg, Feldherrenhügel, Förmlichkeit, Geologen-Zeit, Gran Canaria, Haarschnitt, Harry Popow, Hauptmann, Henry, Henrys Vater, Herbstluft, Hochwasser, Jahresende 1957, Jahreswechsel, Jakobsfriedhof, Jugendfunktionär, Karl Marx, Karl-Marx-Allee, Kaserne, Kasernenalltag, Kasernenstraße, Knobelbecher-Zeit, Kombinat, Kritik, Kultur, Kunst, KVP/NVA, Lebenskamerad, Leseprobe, Literaturprüfung, Lyrik, Major, Mama Tamara, Märkischen Volksstimme, marxistischen Philosophen, Militärbezirk, Militärgeologie, Militärjournalist, Militärjournalisten, Motzen, Nachkriegszeit, NVA, Oberleutnant, Oberstleutnant der NVA, Oder, Offizier, Offiziersschule, Offiziersschüler, Oma Gertrud, Onkel Oswald, Parade in Berlin, Philosophie, Pinnow, Plauen, Plauener-Spitzen, Politverwaltung, Potsdam, Redaktionsräume, Rentner, Rezensent, Russen, Sanssouci, Schallplattenabend, Schiller, Schweden, Schwerin, Schwester Sophia, Schwiegervater Hahn, Schwiegervater Hans, Schwieschersöhne, Selbstkritik, Skoda, Soldatenalltag, Sozialismus, Spiegelfechterei, Stalinallee, Stalinstadt, Stalinzeit, Steinkohlen-Zeit, Sternenbild Schütze, Taiga, Theatertage der Jugend, Träumender Trommler, Träumer, Unterleutnant, Volksarmee, Weihnachtsfest, Weimar, Wildpark-West
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Juli18
on 18. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Hosteni

Hosteni

§ 218

Die himmelschreiende Ungerechtigkeit
des Abtreibungsparagraphen § 218 ist nach wie vor Realität
.

Hosteni

Der Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung war immer mit der Kritik an der herrschenden, kapitalistischen Gesellschaftsordnung verbunden.
 So auch die Abtreibung und der § 218
. Nach der Gründung des Deutschen Reichs im Jahr 1871 trat im Januar 1872 der § 218 des Reichstrafgesetzbuches in Kraft. Er sah bei Abtreibung eine Zuchthausstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Seitdem war es für viele Frauen unmöglich, eine Ärztin oder einen Arzt zu finden, die Abtreibung trotz des Risikos einer Bestrafung durchführte. Deswegen sahen sich, vor allem Frauen der unteren Schichten gezwungen, den Eingriff von Laien durchführen zu lassen oder ihn selbst zu vollziehen, was schlimmstenfalls und nicht selten mit dem Tod endete.

Maria (Renate Blume), die Hauptfigur in diesem Fernsehfilm, ist von Beruf Schallplattenverkäuferin. Sie kann sich glücklich schätzen, dass sie Arbeit hat, denn man schreibt das Jahr 1930, eine Wirtschaftskrise großen Ausmaßes hat die Welt erfasst, einhergehend mit einem Heer von Arbeitslosen, gerade auch in Deutschland. Maria ist sich ihres Glücks bewusst; um das abzusichern, muss sie auf vieles verzichten. Welcher Geschäftsinhaber würde in solchen Zeiten schon eine ledige Frau mit einem Kind beschäftigen? Als Maria schwanger wurde, musste sie wie viele andere Frauen “aktiv” werden und etwas gegen dieses “Missgeschick” unternehmen. So sucht sie “Hilfe” bei einer Kurpfuscherin, dabei vertrauend auf ihre Jugend und hoffend auf bessere Zeiten, in denen ein Familienglück für sie wahr werden könnte.
Soweit die Vorgeschichte der Maria – Gras scheint über die Abtreibung gewachsen zu sein, Maria ist ein liebenswerter Mensch, beliebt bei anderen und verliebt in einen Mann. Das hatte sie fast vergessen lassen, dass sie ob der Abtreibung eigentlich eine Straftäterin ist, sie hatte gegen den § 218 des Bürgerlichen Gesetzbuches verstoßen. Zum Unglück für Maria haben dieses Vergehen einige andere Leute nicht vergessen; aus ihrer sozialen Abhängigkeit heraus und durch die Sache mit diesem Paragraphen wird sie für diese zum Objekt für kriminelle Taten. Schließlich wird sie von der Polizei festgenommen, weil Indizien dafür sprechen, dass sie in einen Mord verwickelt sein könnte.

Den meisten Frauen der ersten sozialistischen Frauenbewegung war die himmelschreiende Ungerechtigkeit des § 218 ebenso klar wie einigen Frauen aus bürgerlichen Frauenorganisationen. Mit dem Slogan „Dein Bauch gehört dir“ stritten Frauen um die Jahrhundertwende für die Freigabe des Abbruchs. Sie wussten schon lange, dass restriktive Gesetze nicht dazu führen, dass weniger Schwangerschaften abgebrochen werden, sondern dass der Schwangerschaftsabbruch zum Risiko wird, vor allem für arme Frauen. Vermögende Schwangere haben sich schon immer medizinisch einwandfreie Abtreibungen leisten können. Frauen wandten sich auch immer dagegen, dass das Strafrecht Frauen als Verantwortliche schwer bestraft, während die Ehegesetze sie zu rechtlosen Objekten machen, denn Ehemänner in der BRD durften ihre Frauen bis 1997 straflos vergewaltigen. (Übrigens durften z. B Lehrer in der BRD Schulkinder bis in den 70iger Jahre straflos prügeln!) 
Schon einmal, in der Weimarer Republik, gab es eine Massenbewegung gegen den § 218. 1920 bringt die sozialdemokratische Fraktion einen Antrag, der die Straffreiheit für Abtreibung während der ersten drei Monate beinhaltet, in den Reichstag ein. Der sozialdemokratische Justizminister Gustav Radbruch, der den Satz prägte: »Es hat noch nie eine reiche Frau wegen § 218 vor dem Kadi gestanden«, kämpft im Bündnis mit Liberalen und Kommunisten vergeblich gegen die Reaktion, die nach dem verlorenen Krieg nach Rache ruft und dazu zuförderst Rekruten benötigt. Justiz und Polizei entfesseln wahre Treibjagden, um Abtreiberinnen aufzuspüren. Z.B. werden in Stuttgart alle Hebammen vernommen. 1924 fordern im Reichstag nur noch Kommunisten und Liberale die Freigabe der Abtreibung. Gustav Radbruch resigniert. »Die Sozialdemokraten weisen …daraufhin, daß es in ihrer Fraktion keine einheitliche Meinung zum §218 gäbe. Die Stellung hierzu sei eine Gewissensfrage, die jeder einzelne für sich zu beantworten habe«.

Dieses mit Schrift nur selten erhaltene Plakat ist eine Auftragsarbeit für eine Kampagne des Frauensekretariats der KPD gegen den § 218.
Käthe Kollwitz zeichnet hier das Bild der überforderten Proletarierin, die kaum zwei Kinder ernähren kann und wieder schwanger ist. So wird das Recht auf Abtreibung auf Grund der wirtschaftlichen Not eingefordert.

1927 wird im Reichstag eine Gesetzesnovelle diskutiert, die Strafmilderung für Vergehen gegen den § 218 vorsieht. 1929 wird das Abtreibungsstück »Cyankali« des kommunistischen Arztes und Schriftstellers Friedrich Wolf in Berlin uraufgeführt. 1931 werden Friedrich Wolf und die Ärztin Jacobowitz-Kienle wegen angeblicher Abtreibung verhaftet. Die Verhaftungen lösten Massenproteste aus. Doch die Befürworter der Reform: Liberale, Sozialisten, Kommunisten, sozialistische Ärzte und Juristen unterliegen gegen die Übermacht der reaktionären Rechten und deren Vertreter: Zentrumspartei, vaterländische Frauenverbände, konservative Ärzteverbände, die Kirchen und nicht zuletzt die Faschisten. Nach der faschistischen Machtübergabe >reformieren< die Nationalsozialisten den §218: in schweren Fällen Todesstrafe statt Zuchthaus und Freigabe der Abtreibung für »erbkranken« Nachwuchs.

In der BRD von heute existiert dieser § 218 weiter. Dagegen kommt es immer wieder zu Protesten und Widerstand. Eine ersatzlose Streichung dieses Paragrafen steht weiterhin auf der Tagesordnung.

Fünf Jahre nach Einführung der Fristenregelung in der DDR, wird das Stück, unter dem Titel »Maria und der Paragraph« für das Fernsehen mit hochkarätigen Darstellern neu inszeniert. Beide Werke sind auf einer DVD-Edition vereint. Wie wenig das längst vergangene, dunkle Kapitel der Rechtsprechung Geschichte ist, zeigt ein Blick über unsere Landesgrenzen: Selbst in einigen Ländern der Europäischen Union ist es sehr reale Gegenwart.

 

Maria und der Paragraph • (DDR 1974)
Ein Fernsehfilm nach Motiven des gleichnamigen Romans von Franz Krey
(Leseprobe aus dem Roman)

Maria und der Paragraph · Teil 1 (DDR 1974 · Renate Blume)

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In der Tradition des deutschen Arbeiterfilms der Weimarer Republik ein Drama um Not und Abtreibung. 1933 mussten Autor wie Hauptdarstellerin emigrieren, der Regisseur wurde 1942 vergast. Nach dem gleichnamigen Theaterstück von des Arztes, Schriftstellers und Politikers Friedrich Wolf (1888 – 1953). Der Arzt und Kommunist Friedrich Wolf verfasste 1928 die Streitschrift Kunst ist Waffe und setzte das ein Jahr später, zu Beginn der Weltwirtschaftskrise, in seinem Theaterstück CYANKALI plausibel um. Statt der Strafverfolgung bei Schwangerschaftsabbruch fordert er eine humane Gesetzgebung und tritt für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen ein. Wenig später folgte die Filmversion von Hans Tintner, mehrfach verboten und schließlich von der Zensur freigegeben. Mit Machtübernahme der Nationalsozialisten verschwindet der Film aus den Kinos. 1977.

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Lest auch:

  • Hosteni: Die Rolle der Frau in der DDR
  • Cyankali: Druckversion
  • Viele Artikel zur Rolle der Frau

Bilder und Bildunterschriften wurden komplett oder zum Teil von der Redaktion AmericanRebel hinzu gefügt.
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Juli17
on 17. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein

Harry Popow

Soldaten für den Frieden (Teil fünfzehn)

Leseprobe aus „Ausbruch aus der Stille…“ von Harry Popow
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Harry Popow

Hier nun die fünfzehnte Leseprobe aus meinem neuen Buch »Ausbruch Aus Der Stille – Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten«, das im Februar dieses Jahres auf den Markt gekommen ist. Bitte benutzt auch die Kommentarfunktion für Eure Kritiken und Einschätzungen.
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Nasse Füsse contra Kulturschande

Eggesin bei Nacht. Man schreibt das Jahr 1961. Eine dunkle, Gleichschritt haltende Masse bewegt sich in die kalte und mondhelle Januarnacht hinein. Matt schimmern die Stahlhelme. Rhythmisch schlagen wir die Arme durch. Unsere Schatten begleiten uns auf dem schneebedeckten und holprigen Kopfsteinpflaster. Ein oberflächlicher Beobachter würde denken, eine militärische Einheit, was ist schon dabei. Er hätte recht. Das gehört zu unserem Alltag: Da marschieren Traktoristen, Melker, Filmvorführer, Tischler … Und die Kommandeure waren und sind ebenfalls Arbeiter: Forstfacharbeiter, Lehrer, Junghauer, wie ich. Wir wissen, weshalb wir marschieren – jetzt, in den Sonnabend hinein, an dem sich so manche noch ruhig in den Betten wälzen, mit Recht … Zwei Ausgänger kommen uns mit schnellen Schritten entgegen, sie streben der Kaserne zu, wir von ihr weg. Wir kommen an erleuchteten Schaufenstern vorüber, den wenigen, die es in Eggesin gibt, an ein verloren wirkendes Pärchen … „Ist das hier die richtige Richtung?“, fragt unser Kompaniechef einen auf einer Kreuzung stehenden Regulierungsposten. „Jawohl“. Der zerdrückt seine Zigarette zwischen den Fingern, wirft sie in den Schnee und reiht sich bei uns ein.

Vor dem Abtransport mit der Eisenbahn müssen wir im Wald warten. Zugführer Leutnant Kr. lehnt an einem Baum, um ihn herum Soldaten, die Karabiner und MPi’s auf den rechten Schultern, die Stiefel gegeneinander stoßend, die Mantelkrägen hochgeschlagen. Witze werden erzählt, es wird viel gelacht, das Lachen steckt auch andere an, der lange Anmarsch, die ersten brennenden Fußsohlen – sie sind vergessen. Wenig später: Die Waggons rütteln und schütteln uns. Der Kerzenschein einer an der Waggondecke hängenden Stalllaterne flackert unruhig und wirft ein mattes Licht auf die Leute, die auf den Pritschen liegen oder sitzen oder auf dem Fußboden kauern. Unserer Kompanie stehen nur zwei Waggons zur Verfügung, deshalb die Enge. Doch keiner beschwert sich. Man rückt zusammen und bietet den noch Stehenden ebenfalls einen Liegeplatz an. Einige stehen neugierig an der spaltoffenen Waggontür – wegen des qualmenden Kanonenöfchens – und stieren in die vorüberziehende Mondlandschaft. Da schweifen wohl manche Gedanken in die Ferne … Und manche sprechen plötzlich über das, was sie am stärksten bewegt, über Privates, da öffnen sich Herzen. Ein Gefreiter, Melkermeister aus Wismar, erzählt mir aus seinem Leben. Er streckt mir den Daumen hin, ich sehe im Halbdunkel eine Warze. „Die kommt vom Melken“, erklärt er. Fünf Kinder habe er schon. Ich schweige, kann nicht mitreden, noch nicht. Die Fahrt dauert, die Waggontür wird geschlossen, Schläfrigkeit breitet sich aus, man „zieht einen ein“, wie wir manchmal so sagen, und die Kerze in der Laterne flackert noch im ratternden Zug. Stille, nur das regelmäßige Rucken der Räder ist zu hören und zu spüren, wenn sie über die Schienenstöße holpern.

Plötzlich ein gespenstisches Schweigen. Man hält, sofern man noch Wachträumen nachhängt, den Atem an. Kein Rütteln und Schütteln, nichts, nur hin und wieder ein Schnarchen im Waggon. Was ist los, diese Ruhe? Der Transport hat ruckartig gehalten. Das kann nur eines bedeuten: Wir sind am Ziel. Ruhiges und besonnenes Wecken. Ohne Murren und lautlos treten die Genossen vor den Güterwagen an. Einige humpeln, wollen offensichtlich mit dem einzigen bereitstehenden Kraftfahrzeug H3A, der uns zusteht, mitfahren, um nicht laufen zu müssen. Der Kompaniechef weiß es, sicherlich aus Erfahrung, manche simulieren nur. Deshalb spricht er ein Machtwort: „Alle marschieren!“ Das klingt hart, aber so viele Kilometer liegen noch nicht hinter uns, aber etliche noch vor uns. Abhärtung, auch das will geübt sein, wenn es auch schwer fällt. In Reihe trippeln wir entlang einer eisgefrorenen Feldfurche. Dann und wann gleiten einige aus, rappeln sich wieder auf, stemmen sich gegen den starken und kalten Wind, der uns um die Stahlhelme pfeift. Eine endlose weite Schneefläche stößt am Horizont anscheinend mit dem schwarzen Himmel zusammen. Den Weg säumen vereinzelt große schlanke Birken, sie biegen sich unter der Wucht des Sturmes. Der Weg nimmt wohl nie ein Ende …

Endlich, der Konzentrierungsraum ist erreicht. Wir dürfen ein Lagerfeuer anzünden (unter realen Kampfbedingungen ein Unding und lebensgefährlich), sitzen und wärmen uns. Der Morgen graut. Kurze Auswertungen. Lob für Soldat Schu., der trotz seiner Fußschmerzen bis hierher durchgehalten hat. Ich sehe, der wird ein wenig rot im Gesicht. Dann wird die Verteidigungslinie bezogen. Die Feldspaten schlagen sich Millimeter um Millimeter in den steinhart gefrorenen Boden. Brocken von Schnee und Erde fliegen zur Seite, der Schweiß rinnt von der Stirne. Gegen Abend. Hinter der Stellung wurde im schützenden Wald ein Wärmezelt aufgebaut. Leutnant Kr. kommt ins Zelt und berichtet von besten Leistungen beim Bau der Schützenlöcher. Ich schreibe bei flackerndem Kerzenschein, notiere und überlege, ob es Sinn macht, von der FDJ-Gruppe ein Flugblatt herauszugeben, in dem Bestes gewürdigt wird. Aber es ist bereits 21 Uhr, und das Abendbrot ist vom Hauptfeldwebel noch immer nicht herangeschafft worden. Als die Leute das Essen schon abgeschrieben hatten, trifft es doch noch in den einzelnen Verteidigungsstellungen ein. Gegen 5.45 Uhr reißen wir in aller Eile das Wärmezelt ab. Ich gehe in die Stellung des 3. Zuges. Zuvor noch ein paar Schlucke warmen Tee mit Rum getrunken. Der Morgenwind fegt über das flache Mecklenburger Land, biegt das spärliche Gestrüpp und treibt tiefhängende dunkle Wolken vor sich her. Es ist wärmer geworden. Der Schnee schmilzt, und die Wald- und Feldwege verwandeln sich in aufgewühlte Schlammrinnen. Indessen habe ich den 3. Zug erreicht. In einer LMG-Stellung (Leichtes Mascinengewehr) steht der Schütze im Anschlag, daneben fehlt sein Gehilfe – der versteckt sich, sitzt zusammengekauert unter einer Zeltplane. Trotzdem ein Lob von mir. Die Stellung ist gut ausgebaut und getarnt. Wie viel Mühe dahintersteckt! In einem anderen Abschnitt erwarte ich mit den Genossen den Angriff. Soldat T. erzählt mir, dass er schon öfter an Übungen teilgenommen hatte …

Dann steigen Leuchtraketen in den Morgenhimmel. T. beobachtet das Gefechtsfeld, auf den beginnenden Angriff gefasst. Immer mehr Leuchtspuren kreuzen den Himmel, Detonationen ganz in der Nähe. Am Horizont dunkle Punkte, die immer größer werden, sich auf uns zu bewegen. T. hält den Karabiner im Anschlag … Feuerbefehle. Schüsse. Salvenfeuer. Zusammengefasstes Feuer. Gelernt ist gelernt. Der „Gegner“ darf nicht durchbrechen.

Später, viel später: Wieder hocken wir am Lagerfeuer auf notdürftig errichteten Bänken aus Kiefernholz, denn der Waldboden ist zu naß. Man sammelt vor allem Kienspan, der brennt am besten. Im Widerschein der zuckenden Flammen glühen die Gesichter, die Augen leuchten, der noch kalte Wind faucht gegen die Rücken, die Gedanken fliegen voraus: „Wenn wir reinkommen, werde ich gleich einen Grog in der Gaststätte trinken“, schwelgt einer in Zukunftsträumen. „Aber richtig heiß muss er sein“, ergänzt ein anderer. Ein Dritter: „Dann Waffenreinigen und ab ins Bett.“ Der Hauptfeldwebel tritt in den Leuchtkreis des Lagerfeuers, lässt eine Decke ausbreiten und legt darauf die Brote. Plötzlich kommt Bewegung in die Leute. Jetzt will jeder der erste sein – beim Essenempfang! In den dämmrigen Morgenstunden des nächsten Tages rückt die Kompanie wieder in die Kaserne ein, die Gesichter verschmutzt und unrasiert.

Eine Stunde später lese ich im „Neuen Deutschland“ vom 31. Januar folgende Bemerkung von Prof. Steenbeck: „Es ist in meinen Augen eine der größten Kulturschanden, dass der Kampf gegen den Atomtod in der christlichen Bundesrepublik durch Gerichte verfolgt wird. Es wird nicht mehr lange dauern, und wir alle werden auf diese Tatsache mit ähnlicher Scham zurückblicken, wie auf die Ketzerverbrennung früherer Zeiten oder die Judenmorde des nationalsozialistischen Deutschland.“ Gefällt mir, dieses Zitat. Gegen jene und andere Kulturschanden setzen wir vieles, auch unsere „nassen und kalten Füße“. Nehme mein Notizheft und schreibe diese Zeilen, nur so für mich..
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Zum Inhalt

Ausgangssituation ist Schweden und in Erinnerung das Haus in Berlin Schöneberg, in dem die Ziebells 1945 noch wohnen. Der Leser erfährt zunächst, wer die Eltern waren (seine Mutter stammt aus Moskau), berichtet kurz vom Evakuierungsort 1943/44 in Pommern, von der Rückkehr in das noch unter Bombenhagel liegende Berlin (Schöneberg), von den Eindrücken nach Kriegsende und vom Einleben in der neuen Gesellschaft, dabei auch von einer Begegnung der Jungen Pioniere mit Wilhelm Pieck.

Buch-Cover Ausbruch aus der Stille von Harry Popow – Mit freundlicher Genehmigung des Autors

Die Lehrzeit wird skizziert mit der Arbeit im Zwickauer Steinkohlenrevier, mit Tätigkeiten in der Geologischen Kommission der DDR und mit dem Besuch der Offiziersschule der KVP/NVA in Erfurt und in Plauen, wo er seine spätere Frau kennenlernte.

Wie lebt ein junger Offizier in der Einöde im Nordosten der DDR, welche Gedanken und Gefühle bewegen ihn? Darum geht es in den nächsten Aufzeichnungen seiner Impressionen. Seine Träume führen ihn mitunter weg vom Kasernenalltag und so nimmt er die Gelegenheit wahr, für fünf Monate im Walz- und Stahlwerk Eisenhüttenstadt als einfacher Arbeiter tätig zu sein.

Durch Versetzungen gelangt er nach Potsdam. Dabei kommen Querelen des Alltags als Ausbilder und später als Politoffizier nicht zu kurz. Ein Glücksfall für ihn, als er nach Neubrandenburg in einen höheren Stab als Redakteur berufen wird. Er beginnt ein Fernstudium als Diplomjournalist an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Inzwischen ist er längst glücklich verheiratet. Die Höhen und Tiefen eines Militärjournalisten – die zwingen ihn, vieles neu zu überdenken. Vor allem als einstiger Ausbilder gelingt es ihm, die Probleme der Soldaten immer besser zu verstehen und sie bildhaft zu schildern.

Die spätere Arbeit als Abteilungsleiter in der Wochenzeitung „Volksarmee“ macht ihm nicht nur Spaß, er nimmt auch Stellung gegen Ungereimtheiten, was ihm nach der Entlassung aus dem aktiven Armeedienst und der Tätigkeit als Journalist im Fernsehen der DDR nicht nur böse Blicke einbringt. So fährt er im September 1989 seiner Tochter nach Ungarn hinterher, um herauszukriegen, weshalb sie mit ihrem Partner abgehauen ist; er gibt ihr dabei das Versprechen, sie in keiner Weise als Tochter zu verurteilen. Nach seiner Rückkehr wird er mit einer Parteistrafe gerügt, die Wochen später angesichts der vermeintlichen Verstöße und Fehler durch die Politik nicht mehr relevant scheinen und wieder gestrichen wird. Auf Unverständnis stößt er auch bei seinen Mitarbeitern, als er nach der Teilnahme an der Dokumentarfilmwoche1988/89 in Leipzig angeblich nicht die erwarteten Schlussfolgerungen zieht.

Nach der Wende: Versuche, arbeitsmäßig Fuß zu fassen, u.a in Gran Canaria und in einer Steuerfirma. Die Suche nach Alternativen, günstiger zu wohnen, sowie die Sehnsucht nach Ruhe führt das Ehepaar nach Schweden.

Episoden aus dem Dorfleben und von vielen Begegnungen, so z.B. bei der Geburtstagsfeier einer siebzigjährigen Schwedin, machen den Alltag und die feierlichen Momente in der „Stille“ nacherlebbar. Keine der in der DDR erlebten Widersprüche und politischen Unterlassungssünden wirft den überzeugten Humanisten aus der Bahn, wogegen die Kapitaldiktatur mit ihren hörigen Medien, politische Manipulationen und Lügen im angeblich so demokratischen Deutschland ihn aufbringen – er bleibt ein Suchender, auch nach der Rückkehr im Jahre 2005 nach Deutschland. Als Rentner, Blogger, Rezensent undund Autor!

 

zum 1. Teil zum 6. Teil zum 11. Teil zum 16. Teil zum 21. Teil zum 26. Teil zum 31. Teil
zum 2. Teil zum 7. Teil zum 12. Teil zum 17. Teil zum 22. Teil zum 27. Teil
zum 3. Teil zum 8. Teil zum 13. Teil zum 18. Teil zum 23. Teil zum 28. Teil
zum 4. Teil zum 9. Teil zum 14. Teil zum 19. Teil zum 24. Teil zum 29. Teil
zum 5. Teil zum 10. Teil zum 15. Teil zum 20. Teil zum 25. Teil zum 30. Teil

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Harry Popow: AUSBRUCH AUS DER STILLE. Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten. © Copyright by Harry Popow, Verlag: epubli, Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, Erscheinungsdatum 18.02.2019, ISBN: 9783748512981, Seiten: 500, Preis: 26,99 Euro.

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Über den Autor: Geboren 1936 in Berlin Tegel, erlebte Harry Popow (alias Henry) in seinem Buch „Ausbruch aus der Stille“) noch die letzten Kriegsjahre und Tage. Ab 1953 war er Berglehrling im Zwickauer Steinkohlenrevier. Eigentlich wollte er Geologe werden, und so begann Harry Popow ab September 1954 eine Arbeit als Kollektor in der Außenstelle der Staatlichen Geologischen Kommission der DDR in Schwerin. Unter dem Versprechen, Militärgeologie studieren zu können, warb man ihn für eine Offizierslaufbahn in der KVP/NVA. Doch mit Geologie hatte das alles nur bedingt zu tun… In den bewaffneten Kräften diente er zunächst als Ausbilder und danach 22 Jahre als Reporter und Redakteur in der Wochenzeitung „Volksarmee“. Den Titel Diplomjournalist erwarb der junge Offizier im fünfjährigen Fernstudium an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Nach Beendigung der fast 32-jährigen Dienstzeit arbeitete er bis Ende 1991 als Journalist und Berater im Fernsehen der DDR. Von 1996 bis 2005 lebte der Autor mit seiner Frau in Schweden. Beide kehrten 2005 nach Deutschland zurück. Sie sind seit 1961 sehr glücklich verheiratet und haben drei Kinder, zwei Enkel und zwei Enkelinnen.

Frühere Artikel von Harry Popow

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Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
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Juli17
on 17. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Lupo

Lupo

€uropa und das Stimmvieh

Lupo

Die €uropawahl ist gelaufen, der Bürger hat artig gekreuzt, die Herren und Damen Abgeordneten machen es sich gemütlich auf ihren weichen Sesseln bei über 10 000 € Diät. Es wird schon mal probiert wie es sich denn furzt und ein Gequake angehoben, weil nun der Spitzenkandidat durch Kriegsuschi ersetzt wurde.

Spitzenkandidat durchgefallen, was nun? Und so zauberten die Herren und Damen Regierungschefs Kriegsuschi aus dem Zylinder. Spitzenkandidat ersetzt durch ein Kaninchen. Dämlicher kann bürgerliche Demokratie nicht exerziert werden. Und so wurde wieder mal der Wähler zum Stimmvieh degradiert.

Und was macht man behufs bürgerliche Demokratie? Speziell wenn man als Kommunist diesen Wahlzirkus unterstützt so wie es die MLPD, die KPD und die DKP getan hat. Eine Klatsche kassieren mit Nullkommawenig Prozent? Als großen Erfolg verkaufen? Oder gar den bürgerlichen Wahlschwindel entlarven und die proletarische Demokratie propagieren? Nein, es wurden Tausende von Plakaten geklebt, eingereiht in die anderen Papiertiger der bürgerlichen Parteien. Bekanntschaft mit den Delegierten Fehlanzeige. So wurde eben nur ein Stück Papier gewählt. Diskussion um den Kandidaten in den Betrieben oder Ortsteil? Iwo. Politik gehört nicht in den Betrieb, Politik nur am Wahlsonntag. Und somit eben nur Sonntagsreden.

Die alte und neue Kriegsministerin freuen sich – beide sind auf der Diätenleiter nach oben gestiegen. Moral – Fehlanzeige! Bild: YouTube sceenshot

Kriegsuschi hat nun um gewählt zu werden vor dem €uropaparlament Sonntagsrede gehalten. Ja, sie sei in Brüssel aufgewachsen und ist sogar mehrsprachig.

Was für eine Qualifikation! Und tatsächlich murrend fielen die Sozen um und wählten diese Kreatur. Sonst wäre €uropa zusammengekracht. In den schönsten Farben wird nun Kriegsuschi verkauft. Das ist auch notwendig, denn das Kriegsprogramm von Kriegsuschi mit 400 Milliarden für €uropäische Aufrüstung kann nun korrekt durchgewunken werden. Die anderen Schönfarben sind nur untergeordnet und Kosmetik. Dem €uropäischen Steuerzahler blüht blechen ohne Ende. Kriegsuschi ist Expertin für Rüstungsschrott, sei es die Gorch Fock bei der Marine, U-Boote, €uro-Fighter, usw. Die Rheinmetalls, Airbus klatschen sich vor Freude auf die Schenkel. Es wurde mal wieder die Lobby in Brüssel gewählt. Und das, so die Umstände, das hätte debattiert werden müssen mit den Herren und Damen Kandidaten. Doch lieber nicht. Sonst hätten sie bereits im Vorfeld eine Klatsche bekommen.

Kasse machen in Brüssel oder Straßburg, die Hauptbeschäftigung der Herren und Damen Abgeordneten, nicht ein Arbeitergehalt, nein, üppige über 10 000 € plus Spesen damit man nicht weich wird wenn Lobby Angebote macht. Wirklich? Die Nebentätigkeiten der Herren und Damen Abgeordnete, weil sie angeblich Nachhilfe brauchen weil zu dumm, da schleicht sich die Lobby gekonnt in die Vor- und Hauptzimmer der Büros ein, diktiert die Gesetzestexte, damit nichts schief geht und zack, zack, zack sind die Drecksgeschäfte vollendet.

Der Vorgänger von Kriegsschi war ein Held von Luxleaks aus der Räuberhöhle des Großherzogtums Luxemburg kommend, Fachmann für Steuervermeidung. Ein Geldheini erster Güte. Die morschen €uros retten mit Geldgeschiebe. Auf der Strecke bleiben die Proleten, die vor Hunger statt Lohn in €uropa freizügig umherirren auf der Suche nach einen Kanten Brot. Nicht mal die bürgerlichen Gewerkschaften kriegen es gebacken, gleichen Lohn für gleiche Arbeit in €uropa. So verspricht Kriegsuschi den €uropäischen Mindestlohn. Staatlich verordnet ohne Tarifrunde, einfach so, Vogel friss oder stirb.

Wahltag ist Zahltag heißt es. Doch da ist nix mit zahlen. Nur für Abgeordnete aber nicht für die Proleten. Und so wäre der Aufruf stimmt ungültig völlig richtig gewesen. Die Wahlurne als Papierkorb.

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Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

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└ Schlagwörter: AmericanRebel, Arbeit Zukunft, bürgerliche Demokratie, DDR, DKP, KPD, Kriegsuschi, Lobby in Brüssel, Lupo, Mindestlohn, MLPD, Papiertiger, Tarifrunde, Wahlurne
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Juli16
on 16. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Marcel Joppa

Marcel Joppa

Jedes zweite Krankenhaus schließen? Scharfe Kritik an Bertelsmann-Studie

Marcel Joppa

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung kommt zu dem Ergebnis: Rund jedes zweite Krankenhaus in Deutschland sollte schließen, die verbliebenen können dann als „Spezialkliniken“ ausgebaut werden. Vor allem bei Ärzteverbänden stößt diese Forderung auf massive Kritik. Die Mediziner warnen: Ein Kahlschlag würde vor allem den ländlichen Raum treffen.

Vielen Patienten ist eine medizinische Versorgung in direkter Umgebung wichtig. Die Bertelsmann-Stiftung hat mit ihrer aktuellen Studie allerdings eine ganz andere Empfehlung: 600 statt 1750 Krankenhäuser in Deutschland würden völlig ausreichen. Diese könnten dann zu Spezialkliniken mit aufgestocktem Fachpersonal ausgebaut werden. Die Stiftung hatte eine Modellberechnung durchgeführt. Sie soll zeigen, dass viele Krankenhäuser zu klein seien und oftmals nicht über die nötige Ausstattung und Erfahrung verfügten, um lebensbedrohliche Notfälle angemessen zu behandeln.

Schließung von Krankenhäusern. Bild YouTube screenshot

Köln und Leverkusen als Vorbild?


Die Bertelsmann-Stiftung fordert deshalb: Man dürfe sich nicht an einer schnellen Erreichbarkeit orientieren, sondern an Qualitätskriterien. Das seien Punkte wie eine gesicherte Notfallversorgung, eine Facharztbereitschaft rund um die Uhr, ausreichend Erfahrung und Routine des medizinischen Personals sowie eine angemessene technische Ausstattung. Die Stiftung hat Köln, Leverkusen und Umgebung als Modellregion untersucht. Die Simulation zeige, dass die Region mit 14 statt den aktuell 38 Akutkrankenhäusern eine bessere Versorgung bieten könne, ohne dass Patienten im Durchschnitt viel längere Fahrzeiten in Kauf nehmen müssten.


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Kliniken einfach „plattmachen“?

Ärzte und Krankenhäuser üben nun massive Kritik an Bertelsmann. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft spricht laut ARD von einer „absolut unbelegten“ Einschätzung. Wer vorschlage, von den bestehenden Akutkrankenhäusern „1000 platt zu machen“ und die verbleibenden 600 Kliniken zu Großkliniken auszubauen, propagiere die Zerstörung von sozialer Infrastruktur „in einem geradezu abenteuerlichen Ausmaß“ so die DKG. Solche Vorschläge seien das exakte Gegenteil dessen, was die Kommission als „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ für die ländlichen Räume gefordert habe.
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„Mehr als befremdlich“…

Die Krankenhausgesellschaft widerspricht der Einschätzung der Studie, wonach durch eine Bündelung von Kliniken, Personal und medizinischen Geräten eine qualitativ bessere Versorgung erreicht werden könne. Außerdem handele es sich bei einem Großteil der Versorgung in den Krankenhäusern um medizinische Grundversorgung wie Geburten oder altersbedingte Krankheitsbilder der Inneren Medizin. Diese Behandlungen sollten möglichst familien- und wohnortnah vorgenommen werden können. Auch die Bundesärztekammer unterstützt diese Aussage und nennt die Empfehlung der Bertelsmann-Studie „mehr als befremdlich“. Was in Ballungsgebieten vielleicht noch umsetzbar sei, könne im ländlichen Raum verheerend aussehen.
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Immerhin Top 10…

Eine Reaktion seitens der Bundesregierung zu der Bertelsmann-Studie gibt es noch nicht. Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums kommentierte lediglich, man habe die Studie „zur Kenntnis genommen“, für die Krankenhausplanung seien aber die einzelnen Bundesländer zuständig. Im internationalen Vergleich habe Deutschland aber grundsätzlich überdurchschnittlich viele Krankenhäuser. Ein Blick auf die Zahlen bestätigt: Pro 1000 Einwohner hat Deutschland durchschnittlich 8,2 Krankenhausbetten, im internationalen Länderranking belegt die Bundesrepublik damit Platz 9, vor Österreich auf Platz 10 (7,6 Betten). Angeführt wurde die Liste zuletzt von Monaco mit 13,8 Krankenhausbetten pro 1000 Einwohner, die Russische Föderation belegte mit 9,7 Betten Platz 6. Zu bedenken ist jedoch, dass die Betten-Statistik über die Qualität der Behandlung keine Auskunft gibt.

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Erstveröffenlichung vor Kurzem auf SPUTNIK Deutschland. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
Bild und Bildunterschrift wurden teilweise oder ganz von der Redaktion AmericanRebel hinzugefügt.
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