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Sep.13
on 13. September 2019
Veröffentlicht in: Nico Diener, Víctor Jara

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Nico Diener

¡El pueblo unido jamás será vencido! Teil 4

Hintergrundinformationen zum Verständnis der Bedeutung der chilenischen Revolution
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Nico Diener

Víctor Jara

Víctor Jara, Schauspieler, Regisseur, Sänger, Lieder­macher und Kompo­nist, war einer der großen Helden Chiles, eine der Lichtgestalten in Lateinamerika, ein Che Guevara mit Gitarre.

Harry Belafonte schrieb über ihn: „Víctor Jara war ein Künstler. Er war einer von uns. Die Trauer über unseren toten Helden macht ihn nicht wieder lebendig. Aber die Erfüllung seines Traumes von einer Welt der Menschlichkeit, der Liebe und des Friedens wird ihn unsterblich machen“.

Víctor Jara war ein fester Bestandteil des chilenischen Volkes, ein Freund aller aus­gebeuteten und unterdrück­ten Menschen der ganzen Welt. Seine Liebes- und Kampflieder machten Mut und schafften Solidarität. Sein unerschütterlicher Drang nach Frieden, Gerechtigkeit, seine Aufrichtigkeit und seine Treue zum chilenischen Volk machten ihn zum innigen, vielleicht sogar besten Freund von Dean Reed. Viele Wege sind sie gemeinsam gegangen. Als die Verbitterung über den grausamen Mord an Víctor langsam in Dean Reeds Herz verklang, gelang es ihm seine Trauer in Stärke zu verwandeln, und er setzte ihm mit seinem Film El Cantor ein bleibendes Denkmal. Wer war dieser stolze Kämpfer?

Víctor Jara

Víctor Jara wurde im Jahre 1932 als Sohn einer Wäscherin und eines Landarbeiters geboren. Dank seines Talents und seines Willens studierte er trotz der sozialen Schranken an der Universität von Santiago und wurde ein bekannter Schauspieler und Regisseur. Mit der Zeit machte er sich auch als Sänger und Liedermacher einen Namen, zuerst mit traditionellen Liedern, später auch mit eigenen, politischen Chansons. Jara unterstützte nicht nur die Unidad Popular und Salvador Allende im Wahlkampf, er wurde zur Stimme der Hoffnung des chilenischen Volkes auf Freiheit und Gerechtigkeit.

Während des Putsches in Chile im Jahre 1973 wurde Víctor Jara zusammen mit Tausenden Kampfesgenossen in ein provisorisches Internierungslager, das im Nationalstadion von Santiago de Chile errichtet wurde, eingesperrt. Als er sich gegenüber einem Aufseher zu erkennen gab, brach dieser dem Musiker die Finger beider Hände. Er sang trotzdem weiter und wurde schließlich erschossen und sein Leichnam, übersät von Dutzenden Schusswunden, im Stadion verscharrt. Aber ihr Ziel, Víctor Jara zum Schweigen zu bringen, haben die Häscher des Faschismus nicht erreicht. Im Gegenteil, der Geist dieses Verkünders der Menschlichkeit lebt fort, solange man seine Lieder singt und hört.
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Victor Jaras letztes Gedicht, geschrieben vor seinem Tod im Nationalstadion von Santiago de Chile im September 1973

Somos cinco mil
en esta pequeña parte de la ciudad.
Somos cinco mil
¿Cuántos seremos en total
en las ciudades y en todo el país?
Solo aqui
diez mil manos siembran
y hacen andar las fabricas.¡ Cuánta humanidad
con hambre, frio, pánico, dolor,
presión moral, terror y locura!Seis de los nuestros se perdieron
en el espacio de las estrellas. Un muerto,
un golpeado como jamas creí
se podría golpear a un ser humano.
Los otros cuatro quisieron quitar-se todos los temores uno saltó al vació,
otro golpeando-se la cabeza contra el muro,
pero todos con la mirada fija de la muerte.¡Qué espanto causa el rostro del fascismo!
Llevan a cabo sus planes con precisión artera
Sin importarles nada.
La sangre para ellos son medallas.
La matanza es acto de heroism
¿Es este el mundo que creaste, dios mio?
¿Para esto tus siete dias de asombro y trabajo?
en estas cuatro murallas solo existe un numero
que no progresa,
que lentamente querrá más muerte. 
Pero de pronto me golpea la conciencia
y veo esta marea sin latido,
pero con el pulso de las máquinas y los militares mostrando su rostro de matrona
llena de dulzura.¿Y Mexico, Cuba y el mundo?
¡Que griten esta ignominia!
Somos diez mil manos menos 
que no producen.¿Cuántos somos en toda la Patria?
La sangre del companero Presidente
golpea más fuerte que bombas y metrallas
Asi golpeará nuestro puño nuevamente.¡Canto que mal me sales
Cuando tengo que cantar espanto!
Espanto como el que vivo
como el que muero, espanto.
De verme entre tanto y tantos
momentos del infinito
en que el silencio y el grito
son las metas de este canto.
Lo que veo nunca vi,
lo que he sentido y que siento
hará brotar el momento…
Wir sind fünftausend
in diesem kleinen Stückchen Stadt.
Wir sind fünftausend.
Wie viele sind wir insgesamt
in den Städten und im ganzen Land?
Hier allein
zehntausend Hände säen 
und halten die Fabriken am laufen. Wie viel Menschen
ausgesetzt dem Hunger, der Kälte, der Angst, der Qual,
der Unterdrückung, dem Terror, dem Wahnsinn! Sechs der unseren verlieren sichim Raum zwischen den Sternen. Einer tot, einer geschlagen, wie ich nie geglaubt hätte,
dass ein Menschenwesen geschlagen werden kann.
Die anderen vier wollten ihre Qualen beenden –
einer sprang ins Nichts,
einer schlug den Kopf gegen die Mauer,
aber alle mit dem starren Blick des Todes. Was für ein Grauen die Fratze des Faschismus schafft!
Sie führen ihre Pläne mit fachgerechter Präzision aus.
Ihnen ist alles gleich.
Für sie verdient Blutvergiessen einen Orden,
Schlächterei entspricht einer Heldentat.
O Gott, ist das die Welt, die du geschaffen hast?
Sind dafür etwa deine sieben Tage voller Wunder und Taten gedacht?
Innerhalb dieser vier Wände existiert nur eine Anzahl von Menschen die nicht weiterdenken, die einzig auf tödliches Blutvergiessen setzen.Aber plötzlich erwacht mein Gewissen
und ich sehe diese träge Flut,
aber den Rhythmus der Maschinen und die Militärs, die ihre Hebammen-Gesichter aufsetzen,
voller Zärtlichkeit.Und Mexiko, Kuba und die Welt?
Schreit auf gegen diese Schändlichkeit!
Wir sind zehntausend Hände, die nicht produzieren.Wie viele sind wir im ganzen Land?
Das Blut des Genossen Präsident,
wird schlägt stärker als Bomben und Maschinengewehre
So wird auch unsere Faust aufs Neue zuschlagen.Wie schwer ist das Singen,
wenn ich den Schrecken singen muss.
Den Schrecken, den ich lebe,
den Schrecken, den ich sterbe.
Mich selbst unter so vielen sehen
und so viele Augenblicke der Unendlichkeit,
in denen Schweigen und Schreie
das Ende meines Gesanges sind.
Was ich sehe, habe ich nie gesehen.
Was ich gefühlt habe und was ich fühle,
wird der Augenblick erschaffen…

Ausschnitt aus Dean-Reeds Film „ElCantor“
in dem Jaras letztes Gedicht vorkommt.
Der Sprecher ist der verstorbene Berliner Schauspieler Klaus Piontek.

Victor Jaras letztes Gedicht

Quelle der deutschen Übersetzung: „Victor Jara – Chile, mein Land, offen und wild. Sein Leben“, erzählt von Joan Jara, rororo aktuell 5523, vebessert durch Rui Filipe Gutschmidt.
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>>> zum 1. Teil, Die Unidad Popular de Chile (1970-1973)
>>> zum 2. Teil, 11. September 1973: Faschistischer Putsch in Chile
>>> zum 3. Teil, Salvador Allende Gossens (1908-1973)
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Weitere Beiträge von Nico Diener

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Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

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└ Schlagwörter: 11. September, 11. September 1973, Admiral Morino, Allende-Regierung, Augusto Pinochet, Chile, CIA, Die Unidad Popular, Eduardo Frei, El pueblo unido jamás será vencido, Frente Popular, General René Schneider, Harry Belafonte, Kommunistischen Partei Chiles, Lieder­mache, Luis Corvalan, mein Land, Nationalstadion von Santiago de Chile, Oberst Carlos Ibáñez del Campo, offen und wild, Radio Corporación, Radio Magellan, Radio Portales, Unidad Popular, Valparaíso, Victor Jara - Chile, Volksfrontbewegung
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Sep.12
on 12. September 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Diethard Möller

Diethard Möller

Gemeinsamer Streik für Umwelt und Klima,
Arbeitsplätze und Frieden!

Diskussionsveranstaltung mit Powerpoint-Vortrag und Livemusik am Freitag, 20. Sept. um 19:00 Uhr in Leipzig-Lindenau, Odermannsttraße 8
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Diethard Möller

Am 20.9.19 wollen wir gemeinsam streiken und ein Zeichen setzen: Jugendliche der „Fridays for future“-Bewegung zusammen mit Arbeitern, Angestellte, Arbeitslosen, Rentnern und viele andere mehr. Wir wollen eine lebenswerte Zukunft, in der Umwelt und Klima geschützt werden, in der trotz Digitalisierung und Automatisierung menschenwürdige Arbeitsplätze für alle da sind, in der Aufrüstung und Krieg beseitigt sind. Was sich so widersprüchlich anhört, gehört tatsächlich zusammen.
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Umweltzerstörung für den Profit

Atomkraft, ausufernder Individualverkehr, fehlender Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, Bodenversiegelung, großflächige Landwirtschaft, Überdüngung, giftige Stoffe wie PCB, Asbest, Pestizide, Plastik und vieles mehr sind Produkte einer Gesellschaft, in der alles dem Profit untergeordnet wird. Immer mehr und immer billiger heißt auch immer höherern Profit!
 Menschengemachter CO2 -Ausstoß und die Schäden für das Klima sind ein Bestandteil dieses rücksichtslosen Wirtschaftens: Rücksichtslos gegenüber der Natur und dem Menschen.
Die Fridays for future-Bewegung hat viel erreicht. Klimaschutz ist ein Topthema geworden. Viele Politiker springen auf den fahrenden Zug auf und versprechen alles Mögliche. Auffällig ist dabei, dass sie es auf das Thema Klima einengen wollen. Dabei findet die Zerstörung unserer Umwelt auf vielen Gebieten statt (siehe oben). Ebenso auffällig ist, dass sie es vor allem dazu nut- zen, um höhere Steuern zu fordern und den Menschen das Leben zu verteuern. Viel ist Symbolpolitik. Da verbietet die Umweltministerin Plastiktragetaschen, deren Einsatz stark gesunken ist, während sie nichts gegen den ausufernden Einsatz von Plastik in allen möglichen Bereichen unternimmt.
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Industrie 4.0: Existenzvernichtung

Genauso rücksichtslos wie bei Umwelt und Klima geht es aber gegenwärtig bei der Umstellung auf E-Autos und der zunehmenden Digitalisierung in der Industrie zu. We- niger Arbeit und Fortschritt bedeuten hier nicht mehr Freiheit, sondern Entlassungen, Arbeitslosigkeit und Erhöhung des Profits. Nach Schätzungen seriöser Institute sollen dabei bis zu 50% der Arbeitsplätze in Deutschland wegfallen. Eine Katastrophe, die unter den Bedingungen des Kapitalis- mus zu Massenarbeitslosigkeit führt. Denn statt die Arbeitszeit radikal zu senken,werden die einen arbeitslos sein


und verlieren ihre Existenzgrundlage, während die anderen noch mehr für weniger Geld und zu schlimmeren Bedingungen arbeiten müssen.
Zugleich wird die Planung unter kapitalistischen Vorzeichen weiter ausgebaut. So will der weltgrößte Autokonzern VW zu-sammen mit Amazon und Siemens eine “In- dustrial Cloud“ aufbauen, in der der gesam- te Konzern mit seinen 12 Marken und 122 Produktionsbetrieben in 32 Ländern sowie die 1.500 Zulieferer mit rund 30.000 Produktionsstätten vernetzt und zentral gesteuert werden. Das bedeutet weniger Arbeitsplätze, bessere Planung und höheren Profit. Das ist kapitalistische „Planwirtschaft“ zu Lasten der Menschen! Wieso soll dann mit den heutigen technischen Mitteln eine sozi- alistische Planwirtschaft unmöglich sein? Warum soll die Gesellschaft nicht im Inte-resse der Menschen und der Natur planen und sich entwickeln können?
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(CC BY-SA 4.0)

Rüstung und Krieg – Klimakiller Nr.1

Bei Aufrüstung und Krieg ist es noch schlimmer. Weltweit soll das Militär und die Rüstung für rund 24% des CO2-Ausstoßes verantwortlich sein. Schon für die tägliche Einsatzbereitschaft, Übungen und die Produktion fallen Unmengen Klimagase an. Dazu wird die Umwelt dramatisch geschädigt, wie beispielsweise der durch Raketenversuche verursachte Moorbrand im Naturschutzgebiet Tinner Dose-Sprakeler Heide (Emsland) im Herbst 2018 gezeigt hat.
 Im Krieg – und davon finden weltweit viele statt – werden nicht nur massenhaft Klimagase ausgestoßen, sondern Menschen und Umwelt zerstört – siehe Jemen, Afghanistan, Syrien, Ukraine, Libyen, Mali und so weiter. Für Macht und Einflussgebiete, Wirtschaftsinteressen und den Profit stampft das Kapital alles nieder. Und deutsche Waffen und Bundeswehr sind oft dabei.
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Spaltung

Und dann wird die Misere genutzt, um die Menschen gegeneinander zu hetzen. So wurden im Hambacher Forst Arbeiter und Angestellte im Braunkohletagebau gegen Umweltaktivisten aufgehetzt.
Das Erneuerbare Energien Gesetz bei- spielsweise wurde so gestaltet, dass Großverbraucher 2016 mit 4,7 Milliarden Euro entlastet wurden, während die kleinen Haushalte das mit steigenden Strompreisen finanzierten. Dieselben Politiker, die dieses Gesetz so hingedeichselt hatten, hetzten dann gegen erneuerbare Energien, weil diese alles „teurer“ mache.
 Rechte machen gegen FfF mobil, leugnen die Klimaänderungen, wollen Kohle- und Atomkraft sowie Autoverkehr wie bisher.
 Das Motto des Kapitals: Teile und herrsche!

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Alle gemeinsam gegen das Kapital!

Alle diese unterschiedlichen Bewegungen – für Umwelt- und Klimaschutz, für existenzsichernde Arbeitsplätze, für radikale Arbeitszeitverkürzung, für Frieden, gegen Aufrüstung und Krieggehören zumsammen. Sie alle richten sich gegen die kapitalistische Profitwirtschaft. Diese muss abgeschafft und durch eine Planwirtschaft im Interesse der arbeitenden Menschen, der Gesellschaft und der Natur ersetzt werden. Ein neuer Anlauf zum Sozialismus ist nötig!
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Dieser Artikel als Flugi zum Download
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Ebenfalls zum gleichen Thema:
Arbeiter rein in die Klimastreiks!

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Sep.12
on 12. September 2019
Veröffentlicht in: Nico Diener, Salvador Allende

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Nico Diener

¡El pueblo unido jamás será vencido! Teil 3

Hintergrundinformationen zum Verständnis der Bedeutung der chilenischen Revolution
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Nico Diener

Teil 3: Salvador Allende Gossens (1908-1973)

Salvador Allende wurde 1908 in Valparaíso geboren. Als Medizinstudent beteiligte er sich in den 1920er Jahren an Protesten gegen die Diktatur von Oberst Carlos Ibáñez del Campo, trat der Freimaurerei und der Sozialistischen Partei bei, deren Sekretär er 1933 wurde. 1937 wurde er ins Parlament gewählt, war von 1938-40 Gesundheitsminister der Links­regierung der Frente Popular.

Seit 1952 kandidierte er mehrmals für die Präsidentschaft und beteiligte sich ab 1969 an der Gründung der Unidad Popular als Bündnis der Sozialisten, Kommunisten und kleinerer Linksparteien.

Salvador Allende und der Dichter Pablo Neruda
während einer Wahlkundgebung in San Antonio 1970, Foto: Biblioteca del Congreso Nacional

In den Präsidentschaftswahlen 1970 besiegte Allende mit 36,7% der Stim­men die bürgerlichen Gegenkandidaten. Da kein Kandidat die absolute Mehrheit erreichte, lag die Wahl nun beim Parlament, wo Allende mit Hilfe der Christdemokraten gewählt wurde. Noch vor Amtsantritt überlebte er einen Mordanschlag, während der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General René Schneider, entführt und umgebracht wurde.

Durch Sabotageaktionen und Hunderte von Terroranschlägen auf Infra­strukturanlagen versuchte die Großbourgeoisie, das Land ins Chaos zu stürzen. Die Christdemokraten schlossen sich der rechten Opposition an. Diese zettelte 1972 und 1973 Streiks von Bankangestellten und Last­wagenfahrern an.

Nachdem die Unidad Popular in den Parlamentswahlen 1973 ihren Stimmenanteil auf 44% erhöhen konnte, gab die rechte Opposition ihre Hoffnung auf eine Abwahl der Unidad Popular auf und beschloss die gewaltsame Beseitigung der Regierung. Regierungstreue Militärs wurden zum Rücktritt gedrängt, darunter der Obebefehlshaber General Prats, an dessen Stelle sein Stellvertreter rückte: Augusto Pinochet, der künftige Chef der faschistischen Militärjunta.

Am 11. September 1973 putschte das Militär gegen die Regierung. Allende weigerte sich, das Land zu verlassen, und fand beim Sturm auf den Präsidentenpalast den Tod.

Salvador Allendes letzte Rede an das chilenische Volk am 11. September 1973, übertragen von Radio Magellan ab 11.00 Uhr aus dem Regierungspalast La Moneda

Präsident Salvador Allende, Foto: Biblioteca del Congreso Nacional

„Ich werde mit meinem Leben die Verteidigung von Prinzipien bezahlen, die diesem Land teuer sind. Es wird ein Mantel der Schande auf die fallen, die ihre Pflicht verletzt, ihr Wort gebrochen und die Doktrin der Streitkräfte zerstört haben. Das Volk muss wachsam sein, es darf sich nicht provozieren und auch nicht massakrieren lassen. Aber es muss seine Errungenschaften verteidigen. Es muss das Recht verteidigen, mit seinen Kräften ein menschenwürdigeres und besseres Leben aufzubauen. Ein Wort für die, die sich Demokraten nennen, den Aufstand schürten, für die, die sich Vertreter des Volkes nennen, die grob und schmutzig gehandelt haben, um diesen Schritt zu ermöglichen. Sie bringen Chile an den Rand des Abgrunds. Im Namen der heiligsten Interessen des Volkes, im Namen des Vaterlandes rufe ich euch dazu auf, Zutrauen zu haben. Die Geschichte wird nicht aufgehalten, weder mit der Repression noch mit dem Verbrechen. Dies ist eine Etappe. Sie wird überwunden. Dies ist ein Moment hart und schwer. Es ist möglich, dass sie uns zerschmettern, aber der Morgen wird des Volkes sein, der Arbeiter. Die Menschheit schreitet voran, um ein besseres Leben zu erringen. Landsleute, es ist möglich, dass dieser Abschied endgültig ist. In diesem Augenblick fliegen die Flugzeuge über uns, es ist möglich, dass sie uns niederschießen. Aber ihr sollt wissen, dass wir zumindest mit unserem Beispiel zeigen, dass es in diesem Land Menschen gibt, die ihre Aufgabe zu erfüllen wissen. Ich werde es tun mit dem Mandat des Volkes und mit dem bewussten Willen eines Präsidenten, der die Würde seines Amtes wahrt.

Mitbürger, dies wird höchstwahrscheinlich die letzte Gelegenheit sein, dass ich mich an Sie wenden kann. Die Luftwaffe hat die Sendetürme von Radio Portales und Radio Corporación bombardiert. Meine Worte enthalten keine Bitterkeit, jedoch Enttäuschung. Sie werden die moralische Strafe sein für diejenigen, die ihren Schwur gebrochen haben. Soldaten Chiles! Ernannte Oberbefehlshaber, Admiral Morino, der sich selbst ernannt hat, der Herr Mendoza, dieser niederträchtige General, der noch gestern der Regierung seine Treue und Ergebenheit bekundete, und sich heute zum Generaldirektor der Carabinieros ernannt hat! Angesichts dieser Tatsachen bleibt mir nichts anderes, als vor den Werktätigen zu bekräftigen:

Salvador Allende bei einer Rede: Foto: Biblioteca del Congreso Nacional

Ich werde nicht zurücktreten. In eine Periode historischen Übergangs gestellt, werde ich die Treue des Volkes mit meinem Leben entgelten. Und ich sage Ihnen, ich habe die Gewissheit, dass die Saat, die wir in das würdige Bewusstsein Tausender und Abertausender Chilenen gepflanzt haben, nicht herausgerissen werden kann. Sie haben die Gewalt, sie können uns unterjochen, aber die sozialen Prozesse kann man weder durch Verbrechen noch durch Gewalt aufhalten. Die Geschichte ist unser, sie wird von den Völkern geschrieben.

Werktätige meines Vaterlandes, ich danke Ihnen für die stets bekundete Treue, für das Vertrauen, das Sie in einen Mann gesetzt haben, der nur die Verkörperung der Sehnsucht nach Gerechtigkeit war, der sein Wort gab, Verfassung und Gesetz zu achten – und der das tat.

In diesem entscheidenden Moment, dem letzten in dem ich mich an Sie wenden kann, mögen Sie diese Lehre beherzigen: das Auslandskapital, der Imperialismus vereint mit der Reaktion, schufen das Klima, damit die Streitkräfte mit ihrer Tradition brachen, die sie General Schneider lehrte und die Comandante Araya bekräftigte. Sie wurden Opfer des gleichen sozialen Sektors, der heute darauf lauert, die Macht mit fremder Hilfe zurückzuerobern, um so seinen Besitz und seine Privilegien zu verteidigen. Ich wende mich vor allem an die einfache Frau unseres Landes, an die Bäuerin, die an uns glaubte, an die Arbeiterin, die noch mehr schuf, an die Mutter, die um unsere Sorge um die Kinder wusste, ich wende mich an die Vertreter der wissenschaftlich-technischen Intelligenz unseres Landes, an alle die Patrioten unter ihnen, die seit Tagen gegen die Verschwörung der Berufsverbände arbeiteten, jener Klassenverbände, die nur die Vorteile, die die kapitalistische Gesellschaft einigen wenigen einräumt, verteidigen.

Ich wende mich an die Jugend, an die, die sangen, die sich mit Fröhlichkeit und Kampfgeist einsetzten. Ich wende mich an die Männer Chiles, die Arbeiter, Bauern, Intellektuellen, an diejenigen, die verfolgt sein werden, denn in unserem Lande wütet der Faschismus schon seit vielen Stunden mit vielen Terroranschlägen, sprengt Brücken, blockiert Eisenbahnlinien und zerstört Öl- und Gasleitungen. Demgegenüber steht das Schweigen derjenigen, die die Verpflichtung gehabt hätten, dagegen vorzugehen. Die Geschichte wird sie richten. Sicherlich wird Radio Magallanes zum Schweigen gebracht, und der ruhige Klang meiner Stimme wird nicht zu Ihnen gelangen. Das macht nichts. Sie werden mich weiter hören. Ich werde immer unter Ihnen sein, zumindest die Erinnerung an mich, an einen würdigen Menschen, der der Sache des werktätigen Volkes die Treue hielt.

Das Volk soll sich verteidigen, aber es soll sich nicht opfern. Das Volk darf sich nicht unterjochen und quälen lassen, aber es kann sich auch nicht erniedrigen lassen.

Werktätige meines Vaterlandes, ich glaube an Chile und seine Zukunft. Andere nach mir werden auch diese bitteren und dunklen Augenblicke überwinden, in denen der Verrat versucht, sich durchzusetzen. Sie sollen wissen, dass eher früher als später wahre Menschen auf breiten Strassen marschieren werden, um eine bessere Gesellschaft aufzubauen.
Es lebe Chile! Es leben die Werktätigen! Es lebe das Volk! Das sind meine letzten Worte. Ich habe die Gewissheit, dass mein Opfer nicht umsonst sein wird. Ich habe die Gewissheit, dass es zumindest eine moralische Lektion sein wird, die die Feigheit und den Verrat strafen wird.“
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>>> zum 1. Teil, Die Unidad Popular de Chile (1970-1973)
>>> zum 2. Teil, 11. September 1973: Faschistischer Putsch in Chile
>>> zum 4. Teil, Víctor Jara
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Weitere Beiträge von Nico Diener
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1 Kommentar
Sep.11
on 11. September 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Arbeit Zukunft, Hosteni, Salvador Allende

 

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Hosteni

¡El pueblo unido jamás será vencido! Teil 2

Hintergrundinformationen zum Verständnis der Bedeutung der chilenischen Revolution
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Hosteni

11. September 1973: Faschistischer Putsch in Chile

Die Bourgeoise hat noch in keinem Lande tatenlos zugesehen, wenn ihre Machtpositionen angegriffen wurden. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erscheint am 21. September 1973 die Anzeige: „Chile – jetzt investieren!“ Der Chile-Repräsentant der Dresdner Bank, erklärt am 28. September 1973 bei einem Aufenthalt in Mannheim, dass die Machtübernahme durch das Militär „bereits seit langer Zeit erhofft worden“ sei. Die „Neue Westfälische Zeitung“, Bielefeld bringt die Schlagzeile: „Putsch in Chile ist für Banken positiv – in Südamerika kann wieder investiert werden“ und die „Welt“ schrieb am 29/30.9. 1973: „Jetzt geht es wieder aufwärts.“ Und F. J. Strauss: Ich habe keinen Zweifel, daß Chile ein demokratisches und freies Land ist und vor allem, weil es in den vergangenen vier Jahren fundamentale Prinzipien der deutschen Demokratie übernommen hat: Die Disziplin, den Respekt und die Hilfsbereitschaft. (El Mercurio, 20.11.1979)

Die Parteien des westdeutschen Monopolkapitals stellten sich voll hinter den faschistischen Putschisten. F. J. Strauß: „Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang“ („Bayern-Kurier“, 22.9.73) CDU-Generalsekretär Bruno Heck, zurückgekehrt nach seiner `solidarischen` Reise aus Chile: „Soweit wir Einblick bekommen haben, bemüht sich die Militärregierung in optimalem Umfang um die Gefangenen. Die Verhafteten, die wir … sprachen, haben sich nicht beklagt.“ Über die verzweifelte Lage der im Nationalstadion von Santiago gefangenen und viehisch gepeinigten Patrioten äußert er sich gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ (18.10.73) zynisch: „Das Leben im Stadion ist bei sonnigem Wetter recht angenehm.“

Franz Josef Strauß (l.), damals CDU-Vorsitzender, und General Augusto Pinochet 1977 in Vina del Mar in Chile

Am 11. September 1973 beendeten die militärfaschistischen Putschisten Chiles um Pinochet den chilenischen „friedlichen, verfassungstreuen Weg zum Sozialismus“ mit Waffengewalt. Insgesamt 30.000 Menschen wurden durch die Faschisten ermordet. 150.000 in die Gefängnisse und Konzentrationslager geworfen.

General Pinochet gab seine Vorstellungen über die Demokratie zu Protokoll: „Die Demokratie trägt den Samen ihrer eigenen Zerstörung in sich. Man sagt, Demokratie muss hin und wieder in Blut gebadet werden, damit sie wirklich eine Demokratie sein kann“ („Operacion Silencio“, Verlag der Nation, Berlin 1974). Die Bourgeoise hat noch in keinem Lande tatenlos zugesehen, wenn ihre Machtpositionen angegriffen wurden. So auch in Chile.


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Der Weg der Unidad Popular


Um der wirtschaftlichen Ausplünderung Chiles und der Not von Millionen Menschen ein Ende zu machen, hatten sich sechs Parteien zu einem Bündnis zusammengefunden, zur Unidad Popular. Am 17.12.1969 unterzeichneten ihr Programm die „Kommunistische Partei“, die „Sozialistische Partei“, die „Radikale Partei“, die „Bewegung der Einheitlichen Volksunion“ (MAPU), die „Unabhängige Volksaktion“ (API) und die „Sozialdemokratische Partei“. 1971 schloss sich die „Christliche Linke“ (IC) an.
Mit ihrem Programm ging die UP 1970 in den Wahlkampf mit Dr. Salvador Allende Gosses als ihrem Kandidaten. Sie errang den Wahlsieg. Die Kräfte der Unidad Popular hatten auf legale Weise den wichtigsten der wählbaren Teile des politischen Machtmechanismus in ihre Hände bekommen. Die Machtfrage als Ganzes im Sinne der Errichtung einer revolutionär- demokratischen Diktatur der Arbeiter und Bauern war damit aber nicht entschieden.
 Die Regierung des Demokraten und Antiimperialisten Salvador Allende übernahm 1970 ein Land das zerrüttet war. Chile gehörte zu den vom USA-Monopolkapital stark abhängigen Staaten. 4 Milliarden Dollar Auslandsschulden, 300.000 Arbeitslose und über 500.000 Obdachlose übernahm Dr. S. Allende von der Regierung Frei.
Von Anfang an verwirklichte die Unidad Popular weitreichende radikale antiimperialistisch- demokratische Maßnahmen: Im wirtschaftlichen Bereich wurde ein Teil der Großbetriebe des Auslandskapitals und der chilenischen Oligarchie (91 Industriebetriebe) verstaatlicht (Kupfer-, Salpeter- und Eisenerzgewinnung, ITT, chilenische Elektrizitätsgesellschaft).


hier geht es weiter »

Es wurde ein staatlicher Sektor geschaffen (210 Betriebe). Von 26 Privatbanken wurden 18 nationalisiert und 2 weitere unter Staatskontrolle gestellt. 1972 standen 90 Prozent des Exports und 60 Prozent des Imports unter staatlicher Kontrolle. In der Landwirtschaft wurde eine Agrarreform in Angriff genommen. In den Jahren 1971 und 1972 wurden 3570 Latifundien mit 5,5 Mill. ha Land enteignet. Die Mindestlöhne wurden um 35% erhöht. Mieten eingefroren, Familienzuschläge erhöht, alle Kinder unter 12 Jahren bekamen täglich einen halben Liter Milch gratis usw. Jedoch verblieben etwa die Hälfte der Großbetriebe und die 10 wichtigsten Großhandelsgesellschaften in der Hand der Großbourgeoisie. 70 Prozent der Massenmedien blieben in der Hand der Reaktion. Im Zuge der Agrarreform wurden zwar der Latifundismus zerschlagen, aber es fand keine direkte Bodenverteilung und Übergabe der Maschinen an die Bauern statt. Die absolute Mehrheit der zahlenmäßig starken städtischen Mittelschichten (etwa 20% Bevölkerungsanteil) wurde kaum von der UP erreicht. Gerade hier gelang es der Reaktion (kleine und mittlere Unternehmer, Einzelhändler, Teile der Intelligenz), große Teile durch politische Demagogie, Drohungen und enorme Korruption auf ihre Seite zu ziehen. Eine nicht unwesentliche Rolle spielten die 735.000 Angestellten. Ein Großteil der Angestellten stand unter christdemokratischem Einfluss.
Während der Wahlen im September 1970 errang die Unidad Popular 36% der Stimmen. Im Frühjahr 1973 gewann sie bereits 44%. Für die Führer der faschistischen Bewegung „Patria y Libertad“ war das das Signal zum bewaffneten Putsch. P. Rodriguet, rief nach den Wahlen im März 1973 dazu auf: „Allende muss heute gestürzt werden und nicht morgen. Wenn 1976 Präsidentenwahlen stattfinden, dann wird die Unidad Popular 80% der Stimmen erhalten“. Die Nacht der blutigen Diktatur und des grenzenlosen Terrors fiel nicht von ungefähr über Chile herein. Der 11. September war nicht der plötzliche Schurkenstreich einiger Generale. Er war von langer Hand vorbereitet. Das Verbrechen wurde in den Büros der amerikanischen Konzerne ITT und Kennecott, in der Zentrale des CIA und in den Geschäftsräumen der chilenischen Monopolbourgeoisie und ihrer Parteien ebenso heimtückisch geplant wie in den Stabsquartieren der verräterischen Militärs.
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Die große Verschwörung des Dollar-Imperialismus


Das hauptsächliche Interesse an der Ausbeutung der Schätze Chiles, an der Fortdauer der wirtschaftlichen Abhängigkeit, des Elends der Chilenen, hatten die führenden Monopole und großen multinationalen Konzerne. Allein rund 110 US-Unternehmen hatten in der Andenrepublik 1970 etwa 1,5 Milliarden Dollar investiert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten aber auch 65 BRD-Unternehmen fast eine Milliarde DM Kapital in die chilenische Wirtschaft investiert. An der Ausbeutung des chilenischen Volkes beteiligten sich auch Großunternehmen aus Großbritannien, den Niederlanden, Italien, Japan und der Schweiz. Jeder Dollar, jede Mark, jedes Pfund, das in Chile vom internationalen Großkapital investiert wurde, brachte märchenhafte Gewinne. Ausländische Monopole erzielten von 1956 bis 1965 durch sechs Milliarden Direktinvestitionen in Chile Gewinne von rund 8,1 Milliarden Dollar – einen Profit von 135%. Salvador Allende: „Für jeden Dollar, den wir erhielten, haben wir 4 Dollar zurückzahlen müssen.“ („Deutsche Volkszeitung“, 15.4.71)

Siebenseitiger Brief der chilenischen Tochtergesellschaft an die Farbwerke
Hoechst AG:
„Der so lang erwartete Eingriff der Militärs hat endlich stattgefunden … Säuberungsaktion ist immer noch im Gange… Wir sind der Ansicht, daß das Vorgehen der Militärs und der Polizei nicht intelligenter geplant und koordiniert werden konnte, und daß es sich um eine Aktion handelte, die bis ins letzte Detail vorbereitet war und glänzend ausgeführt wurde… Chile wird in Zukunft ein für Hoechster Produkte zunehmend interessanter Markt sein… Die Regierung Allende hat das Ende gefunden, das sie verdient…“.

Die ausländischen Unternehmen konnten den größten Teil des Profits aus Chile transferieren. Der ITT-Konzern hatte dem Land sogar einen Vertrag aufgezwungen, der es ihm erlaubte, seinen Gewinn in Form von Gold aus dem Andenland herauszuholen.
Die ausländischen Konzerne sahen ihre Profite durch die sozialen Reformen und gesellschaftlichen Umwälzungen gefährdet, die von der Unidad Popular eingeleitet wurden. Ihnen passten weder die Lohnerhöhungen noch die Arbeitsrechte auf Mitbestimmung und erst recht nicht die Maßnahmen zur Nationalisierung des räuberischen Auslandskapitals. Deshalb zählten sie zu den Interessenten und Drahtziehern des blutigen Putsches.

Die CIA und ihr Plan „Centaur“
Neun Jahre lang führte die Central Intelligence Agency (CIA), das Zentrale Nachrichtenamt der USA für geheimdienstliche und Spionagetätigkeit, einen unterirdischen Krieg im Andenland: zunächst, um die Mehrheit der UP zu verhindern; später, um Salvadors Allendes Wahl zum Präsidenten zu vereiteln; schließlich, um den Sturz der UP-Regierung herbeizuführen und den faschistischen Ausrottungsfeldzug der Militärjunta gegen die patriotischen Kräfte des chilenischen Volkes zu ermöglichen.
 Während des Wahlkampfes 1970 intensivierten US-Monopole, CIA und Nixon- Administration ihre Umtriebe in Chile. Ziel: Verhinderung der Wahl Allendes. 400 CIA- Agenten wurden eingeschleust. Im Zusammenspiel mit ITT entfachte die CIA eine wütende antikommunistische Hetzkampagne in 40 Radiostationen und zahlreichen reaktionären Zeitungen Chiles. Massive Drohungen wurden verbreitet: Im Falle der Wahl Allendes werde das Land keine Kredite, keine technische Hilfe aus den USA erhalten.
Allende gewann am 4. September 1970. CIA-Spezialist Broe erklärte, er habe daraufhin „den 29. September 1970 für den Beginn eines Aktionsplans zur Schaffung eines Wirtschaftschaos in Chile vorgeschlagen“. Die CIA war im besonderen darauf aus, „alle wichtigsten politischen Parteien zu unterwandern, die regierungsfeindlichen Demonstrationen und Gruppierungen zu unterstützen und die oppositionelle Presse zu finanzieren“ („Washington Post“, 20.10.73). Mehrere Attentate, inspiriert durch den CIA, wurden auf Allende verübt. (15.3.71, 11.9.72) Hunderte weitere Attentate wurden von gedungenen CIA-Agenten verübt, um das Land in Bürgerkriegsstimmung zu versetzen. Zur Verwirklichung der US-Strategie, in Chile Bedingungen eines Militärputsches zu schaffen, waren auch Experten des Pentagon, des State Departements sowie speziell die US-Botschaft in Santiago tätig. Nixon im April 71: „Wir dulden diese Art von Regierung des Marxisten Allende nicht“. Kurz darauf liefen die Aktionen des imperialistischen Wirtschaftskrieges gegen Chile an. Die USA sperrten die Kredite. Die materielle Grundlage für den Putsch war die wirtschaftliche Austrocknung Chiles. Über bürgerliche Gerichte in aller Welt ließen die US-Imperialisten die chilenischen Kupferexporte in den Bestimmungshäfen beschlagnahmen (damit Chile die Frachtkosten bezahlen muss) und sie hielten die Kupferpreise trotz mangelnden Angebots am Weltmarkt durch Manipulationen besonders niedrig. Damit wurde Chile einer seiner wichtigsten Einnahmequellen beraubt.
Während die Regierung Allende sich Tag für Tag damit befasste, das düstere Erbe zu überwinden und soziale Probleme zu lösen, konzentrierte sich die einheimische Reaktion ausschließlich auf Sabotage der Regierungstätigkeit, um ein Wirtschaftschaos zu organisieren. – Im Parlament lähmten die Rechten von vornherein systematisch alle Gesetzesinitiativen der Regierung.
- Besitzer von Kaufhäusern und Geschäftsinhaber ließen dringend benötigte Waren in Lagern verschwinden oder organisierten den Schwarzen Markt.
- Die chilenische Oligarchie verschob von 1971 bis 1973 durch Devisenübertragungen mindestens 680 Millionen Dollar ins Ausland.
- Die chilenische Reaktion organisierte „Hungerdemonstrationen“, „an der nur `Damen` aus der vornehmen Gesellschaft teilnehmen.
- Verbrecherische „Streiks“ von Ärzten wurden veranstaltet.
- Vieh wird massenweise geschlachtet und verschoben: „Besitzer … landwirtschaftlicher Betriebe schlachteten ihr Vieh ab, verkauften es ins Ausland und ließen die Felder brach liegen.“ („Stern“, 20.9.73)
 – „Streikgelder“ aus dem Ausland: „Der Streik der 40.000 privaten Fuhrunternehmer ebnete den Militärs den Weg zum Putsch. Die Versorgung des Andenstaates, der sich über 4300 Kilometer erstreckt, drohte durch den 47-tägigen Ausstand zusammenzubrechen. Streikführer war ein von nordamerikanischen Fernfahrern gedrillter Chilene. Er sorgte dafür, dass den Streikenden das Geld nicht ausging. Die Fahrer erhielten vierfachen Lohn, die `Spenden` kamen in harter Währung – in Dollars“ („Stern“, 20.9.73).

Heinrich Gewandt (CDU), Bundestagsabgeordneter, Experte für Probleme der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern. Nach dem Putsch versichert er sofort der Militärjunta, daß Chile für das BRD-Kapital nun wieder kreditwürdig werde.

Aber Hilfestellung erhielt die einheimische Reaktion und ihre Drahtzieher in den USA auch aus der BRD. Schon im April 1970 wurde die Entwicklungshilfe „eingefroren“. Der Handel wurde gedrosselt.
Die Rolle des Klerus
1970 kam die Regierung Allende mit christdemokratischer Unterstützung zustande, vor den Konsequenzen des eingeleiteten Prozesses von Reformen wich die Christdemokratische Partei (PDC) jedoch zurück, wanderte immer weiter nach rechts und half mit, den Sturz der UP- Regierung vorzubereiten. Sie unterstützte die Junta in der Annahme, von dieser die Macht zurückzuerhalten. Das war zwar vorerst eine Fehlspekulation, für die Zukunft jedoch eine Möglichkeit. Andererseits wurde der reaktionäre politische Klerikalismus massiv belebt. Beispielsweise hetzte Pater Hasbun 3 Jahre lang über den TV Kanal 13 gegen die Allende- Regierung und rechtfertigte die Konterrevolution. Solche Kleriker gibt es überall in Lateinamerika, und in jedem Land können sie sich auf ein ganzes System klerikaler Einrichtungen, Institute, Vereinigungen, Universitäten und Priesterschulen, stützten, die in den 50er und 60er Jahren vom politischen Katholizismus der USA, der BRD usw. im Interesse der Großbourgeoisie errichtet wurden.
Das Militär Chiles
Den Streitkräften wurde lange Zeit eine „traditionell unpolitische Haltung“ zugeschrieben. L. Corvalan, Chef der KP-Chile Revisionisten, die das Volk in all den Jahren der UP von den Waffen fernhielt und Illusionen über den bürgerlichen Staat verbreiteten, über die Armee Chiles: „Das Volk zweifelt nicht am Patriotismus und an der Verfassungstreue der Armee. Das Volk wird ihrem Marschtritt durch unsere Straßen weiter zujubeln, morgen genauso wie heute“.
Freilich die Tatsachen waren andere: Wann immer in der Geschichte Chiles Arbeiter oder Bauern darangingen, ihren Vorstellungen von einer vernünftigen Ordnung einen Schritt näher zu kommen, stießen sie auf die brutale Gewalt der Ausbeuterklasse. Träger dieser Gewalt aber war stets die Armee. Im Jahre 1903, als die Hafenarbeiter von Valparaiso ihren ersten großen Streik durchführten, fielen 30 Menschen unter ihren Salven; 1905 wurden bei Streikkämpfen in Santiago 200 Personen ermordet; 1906 wurden Massaker gegen Arbeiter auf dem Colon-Platz in Antofagasta verübt; 1907 mähten die Militärs auf dem zentralen Platz in Iquique mehr als 2000 wehrlose Menschen mit Maschinengewehren nieder; 1925 waren es 3000 Chilenen, die in Coruna ermordet wurden; 1948 wurde Militär gegen einen Bergarbeiterstreik in Lota eingesetzt; 1957 schlugen Truppen Massenstreiks und Demonstrationen von Arbeitern, Angestellten und Studenten blutig nieder; 1967 wurde ein Streik der Kupferarbeiter blutig zerschlagen. Von einer demokratischen Armee, die die Verfassung achtet und sich nicht gegen eine gewählte Regierung wenden würde, wie die Revisionisten schwärmten, davon konnte beileibe nicht die Rede sein.

Pinochet: „(…) Demokratie muss hin und wieder in Blut gebadet werden, damit sie wirklich eine Demokratie sein kann“.

Die Führungskader der chilenischen Streitkräfte wurden zu 68 Prozent an USA- Einrichtungen ausgebildet. 24.000 Angehörige des Carabinerie-Korps erhielten durch US-Instrukteure eine Spezialausbildung. General Pinochet selbst hatte sich 1965, 1968 und 1972 in der Panamakanalzone bzw. an einer Militärakademie in den USA aufgehalten und war außerdem jahrelang Militärattache in Washington. Die Mehrzahl der Generale und höheren Offiziere der chilenischen Armee kommt aus der besitzenden Klasse. Sie ist der Oligarchie, den Interessen des Kapitals und des Großgrundbesitzes eng verbunden.

„In den fünfziger Jahren entstand im Pentagon eine vom Außenministerium unterstützte Doktrin, die im wesentlichen folgendes besagte: bilde die Offiziere eines Landes aus, gib seinen Militärs Waffen, und dieses Land wird Eigentum der Vereinigten Staaten werden.“ (L.Dupree: „Democracy and the Military Base of Power“, Middle East Journal, XXII, 1968) Ihre Ausbildung erfuhren die reaktionären chilenischen Militärs jedoch nicht nur in den USA. Die chilenische Armeeführung ließ ihre Offiziere auch deutschen Militärakademien anvertrauen („Nordeutscher Rundfunk“,13.7.71).

Der ROTE MORGEN – KPD/ML-Zeitung – berichtet am 26.6.1976 ausführlich über die Ausbildung für Faschisten aus Chile in der Bundeswehr. Diese Ausbildung sei Bestandteil der „brüderlichen Hilfe“ des westdeutschen Imperialismus für das chilenische faschistische Regime. Angehörige der Kampftruppenschule Hammelburg oder der von Wetzlar „berichteten von Folterlehrgängen im Rahmen ihrer Ausbildung. Spezialeinheiten der Bundeswehr wurden dabei u.a. darin unterrichtet, Gefangene zum Reden zu bringen, indem sie ihnen mit einem Handtuch die Luft immer mehr abdrosseln, bis sie kurz vor dem Ersticken sind usw.“ (RM, 26/76)

Die chilenischen Armeeangehörige durften sich in der BRD wie zu Hause fühlen.


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Zur verhängnisvollen Rolle der modernen Revisionisten

Im Staatsapparat und in der öffentlichen Verwaltung „saßen bis zu drei Viertel Gegner der Unidad Popular. Sie leisteten entsprechenden Widerstand gegen alle Maßnahmen der Regierung“. („Ist Chile bei uns möglich?“, Frankfurt/Main 1973) Die Rechtskräfte stützten sich neben ihren parlamentarischen Positionen vor allem auf die Justiz.

Im Gesamtsystem der vom Rechtsblock betriebenen „Strategie der institutionellen Konfrontation“ hatten die Vertreter der Reaktion in der Justiz besonders zu garantieren, dass alle „Spielarten konterrevolutionärer Aktion … voll abgeschirmt“ wurden. („Kritische Justiz“, Ff/M, 3/73). Zum ABC des Marxismus-Leninismus gehört bekanntlich, dass „die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzten“ kann („Manifest“). Die Aufgabe der proletarischen Revolution ist es, „nicht mehr wie bisher die bürokratisch-militärische Maschinerie aus einer Hand in die andere zu übertragen, sondern sie zu zerbrechen, und dies ist die Vorbedingung jeder wirklichen Volksrevolution“, sagte Marx in einem seiner Briefe an Kugelman vom Jahre 1871. Und zu den Grundfragen der Revolution zählt die Frage der Macht.
Diese wird gebraucht, um den Widerstand der Gutsbesitzer und Kapitalisten zu brechen; den Aufbau im Geiste des Zusammenschlusses aller Werktätigen um das Proletariat zu organisieren und die Revolution zu bewaffnen, eine neue Armee der Revolution zu schaffen, die zum Kampf gegen die äußeren und inneren Feinde da ist.
Eine Revolution, die sich nicht (militärisch) zu verteidigen versteht, ist nichts wert.

Auf ihrem IX. Parteitag 1961 beschloss die „K“ P Chiles einen „nichtkapitalistischen Weg“ einzuschlagen. Analog zu den revisionistischen Thesen Chruschtschows, die auf dem XX. Parteitag 1956 erstmals vorgetragen wurden, setzte die chilenische Partei ihre „friedliche, parlamentarische Entwicklung zum Sozialismus“ um. Seit 1970 wurde Chile als Musterbeispiel eines „friedlichen Weges“ propagiert. Noch im Juni 1973, keine drei Monate vor dem blutigen Putsch, feierten die Revisionisten die reaktionären Streitkräfte: „… die bewaffneten Kräfte Chiles sind das Volk in Uniform, sind Patrioten und respektieren die Verfassung, sie sind es, denen es gelingen wird, diejenigen zu zerbrechen und zu zerschlagen, die einen Staatsstreich versuchen werden.“
Einzig die revolutionären Kommunisten brachten den Willen der Massen zum Ausdruck, als sie forderten: Das Volk in Waffen!

Doch die Revisionisten sabotierten die Kampfbereitschaft großer Teile der Bevölkerung, indem sie kurz vor dem Putsch ein Gesetz zur Waffenbeschränkung unterstützten, das dem Volk verbot, Waffen zu tragen.
Luis Corvalan, Generalsekretär des ZK der Revisionisten, hetzte lieber gegen diejenigen die die Gefahr voraussahen: „Die These für bewaffneten Kampf und die verantwortungslosen Aufrufe zur Gewalt müssen ein für allemal ein Ende nehmen. Wenn sie nicht aufhören, müssen sie als volksfeindliche Handlungen definiert und mit Gewalt unterdrückt werden.“ Wohlgemerkt, diejenigen die für eine Volksbewaffnung waren sollten nach Meinung der Revisionisten „mit Gewalt unterdrückt werden“.

Und: „Die Einheit aller Kräfte der Volksunion setzt die Niederringung ultralinker Positionen als Hauptaufgabe voraus.

„
Wäre das chilenische Volk 1973 bewaffnet und auf den Kampf vorbereitet gewesen – die Lage hätte anders ausgesehen.
 Am 11. September fehlten dem Volk aber nicht nur die Waffen, ihnen fehlte auch die starke, revolutionäre Organisation, die den Kampf hätte leiten können. Das allein aus dem Grund, weil die modernen Revisionisten das Volk ideologisch, politisch und militärisch entwaffnet hatten und es in dieser Position der Schwäche auslieferten. So musste es eine schwere Niederlage erleiden.
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Djakarta – Ankündigung blutigen Massenmords

Immer häufiger tauchten 1973 Losungen der Reaktion auf, die ein zweites „Djakarta“ forderten. Gemeint war damit der Putsch des Militärs in Indonesien 1965, wobei Hunderttausende Kommunisten ermordet wurden.

In der Selbstkritik des Politbüros des ZK der Kommunistischen Partei Indonesiens heißt es dazu: „Damals, am 30. September 1965, gelang es den amerikanischen Imperialisten und ihren Lakaien innerhalb weniger Wochen Hunderttausende vom Mitgliedern der KP Indonesiens, von Patrioten und Revolutionären zu ermorden. Der Schlag konnte gelingen, weil die Partei in dieser Zeit der Linie der modernen Revisionisten folgte, weil die Partei und das Volk unbewaffnet und ungerüstet dem weißen Terror der Konterrevolution gegenüberstand. Gerade damals predigten die Chruschtschow-Revisionisten, dass die amerikanischen Imperialisten „vernünftig“ geworden seien und propagierten überall die Theorie des „friedlichen Übergangs zum Sozialismus“, den Verzicht auf die gewaltsame Revolution. Das war nicht nur vollständiger Verrat am Marxismus-Leninismus, sondern wie die Ereignisse vom 30. September 1965 zeigten, auch eine verbrecherische und gefährliche Politik, die die Völker entwaffnet und sie dem konterrevolutionären Terror ausliefert.“ („Roter Morgen“, 24/75).

Im Gegensatz zur KP Chiles zogen viele Arbeiter die richtigen Konsequenzen. So veröffentlichte die Wochenzeitung „Chile Hoy“ am 6. Juli 1973 ein Gespräch mit Arbeitern eines Betriebes im Industriegürtel O`Higgins: „Ich glaube, dass es keine Revolution ohne bewaffneten Kampf gegeben hat. Man muss zu den Waffen greifen, sieh mal: China, Russland, Kuba …. Sollen wir eine Revolution mit Stöckchen machen in einer Zeit, wo der Mensch auf dem Mond gelandet ist? Wir sind doch nicht naiv!

Chile Hoy: Und warum, meint ihr, hat es bewaffneten Kampf gegeben?
Antwort: Weil die antagonistischen Klassen kämpfen müssen. Weil die Reichen sich das nicht wegnehmen lassen wollen, was sie dem Volk gestohlen haben. Sie haben mit aller Gewalt ihre Privilegien verteidigt und werden das auch weiterhin tun, solange die Welt so bleibt. Sowohl hier in Chile wie in Vietnam: Wir alle müssen kämpfen, Genossen! Ich glaube, ein Bürgerkrieg ist unvermeidlich, und für den Fall muss man das Volk rüsten.“ („Zitiert nach: „Konterrevolution in Chile, Analysen und Dokumente zum Terror“, Hrsg. „Komitee „Solidarität mit Chile“, rororo-aktuell 1717, 1973).


Eine Klarheit, die nichts zu wünschen übrig ließ. Die Revisionisten verbreiteten weiter Illusionen. Gerade jetzt, nach der erneuten Wiederwahl Allendes, die auch eine große Willensbekundung der Werktätigen gegen die Reaktion war, musste der Übergang zu revolutionären Massenaktionen vorbereitet werden, musste das Volk bewaffnet werden. Doch die Unidad Popular blieb den Putschisten vollkommen wehrlos ausgeliefert. Auf die Frage des „Spiegel“, ob die Regierung Allende nicht Waffen an das Volk hätte verteilen sollen, antwortete die Witwe Allendes: „Wir hätten keine Waffen an das Volk verteilen können, weil das verfassungswidrig gewesen wäre. Und die Regierung Allende hatte ja gelobt, die Verfassung zu respektieren.“ Wie man sieht: Ein tödliches Gelöbnis an einen Gegner, der selbst die Verfassung nicht einhält.

Doch es gab ihn, den Widerstand. In vielen Teilen des Landes setzten sich Partisanengruppen bewaffnet gegen die Junta zur Wehr. Die Bergarbeiter streikten. In Santiago demonstrierten Schüler und Studenten. Immer wieder wurden
Militärpatrouillen überfallen, Soldaten des Regimes getötet. In Arena sprengten Partisanen das Munitionsdepot in die Luft. Viele Arbeiter, auch die Anhänger der Christdemokraten, der MAPU, der Sozialistischen Partei und der „K“ P Chiles kämpften gemeinsam. Sie verrieten nicht ihre Klasse, sondern deren Feinde in den Parteispitzen.

Zur Rolle der Revisionisten im Ausland
Nach dem militärfaschistischen Putsch in Chile entstand weltweit eine breite Kampagne der Solidarität mit dem chilenischen Volk. Diese Kampagne, die aus den antiimperialistischen und internationalistischen Gefühlen der Massen entspringt, diente dem Kampf des chilenischen Volkes. Anders die Kampagnen der Revisionisten. Ihre Kampagnen waren defaitistisch. Das Volk war hauptsächlich das Opfer. Es verging kein Tag an dem nicht die „UZ“ und das „Neue Deutschland“ die Knechtung Chiles bejammerten. Sie stellen das Land als ein Totenhaus dar, in dem die Junta jeden Widerstand bricht. Keine Erwähnung fand dagegen der bewaffnete Widerstand. Sie stellten die Junta als etwas schicksalhaftes hin, gegen das man nur protestieren oder Solidaritätsversammlungen abhalten kann.

Diese Berichterstattung entsprach der revisionistischen Theorie vom friedlichen Übergang zum Sozialismus, die revolutionäre bewaffnete Aktionen gegen den Klassenfeind ausschließt. Die Chilenen im Ausland wurden benutzt, um „Solidaritätsbewegungen“ zu organisieren, deren Hauptinhalt darin bestand, ihre wirkliche Verantwortung bei den Geschehnissen zu vertuschen.
 Die Tragödie Chiles war der völlige Bankrott der revisionistischen Thesen über den „friedlichen Übergang“ zum Sozialismus. Aber die Revisionisten beharrten weiter darauf. Auf dem XXV. Parteitag der KPdSU erklärt Breschnew: „Chiles Tragödie hat die These der Kommunisten von der Möglichkeit verschiedener Wege der Revolution, darunter auch eines friedlichen, keineswegs aufgehoben.“

Die Rivalität der Supermächte um Einflussgebiete
Die Ereignisse in Chile müssen aber auch im Gesamtrahmen der amerikanisch-sowjetischen Rivalität gesehen werden. Auch die Sowjetunion hatte bei den Ereignissen ihre Hände im Spiel gehabt. Die Sowjetunion begann, ihre Schachfiguren verstärkt in Lateinamerika einzusetzen, wobei Kuba benutzt wurde.
Aber Kuba war isoliert. Chile war vorzüglich geeignet, um in die Länder des Andenpaktes einzudringen, die der wirtschaftlichen Beherrschung durch die USA Widerstand entgegenzusetzen begannen. Die Sowjets sind zunächst sehr behutsam vorgegangen, später viel rascher. Ihre Unterstützung für Allende war von sowjetischen Interessen diktiert, nicht von der gerechten antiimperialistischen Sache des chilenischen Volkes. Ziel ihrer falschen Hilfe für das chilenische Volk war es, das Land in eine Einflusssphäre zu verwandeln in oder in einen Gegenstand des Schachers mit der anderen Supermacht. Nach außen hin sprachen sie vollmundig von „Solidarität“. Aber chilenisches Kupfer war nicht nur in den USA, sondern auch in der Sowjetunion und der DDR heiß begehrt. Und wenn diese Geschäfte nicht offen, sondern über Tarnfirmen abgewickelt wurden, so kamen sie doch ans Tageslicht. Die DDR importierte aus Chile, trotzt der vielen Solidaritätsbekundungen, immer wieder Kupfer. So z.B. Ende 1975 über 500 Tonnen Kupfer. Das Kupfer wurde von der Autofagasta Copper Corp. mit dem equadorischen Schiff Isa Puna aus Chile nach Hamburg gebracht und von dort weiter nach Rostock. Das Kupfer wurde am 7. November 1975 geladen und am 9. Dezember auf den ostdeutschen Frachter „Tangerland“ zum Weitertransport nach Rostock umgeladen. („Roter Morgen“, 26/76) Die DDR selber intensivierte ihren Handel mit dem faschistischen Chile. Nachzulesen übrigens in den „Statistischen Jahrbüchern der DDR“ nach 1973. Erwähnenswert ist diese Tatsache darum, weil sich Herr Honecker immer wieder „als großer Freund Chiles“ feiern ließ und viel von „Solidarität“ schwätzte. Eine Legende, die sich bis heute hält.

(Klick um zu vergrößern)

Noch perverser waren die Sowjets, die selbst Waffengeschäfte mit der Pinochet-Junta tätigten, die über die Tarnfirma „Omnipol“ abgewickelt wurden. Eine Steigerung dieser Skrupellosigkeit lieferten nur noch die Maoisten Pekings.
 Ihren florierenden Waffenhandel mit der Pinochet-Junta propagierten sie unter der „Drei- Weltentheorie“ Mao Tse-tungs. Danach ist auch Chile als 3.Welt-Land „fortschrittlich“.
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Ein zeitweiliger Sieg des Imperialismus


Am 12. September 1973 bezeichnete ein hoher Beamter der Regierung Nixon den faschistischen Militärputsch in Chile „als einen erfolgreichen Abschluss unserer Politik“. (AFP,18.9.73) Und Reuter am 13.9.73: „Nixon war 48 Stunden vor dem Staatstreich in Chile informiert.“
Die chilenische Reaktion und die amerikanischen Monopole nahmen Rache an Präsident Allende für dessen fortschrittliche und antiimperialistische Politik. Seine Tragik war: Er starb mit der Waffe in der Hand während des Sturmes der Putschisten auf die Moneda. Er verteidigte bis zum Schluss die Demokratie mit dem Gewehr, das er den Massen vorher nicht geben wollte. Seine letzten Worte waren eindringlich und ehren den Antiimperialisten Allende: „Ich werde diese chilenische Revolution verteidigen, und ich werde die Volksregierung verteidigen, weil es das Mandat ist, das mir das Volk übertragen hat. Ich habe keine Alternative, und nur, wenn sie mich mit Schüssen durchlöchern, werden sie meinen Willen auslöschen können, das Programm des Volkes zu erfüllen“. („Aus Reden des Präsidenten der Republik Chile – Salvador Allende Gosses“, Staatsverlag der DDR, Berlin 1973)

Das Andenland war zurückgekehrt in amerikanisches Einflussgebiet. Die Sowjets sahen tatenlos zu, akzeptierten dies. A. M. Scott schrieb im „Journal of International Affairs“, 1968 über die „begrenzte Souveränität“ kapitalistischer Staaten: „Eine mächtige Nation kann das Prinzip der Nichteinmischung nicht respektieren, denn die Führung ausüben schließt oft eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten ein, sei es durch Wirtschaftshilfe (…), Militärmissionen, Programme der militärischen Ausbildung usw.

„
Eine der ersten Maßnahmen der Junta war die Reprivatisierung der verstaatlichten Betriebe, d. h. ihre Rückgabe an den US-Imperialismus. Das Volk wurde in Hunger und Elend gestürzt. Die sozialen Reformen wurden gestrichen. Unterernährung, Krankheit wurden wieder Alltag. Ein Heer von Bettlern durchstreifte die Straßen, Mütter suchten in Mülltonnen nach Nahrung für ihre Kinder.

Nachtrag:
 Solange der Imperialismus besteht, bleibt auch die Grundlage, bleiben auch die Möglichkeiten für seine unwandelbare Politik der Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder, der konterrevolutionären Verschwörungen, des Sturzes rechtmäßiger Regierungen, der Liquidierung fortschrittlicher und demokratischer Kräfte und die Erdrosselung der Revolution bestehen. Die wichtigste Lehre war die, dass, ohne den Opportunismus und Revisionismus zu bekämpfen, der Imperialismus nicht bekämpft werden kann.
 Ohne den Revisionismus zurückzudrängen und die entscheidende Mehrheit der Arbeiterklasse für den Sozialismus zu gewinnen, können die Massen im Befreiungskampf nicht siegen.

Bilder und Bildunterschriften wurden komplett oder zum Teil von der Redaktion AmericanRebel hinzu gefügt.
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 Comment 
Sep.10
on 10. September 2019
Veröffentlicht in: Nico Diener

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Nico Diener

¡El pueblo unido jamás será vencido! Teil 1

Hintergrundinformationen zum Verständnis der Bedeutung der chilenischen Revolution
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Nico Diener

Teil 1: Die Unidad Popular de Chile (1970-1973)

¡El pueblo unido jamás será vencido! (Ein vereintes Volk ist nicht zu besiegen)! Vor 46 Jahren, am 11. September 1973, putschte mit Hilfe des CIA das Militär in Chile und errichtete eine grausame Faschistische Diktatur.

Die Fahne der Unidad Popular

Aber was war da nun genau los – in den 1970er Jahren in Chile? Sicherlich ist, besonders bei den jüngeren Leserinnen und Lesern, der Kenntnisstand nicht gleich. Deshalb haben wir einmal die wichtigsten Fakten zusammengetragen, die ich in den nächsten Tagen in vier Teilen hier zur Verfügung stehen. Heute, im ersten Teil, geht es um die „Unidad Popular“.

In den 1960er Jahren wurden, mit direkter Hilfe der USA und multinationaler Konzerne, in Brasilien, Bolivien und Argentinien Militärdiktaturen errichtet, welche die Interessen der mit dem US-Imperialismus verbündeten Oligarchie*1 vertraten. Dennoch konnte das Anwachsen des antiimperialistischen Befreiungskampfes nicht verhindert werden. In Peru und Panama (1968), in Bolivien (1970) und in Ecuador (1972) traten antiimperialistische Militärfraktionen die Macht an. Zudem bildeten sich linke und kirchliche Strömungen aus, die für demokratische und soziale Veränderungen eintraten.

Die Volksfrontbewegung Chiles war ein Höhepunkt dieser antiimperialistischen Bewegung in Südamerika. In Chile war die kapitalistische Entwicklung relativ weit fortgeschritten. Die Arbeiterklasse verfügte über kampfbereite Gewerkschaften mit sehr vielen Mitgliedern. Seit 1964 waren die sozialreformistischen Christdemokraten unter Fürung von Eduardo Frei an der Regierung.

Gewerkschaftsmitglieder beim Wahlkampf
für die Unidad Popular

1969 gelang es der Kommunistischen Partei Chiles mit Luis Corvalan an der Spitze, mit der Unidad Popular (Volkseinheit) ein Bündnis linker Parteien zu bilden, dem neben den Sozialisten und den Kommunisten auch kleinbürgerliche und linkskatholische Oppositionsparteien angehörten. Bei den Präsidentschaftswahlen 1970 siegte die Unidad Popular knapp. Ihr Kandidat, der Sozialist Salvador Allende, erreichte 36,7% der Stimmen, gegenüber 34,9% des bürgerlichen Gegenkandidaten. Der christlich-demokratische Bewerber erhielt 27,8%.

Mit dem Antritt der „Regierung Allende“ begann in Chile ein revolutionärer Prozess der antiimperialistischen und demokratischen Veränderungen, der sich das Ziel stellte, Chile vom Imperialismus unabhängig zu machen und die Voraussetzungen für den Übergang zum Sozialismus zu schaffen.

Die Regierung der Unidad Popular verstaatlichte ausländische Großunternehmen, Banken und nationalisierte die chilenischen Bodenschätze, besonders den Kupferbergbau. Innerhalb kurzer Zeit setzte sie erhebliche Verbesserungen der materiellen Lebenslage der werktätigen Klassen durch. Für jedes Kind gab es täglich einen halben Liter Milch, ebenso erhielt jedes Kind gratis ein Paar Schuhe. Die Gesundheitsversorgung war von nun an für jedermann kostenlos. Die Mieten und Lebensmittelpreise wurden eingefroren, die Löhne massiv angehoben. Durch eine Agrarreform wurden 20.000 Quadratkilometer (das ist etwa die halbe Fläche der Schweiz) an Kollektivwirtschaften übergeben. Die Arbeitslosigkeit wurde innerhalb kurzer Zeit halbiert und die Kindersterblichkeit um 20% gesenkt. Im ersten Jahr der „Allende-Regierung“ 1971 erreichte Chiles Wirtschaft eine Wachstumsrate von 11%.

Dabei hatte die Unidad Popular von vornherein mit einer starken Gegnerschaft im Parlament und in Teilen der Armeeführung zu rechnen. Der Staatsapparat war von Gegnern der Unidad Popular durchsetzt. Die Macht war faktisch geteilt. Die Medien blieben weitgehend von der Oligachie und den Großindustriellen beherrscht.

Kubas Staatschef Fidel Castro mit dem Präsidenten
Allende bei einer Rundreise durch Chile

Von Anfang an betrieb die Großbourgeoisie eine systematische Destabilisierung. Ihre Mittel waren neben einem Wirtschaftskrieg der Boykott der verfassungsmäßigen Organe. Noch vor Amtsantritt der Regierung der Unidad Popular wurde der als verfassungstreu geltende Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General René Schneider, mit Hilfe der CIA entführt und umgebracht. Sein Nachfolger, General Prats, trat zeitweilig in die Regierung ein, trat aber im Sommer 1973 von seinem Posten zurück. Nachfolger wurde sein bisheriger Stellvertreter Augusto Pinochet.

Im März 1973 vermochte die Unidad Popular ihre Wählerbasis zu erweitern und erreichte 44 Prozent der Stimmen. Das war für den US-Imperialismus und die einheimische Oligarchie Veranlassung genug, die Vorbereitungen zum gewaltsamen Sturz der „Regierung Allende“ voranzutreiben. Die christdemokratische Partei trat offen ins Lager der Konterrevolution über. Verfassungstreue Offiziere wurden zurückgedrängt oder beseitigt.

Am 11. September 1973 schritten die Befehlshaber der Streitkräfte zum gewaltsamen Sturz der Regierung, ließen den Präsidentenpalast stürmen und ermordeten Präsident Allende.

1973: Mitarbeiter des Büros des Präsidenten Allende
werden von Soldaten überrumpelt und verhaftet

Unter dem neuen Präsidenten General Pinochet wurde eine faschistische Diktatur errichtet. Sie eröffnete einen grausamen Terrorfeldzug gegen alle fortschrittlichen Kräfte im Land. Zehntausende von Antifaschisten wurden gefoltert und ermordet und über 200.000 Chilenen gingen ins Exil. Rund 2.000 fanden in der DDR und 4.000 in der BRD Zuflucht. Die Errungenschaften der Unidad Popular wurden beseitigt und das Land wieder vollständig dem Imperialismus zur Ausbeutung der Menschen und der Natur ausgeliefert.
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Die Lehren der chilenischen Revolution

Die Ereignisse in Chile und die Niederlage der Unidad Popular bestätigten die Grundlagen der marxistisch-leninistischen Revolutionstheorie von der führenden Rolle der Arbeiterklasse, von der Notwendigkeit eines breiten Bündnisses mit anderen werktätigen Schichten und von der zentralen Rolle der Partei.

Sie bestätigen die Erfahrung, dass es unter günstigen Bedingungen zwar möglich ist, auf der Grundlage eines antiimperialistischen Bündnisses auf friedlichem Weg eine Revolution einzuleiten und einen Teil der Macht zu übernehmen aber sie beweisen auch, dass es unumgänglich ist das Volk zu bewaffnen.

Es wurde deutlich, dass das revolutionäre Volk auf die Anwendung aller Kampfformen gefasst sein muss, da die Bourgeoisie nie freiwillig auf ihre Macht und ihre Privilegien verzichtet, und dass der Imperialismus zum Einsatz aller konterrevolutionären Mittel entschlossen ist, um seine Macht zu verteidigen bzw. zurück zu gewinnen. Deshalb muss jede Revolution imstande sein, sich mit Waffen zu verteidigen*2. Das sozialistische Kuba unterstützte, trotz heftiger Kritik an dem sog. „chilenischen Weg zum Sozialismus“ die „Regierung Allende“.

Und die neuen Freunde warteten schon: General Augusto Pinochet und Franz Josef Strauß bei seinem Chilebesuch 1977. Sie stehen vor dem Einwandererdenkmal der Deutschchilenen in der Nähe des Llaquihuesees.
1973 kommentierte Strauß die Errichtung der Militärdiktatur in Chile, die auf die freie Wahl des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende gefolgt war, mit den Worten: „Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang.

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*1 In diesem Fall die nationale Klasse der Großgrundbesitzer und Fabrikanten
*2 Siehe auch: Rosa Luxemburg: „Sozialreform oder Revolution“
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└ Schlagwörter: 11. September, 11. September 1973, Admiral Morino, Allende-Regierung, Augusto Pinochet, Chile, CIA, Die Unidad Popular, Eduardo Frei, El pueblo unido jamás será vencido, Frente Popular, General René Schneider, Harry Belafonte, Kommunistischen Partei Chiles, Lieder­mache, Luis Corvalan, mein Land, Nationalstadion von Santiago de Chile, Oberst Carlos Ibáñez del Campo, offen und wild, Radio Corporación, Radio Magellan, Radio Portales, Unidad Popular, Valparaíso, Victor Jara - Chile, Volksfrontbewegung
1 Kommentar
Sep.09
on 9. September 2019
Veröffentlicht in: Andreas Habicht, Andreas Habicht

Andreas Habicht, Málaga

Schwierige Regierungsbildung in Spanien

Andreas Habicht

Nur noch wenige Tage bleiben Zeit, um in Spanien eine Übereinkunft einer Regierungsbildung zu erzielen. Jedoch sieht alles danach aus, als ob es die derzeit im Amt befindliche Regierung auf Neuwahlen anlegt.

Bereits am 28. April diesen Jahres fanden in Spanien vorgezogene Neuwahlen statt. Aus Diesen gingen die sogenannten Sozialisten der PSOE (Sozialdemokraten) unter der bisherigen Minderheitsregierung, des Ministerpräsidenten (Anmerkung: dieses Amt entspricht in etwa dem der Bundeskanzlers/In), Pedro Sánchez, mit 123 Parlamentssitzen als stärkste politische Kraft, jedoch weitab der absoluten Mehrheit, von 176 Sitzen, hervor. Außerdem hielten bei dieser Wahl, erstmals seit dem Tod des faschistischen Diktators, Francisco Franco (im Jahre 1975) wieder bekennende Faschisten der VOX- Partei, Einzug ins Parlament.

Es folgten schwierige Verhandlungen mit verschiedenen im Parlament vertretenen Parteien, mit der Zielsetzung, eine handlungsfähige Regierung bilden zu können, die leider bis dato nicht von Erfolg gekrönt sind. Den reaktionär-konservativen Kräften, gehen die Zugeständnisse, die sie machen müssten viel zu weit – so forderten zum Beispiel die “Sozialisten”, dass große Teile der Arbeitsmarktreform der Vorgängerregierung von Mariano Rajoy, die vor etwas mehr als einem Jahr durch ein Misstrauensvotum gestürzt wurde, wieder rückgängig gemacht werden, auch soll den Wuchermieten in Großstädten, wo das Mietniveau, bei – im allgemeinen niedrigeren Gehalt – durchaus das hohe Niveau deutscher Metropolen erreicht, Einhalt geboten werden.

Für das Linksbündnis UNIDAS PODEMOS (“gemeinsam können wir”, Doppelspitze Pablo Iglesias und Alberto Garzón), bestehend aus PODEMOS (“wir können” – die Partei von Pablo Iglesias) und IZQUIERDA UNIDA (“vereinigte Linke”, mit dem Vorsitzenden Alberto Garzón), der auch die Kommunisten der PCE (Kommunistische Partei Spaniens) angehören, sind diese Punkte natürlich durchaus wichtig, da sie der Entlastung des grössten Teils der spanischen Bevölkerung dienen und eine Abkehr der Austeritätspolitik darstellen würden.
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Sozialdemokraten lehnen Regierungsbeteiligung der Linksparteien ab

Der “Schönheitsfehler” liegt allerdings im Detail begründet, dass die Sozialdemokraten eine Minderheitsregierung bilden möchten, die von UNIDAS PODEMOS zwar geduldet wird, aber diese Partei daran nicht beteiligt würde.

Im Sommer fand unter den Mitgliedern, der an UNIDAS PODEMOS beteiligten Parteien eine basisdemokratische Abstimmung statt, in der mehr als 70% der Teilnehmer, dafür stimmten, dass sie eine Koalition mit der PSOE eingehen, für den Fall, dass darüber eine Übereinkunft erzielt werden kann. Bisher sperren sich allerdings die Sozialdemokraten, dagegen, dass Personen der Linksparteien, Teilhabe an der Regierung haben.

Es wäre übrigens das erste Mal seit dem leider unrühmlichen Ende, der 2. Spanischen Republik (1931 bis 1939), dass Linke an der Regierung beteiligt würden. Ich halte zwar absolut nichts davon, Verschwörungstheorien aufzustellen, allerdings drängt sich mir der starke Verdacht auf, dass Sánchez letztendlich in diesem Bezug nicht frei handeln kann, erhält doch die PSOE, wie auch die beiden reaktionär-konservativen Parteien (Populares “Volkspartei”, politisch irgendwo zwischen CSU und AfD angesiedelt und Ciudadanos “Bürgerpartei”, mit der FDP vergleichbar), Spenden von finanzstarken Unternehmen. Ich persönlich denke, dass es genau diese Unternehmen sind, die Druck auf Pedro Sánchez und seine derzeit im Amt befindliche Übergangsregierung ausüben in dem sie ihm eine Beteiligung der Linksparteien an der neuen Regierung quasi verbieten.
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Kommt es zu Neuwahlen?

Der Maßnahmenkatalog, in dem es um nicht weniger, als 370 Punkte geht, die Spanien modernisieren sollen, enthält zwar durchaus sehr viele Punkte, die für Linke, ja sogar für uns Kommunisten, tragbar und entgegenkommend wären, allerdings wissen wir auch aus eigener Erfahrung, dass “linke Parolen”, wenn sie aus der Feder oder dem Mund von Sozialdemokraten stammen, in dem Moment nichts mehr wert sind, wenn sie an der Regierung sind und linke Parteien nicht die Möglichkeit haben, direkten Einfluss auf deren Politik zu nehmen, um sich um die tatsächliche Umsetzung zu kümmern.

Am Montag 9. September, sowie am Dienstag 10. September, wird es weitere Verhandlungen der PSOE mit UNIDAS PODEMOS, sowie POPULARES und CIUDADANOS mit dem Ziel, doch noch eine Übereinkunft zu erzielen, geben. Der letzte Termin, den die spanische Verfassung für eine Regierungsbildung vorsieht, wäre der 23. September. Danach muss der König Neuwahlen ausrufen, die in diesem Falle, mit größter Wahrscheinlichkeit, auf den 10. November festgesetzt würden.
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Bildlizenzen und Herkunft:

Unidas Podemos: (cc) creative commons, https://es.wikipedia.org/wiki/Archivo:Unidos_Podemos.svg

Pedro Sánchez: (c) Gobierno de España, The copyright holder of this file, Gobierno de España, allows anyone to use it for any purpose, provided that the copyright holder is properly attributed. Redistribution, derivative work, commercial use, and all other use is permitted. Attribution: Ministry of the Presidency. Government of Spain, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pedro_S%C3%A1nchez_in_2018d.jpg
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└ Schlagwörter: Allgemein, Izquierda Unida, Kommunisten, Linke, Neuwahlen, Spanien, Unidas Podemos
 Comment 
Sep.07
on 7. September 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Julius Jamal

Julius Jamal

Die große Mehrheit der israelischen Parteien hat kein Interesse an Frieden

.»Friedensliebe« im Gespräch mit Tsafrir Cohen

Julius Jamal

In wenigen Wochen finden in Israel Neuwahlen statt, weil nach der letzten Wahl keine regierungsfähige Mehrheit zustande kam. Wir haben mit Tsafrir Cohen, Leiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Israel, über die Wahlen gesprochen.

Die Freiheitsliebe: Nach den letzten Wahlen im April dieses Jahres hast Du berichtet, dass das rechte Lager die Wahlen klar gewonnen hatte. Warum kommt es nach nicht einmal sechs Monaten zu Neuwahlen?

Tsafrir Cohen: Tatsächlich hatte das rechte Lager bei den letzten Wahlen im April 2019 65 von 120 Knesset-Mandaten und damit die absolute Mehrheit erhalten. Trotzdem konnte Wahlsieger Premierminister Benjamin Netanjahu keine Regierungskoalition bilden. Haupthindernis auf dem Weg Netanjahus zu einer fünften Amtszeit war Avigdor Lieberman, Netanjahus ehemaliger Büroleiter und Likud-Generalsekretär, heute Vorsitzender der säkular-nationalistischen Partei Unser Zuhause Israel. Obwohl er im rechten Lager fest verankert ist, weigerte sich Lieberman, in eine von Netanjahu geführte Regierung einzutreten mit der Begründung, in einer Koalition mit knapper Mehrheit würden die ultraorthodoxen Parteien eine zu gewichtige Rolle spielen. Diese konnten ihren Stimmenanteil bei den letzten Wahlen vergrößern und hätten bei einer rechten Koalition 16 der 65 Abgeordneten gestellt. Lieberman forderte stattdessen eine Große Koalition aus Likud und der wichtigsten Oppositionsliste. Doch Blau-Weiß weigerte sich – ebenso wie alle anderen Oppositionsparteien –, mit dem Likud zu koalieren, solange Netanjahu die Partei führt, dem in mehreren Fällen Bestechlichkeit, Betrug, Untreue und obendrein illegale Einflussnahme auf zwei führende israelische Nachrichtenportale vorgeworfen wird. In der entstandenen Pattsituation löste sich die Knesset auf.

Trump und Netanjahu – Hand in Hand. By U.S. Embassy Jerusalem, Flickr, licensed under CC BY 2.0 (edited by Jakob Reimann, JusticeNow!).

Die Freiheitsliebe: Was wird sich diesmal voraussichtlich ändern im Vergleich zu April?

Tsafrir Cohen: Bei den für den 17. September angesetzten Wahlen scheinen sich die Kräfteverhältnisse zwischen dem Netanjahu-treuen Lager und der Opposition nicht grundlegend zu verschieben. So könnten nach den Wahlen Verhandlungsgeschick, Nervenstärke, aber auch die Staatsanwaltschaft den Ausschlag bei der Bildung einer Regierungskoalition geben.

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Die Freiheitsliebe: Was sind die Hauptthemen der Wahlkampagne?

Tsafrir Cohen: Lieberman hat zwar seine Weigerung in eine rechte Koalition einzutreten zwar damit begründet, den politischen Einfluss der ultraorthodoxen Parteien nicht wachsen lassen zu wollen. Das ist allerdings fadenscheinig. Recht häufig ist er mit ihnen ausgezeichnet ausgekommen, zuletzt als es darum ging, einen missliebigen säkularen Bürgermeister in Jerusalem zu verhindern. Seine wahren Gründe liegen vielmehr in der persönlichen Rivalität zu seinem einstmaligen Mentor: Es ist ein lupenreiner Machtkampf, bei dem sich Lieberman an Netanjahu rächt und als sein Nachfolger zu präsentieren trachtet.

Insgesamt spitzt sich bei diesen Wahlen die schon lange zu beobachtende Entwicklung zu, dass inhaltliche Auseinandersetzungen zugunsten der Frage nach der bevorzugten Führungsperson verblassen. Gegen die alten Haudegen Netanjahu und Lieberman setzt auch die Opposition auf erfahrene Krieger – im wahrsten Sinne des Worts. Blau-Weiß kann zwar keinen charismatischen Vorsitzenden vorweisen, dafür hat die Liste an ihrer Spitze gleich drei ehemalige Generalstabschefs der israelischen Armee. Auch die linke Meretz fürchtete, an der 3,25-Prozent-Hürde zu scheitern, und tat sich in mit dem ehemaligen Premier der Arbeitspartei und Generalstabschef Ehud Barak zusammen.

Die Freiheitsliebe: Wie ist diese Personifizierung von Politik zu erklären?

Tsafrir Cohen: Dass die Parteien auf starke Männer setzen, ist dem Mangel an alternativen Entwürfen in den wichtigsten Feldern israelischer Politik geschuldet. Früher als in anderen Ländern befürwortete die stärkste Kraft der israelischen Linken, die sozialdemokratische Arbeitspartei, in den 1980er-Jahren die neoliberale Ideologie als alternativlose Wirtschaftspolitik und war ausschlaggebend für die Privatisierungs- und Niedrigsteuerpolitik ebenso wie für die Zerschlagung der Gewerkschaftsmacht. Und seitdem ihr damaliger Parteivorsitzender Ehud Barak im Jahr 2000 als Premierminister der israelischen Öffentlichkeit vollmundig und wider besseren Wissens verkündete, es gebe keinen Partner für Frieden auf palästinensischer Seite, hat die Partei auch keine Friedenspolitik mehr, die den Namen verdient. Sie erwähnt die Zweistaatenlösung nur noch im Kleingedruckten und stellt sie unter Bedingungen, die einen lebensfähigen Staat Palästina unmöglich machen.

In Ermangelung von inhaltlichen Alternativen reduziert sich der politische Diskurs auf ein reines Manövrieren um die Macht. Hierbei rücken zwei Fragen immer stärker in den Mittelpunkt: Welche Figur ist aufgrund ihrer persönlichen Eigenschaften am geeignetsten, das Land zu führen, und welche Gruppe erhält welchen Anteil vom Kuchen? Das Fehlen konkurrierender Zukunftsvisionen befördert das Desinteresse an Politik überhaupt und zugleich die Bejahung der gegenwärtigen Zustände: Es mag sein, sagen sich viele, dass es eine lang anhaltende Besatzung und Unterdrückung eines anderen Volks gibt – wir sehen aber keinen Ausweg und wollen uns dafür auch nicht mehr entschuldigen; es mag ebenfalls sein, dass die durchschnittliche Armutsrate in Israel mit 18 Prozent höher ausfällt als in allen anderen Industrieländern, die Mittelschicht schrumpft und der Reichtum sich bei einigen wenigen im Land konzentriert – wir können das aber sowieso nicht ändern, lasst uns deshalb lieber uns selber feiern. Was für eine Befreiung!

Entpolitisierung und die Bejahung der bestehenden Verhältnisse wirken systemstabilisierend. Gleichzeitig bleibt mitnichten alles beim Alten. Infolge abnehmender Solidarität in Zeiten einer neoliberalen Wirtschaftsordnung und der Schwächung des Staatsapparats und weiterer Institutionen, etwa der Gewerkschaften, sowie angesichts eines schwelenden nationalen Konflikts und der inhärenten Fragilität eines Einwanderungslandes gewinnt die Volkszugehörigkeit als Ort echter und vorgestellter Solidarität enorm an Bedeutung. Für die jüdische Mehrheitsgesellschaft Israels ist dieses Volk das jüdische Volk. Damit sind alle Ansätze aus den liberalen 1990er-Jahren obsolet geworden, die versuchten, das Staatsvolk durchlässiger zu denken, sprich nicht als gleichbedeutend mit dem jüdischen Volk allein, sondern – auch – als ein israelisches. Dann würden auch die arabisch-palästinensische Minderheit im Land, immerhin 20 Prozent der israelischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, sowie nichtjüdische Migrantinnen und Migranten zum Staatsvolk gehören. Im aktuellen israelischen Diskurs ist es jedoch selbstverständlich, Vorteile der jüdischen Mehrheitsgesellschaft gegenüber Nichtjuden und auf deren Kosten zu bewahren und auszubauen. Das gilt für das 2018 beschlossene Nationalstaatsgesetz, das jüdische Gruppeninteressen über das Gleichheitsgebot der Demokratie stellt; und das gilt für die von der Bevölkerungsmehrheit unterstützten Versuche des Staats, alle nichtjüdischen, vor allem aus der Subsahara stammenden Geflüchteten – Kulturministerin Miri Regev nennt diese ein «Krebsgeschwür im Körper der jüdischen Nation» – des Landes zu verweisen und nichtjüdischen Arbeitsmigrantinnen das dauerhafte Niederlassungsrecht oder die Einbürgerung grundsätzlich zu verwehren.

Die Freiheitsliebe: Ist das ein wichtiger Grund für den enormen Erfolg von Netanjahu?

Tsafrir Cohen: Niemand verstand es besser als Netanjahu, diesen Rückfall in die Stammesidentität für sich auszunutzen und sich als Retter des jüdischen Volks zu gerieren. Sein Aufstieg zur unangefochtenen, ja schier unersetzlichen charismatischen Führungsfigur des Landes ist eng verbunden mit einer «Politik der Feindschaft», sprich der Instrumentalisierung von realen und imaginierten äußeren und inneren Gegnern Israels. Zu diesen zählten zunächst die Palästinenser und Palästinenserinnen und der Iran sowie der Unterzeichner der Oslo-Verträge, Jitzchak Rabin, das Friedenslager insgesamt und «die Linke» im Allgemeinen. In den vergangenen Jahren gerieten auch nichtjüdische Geflüchtete, Migrantinnen und Migranten ins Visier Netanjahus, zuletzt in wachsendem Maße Kritikerinnen und Kritiker seiner Politik im westlichen Ausland, denen er Israel-Feindschaft oder gar Antisemitismus vorwirft.

In der so imaginierten Dauerkrise erscheint Netanjahu als edler Ritter. Sind die Stammesinteressen die ausschlaggebende Bezugsgröße der politischen Diskussion, so erscheinen Institutionen wie die Parteien, die Medien oder die Gewaltenteilung als bloße Hindernisse auf dem Weg zur Durchsetzung des Volkswillens. Unter solchen Vorzeichen inszeniert sich Netanjahu – ungeachtet der Tatsache, dass er der am längsten amtierende Premier in der israelischen Geschichte ist – als Kämpfer des Volks gegen die Eliten und das Establishment. Den einst stolzen Likud hat er zu seinem Wahlverein degradiert und ihn von seiner alten Garde, die sich zwar stramm rechts positionierte, zugleich aber den Rechtsstaat achtete, gesäubert. Schließlich untergräbt Netanjahu im Namen des Volks die Arbeit und die Glaubwürdigkeit der Medien und der Institutionen, die für demokratische Kontrolle stehen und Rechtsstaatlichkeit, ordnungsgemäße Verwaltung und den Schutz der Menschenrechte garantieren. Das traf zuletzt sogar die Armee, eine bis dato «heilige» Institution, weil sie einen Soldaten vor ein Militärgericht stellte, der einen am Boden liegenden, schwer verletzten palästinensischen Attentäter erschossen hatte.

Netanjahu

Damit befindet sich Netanjahu in bester schlechter Gesellschaft. Auf riesigen Wahlplakaten posiert er mit Wladimir Putin, Narendra Modi und Donald Trump, und mit Rechtspopulisten geht er Allianzen ein, indem er etwa die antisemitische Kampagne des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán gegen den Investor und Philanthropen George Soros unterstützt. Zwar brüskiert er damit liberale Bündnispartner in der EU oder die Demokratische Partei und erhebliche Teile der traditionell linken bzw. liberalen jüdischen Gemeinden in den USA. Doch im Gegenzug erhält er die politische Unterstützung von jenen Kräften, die in ihm einen vorbildlichen illiberalen Demokraten und Verfechter des Ethnonationalismus sehen, von radikalen Evangelikalen in Baden-Württemberg, von der mitteleuropäischen Visegrád-Gruppe, die jedwede Kritik an der israelischen Besatzungspolitik durch die EU zu verhindern sucht, oder von US-Präsident Trump, dessen Entscheidung, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen und die israelische Annexion der Golanhöhen anzuerkennen, Netanjahu innen- wie außenpolitisch erheblich stärkte.

Die Freiheitsliebe: Kann Netanjahus Likud die absolute Mehrheit erhalten?

Tsafrir Cohen: Wohl kaum. Ob er bei den kommenden Wahlen Erfolg haben wird, hängt davon ab, ob das rechte Lager auch ohne Liebermans Partei eine Mehrheit erhält. Derzeit liegt es Umfragen zufolge knapp unter der absoluten Mehrheit. Neben dem Likud, der bei geringen Einbußen mit etwa einem Viertel der Stimmen rechnen kann, gehören drei religiöse Parteien zu diesem Lager, darunter die beiden ultraorthodoxen Parteien Schas und Vereintes Thora-Judentum, die früher das Zünglein an der Waage zwischen Likud und der Arbeitspartei darstellten. Diese Funktion nutzten sie, um möglichst viel für ihre oft armen und familienreichen Klientel herauszuholen, hielten sich ansonsten aber aus der Politik heraus. Heute sind ihre Wählerinnen und Wähler fest im nationalistischen Lager verankert. Der dritte potenzielle Koalitionspartner ist die Liste Nach Rechts, eine Vereinigung mehrerer rechtsradikaler Parteien, die mit etwa zehn Prozent der Stimmen rechnen kann.

Bemerkenswert hierbei ist die fortschreitende Verzahnung der ultraorthodoxen und der nationalistischen Milieus zu einer sendungsbewussten, mitunter messianischen Gruppe, deren Vertreterinnen und Vertreter Schlüsselpositionen wie die Bildungs- und Justizressorts oder den Vorsitz des Finanzausschusses innehaben und so stetig an Einfluss gewinnen.

Die Freiheitsliebe: Wer fordert ihn jenseits von Lieberman heraus?

Tsafrir Cohen: Aufgeschreckt durch die ständige Hetze gegen den Rechtsstaat und die «Eliten» sowie durch die wachsende Macht der religiösen Parteien hat sich vor den letzten Wahlen Blau-Weiß (Kachol-Lawan, die Farben der Nationalfahne) konstituiert, eine aus drei neuen Parteien bestehende Liste. Mit vier Generälen, einer Generalin sowie mehreren gewichtigen Vertreterinnen und Vertretern aus Verwaltung und Medien repräsentiert die Liste das israelische Establishment. Ihr gemeinsamer Nenner ist die Gegnerschaft zu Netanjahu und zu den rechtspopulistischen Angriffen auf den Rechtsstaat und seine Institutionen. Die Korruption soll bekämpft, Rechtsstaat und Meinungsfreiheit sollen gestärkt, eine weitere Verzahnung von Staat und Religion soll verhindert werden. In anderen Bereichen unterscheidet sich Blau-Weiß indes nicht wesentlich vom Likud. Auch sie nutzen Netanjahus geflügeltes Wort, Israel müsse «ewig mit dem Schwert leben», und sprechen nicht von einer Zweistaatenlösung, sondern versprechen, sich nicht aus dem Jordantal und Ostjerusalem zurückzuziehen, was de facto eine Absage an einen lebensfähigen Palästinenserstaat darstellt. Und was den Gazastreifen betrifft, so brüstet sich die Liste damit, noch härter vorgehen zu wollen, als es Netanjahu tut. Auch die gegenwärtige Sozial- und Wirtschaftspolitik wird nicht grundsätzlich infrage gestellt. Den Umfragen nach würde Blau-Weiß erneut etwa ein Viertel der Stimmen auf sich vereinen.

Die Freiheitsliebe: Wie sieht es mit den linken Parteien aus?

Tsafrir Cohen: Während bei den anderen Parteien vieles gleich geblieben ist, hat es links von der Mitte große Veränderungen gegeben. Drei Listen stellen sich hier zur Wahl, jeweils anders ausgerichtet als bei den letzten Wahlen.

Zum einen handelt es sich um die einst so stolze Arbeitspartei, die Israels Politik von der Staatsgründung bis 1977 durchgehend dominierte und auch später gelegentlich den Premier stellte. Sie erhielt bei den letzten Wahlen gerade noch sechs Mandate (also knapp fünf Prozent), ein historisches Tief. Im anschließenden Richtungsstreit setzte sich Amir Peretz gegen zwei Kandidierende der jüngeren Generation durch, die bei den sozialen Protesten im Jahr 2011 eine führende Rolle gespielt hatten. Peretz, 1952 in Marokko geboren, war schon von 2005 bis 2007 Parteivorsitzender gewesen. Damals wie heute konnte er überzeugen als der Kandidat, der die Interessen ärmerer Bevölkerungsschichten, allen voran der Mizrachim, glaubhaft vertritt und diese einbinden kann. Für die Arbeitspartei ist dies überlebenswichtig, denn für Jüdinnen und Juden aus islamisch geprägten Ländern, die Mizrachim, die vor allem in den 1950er-Jahren nach Israel eingewandert sind und etwa die Hälfte der jüdischen Bevölkerung im Land ausmachen, ist sie bis heute kaum wählbar. Die Arbeitspartei gilt als die Partei, die zwar Gleichheit predigte, die Mizrachim zugunsten der aus Europa stammenden Aschkenasim aber benachteiligte, mitunter rassistisch behandelte und am sozioökonomischen Aufstieg hinderte.[4] Mit der Wahl des Gewerkschafters und ehemaligen Bürgermeisters der peripheren, armen und in der Regel stramm rechts wählenden Kleinstadt Sderot in direkter Nachbarschaft zum Gazastreifen macht die Arbeitspartei, so der Publizist Meron Rapoport, einen revolutionären, aber überfälligen Schritt.[5] Zu lange habe die Linke insgesamt die jüdischen Peripherien vernachlässigt, wo ein Viertel der Stimmen zu vergeben ist, die linken Parteien aber lediglich drei Prozent der Wählerstimmen erhalten. Zur Wahl stellt sich die Arbeitspartei zusammen mit der von Mizrachi- und feministischen Aktivistinnen gegründeten Gescher (hebr.: Brücke), die sich vom rechten Lager aufgrund starker Divergenzen im sozioökonomischen Bereich abgespalten hat. Das Wahlprogramm der Liste Blau-Weiß ist geradezu revolutionär für die Arbeitspartei und zielt auf einen radikalen Richtungswechsel in der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Durch eine höhere staatliche Verschuldung und eine höhere Besteuerung der Wohlhabenden sollen Investitionen in die Infrastruktur getätigt, der Mindestlohns auf 40 NIS (ca. zehn Euro) erhöht, die Invaliden- und Rentenbezüge angehoben und die Bildungseinrichtungen und Gesundheitsdienste wieder völlig aus Steuereinnahmen finanziert werden. In Bezug auf das Verhältnis zur palästinensischen Minderheit in Israel oder auf Friedensfragen bleibt die Liste vage, sieht jedoch einen Investitionsstopp für Siedlungen in der Westbank jenseits der großen Siedlungsblöcke vor. Ob die Wählerinnen und Wähler sich von einer so kurz vor den Wahlen erklärten Rückkehr zu den Grundsätzen linker sozialdemokratischer Politik überzeugen lassen, scheint fraglich, zumal die Arbeitspartei seit geraumer Zeit kaum Präsenz zeigt oder an lokalen Kämpfen teilnimmt.

Dann gibt es Meretz, die sich für einen umgekehrten Kurs entschieden hatte. Meretz nennt sich nach wie vor stolz eine linke Partei, tritt für einen historischen Kompromiss mit den Palästinenser und Palästinenserinnen ein und steht für sozialdemokratische bis sozialistische Wirtschaftspositionen sowie eine progressive Geschlechter-, Verkehrs- und Umweltpolitik. Bei den kommenden Wahlen hat sich Meretz mit dem ehemaligen Premier Ehud Barak zum Demokratischen Lager zusammengeschlossen. Baraks Anliegen ist die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Wie Meretz plädiert er für eine Zweistaatenlösung. Andererseits ist Barak bei der arabisch-palästinensischen Minderheit in Israel umstritten, wenn nicht gar verhasst, weil er im Oktober 2000 als Premierminister die blutige Unterdrückung von Protesten in den arabischen Städten im Norden Israels zu verantworten hatte. Meretz stärkt durch das Bündnis mit Barak ihren Ruf als Partei des schwindenden europastämmigen Bildungsbürgertums, gefährdet aber gleichzeitig ihren Erfolg bei der palästinensischen Minderheit, der ihr bei den letzten Wahlen ein Viertel ihrer Gesamtstimmen bescherte. Andererseits könnte sie diejenigen Stimmen aus der Arbeitspartei holen, die den neuen Kurs der Partei nicht mittragen wollen, weil diese ihren europäischen und urbanen Subtext abstreift und sich den Peripherien, den Marginalisierten und den Mizrachim öffnet.

Die Freiheitsliebe: Und dann gibt es auch die Gemeinsame Liste.

Wahlplakat der Gemeinsamen Liste; (unten rechts auf arbabisch und hebräisch: „Meine/Unsere Antwort auf Rassismus“, auf der Wand steht: „Araber Raus!“, )

Genau. Die 2015 gegründete Gemeinsame Liste galt als große Hoffnung der palästinensischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger Israels, die ihr bei den Wahlen 2015 zu 85 Prozent die Stimme gaben und sie mit 13 Abgeordneten zur drittgrößten Fraktion in der Knesset machten. Im Vorfeld der Wahlen im April 2019 zerbrach sie an persönlichen Querelen. Aus einer gemeinsamen Liste wurden zwei völlig willkürlich zusammengesetzte Listen, die zusammen lediglich zehn Mandate erhielten. Sich dem Willen der Wählerinnen und Wähler beugend, entstand die Gemeinsame Liste jetzt erneut als Zusammenschluss von vier unterschiedlichen Parteien, die die Interessen der palästinensischen Minderheit in Israel vertreten. Die Liste versammelt sehr unterschiedliche politische Positionen, von sozialistischen über liberale bis zu islamisch-konservativen. In der gesamten arabischen Welt – aber auch in Europa, gar weltweit – wurde die Liste aufmerksam, mitunter begeistert wahrgenommen, schließlich stellte sie 2015 einen Gegenpol zu den mitunter kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen ebendiesen Gruppen in anderen Ländern der Region dar. Unter ihren Kandidierenden gibt es Muslime, Christen, Drusen, Beduinen sowie einen jüdischen Sozialisten. Vor allem die sozialistische Demokratische Front für Frieden und Gleichheit, Chadasch/al-Dschabha, sorgte innerhalb des Bündnisses dafür, dass die Gemeinsame Liste ein Programm besaß, das nicht nur die Interessen der palästinensischen Minderheit in Israel berücksichtigte, sondern eine progressive Vision – ein Ende der Besatzung, eine Demokratie, die mehr ist als die Willensbekundung der Mehrheit und mehr soziale Gerechtigkeit – für Israel insgesamt beinhaltete. Ob die Gemeinsame Liste ihren Erfolg von 2015 am 17. September wiederholen kann, ist fraglich, denn die persönlichen Streitereien des Führungspersonals Anfang des Jahres haben zu einer Politikverdrossenheit vor allem unter jungen Wählerinnen und Wählern geführt. Die palästinensischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger Israels noch einmal mobilisieren zu können, das hängt auch vom Verhalten der anderen Oppositionsparteien ab. Wenn sich jenseits von Meretz keine Partei findet, die sie – anders als das rechte Lager, das sie für schlicht illegitim hält und aus dem politischen Spiel grundsätzlich ausschließt – als Verbündete wahrnimmt, so wird es zunehmend schwer zu vermitteln sein, warum die palästinensischen Staatsbürgerinnen Israels überhaupt an Wahlen teilnehmen sollten. Vor diesem Hintergrund hat sich der Vorsitzende der Gemeinsamen Liste, Ayman Odeh, bereit erklärt, sich einer Mitte-links-Koalition anzuschließen, wenn Blau-Weiß einigen grundlegenden Forderungen zustimmt, die Israels palästinensischen Bürgerinnen und den Friedensprozess betreffen, sodass die arabischen Bürger keine Bürger zweiter Klasse mehr sind. Dieses historische Koalitionsangebot ist umgehend auf Ablehnung gestoßen: Blau-Weiß wies jede Zusammenarbeit mit der Gemeinsamen Liste zurück, der Likud warnte sogar vor der Gefahr einer von Terroristen unterstützten Regierung

Die Freiheitsliebe: Was sind die Aussichten für die Zeit nach den Wahlen?

Die Schlüsselfrage dieser Wahlen lautet, ob Benjamin Netanjahu noch auf dem Zenit seiner Macht ist oder ob sie das Ende seiner rechtspopulistischen Ära bringen werden. Am wahrscheinlichsten ist eine erneute Pattsituation, in der beide Lager das andere zu destabilisieren trachten. Netanjahu wird alles in seiner Macht Stehende für die Bildung einer Koalition tun, um aus der vorteilhaften Position eines amtierenden Premiers sich den nahenden Gerichtsverhandlungen zu stellen oder diese zu verhindern. Er wird die instabilen Listen Blau-Weiß und Arbeitspartei-Gescher bzw. einzelne Abgeordnete dieser Listen durch inhaltliche Zugeständnisse oder mittels Posten ködern wollen. Blau-Weiß und Lieberman werden im Gegenzug versuchen, den Likud gegen den bewunderten und gefürchteten, aber kaum geliebten Netanjahu aufzuwiegeln. Schließlich wird auch die Staatsanwaltschaft ein Wörtchen mitreden, und von ihren Entscheidungen, wann und ob Netanjahu vor Gericht gestellt wird, könnte einiges abhängen.

Wie auch immer die Wahl ausgeht, so ist friedenspolitisch kaum mit positiven Veränderungen zu rechnen, denn gut 80 Prozent der Stimmen werden Parteien zukommen, die sich explizit oder implizit und mit unterschiedlicher Rhetorik gegen die Gründung eines lebensfähigen Palästinenserstaats und damit einer Zweistaatenlösung stellen. Je rechter die Mehrheit ausfällt, umso wahrscheinlicher wird eine Politik, die durch weitere Kolonisierungsprozesse, bei denen die Palästinenserinnen und Palästinenser zugunsten israelischer Infrastruktur in dicht bevölkerte Enklaven verdrängt werden, eine Friedenslösung auch künftigen Generationen verbaut. Bei sozioökonomischen Fragen ist ebenfalls keine progressive Wende zu erwarten, und es wird darauf ankommen, ob die zart aufkeimenden Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit größeren Zuspruch außerhalb des Parlaments erhalten.

Ausschlaggebend könnte die Wahl jedoch in Sachen Rechtsstaatlichkeit sein. Gewinnt das rechte Lager, so ist mit einem weiteren Abbau der Demokratie zu rechnen sowie mit einer noch stärkeren Verzahnung von religiös-messianischen und ethnonationalistischen Diskursen zu einem toxischen Gemisch, das mit Demokratie kaum vereinbar ist. Verliert das rechte Lager oder benötigt es einen Koalitionspartner aus dem bisherigen Oppositionslager, so könnten diese Prozesse gestoppt oder gar rückgängig gemacht werden. Insgesamt gilt aber auch dann die alte Feststellung, dass ein Land kaum demokratisch verfasst sein kann, wenn es gleichzeitig auf Dauer einem anderen Volk systematisch die Selbstbestimmung verweigert und damit Millionen von Menschen Bürger- und Menschenrechte vorenthält.

Israels linke Parteien finden sich bei diesen Wahlen in einer ungewöhnlichen Konstellation wieder. Keine der drei Listen links von der Mitte ist eine klassisch linke. Vielmehr spricht jede von ihnen eine Teilöffentlichkeit an und ist folglich eine Interessenvertretung. Während die Gemeinsame Liste vor allem den Anspruch erhebt, die palästinensischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger Israels zu repräsentieren, ist das Demokratische Lager klar eine Friedensliste europäischer Konvenienz, deren Sozialprofil – entsprechend ihrer gut situierten, urbanen Wählerschaft – zwischen links und liberal oszilliert. Die Liste Arbeitspartei-Gescher hingegen spricht marginalisierte Gruppen an, vor allem die Mizrachim, hat aber mitnichten ein linkes friedenspolitisches Profil. Damit ist das linke Lager nach Milieus zersplittert. Ob diese Listen – jede für sich oder gemeinsam – dem rechtsnationalistischen Hegemonialdiskurs einen progressiven entgegenstellen können, bleibt eine offene Frage.

Die Freiheitsliebe: Danke dir für das Gespräch.

Wer mehr über Israel von links und von innen heraus lesen möchte, dem empfehlen wir die Webseite des Israel-Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung: www.rosalux.org.il

Erstveröffentlichung in „Die Freiheitsliebe“ vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder und Bildunterschriften wurden von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.
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 Comment 
Sep.05
on 5. September 2019
Veröffentlicht in: Harry Popow

Harry Popow

Soldaten für den Frieden (Teil zweiundzwanzig)

Leseprobe aus „Ausbruch aus der Stille…“ von Harry Popow
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Harry Popow

Hier nun die einundzwanzigste Leseprobe aus meinem neuen Buch »Ausbruch Aus Der Stille – Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten«, das im Februar dieses Jahres auf den Markt gekommen ist. Bitte benutzt auch die Kommentarfunktion für Eure Kritiken und Einschätzungen.
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„Schild 76“: der Autor bei Waffenbrüdern

Juni 1976 muss sich der Unterabteilungsleiter von Wildpark-West verabschieden. Nun hat Henry einen längeren Weg zur Arbeit. Mit dem Sputnik, der Schnellbahn auf dem südlichen Ring um Berlin, muss er täglich in die Redaktion fahren. Der Chef hat ihn geholt. Zunächst wird er in der Abteilung Agitation eingesetzt, doch wie sich bald herausstellen wird, ist die kommentierende und agitatorische Strecke nicht sein Ding, weshalb er alsbald die Traditionsseite der Zeitung betreut, und das mit gutem Erfolg. Doch Truppeneinsätze als Reporter, die liebt er, da lebt er erst so richtig auf. Ihn freut es deshalb, als er mit nach Polen soll zur Übung „Schild 76“ – so nennt sich die gemeinsame Truppenübung von vier sozialistischen Armeen in Polen. Eine kleine Gruppe von Militärjournalisten hat sich in einem Erholungszentrum an einem See im nördlichen Polen (28.8. bis 16.9.76) zusammengefunden. Morgendliches Schwimmen im glasklaren Wasser eines einsamen Sees, umgeben von ausgedehnten herrlichen Wäldern, abendliches Beisammensein im Gemeinschaftszelt, schreiben wie die Teufel, und alles muss peinlich genau stimmen, da kennt unser Leiter der Truppe nichts. Während die anderen längst am „Amüsieren“ sind, da stecken die überaus peniblen DDR-„Deutschen“ noch die Köpfe zusammen und beraten und besprechen und, und, und. Später fliegt Henry mit einer sowjetischen AN-2, dem einzigen einmotorigen Doppeldecker der Welt (wurde, so glaubt Henry, zum Ende des 2.Weltkrieges gebaut und im Volksmund „Nähmaschine“ genannt) zur Endredaktion nach Warschau. Drei Tage dort. Tagsüber intensives Lesen und Korrigieren, abends Spaziergang auf Warschaus Hauptstraße, auf und ab. Henry bemerkt – im Gegensatz zur DDR – viele Blumenverkäufer auf den Straßen. Und in anderen Geschäften fällt ihm die Vielfalt an Lampen für schönes Wohnen auf. Wie gerne würde er hier mit Cleo promenieren und einkaufen … Dann aber in Zivil, versteht sich. Wie dumm er doch ist, oder besser gesagt, wie dienstvorschriftenhörig. Er hatte nämlich keine Zivilsachen mitgenommen. Der Tscheche, der Pole, der sowjetische Journalist, sie alle sind weniger blöd … Irgendwann machen sie auch ein Foto auf dem Alten Markt, der rekonstruiert wurde nach der vollständigen Zerstörung im Krieg. Rückflug ins Lager mit einer „Salonmaschine“ mit bequemen Sesseln. Oberst J. nickt wohlwollend, Henry habe in den deutschsprachigen Ausgaben keinen Druckfehler zugelassen. Und sonst? Keine nennenswerte Episode, keine Komik, kein Witz des Tages? Und ob. Henry hat ihn erlebt, als einziger. Eines nachts – man schlief zu dritt in einem Hoch-Parterrezimmer mit Balkon – wacht er plötzlich von einem unbestimmten Unruhegefühl auf. Er sieht mit verschlafenen Augen eine dunkle Gestalt hinter den Fenstervorhängen. Sie schält sich hervor. Henry atemlos. Was nun? Was tun? Die anderen drei schlafen fest. Und auf dem Tisch neben dem Fenster liegen teure Fotoapparate usw. Da ruft er, mehr aus Angst als aus Notwehr: „Halt, wer da?“ Das schattenhafte Etwas, mit sehr langen Haaren, erschrickt vor diesem „Aufschrei“ und huscht an seinem Bett vorbei, stürzt zur Türe. Henry hätte mit den Händen nur zu den Beinen greifen müssen, und man hätte den verhinderten „Dieb“ dingfest machen können. Oder war es etwa kein Dieb? Aber auf „Mannessuche war „Sie“ offensichtlich natürlich nicht. Auch darauf wird es niemals eine Antwort geben …

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Zum Inhalt

Ausgangssituation ist Schweden und in Erinnerung das Haus in Berlin Schöneberg, in dem die Ziebells 1945 noch wohnen. Der Leser erfährt zunächst, wer die Eltern waren (seine Mutter stammt aus Moskau), berichtet kurz vom Evakuierungsort 1943/44 in Pommern, von der Rückkehr in das noch unter Bombenhagel liegende Berlin (Schöneberg), von den Eindrücken nach Kriegsende und vom Einleben in der neuen Gesellschaft, dabei auch von einer Begegnung der Jungen Pioniere mit Wilhelm Pieck.

Buch-Cover Ausbruch aus der Stille von Harry Popow – Mit freundlicher Genehmigung des Autors

Die Lehrzeit wird skizziert mit der Arbeit im Zwickauer Steinkohlenrevier, mit Tätigkeiten in der Geologischen Kommission der DDR und mit dem Besuch der Offiziersschule der KVP/NVA in Erfurt und in Plauen, wo er seine spätere Frau kennenlernte.

Wie lebt ein junger Offizier in der Einöde im Nordosten der DDR, welche Gedanken und Gefühle bewegen ihn? Darum geht es in den nächsten Aufzeichnungen seiner Impressionen. Seine Träume führen ihn mitunter weg vom Kasernenalltag und so nimmt er die Gelegenheit wahr, für fünf Monate im Walz- und Stahlwerk Eisenhüttenstadt als einfacher Arbeiter tätig zu sein.

Durch Versetzungen gelangt er nach Potsdam. Dabei kommen Querelen des Alltags als Ausbilder und später als Politoffizier nicht zu kurz. Ein Glücksfall für ihn, als er nach Neubrandenburg in einen höheren Stab als Redakteur berufen wird. Er beginnt ein Fernstudium als Diplomjournalist an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Inzwischen ist er längst glücklich verheiratet. Die Höhen und Tiefen eines Militärjournalisten – die zwingen ihn, vieles neu zu überdenken. Vor allem als einstiger Ausbilder gelingt es ihm, die Probleme der Soldaten immer besser zu verstehen und sie bildhaft zu schildern.

Die spätere Arbeit als Abteilungsleiter in der Wochenzeitung „Volksarmee“ macht ihm nicht nur Spaß, er nimmt auch Stellung gegen Ungereimtheiten, was ihm nach der Entlassung aus dem aktiven Armeedienst und der Tätigkeit als Journalist im Fernsehen der DDR nicht nur böse Blicke einbringt. So fährt er im September 1989 seiner Tochter nach Ungarn hinterher, um herauszukriegen, weshalb sie mit ihrem Partner abgehauen ist; er gibt ihr dabei das Versprechen, sie in keiner Weise als Tochter zu verurteilen. Nach seiner Rückkehr wird er mit einer Parteistrafe gerügt, die Wochen später angesichts der vermeintlichen Verstöße und Fehler durch die Politik nicht mehr relevant scheinen und wieder gestrichen wird. Auf Unverständnis stößt er auch bei seinen Mitarbeitern, als er nach der Teilnahme an der Dokumentarfilmwoche1988/89 in Leipzig angeblich nicht die erwarteten Schlussfolgerungen zieht.

Nach der Wende: Versuche, arbeitsmäßig Fuß zu fassen, u.a in Gran Canaria und in einer Steuerfirma. Die Suche nach Alternativen, günstiger zu wohnen, sowie die Sehnsucht nach Ruhe führt das Ehepaar nach Schweden.

Episoden aus dem Dorfleben und von vielen Begegnungen, so z.B. bei der Geburtstagsfeier einer siebzigjährigen Schwedin, machen den Alltag und die feierlichen Momente in der „Stille“ nacherlebbar. Keine der in der DDR erlebten Widersprüche und politischen Unterlassungssünden wirft den überzeugten Humanisten aus der Bahn, wogegen die Kapitaldiktatur mit ihren hörigen Medien, politische Manipulationen und Lügen im angeblich so demokratischen Deutschland ihn aufbringen – er bleibt ein Suchender, auch nach der Rückkehr im Jahre 2005 nach Deutschland. Als Rentner, Blogger, Rezensent undund Autor!

 

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Harry Popow: AUSBRUCH AUS DER STILLE. Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten. © Copyright by Harry Popow, Verlag: epubli, Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, Erscheinungsdatum 18.02.2019, ISBN: 9783748512981, Seiten: 500, Preis: 26,99 Euro.

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Über den Autor: Geboren 1936 in Berlin Tegel, erlebte Harry Popow (alias Henry) in seinem Buch „Ausbruch aus der Stille“) noch die letzten Kriegsjahre und Tage. Ab 1953 war er Berglehrling im Zwickauer Steinkohlenrevier. Eigentlich wollte er Geologe werden, und so begann Harry Popow ab September 1954 eine Arbeit als Kollektor in der Außenstelle der Staatlichen Geologischen Kommission der DDR in Schwerin. Unter dem Versprechen, Militärgeologie studieren zu können, warb man ihn für eine Offizierslaufbahn in der KVP/NVA. Doch mit Geologie hatte das alles nur bedingt zu tun… In den bewaffneten Kräften diente er zunächst als Ausbilder und danach 22 Jahre als Reporter und Redakteur in der Wochenzeitung „Volksarmee“. Den Titel Diplomjournalist erwarb der junge Offizier im fünfjährigen Fernstudium an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Nach Beendigung der fast 32-jährigen Dienstzeit arbeitete er bis Ende 1991 als Journalist und Berater im Fernsehen der DDR. Von 1996 bis 2005 lebte der Autor mit seiner Frau in Schweden. Beide kehrten 2005 nach Deutschland zurück. Sie sind seit 1961 sehr glücklich verheiratet und haben drei Kinder, zwei Enkel und zwei Enkelinnen.

Frühere Artikel von Harry Popow

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Sep.04
on 4. September 2019
Veröffentlicht in: Jacqueline Andres

Jacqueline Andres

Die Abschaffung der Bundeswehr – das ist Klimaschutz!

Rede bei der Kundgebung von Fridays for Future in Tübingen (23.08.2019)

Jacqueline Andres

Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter, als Teil der Informationsstelle Militarisierung freue ich mich sehr über die Einladung von Fridays for Future heute hier sprechen zu dürfen. Der Kampf gegen die menschengemachten Ursachen des Klimawandels geht Hand in Hand mit dem Kampf gegen Krieg und Militarisierung, denn Kriege und die Aufrechterhaltung von Militärapparaten leisten einen erheblichen Beitrag zur Erderwärmung.

Erst vor kurzem, im Juni 2019, erschien eine Studie der Brown University, die nachweist, dass das Pentagon, d.h. das US-amerikanische Militär, als weltweit größter Verbraucher von aus Erdöl hergestellten Treibstoffen auch der größte Erzeuger von Treibhausgasen ist. Allein im Jahr 2017 waren die Treibhausgasemissionen des Pentagons größer als die der Industriestaaten Dänemark oder Schweden. Die Treibhausgasemissionen des Militärs sind so hoch, dass es kaum überrascht, dass sich die US-Regierung darauf gedrängt hat, die militärbedingten Emissionen aus dem im Jahr 1997 unterzeichneten Kyoto-Protokoll auszuklammern.

By Meli1670, Pixabay, published under public domain (edited by Jakob Reimann, JusticeNow!).

Lieber würde ich euch die Zahlen zur Bundeswehr liefern, doch diese liegen nicht vor. Dennoch ist eines klar: Die Emissionen der Bundeswehr steigen mit den zunehmenden Auslandseinsätzen, mit der wachsenden Kriegslogistik der Bundeswehr und mit dem angestrebten Ausbau der Streitkräfte und der Militärausgaben. Die militärbedingten Emissionen entstehen nicht nur durch die unglaublich vielen Flugstunden der Kampfjets in Kriegseinsätzen in unserem heutigen Zeitalter der luftgestützten Kriegsführung. Es ist der Standartvorgang vor Einsätzen zunächst Aufklärungsflugzeuge bzw. Drohnen in die Luft zu schicken, dann zu bombardieren, woraufhin erst die Bodentruppen rein geschickt werden. Diese Flüge, wie jede andere militärische Aktion, müssen ständig eingeübt werden – dies passiert tagtäglich. Eine Flugstunde des Jagdflugzeugs Eurofighter produziert mit 11 Tonnen Kohlenstoffdioxid so viel, wie durchschnittlich eine in Deutschland lebende Person im gesamten Jahr produziert. Nicht nur die Luftwaffe, auch die Marine, die Landstreitkräfte und das Cyber-Kommando üben ständig auf mehr als 260 Bundeswehrstandorten den Krieg ein. Die Bundeswehr ist in mehr als ein dutzend Auslandseinsätze eingebunden und ist weltweit mit ihren umweltschädlichen Kriegsschiffen, Kriegsflugzeugen und Fahrzeugen in multi-nationale oder auch in NATO-Übungen eingebunden. Alleine letztes Jahr gab es mehr als 160 NATO-Militärübungen – fast jeden zweiten Tag also!

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Doch nicht nur die Ein- und Ausübung von Krieg beschleunigen die Erderwärmung. Es sind auch die Unfälle, die damit einhergehen. Vor einem Jahr, im September 2018, brannte wochenlang ein Moor im Emsland. Die Ursache war eine Raketenschießübung der Bundeswehr auf einem Truppenübungsplatz. Dieser wochenlang andauernde Brand setzte enorme Mengen an Treibhausgasen und Feinstaub frei. Das ist kein Einzelfall und erstaunt nicht, denn die Bundeswehr übt den Krieg und die Zerstörung ein. Die Zerstörung von menschlichen Leben, die Zerstörung der Umwelt und die Zerstörung des Klimas!

Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter, die zahlreichen Unfälle und gewollten Militäraktionen wirken lange nach. Schauen wir in die Nord- und Ostsee. Mehr als 1,6 Millionen Tonnen Munition wurden dort während und nach dem Zweiten Weltkrieg entsorgt oder versenkt. 1,6 Millionen Tonnen stellen eine solch immens große Menge dar, dass ich es nicht ansatzweise schaffe, mir diese bildlich vorzustellen! Die voranschreitende Korrosion der droht die Giftstoffe der ganzen Minen, Granaten und Bomben frei zu setzen.

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Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter, die Ressourcen dieser Welt sind endlich. Nichts ist zerstörerischer als die Militärapparate und die Rüstungsindustrie. Zerstörung ist ihre Aufgabe, es ist ihr Wesenskern. Das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) stellte fest, dass im Jahr 2018 mehr als 1,8 Billionen US-Dollar an Militärausgaben weltweit gab. 1,8 Billionen US Dollar! Und die Ausgaben sollen weiter steigen! Damit nehmen auch die Einsätze der Soldat_innen zu, die die Kriegslogistik wird ausgeweitet und die Rüstungsproduktion angekurbelt.

Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter, keine weitere Energie sollte für die Bedrohung und Zerstörung von Menschen und Umwelt verwendet werden! Lasst uns lauter und gemeinsam dafür einstehen! Die Bundesregierung redet von Klimaschutzmaßnahmen und von von der Bundeswehr, die dabei hilfreich sein soll. Die Bundesregierung redet davon, dass der Klimawandel Kriege hervorrufen werden. Jetzt soll die Bundeswehr in Thüringen, in Bayern und in Sachsen-Anhalt in den Wäldern eingesetzt werden, um abgestorbene Bäume fortzuschaffen und gegen den Borkenkäfer vorzugehen. Doch wir lassen uns nicht blenden und wir lassen uns keine Angst machen. Das Militär ist kein Waldschutz! Kriege verschärfen den Klimawandel, das Militär ist und kann kein Klimaschutz sein! Die Abschaffung der Bundeswehr – das ist Klimaschutz!

Der wochenlang andauernde Brand Moorbrand im Emsland setzte enorme Mengen an Treibhausgasen und Feinstaub frei. Die Rauchwolke konnte von Weltall aus gesehen werden. By Karl-Ludwig Poggemann, Flickr, licensed under CC BY 2.0.

Wie uneinsichtig und arrogant, wie menschenverachtend die Politik der Bundesregierung weiterhin ist, zeigen die erst am 21. August 2019 erschienen Leitlinien der deutschen Arktispolitik. Deutsche Arktispolitik – welch schlechte Idee! Wenn wir an die Arktis denken, kommen uns wahrscheinlich Bilder von Eisbären auf schmelzenden Eisschollen in den Kopf, Bilder von Schlittenhunden, die nicht mehr über Eis rennen, sondern durchs Wasser, Bilder von den seit Wochen andauernden Bränden im Norden Kanadas und Alaskas, in Sibirien und in Grönland! Der Bundesregierung scheinen andere Bilder in den Kopf zu kommen: Bilder von neuen Schiffswegen, Bilder von nun abbaubaren Ressourcen, von industrieller Fischerei und zugänglichem Erdöl, von gewinnbringenden Absatzmärkten. Sie wagen es, in dem letzten der sechs Leitlinien zu behaupten, es sei ihr an der „Einbeziehung der indigenen Bevölkerung und Wahrung von deren Rechten auf Freiheit, Gesundheit und Selbstbestimmung in ihrem Lebensraum“ gelegen. Wenn das Recht der Bewohner_innen der Arktis der Bundesregierung auch nur ansatzweise wichtig wäre, gäbe es keine „deutsche“ Arktispolitik! Wenn ihr Recht auf Freiheit und Gesundheit wichtig wäre, dann würde die Bundesregierung nicht von ihrer sicherheitspolitischen Eingebundenheit in der Arktis reden. Das riecht nach der Präsenz von NATO-Kriegsschiffen in der Arktis, das ist kein Klimaschutz, das ist keine Unterstützung der Selbstbestimmung der Menschen vor Ort – das ist die alte gleiche Leier von militärischer Absicherung deutscher Wirtschaftsinteressen. Diese Leier kennen wir und wir lehnen sie ab! Wir wollen keine „wirtschaftlichen Aktivitäten deutscher Unternehmer in der Arktis“. Wir wollen Klimaschutz und keine deutsche Arktispolitik und erst recht keine Kriegsschiffe in der Arktis!

Die unbändige Sucht nach stetigem Wirtschaftswachstum unserer kapitalistischen und neoliberalen Wirtschaftsordnung treiben uns in den ökologischen und menschlichen Ruin! Das ist kein Status Quo, der schützenswert ist, das ist ein Zustand, der aufgegeben und bekämpft werden muss. Etwa 20% der Weltbevölkerung verbrauchen rund 80% der Ressourcen. Das muss ein Ende haben! Wir wollen keine Kriege, keine Kriegsübungen und keine Rüstungsproduktion, um Zugänge zu Ressourcen zu sichern. Nein! Wir wollen keine Wirtschaftsinteressen sichern, sondern Menschen und ihr Leben!

Das ist der Ruf nach dem Ende des Kapitalismus, der nur mit der Zerstörung des Planeten und mit Kriegen aufrecht erhalten bleibt.

Wir müssen endlich weniger verbrauchen!

Es ist an der Zeit, Menschen und das Klima vor Profite zu stellen.


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Erstveröffentlichung in Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder und Bildunterschriften wurden teilweise oder ganz von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.

Über die Autorin: Jacqueline Andres schreibt als Referentin für die IMI unter anderen zu den Themen Jemenkrieg, Rüstungsexporte, Militarisierung der EU-Migrationspolitik und den antimilitaristischen Widerstand. Jacqueline hat außerdem am Schwarzbuch Bundeswehr der Rosa-Luxemburg-Stiftung mitgeschrieben, das hier zum Download bereitsteht.
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Sep.03
on 3. September 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Victor Grossman

Victor Grossman

ARE GERMAN GREENS ON THE LEFT

Berlin Bulletin No. 163
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Victor Grossman

True enough, as this article points out, the German party called The Greens has certainly soared to an amazingly strong position in the political spectrum;  it is even grasping for the very top job soon to be vacated by Angela Merkel, with some hope for success. But placing it on “the Left” is not at all so certain. It may be green in its environment program but in terms of political hues, unlike its American namesake, it is by no means so clearly in the red, or leftist, rainbow sector.

The party began nearly fifty years ago as a radical, angrily-attacked antidote to the stolid West German scene. With its feminist, anti-establishment, equalitarian and above all environmentally conscious words and actions, symbolized by wearing sneakers to government receptions and hand-knitted sweaters to parliamentary sessions, its break with traditions was almost a shade of Woodstock ten years earlier.

But its “realo” faction outscored its “fundis”, pragmatic “realists” beat leftist “fundamentalists”. When it joined a government coalition with the Social Democrats on the federal level in 1998, its radical aspects retreated. The major break came when Joschka Fischer, its leader and foreign minister, sent German bombers against Serbia, a brutal war crime based on lies (now increasingly coming to light). It was the first time since 1945 that Germans in uniform (in planes) killed people outside their national borders, and was made possible by German unification nine years earlier – and by the Greens. In its years sharing the helm of state, until 2005, a whole series of measures were also passed against Germans at home –hitting hardest at the jobless and at pensioners, while the wealthy were not just spared but richly rewarded with a multibillion cut in taxes.

Somehow, whenever the Greens gain state power, in those years on the national level or in state-level cabinet posts, their militancy often gets diluted like over-watered coffee in a bad café.

Strong on equality for women, LGBTI rights, on opposing racism, hatred of foreigners and neo-fascists of every new brand and variety, they gained their big new increase in strength largely thanks to growing awareness by millions of the rapid destruction of our environment, felt clearly in rising temperatures, droughts and floods. Their sins in federal cabinets were largely forgotten after 2005; indeed, a major plus point is currently their simple absence from any wimpy federal government.

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But it’s better not to look too closely at their actions on state levels. After fighting long and conspicuously against further extending the huge Frankfurt airport – “Save our environment!” – they made the then unusual decision to join in a state government with the right-wing Christian Democratic Union (CDU). When their leader became deputy minister president and economics minister, they somehow forgot opposition and approved the extension (though the Herr Minister himself was somehow unable to attend its fancy opening ceremony, with or without sneakers and a wool sweater.

A year ago a majority of Germans, with the Greens among the loudest, celebrated the decision to save the ancient Hambacher Forest between Cologne and Aachen after its passionate defense by countless demonstrators, with some holding out in tree huts. Rarely mentioned was the fact that five years earlier, when the Greens shared coalition posts with the Social Democrats ruling the state of North-Rhine-Westphalia, their three cabinet ministers had all approved cutting down the forest in favor of open pit lignite coal digging.

Another example is from northern Schleswig-Holstein. While handsome Green national co-chair Robert Habeck loudly calls for capping rent levels – an urgent demand now heard on many sides – the three-party coalition up there, with the CDU and the Greens and the openly pro-capitalist Free German Party (FDP), quietly lifted the existing state lid on rent increases. Again the Greens bowed to their “Christian” partner.

In the state of Baden-Wurttemberg in southwest Germany the Greens also joined in a coalition with the CDU-rightists, but this time, in the first and only case thus far in Germany, as head of a state government. But here, too. their somehow still popular, tall, scratchy-voiced Minister President Winfried Kretschmann seemed to overlook his Green roots. His roots searched richer soil; the giant Daimler-Benz maker of Mercedes cars is centered near his capital, Stuttgart. As he has often made clear, he knows which fertilizer is most advantageous. For years his special sleek green Mercedes government vehicle was famous for its 441 horse power. “I am very big and I need to travel quickly” he explained. (But a critical journalist asked if he really needed a speed of up to 150 mph.)

When even greater speed is necessary, he flies. Dismissing the highly-publicized demands of Robert Habeck for an ecological  ban on domestic flights in Germany he said: “I don’t think much of all that moralizing … We shouldn’t dictate people’s style of life.” That also seems to apply when Daimler, like Volkswagen, BMW and the others go in for a bit of leaded exhaust pipe trickery.

The Greens have been finding it ever easier to abandon earlier inhibitions about teaming up with the right-wing Christian CDU – and making all kinds of compromises while doing so.

In this way, they seem to be replacing the Social Democrats, who have long been doing the same thing – and thus moving currently to the brink of disaster; their membership has halved, their status in national polls is now at 13 percent. This has forced them into an almost desperate hunt for new leaders; about a dozen male-female duos now choke the field of candidates, somewhat like US presidential campaigns. It is also forcing them to add an almost forgotten left-sounding timbre to their voices, at least when elections approach.

The Greens also speak in progressive tones – and still take some positions in that direction. Maybe a fitting symbol for them would be some kind of mixed bag, some contents generally attractive, others attractive only as coalition partners for the CDU, for unlike the Social Democrats they have almost no complicating ties to the union movement, hence must make no traditional bows in that direction. The Green membership was largely based on once rebellious collegians, most of whom are now highly educated, upper middle-class professionals. It is not yet clear if this base is now broadening.

When it comes to foreign policy, they are more Russophobic than any other party, always from a purely humanitarian standpoint, of course, like some American politicians on both sides of the aisle.  While the Social Democrats sometimes lean here and there towards diplomacy in a world threatened constantly by the menace of atomic war, the Greens lean all too often toward confrontation.

But the Greens are not a monolithic bunch. Some members and some local groups still recall progressive trends from their past – and not exclusively restricted to well-spoken words.

The three states in Eastern Germany now facing elections (two of them on Sunday) will be forced to decide on coalitions; no party will be strong enough to rule alone, most likely not even in two-party tandems.  In both Thuringia (due to vote in October) and Berlin, the Greens, Social Democrats and the LINKE (Left) have long since combined to get a majority of seatsand form the government. This will very likely happen now in Brandenburg; in Saxony it may even be necessary for those three to accept the CDU as boss in a four-way attempt – if only to keep the fascistic Alternative for Germany (AfD) out of office. With German politics ever more chaotic, the elections and weeks that follow will be of critical importance. Millions are waiting with bated breath!

+++

And again I want to mention that my book “A Socialist Defector: From Harvard to Karl-Marx-Allee” with descriptions, reflections, conclusions, plus many anecdotes and some jokes, is now available. If any of you have read it – and liked it – perhaps you can tell that to your addressees. If you didn’t like it – then, instead, tell me!


More by Victor Grossman
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