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Nico Diener

¡El pueblo unido jamás será vencido! Teil 1

Hintergrundinformationen zum Verständnis der Bedeutung der chilenischen Revolution
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Nico Diener

Teil 1: Die Unidad Popular de Chile (1970-1973)

¡El pueblo unido jamás será vencido! (Ein vereintes Volk ist nicht zu besiegen)! Vor 46 Jahren, am 11. September 1973, putschte mit Hilfe des CIA das Militär in Chile und errichtete eine grausame Faschistische Diktatur.

Die Fahne der Unidad Popular

Aber was war da nun genau los – in den 1970er Jahren in Chile? Sicherlich ist, besonders bei den jüngeren Leserinnen und Lesern, der Kenntnisstand nicht gleich. Deshalb haben wir einmal die wichtigsten Fakten zusammengetragen, die ich in den nächsten Tagen in vier Teilen hier zur Verfügung stehen. Heute, im ersten Teil, geht es um die „Unidad Popular“.

In den 1960er Jahren wurden, mit direkter Hilfe der USA und multinationaler Konzerne, in Brasilien, Bolivien und Argentinien Militärdiktaturen errichtet, welche die Interessen der mit dem US-Imperialismus verbündeten Oligarchie*1 vertraten. Dennoch konnte das Anwachsen des antiimperialistischen Befreiungskampfes nicht verhindert werden. In Peru und Panama (1968), in Bolivien (1970) und in Ecuador (1972) traten antiimperialistische Militärfraktionen die Macht an. Zudem bildeten sich linke und kirchliche Strömungen aus, die für demokratische und soziale Veränderungen eintraten.

Die Volksfrontbewegung Chiles war ein Höhepunkt dieser antiimperialistischen Bewegung in Südamerika. In Chile war die kapitalistische Entwicklung relativ weit fortgeschritten. Die Arbeiterklasse verfügte über kampfbereite Gewerkschaften mit sehr vielen Mitgliedern. Seit 1964 waren die sozialreformistischen Christdemokraten unter Fürung von Eduardo Frei an der Regierung.

Gewerkschaftsmitglieder beim Wahlkampf
für die Unidad Popular

1969 gelang es der Kommunistischen Partei Chiles mit Luis Corvalan an der Spitze, mit der Unidad Popular (Volkseinheit) ein Bündnis linker Parteien zu bilden, dem neben den Sozialisten und den Kommunisten auch kleinbürgerliche und linkskatholische Oppositionsparteien angehörten. Bei den Präsidentschaftswahlen 1970 siegte die Unidad Popular knapp. Ihr Kandidat, der Sozialist Salvador Allende, erreichte 36,7% der Stimmen, gegenüber 34,9% des bürgerlichen Gegenkandidaten. Der christlich-demokratische Bewerber erhielt 27,8%.

Mit dem Antritt der „Regierung Allende“ begann in Chile ein revolutionärer Prozess der antiimperialistischen und demokratischen Veränderungen, der sich das Ziel stellte, Chile vom Imperialismus unabhängig zu machen und die Voraussetzungen für den Übergang zum Sozialismus zu schaffen.

Die Regierung der Unidad Popular verstaatlichte ausländische Großunternehmen, Banken und nationalisierte die chilenischen Bodenschätze, besonders den Kupferbergbau. Innerhalb kurzer Zeit setzte sie erhebliche Verbesserungen der materiellen Lebenslage der werktätigen Klassen durch. Für jedes Kind gab es täglich einen halben Liter Milch, ebenso erhielt jedes Kind gratis ein Paar Schuhe. Die Gesundheitsversorgung war von nun an für jedermann kostenlos. Die Mieten und Lebensmittelpreise wurden eingefroren, die Löhne massiv angehoben. Durch eine Agrarreform wurden 20.000 Quadratkilometer (das ist etwa die halbe Fläche der Schweiz) an Kollektivwirtschaften übergeben. Die Arbeitslosigkeit wurde innerhalb kurzer Zeit halbiert und die Kindersterblichkeit um 20% gesenkt. Im ersten Jahr der „Allende-Regierung“ 1971 erreichte Chiles Wirtschaft eine Wachstumsrate von 11%.

Dabei hatte die Unidad Popular von vornherein mit einer starken Gegnerschaft im Parlament und in Teilen der Armeeführung zu rechnen. Der Staatsapparat war von Gegnern der Unidad Popular durchsetzt. Die Macht war faktisch geteilt. Die Medien blieben weitgehend von der Oligachie und den Großindustriellen beherrscht.

Kubas Staatschef Fidel Castro mit dem Präsidenten
Allende bei einer Rundreise durch Chile

Von Anfang an betrieb die Großbourgeoisie eine systematische Destabilisierung. Ihre Mittel waren neben einem Wirtschaftskrieg der Boykott der verfassungsmäßigen Organe. Noch vor Amtsantritt der Regierung der Unidad Popular wurde der als verfassungstreu geltende Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General René Schneider, mit Hilfe der CIA entführt und umgebracht. Sein Nachfolger, General Prats, trat zeitweilig in die Regierung ein, trat aber im Sommer 1973 von seinem Posten zurück. Nachfolger wurde sein bisheriger Stellvertreter Augusto Pinochet.

Im März 1973 vermochte die Unidad Popular ihre Wählerbasis zu erweitern und erreichte 44 Prozent der Stimmen. Das war für den US-Imperialismus und die einheimische Oligarchie Veranlassung genug, die Vorbereitungen zum gewaltsamen Sturz der „Regierung Allende“ voranzutreiben. Die christdemokratische Partei trat offen ins Lager der Konterrevolution über. Verfassungstreue Offiziere wurden zurückgedrängt oder beseitigt.

Am 11. September 1973 schritten die Befehlshaber der Streitkräfte zum gewaltsamen Sturz der Regierung, ließen den Präsidentenpalast stürmen und ermordeten Präsident Allende.

1973: Mitarbeiter des Büros des Präsidenten Allende
werden von Soldaten überrumpelt und verhaftet

Unter dem neuen Präsidenten General Pinochet wurde eine faschistische Diktatur errichtet. Sie eröffnete einen grausamen Terrorfeldzug gegen alle fortschrittlichen Kräfte im Land. Zehntausende von Antifaschisten wurden gefoltert und ermordet und über 200.000 Chilenen gingen ins Exil. Rund 2.000 fanden in der DDR und 4.000 in der BRD Zuflucht. Die Errungenschaften der Unidad Popular wurden beseitigt und das Land wieder vollständig dem Imperialismus zur Ausbeutung der Menschen und der Natur ausgeliefert.
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Die Lehren der chilenischen Revolution

Die Ereignisse in Chile und die Niederlage der Unidad Popular bestätigten die Grundlagen der marxistisch-leninistischen Revolutionstheorie von der führenden Rolle der Arbeiterklasse, von der Notwendigkeit eines breiten Bündnisses mit anderen werktätigen Schichten und von der zentralen Rolle der Partei.

Sie bestätigen die Erfahrung, dass es unter günstigen Bedingungen zwar möglich ist, auf der Grundlage eines antiimperialistischen Bündnisses auf friedlichem Weg eine Revolution einzuleiten und einen Teil der Macht zu übernehmen aber sie beweisen auch, dass es unumgänglich ist das Volk zu bewaffnen.

Es wurde deutlich, dass das revolutionäre Volk auf die Anwendung aller Kampfformen gefasst sein muss, da die Bourgeoisie nie freiwillig auf ihre Macht und ihre Privilegien verzichtet, und dass der Imperialismus zum Einsatz aller konterrevolutionären Mittel entschlossen ist, um seine Macht zu verteidigen bzw. zurück zu gewinnen. Deshalb muss jede Revolution imstande sein, sich mit Waffen zu verteidigen*2. Das sozialistische Kuba unterstützte, trotz heftiger Kritik an dem sog. „chilenischen Weg zum Sozialismus“ die „Regierung Allende“.

Und die neuen Freunde warteten schon: General Augusto Pinochet und Franz Josef Strauß bei seinem Chilebesuch 1977. Sie stehen vor dem Einwandererdenkmal der Deutschchilenen in der Nähe des Llaquihuesees.
1973 kommentierte Strauß die Errichtung der Militärdiktatur in Chile, die auf die freie Wahl des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende gefolgt war, mit den Worten: „Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang.

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*1 In diesem Fall die nationale Klasse der Großgrundbesitzer und Fabrikanten
*2 Siehe auch: Rosa Luxemburg: „Sozialreform oder Revolution“
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>>> zum 2. Teil, 11. September 1973: Faschistischer Putsch in Chile
>>> zum 3. Teil, Salvador Allende Gossens (1908-1973)
>>> zum 4. Teil, Víctor Jara
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