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Aug.03
on 3. August 2019
Veröffentlicht in: Tobias Pflüger

Tobias Pflüger

Rüstungsministerin Annegret-Kramp Karrenbauer

Aufruf zu deutschlandweiten Gelöbnissen im Spätherbst
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Tobias Pflüger

Die neue Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) wurde unter sehr ungewöhnlichen Umständen vor dem Deutschen Bundestag vereidigt. Am 24.07. fand eine Sondersitzung, nicht im Bundestagsgebäude, sondern im „Paul-Löbe-Haus“ statt. Die Vereidigung war innerhalb weniger Minuten vollzogen. Doch dann folgte die Regierungserklärung der neuen „Verteidigungsministerin“ Annegret Kramp-Karrenbauer, und die hatte es in sich, so wie ihre bisherigen Äußerungen es vermuten ließen.

Unkonkret und allgemein für mehr Aufrüstung, das war der wahrnehmbare Impetus. Doch da, wo Annegret Kramp-Karrenbauer konkret wurde, war es deutlich: „Wir wollen uns für Europa stark machen – auch in handfesten militärischen Fähigkeiten. Vieles haben wir angestoßen. Und wir haben mit der Ratspräsidentschaft nächstes Jahr die Gelegenheit, die Europäische Verteidigungsunion auszugestalten – so, wie wir uns das im Koalitionsvertrag vorgenommen haben.“ Das heißt übersetzt, dass, obwohl die neue Ministerin wohl noch nicht recht weiß, was das ist, die Projekte der EU-Militarisierung wie PESCO (strukturierte militärische Zusammenarbeit in der EU), wie der Europäische Verteidigungsfonds (EVF) nun im Zentrum der Aufrüstung stehen werden. Die von Annegret Kramp-Karrenbauer dafür gebrachte Begründung hat sie von ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen: „Die Welt ruft nach mehr Europa. Und die Welt braucht mehr Europa“, militärisch versteht sich. Nein! Diese Militärunion ist das letzte was gebraucht wird.

Annegret Kramp-Karrenbauer bei der Truppe: „Ach so, und dann tut man damit schießen… Aber das tut doch nicht weh oder?“. Bild Youtube screenshoot

Und natürlich bekannte sich Annegret Kramp-Karrenbauer zur NATO und dem dort vereinbarten 2 % Ziel: „An dem Ziel der Bundesregierung, 2% anzustreben, ein Ziel, auf das sich alle Verbündeten wiederholt geeinigt haben, halte ich daher fest. Auf dem Weg dahin müssen und wollen wir bis 2024 ein Verteidigungsbudget in Höhe von 1,5% des Bruttoinlandproduktes erreichen. Diesen Wert haben wir abgestimmt gegenüber der NATO angezeigt und er entspricht im Minimum auch unserem Bedarf. Es geht hier, um das ganz deutlich zu sagen, nicht um Wünsche von außen, es geht hier nicht um Aufrüstung, es geht hier um Ausrüstung und Personal. Es geht um unsere Bundeswehr. Es geht um eine Bundeswehr, die die Aufgaben erfüllen kann, die wir ihr geben. Es geht um unser ureigenes Interesse.“ Wichtig ist jedoch, eine Vereinbarung ist kein verbindlicher Beschluß und muss nicht vom Bundestag umgesetzt werden.

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Diese Interessen sollen mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr umgesetzt werden, so Annegret Kamp-Karrenbauers Plädoyer: „In diesem Interesse liegen die Einsätze, die einsatzgleichen Verpflichtungen, die Dauereinsatzaufgaben und die Nationale Krisenvorsorge. Rund 18.000 Soldatinnen und Soldaten sind zurzeit in diesen Aufgaben gebunden, von der Präsenz an den Grenzen unseres östlichen Bündnisgebietes über die Stabilisierungsmissionen in Afghanistan und Mali bis zu den Beiträgen zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus in der Counter-Daesh-Koalition und unseren Stand-by-Verpflichtungen.“ Auslandseinsätze zur politischen Interessendurchsetzung. Das riecht schwer nach „Deutsche Sicherheit wird auch am Hindukusch verteidigt“. Stattdessen wäre es sinnvoll, die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu überprüfen und zu beenden.

Um Annegret Kramp-Karrenbauers Aussagen einmal in konkrete Zahlen zu übersetzen: Die Bundeswehr schreibt selbst: „In den vergangenen Jahren ist der Verteidigungshaushalt schrittweise angestiegen. 2014 betrug der Soll-Etat noch 32,4 Milliarden Euro. 2017 erhöhte er sich bereits auf rund 37 Milliarden Euro. Im Jahr 2019 liegt er nunmehr bei rund 43,2 Milliarden Euro. […] Der Anteil des Verteidigungsetats am Bundeshaushalt beläuft sich im Jahr 2019 auf 12,1 Prozent. Für investive Maßnahmen sind rund 9,9 Milliarden Euro vorgesehen.“ Mit investiven Maßnahmen sind vor allem Beschaffungen neuer Rüstungsprojekte gemeint.

Im nicht öffentlichen „Fähigkeitsprofil der Bundeswehr“, auf das sich Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer Rede bezog, werden für 1,5 % des BIP im Jahr 2023 60 Milliarden Euro Militärhaushalt angegeben, konkret durchgeplant mit Rüstungsprojekten und entsprechenden Zeitplanungen. Werden 2 % des BIP zugrunde gelegt, wie Annegret Kramp-Karrenbauer es fordert, sind bis 85 Mrd. Euro erwartbar, so haben es Wissenschaftler von SWP und DGAP ausgerechnet, 60 bis 85 Mrd. Euro u.a. für Beschaffungsprojekte. Beschaffungsprojekte, die Jahre später kommen werden und viel mehr kosten werden als veranschlagt wurde, so wie bisher. Und: Diese Beschaffungsprojekte, die dann noch verstärkter angeschafft werden, werden dann auch für den Rüstungsexport genutzt werden. So sind steil ansteigende Rüstungsexportzahlen schon jetzt vorprogrammiert.

Viele Beschaffungsprojekte werden wieder nicht wirklich funktionieren. Die bisherige Ministerin hat dann parallel einfach weitere Rüstungsprojekte bestellen lassen, und hat sich dabei umfangreich „beraten“ lassen. Annegret Kramp-Karrenbauer meinte: „Die Mittel, die Sie in diesem Haus zur Verfügung stellen, müssen schneller und reibungsloser als bisher in Personal und Material sichtbar und spürbar investiert werden. Das gilt für die Projekte, die wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern entwickeln, wie das künftige Kampfflugzeug und den Kampfpanzer. Und für die nationalen Projekte, die Sie alle kennen. Wir werden bis zum Herbst entscheiden und vorlegen, wann wir in dieser Legislaturperiode mit welchen Projekten in das Parlament gehen.“ Das von Annegret Kramp-Karrenbauer extra erwähnte „Kampfflugzeug“, sie meint damit wohl das „Future Combat Air System“ (FCAS), wird schon jetzt als Gesamtsystem mit ca. 100 Milliarden Euro berechnet. Hier deuten sich viele Milliardengräber an. Politisch verantwortlich für diese immense Geldverschwendung ist ab sofort Annegret Kramp-Karrenbauer, die CDU-Vorsitzende.

Aufrüstung kostet sehr viel Geld, ein Grund mehr, warum Annegret Kramp-Karrenbauer die Bundeswehr sichtbarer machen will. Der fast konkreteste Vorschlag ihrer Regierungserklärung war die Ankündigung von öffentlichen Gelöbnissen überall im Land am 12. November zum Geburtstag der Bundeswehr, und Annegret Kramp-Karrenbauer hätte am liebsten ein öffentliches Gelöbnis „vor dem Reichstag“. Diese Gelöbnisse, sollten sie stattfinden, werden berechtigterweise nicht ohne Protest ablaufen.

Diese Regierungserklärung von Annegret Kramp-Karrenbauer klang über weite Strecken wie eine einzige Aufrüstungserklärung. Hier sprach eine Aufrüstungsministerin. Aufrüstungswille gepaart mit offensichtlicher Inkompetenz. „Ist das eine Kriegserklärung?“ und wenn ja, gegen wen eigentlich? Nein, die Ankündigungen dieser Ministerin „versprechen“ nichts Gutes. Wir brauchen statt dieser angekündigten Aufrüstung, endlich ein Umsteuern, Investitionen in Ziviles, z.B. im Bereich der Pflege und Abrüstung, das wäre das Gebot der Stunde!


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Erstveröffentlichung in Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder und Bildunterschriften wurden teilweise oder ganz von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.

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Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
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└ Schlagwörter: 18.000 Soldatinnen, AKK, AmericanRebel, Aufrüstung, Auslandseinsätze, Bruttoinlandprodukt, Bundestagsgebäude, Counter-Daesh-Koalition, Deutsche Sicherheit, EU-Militarisierung, Europ, Hindukusch, Militärgeologie, militärische Fähigkeiten, Militärjournalisten, Militärunion, NATO, nnegret Kramp-Karrenbauer, Offiziersschule, Offiziersschüler, Paul-Löbe-Haus, Pesco, Tobias Pflüger, Ursula von der Leyen
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Aug.02
on 2. August 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Julius Jamal

Julius Jamal

Zwei ermordete Kinder und die Herkunft der Täter
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Julius Jamal

In verschiedenen Städten versammeln sich aktuell Menschen auf der Straße, weil sie um den 8-jährigen Jungen trauern, der am Montag vor einen Zug geschubst wurde und starb. Um den 2-jährigen Luis, den seine Eltern in Essen verdursten ließen, wird dagegen nicht öffentlich getrauert, nicht einmal in seiner Heimatstadt. Der Unterschied: die Herkunft der Täter.

Bahn, Foto: YouTube screenshot

100 Menschen versammeln sich am Dienstagabend in Essen und trauern am Hauptbahnhof, sie trauern um ein totes Kind, das bestialisch ermordet wurde. Ermordet von einem Mann, den es nicht kannte, ermordet von jemandem, der nicht westeuropäischer Herkunft war. Das in ihrer eigenen Stadt zwei Tage vorher der kleine Luis ermordet wurde, weil der Vater den Kleinen ohne Wasser und Getränke in ein überhitztes Zimmer sperrte, interessiert sie nicht. Der Unterschied: Luis war deutsch, sein Vater auch, Migrationshintergrund gab es nicht. Deswegen trauert die Menge in Essen in tiefer Andacht um den ermordeten 8-Jährigen aus Frankfurt, nicht aber um den 2-jährigen Essener Luis.
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Kindeswohl interessiert nicht – Herkunft schon

Es geht nicht um ein ermordetes Kind, sondern um die Herkunft der Täter. Beide Taten sind abscheulich, beide Täter gehören vor Gericht und beiden Jungen sollten unsere Gedanken gelten. Während einige noch das Kindeswohl vorschieben, sind Politikerinnen wie Alice Weidel, direkt bei der Herkunft und geben nicht einmal vor, dass es ihnen um das Kind ginge.

Ähnlich verhielten sich Dutzende andere Politikerinnen und Politiker der AfD, die alle zu Luis schwiegen, aber zu Frankfurt harte Konsequenzen forderten, wie noch mehr Abschiebungen und komplette Grenzschließungen. Das Wohl der Familie des Toten wurde nicht mehr erwähnt.

Auch die Unterschiede im Tathergang, dass Luis alleine in seinem Zimmer ermordet wurde, der Junge in Frankfurt hingegen vor aller Augen, macht nicht den Unterschied. Wie das ansonsten nicht vorhandene Mitgefühl der nun vermeintlich trauernden Rechten zeigt. Als in Nürnberg zwei 16-Jährige von einem einfahrenden Zug erfasst wurden und starben, auch sie wurden geschubst, doch ihre Mörder waren deutsch, gab es keinen Aufschrei, keine öffentliche Trauer, keine tausenden Posts durch AfD-Politiker.

Wem es ums Kindeswohl geht, der schaut nicht auf die Herkunft, sondern trauert um alle ermordeten Kinder, wie die 400 Frankfurterinnen und Frankfurter, die sich am Hauptbahnhof versammelten.

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Erstveröffentlichung in „Die Freiheitsliebe“ vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder und Bildunterschriften wurden von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.

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Über den Autor: Julius Jamal hat 2009 aus dem Wunsch, einen Ort zu schaffen, wo es keine Grenzen gibt zwischen Menschen, den Blog „Die Freiheitsliebe“ gegründet. Einen Ort an dem man sich mitteilen kann, unabhängig von Religion, Herkunft, sexuelle Orientierung und Geschlecht. Freiheit bedeutet immer die Freiheit von Ausbeutung. Als Autor dieser Webseite streitet er für eine Gesellschaft, in der nicht mehr die Mehrheit der Menschen das Umsetzen muss, was nur dem Wohlstand einiger Weniger dient.

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└ Schlagwörter: AfD, Alice Weidel, Essen, Frankfurt, Julius Jamal, Kindeswohl, Luis, Migrationshintergrund, Täter
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Aug.01
on 1. August 2019
Veröffentlicht in: Allgemein

 

Kommt am 20. September nach LEIPZIG zur Veranstaltung zum Thema:

Industrie 4.0. – Was wird aus unseren Arbeitsplätzen? – Was wird mit unserer Existenz?“

Der Referent Diethard Möller von der Zeitung Arbeit-Zukunft wird aufzeigen, wie unsere Zukunft aussieht und die Frage stellen ob wir „kleinen Leute“ überhaupt eine Überlebenschance haben, wenn mit Industrie 4.0 Millionen Arbeitsplätze überflüssig werden.

Der Eintritt ist frei, Getränke gibt es zum fairen Preis.

Für die musikalische Unterhaltung sorgt das Duo Gaby und Wolfgang Vallentin mit Mutmachiedern und Liedern zum Nachdenken.

>>> Das Thema Arbeitsplätze wird die nächsten 10 bis 20 Jahren dominieren. Bis zu 20 Mio. Menschen werden durch »Industrie 4.0« ihre Arbeit verlieren. Das sind Verhältnisse die Dean Reed und die fortschrittlich denkenden Menschen seiner Zeit nicht für möglich gehalten hätten. Aber das ist eben erst der Anfang – »Industrie 4.0« wird Millionen neuer Hartz IVler, Leiharbeiter und Billigstlöhner schaffen.
»Industrie 4.0« lässt sich nicht aufhalten – die große Frage ist deswegen, wie sieht die Zukunft aus, in der eine Erwerbstätigkeit nicht mehr die Möglichkeit bietet die eigene Existenz zu sichern. Die Einführung der 30-Stunden-Woche würde nicht reichen. Schon heute ist eine deutlich radikalere Arbeitszeitverkürzung nötig, wenn man allen eine Erwerbstätigkeit ermöglichen will, die man zur Existenzsicherung benötigt.“
„Also heißt es: Lernen!“ So leicht ist das leider auch nicht. Abgesehen davon, dass man mit 55+ nicht mehr umschult, kommt hinzu, dass wir alle gleich klug sind.

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Die Veranstaltung findet im Rahmen des 12. Dean-Reed-Festivals statt. Das komplette Programm findet Ihr hier:
http://www.deanreed.de/AmericanRebel/elcantor/12-dean-reed-festival/

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Das Kulturrestaurant BasaMo Insel, findet ihr im im Stadtteil Lindenau, in der Odermannstraße 8., Erreichbar mit der Tram Linie 15, Haltestelle Lindenauer Markt. Beginn 19:00 Uhr.

 

└ Schlagwörter: Allgemein, AmericanRebel, Arbeit Zukunft, Diethard Möller
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Juli29
on 29. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein

 

Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.  (BBU)

„Kein atomares Wettrüsten –
Urananreicherung sofort beenden – auch in Gronau“

4. August 2019, 13 Uhr: Kundgebung an Urananreicherungsanlage Gronau
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Friedens- und Anti-Atomkraft-Initiativen aus Westfalen und aus dem Weser-Ems-Bereich rufen für Sonntag, 4. August 2019, um 13 Uhr zu einer Friedenskundgebung vor der bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau auf. Auch der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), die Ärzteorganisation IPPNW und der NRW-Landesverband der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) rufen zur Teilnahme an der Kundgebung auf. Das Motto der Kundgebung lautet: „Kein atomares Wettrüsten – Urananreicherung sofort beenden – auch in Gronau“. Die Initiativen und Verbände warnen eindringlich vor einem neuen atomaren Wettrüsten.

Anlässe der Kundgebung sind erstens das Auslaufen des INF-Mittelstreckenvertrags am 2. August sowie die Jahrestage der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki am 6. bzw. 9. August.

Zweitens kritisieren die Initiativen und Verbände die Aufkündigung des Iran-Abkommens durch die USA, was die militärische Nutzbarkeit der Urananreicherung erneut in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung rückt. Der Iran hat nunmehr angefangen, höher angereichertes Uran mit bis zu 20 % Uran 235 herzustellen. Die Gefahren dieser unkontrollierten Urananreicherung sind nicht abzuschätzen.

Drittens lehnen die Initiativen und Verbände ausdrücklich die jetzigen Versuche des auch in Gronau ansässigen Urananreicherers Urenco ab, in den USA selbst Uran bis zu 20 % Uran 235 anreichern zu wollen. Damit will auch der britisch-niederländisch-deutsche Urenco-Konzern den gefährlichen Sektor zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Urananreicherung weiter beschreiten. Vor wenigen Tagen warnte Oliver Meier, Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), gegenüber der Deutschen Presse Agentur mit Blick auf den Iran vor einer solcher Höheranreicherung: „Wer auf 20 Prozent angereichert hat, hat 90 Prozent der Arbeitsschritte bis zum waffenfähigen Uran hinter sich.“

Die Initiativen und Verbände fordern deshalb von der Bundesregierung ein Veto gegen diese unverantwortlichen Urenco-Pläne in den USA. Zudem fordern sie von der Bundesregierung die Beendigung der Urananreicherung in der Bundesrepublik Deutschland. „Wer im Iran und andernorts glaubhaft für ein Ende der Urananreicherung und für Abrüstung werben will, muss selbst mit gutem Beispiel vorangehen und zuhause freiwillig auf die Urananreicherung verzichten. Das wäre ein international enorm wichtiges politisches Signal – besonders in Zeiten, wo zentrale internationale Abrüstungsabkommen auf der Kippe stehen. Die Urananreicherung in Gronau wird beim Atomausstieg in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr benötigt, die Bundesregierung muss diese einmalige Chance nun nutzen,“ erklärte Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umwelt Gronau und Vorstandsmitglied beim Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz.
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Kundgebungs-Aufruf:

Der gesamte Kundgebungs-Aufruf findet sich unter https://bbu-online.de.

Direktlink: https://bbu-online.de/Aktuelles/Aufruf%20PDF%20UAA-Kundgebung%2004.08.19.pdf

Weitere Informationen:cwww.sofa-ms.de <http://www.sofa-ms.de>, www.ippnw.de

<http://www.ippnw.de>, https://nrw.dfg-vk.de/startseite

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└ Schlagwörter: AmericanRebel, Ärzteorganisation IPPNW, Frieden, IPPNW, Iran, Iran-Abkommen, Urananreicherung, USA, Weser-Ems-Bereich
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Juli29
on 29. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Siegfried None

Siegfried None

Kempten/Immenstadt: Strafverfolgung wegen Kirchenasyl!

400 Menschen, darunter zahlreiche Pfarrer/innen und Krichenvertreter, protestierten öffentlich!
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Siegfried None

Ulrich Gampert, ein evangelischer Pfarrer in Immenstadt/Allgäu, hat einen Strafbefehl über 4.000 € bekommen. Sein „Verbrechen“: Er gewährt einem jungen Mann, der aus Afghanistan geflüchtet ist und abgeschoben werden soll, Kirchenasyl.

In der Sendung „quer“ des Bayerischen Rundfunks wurde darüber berichtet.

Seit dem Ende des 2. Weltkriegs 1945 ist das das erste Mal, dass wegen der Gewährung des Kirchenasyls eine Strafe verhängt wurde. Übrigens hat auch der afghanische Flüchtling einen Strafbefehl bekommen, weil er sich der Abschiebung durch das Kirchenasyl entzogen hat. Für das Kirchenasyl, so der Kommentar der Sendung, gebe es keine juristische Regelung, aber bislang habe es der Staat stillschweigend geduldet. Dem ist anscheinend nicht mehr so. Grund dafür ist die „härtere Gangart“, die der Staat nunmehr gegen Flüchtlinge und deren Helfer einzuschlagen gedenkt.

400 Menschen, darunter zahlreiche Pfarrer/innen und Krichenvertreter, protestierten öffentlich!

Im Juni 2018 beschloss die Innenministerkonferenz der Bundesrepublik eine Verlängerung der Frist, innerhalb der Flüchtlinge in das Erstaufnahmeland in der EU zurückgeschickt werden können, von 6 auf 18 Monate. Also sind nicht anerkannte Asylsuchende, die über ein Drittland nach Deutschland gekommen sind, gezwungen, sich 18 Monate vor dem Zugriff der Abschiebe-Behörden in Sicherheit zu bringen. Bald nach dem Beschluss der Innenminister setzte Horst Seehofer einen neuen Chef des BAMF ein: Hans-Eckhard Sommer. In der genannten Sendung wird Sommer folgendermaßen zitiert: „Ich sehe mich als Hardliner“, „Bei Abschiebungen noch besser werden.“ und „BAMF schreckt nicht vor Kirchenasyl zurück“. Die Marschrichtung des Staates ist also klar: Gegen Flüchtlinge und gegen Menschen, die ihnen helfen, in Deutschland Asyl zu bekommen.

Aber Pfarrer Gampert und die ev. Landeskirche wehren sich gegen den Strafbefehl. Sie haben Einspruch dagegen eingelegt. Am vergangenen Dienstag fand in Kempten ein Schweigemarsch von über 400 Menschen, darunter mehr als ein Dutzend Pfarrerinnen und Pfarrer, als Protest gegen die Kriminalisierung des Kirchenasyls statt.

Wir solidarisieren uns mit allen Menschen, die sich für die Rechte von Geflüchteten und Asylbewerbern in der Bundesrepublik einsetzen. Man fragt sich schon: für Aufrüstung, für unnütze Bauvorhaben wie Stuttgart 21, für Ministergehälter und Abgeordnetendiäten ist immer genug Geld da, aber jeder Flüchtling, dessen Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, ist anscheinend einer zu viel, der dem deutschen Staat auf der Tasche liegt.

Wir sind nicht der Meinung, dass alle Flüchtlinge auf der Welt zu uns nach Deutschland kommen sollten – das wäre bei der Zahl von über 71 Millionen auch gar nicht möglich – und wir wollen auch nicht, dass Verbrecher wie Anis Amri, der vom Verfassungsschutz gepäppelt wurde, nicht abgeschoben werden. Wir wollen gleiche Rechte für alle, auch für Flüchtlinge!

Dieser Staat kann das nicht gewähren. Er braucht die Spaltung der Gesellschaft in arm und reich, in Herrschende und Beherrschte, in Rechtlose und noch Rechtlosere, in „Underdogs“, an denen man seine Wut und seinen Frust auslassen kann, wie es Rassisten und Neonazis machen.

Witzig bemerkte der Kommentator von „quer“ am Ende des Berichts zum Vorgehen des Staats: „Da könnte einem die AfD fast leid tun. Was sollen die noch fordern?“

Die Sendung kann hier in der Videothek des BR angesehen werden:

.Erstveröffentlichung am 28. Juli 2019 in Arbeit Zukunft online. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
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Weitere Artikel von Siegfried None
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Juli28
on 28. Juli 2019
Veröffentlicht in: Ralf Ripken

Ralf Ripken

Heute mal ein Lob an die EU!

Ralf Ripken

Oft meckern wir, jedoch möchte ich heute mal genau das nicht tun!
Ich finde es richtig das die EU, wegen des Jahrzehnte langen Nichts-Tuns der Bundesregierung, in Sachen Nitrat im Wasser, nun härter angeht, sogar eine Strafe von 875.000 € täglich verhängt!

Seit nun mehr 26 Jahren dümpelt unsere Regierung dahin, geschuldet den Billiglöhnen, den niedrigen Preisen für Agrarprodukte, dem Billigfleisch-Produzenten, den Niederländern die seit einer Reform im eigenen Land nun die Gülle nach Deutschland exportieren und den Bauernverbänden die Ihre Interessen und damit immense Gewinne (für wenige) behalten möchten!
Die EU mahnt zu Recht an, was in vielen anderen Ländern Europas schon längst Standard ist.
Es geht hier um unser Trinkwasser! Dass sich die Bundesregierung und auch viele Landesregierungen aber liebe hinter die Verbände stellt, zeigt klar, wie der Stellenwert der eigenen Bevölkerung in den Augen viele Politiker und auch Verbände ist!
Was viele nicht berechnen, bedenken ist, das wir nicht nur schlechtes Wasser trinken, sondern das auch die Kosten für Krebsbehandlungen, die durch dieses Wasser seit Jahren zusätzlich auftreten, auf uns bereits zugekommen sind!
All das nur dafür, das wenige, wie schon erwähnt, Ihren Verdienst erhalten, andere,, meist kleine Bauern, so niedrig gehalten werden das die Güllefrage deren Existenz bedroht!
Jedoch hier so weiterzumachen wie bisher, das Wasser, das eh ein immer knapperes Gut werden wird, auch in Deutschland, weiter zu verunreinigen!

Das einzige, was man der EU hier also vorwerfen kann ist, das sie so lange gewartet hat.

Unsere Politiker hingegen haben wieder mal den Ernst der Lage nicht verstanden. Die jetzige Hau Ruck Aktion um die in zwei Monaten angedachte Strafe abzuwenden kommt zu spät, die neue Verordnungen der letzten Zeit waren, wie auch bemängelt, nur halbherzig und unzureichend!
Was wir endlich brächten, wären Parteien und auch Politiker die völlig neue Wege gehen, die für Umwelt und Menschen regieren, entscheiden und nicht für Wirtschaftsinteressen.
…und eine Bevölkerung die diese dann wählt!
  • PS. Ich habe hier als zweiten Link mal einen älteren Beitrag (2013) beigefügt, nur um aufzuzeigen da die Diskussion wirklich nicht neu ist!
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nitrat-guelle-landwirtschaft-acker-kloeckner-1.4399865
https://www.deutschlandfunk.de/zuviel-nitrat-im-grundwasser.697.de.html?dram:article_id=258929

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Zeitbombe im Trinkwasser [Doku von »planet e«]

Zeitbombe im Trinkwasser [Doku HD]

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Weitere Beiträge von Ralf Ripken

 

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Juli28
on 28. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Jakob Reimann

Jakob Reimann

Kriegspropaganda in der Tagesschau

Jacob Reimann

Die Tagesschau ist das Flaggschiff der deutschen Nachrichtenlandschaft. Täglich schalten bis zu zehn Millionen Menschen um 20.00 ein und informieren sich über das Weltgeschehen. Wir müssen wachsam bleiben.

Gestern konnten wir bei genauem Zuhören in einem Beitrag in der Tagesschau ein ebenso winziges wie wichtiges Detail subtiler Kriegspropaganda vernehmen.

Der Beitrag behandelte einen Vorfall im Persischen Golf, laut dem Boote der iranischen Revolutionsgarden versuchten, einen britischen Öltanker an der Weiterfahrt durch die Straße von Hormus zu hindern (was Teheran abstreitet).

In seinem Bericht setzt der Washington-Korrespondent der Tagesschau, Stefan Niemann den vermeintlichen Vorfall im Persischen Golf – vollkommen richtig – in den größeren Zusammenhang:
„Streit gibt es zwischen Teheran und London bereits um einen Supertanker mit iranischem Öl an Bord. Die Briten hatten ihn vergangene Woche vor Gibraltar wegen des Verdachts illegaler Öllieferungen für Syrien festgesetzt, wogegen der Iran heftig protestiert.“
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Hier der 2-Minuten-Bericht. Es geht um ein einziges Wort –
Propaganda erfolgt nicht mit dem Vorschlaghammer, sondern mit der Subtilität eines Windhauchs.

(Über den Inhalt des zweiten Teils des Beitrags, Washingtons Ambitionen zur Gründung einer „Koalition der Willigen“, habe ich am Mittwoch ausführlich berichtet.)

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Einen Moment, bitte – „illegale Öllieferungen für Syrien“?

Ein wenig Background: Am 4. Juli setzte die britische Regierung vor Gibraltar – ein bizarres Relikt des British Empire: die kaum sieben Quadratkilometer kleine Landzunge im Süden der Iberischen Halbinsel ist britisches Territorium – den iranischen Öltanker Grace 1 fest.

Fabian Raymond Picardo, Chief Minister von Gibraltar, sorgt in einem offiziellen Statement für Klarheit:

Der ARD-Washington-Korrespondent, Stefan Niemann, ist für den hier kritisierten Bericht verantwortlich. Bild: Youtube screenshot

„Die Regierung von Gibraltar hat berechtigten Grund zur Annahme, dass das Schiff, die Grace 1, gegen die Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien verstoßen hat. Wir nehmen berechtigterweise an, dass die Grace 1 ihre Rohöllieferung in die Banyas-Raffinerie in Syrien transportieren wollte. Diese Raffinerie ist Eigentum eines Unternehmens, das den Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien unterliegt.“

Die Frage stellt sich nun, ob ein iranischer Tanker, der Öl nach Syrien verschifft, „den Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien unterliegt“? Haben wir es also mit einer „illegalen Öllieferung“ zu tun, wie uns die Tagesschau subtil mit auf den Weg gibt?

Die EU liefert Abhilfe und beantwortet diese Frage in ihren Syrien-Sanktions-FAQs. Demnach ist der Geltungsbereich der Sanktionen wie folgt festgelegt (der Übersicht halber teils von mir zusammengefasst, nicht wörtlich zitiert):

  1. im Gebiet der EU
  2. an Bord von Flugzeugen und Schiffen unter der Hoheitsgewalt eines EU-Mitgliedstaats
  3. für Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats
  4. für Entitäten, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet oder eingetragen sind
  5. für Entitäten, die Geschäfte in der EU betreiben

Trifft irgendeiner dieser Punkte auf einen iranischen Öltanker auf dem Weg nach Syrien zu?

Geht die EU nun denselben Weg wie US-Präsident Trump und verhängt über drei Ecken Sekundärsanktionen gegen alles und jeden?

Und die vielleicht wichtigste Frage:

Warum macht sich die Tagesschau zum Sprachrohr US-amerikanischer Kriegspropaganda?

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Erstveröffentlichung auf JusticeNow. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers

Über den Autor: Als studierter Biochemiker hat Jakob Reimann ich ein Jahr in Nablus, Palästina gelebt und dort an der Uni die Auswirkungen israelischer Industrieanlagen auf die Umwelt und die Gesundheit der Menschen in der Westbank erforscht. Nach einiger Zeit in Tel Aviv, Haifa, Prag und Sunny Beach (Bulgarien) lebt er jetzt wieder in Israel und kennt daher „beide Seiten“ des Konflikts und die jeweiligen Mentalitäten recht gut. Soweit er zurückblicken kann ist er ein politisch denkender Mensch und verabscheut Ungerechtigkeiten jeglicher Art. Aus bedingungslos pazifistischer Sicht schreibt er gegen den Krieg an und versuche so, meinen keinen Beitrag zu leisten. Seine Themenschwerpunkte sind Terrorismus, das US Empire, Krieg (Frieden?) und speziell der Nahe Osten.

Weitere Artikel von Jakob Reimann

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Juli27
on 27. Juli 2019
Veröffentlicht in: Andreas Habicht

Andreas Habicht, Málaga

Warum wir nicht in einer Demokratie leben.

Andreas Habicht

Zugegeben, der Titel hört sich schon provokant, bzw. nach einer Verschwörungstheorie an… Allerdings ist der Neoliberalismus eines der totalitärsten Gesellschaftssysteme überhaupt. Er lässt die Menschen im Glauben sie würden in einer Demokratie leben. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Gesellschaftssystem das „über Leichen geht“, von dem sehr viele nicht einmal wissen, dass es überhaupt existiert.

Wir bekommen bei jeder sich bietenden Gelegenheit erzählt, dass wir in einer Demokratie leben würden. Für den “unbedarften Normalbürger”, scheint dies auch tatsächlich so zu sein, werden wir nicht regelmäßig dazu aufgefordert, unsere “Volksvertreter” zu wählen oder uns auch auf andere Weise in das “demokratische Geschehen” einzubringen.

Neoliberalismus und Demokratie – ein Widerspruch

Allerdings, die Leute, die wirklich die Macht in den Staaten ausüben, können wir nicht wählen und die demokratisch gewählten Politiker, sind allemal nichts anderes, als Erfüllungsgehilfen, die eben momentan notwendig sind, um die Macht des Kapitals und der Konzerne zu sichern und vor allen Dingen dem Ganzen dann auch einen “demokratischen Anstrich” zu geben.

Wir alle sehen es tagtäglich- grade in den vergangenen 30 Jahren, nachdem sich in den Ländern des real existierenden Sozialismus, die Konterrevolution durchgesetzt hat, wird ein beispielloser Sozialabbau betrieben. Dies kann nur geschehen, da sich das neoliberale Gesellschaftssystem heute mit keinem anderen System mehr messen muss, wie es bis 1989 üblich war. Seinerzeit sah sich vor allen Dingen Westdeutschland tatsächlich noch gezwungen, soziale Errungenschaften, die bereits in der DDR eingeführt waren, auch in der (alten) Bundesrepublik umzusetzen. Natürlich wurde das dann so verkauft, dass eben die Bundesrepublik der Sozialstaat schlechthin sei und meistens fand es auch keine Erwähnung, dass es im “zweiten Deutschen Staat” (wie man in Westdeutschland die DDR gerne bezeichnete) bereits Wirklichkeit war, was man uns “Wessis” dann als sozialen Fortschritt anpries.
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Die “Wende” schaffte günstige Bedingungen für den Neoliberalismus

Mit der sogenannten Wende, änderte sich dieses System der Sicherheit vom einen auf den anderen Tag. Zuerst wurde die Bevölkerung der DDR enteignet und sie standen vom einen zum anderen Tag, praktisch vor dem “Nichts”. Was gestern noch galt, war am nächsten Tag bereits überholt- man erzählte den Menschen von der Ineffektivität der sozialistischen Wirtschaft und dass sie praktisch in den zurückliegenden 40 Jahren nur sinnlose Arbeiten erledigt hätten.

Im Westen musste man wohl sehr viel geschickter vorgehen, sollte doch das Gesellschaftssystem hier, zumindest nach außen hin, nicht angetastet werden.

Umgehend nach der Konterrevolution, machte man sich an die Arbeit und forcierte ein Wirtschaftssystem, das sehr rücksichtslos gegen die “kleinen Leute” vorging und bis heute vorgeht. Es wurden massenweise Arbeitsplätze vernichtet, soziale Errungenschaften Schritt für Schritt, rückgängig gemacht. Betriebe, die bisher unter staatlicher Regie geführt wurden, befanden sich im Ausverkauf – nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch im Westen (ich erinnere bei dieser Gelegenheit insbesondere an die Zerschlagung der drei Postunternehmen, Post, Postbank und Telekom, allerdings waren auch andere Unternehmen, die der “öffentlichen Daseinsvorsorge” dienen von Privatisierungen betroffen und man privatisierte Dinge, für die eigentlich der Staat eine Garantie zur Aufrechterhaltung dieser Dienste übernimmt).

Alleine schon diese vorgenannten Punkte, stellen eine Demokratie zumindest in Frage, werden hier doch Dinge zur Gewinnoptimierung freigegeben, auf die wir eigentlich alle ein Anrecht haben. Bei Bahn und Post mag man hier noch Vieles “zähneknirschend” hinnehmen können, allerdings wie sieht es aus, wenn lebensnotwendige Dinge, wie das Trinkwasser privatisiert werden, um einigen Wenigen die Möglichkeit zu bieten, aus Grundbedürfnissen ein grosses Geschäft zu machen?

Das neoliberale Gesellschaftssystem steht voll und ganz im Widerspruch zu dem, was man uns ständig erzählt, es hat also mit einer Demokratie nicht wirklich etwas zu tun- ich gehe sogar soweit und behaupte, dass die Demokratie und wirklich kritisches Denken für dieses – inzwischen nahezu weltweit an der Macht befindliche – System hinderlich ist.

Natürlich möchten uns die Mächtigen im Glauben lassen, dass wir in einer Demokratie leben und inszenieren in regelmäßigen Abständen Wahlen zu den verschiedensten Parlamenten. Das Verlogene daran ist allerdings, dass mit Nichten daran gedacht ist, die Bürger tatsächlich an politischen Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen. Die einzige Aufgabe dieser Wahlen ist, den Machthabern eine “demokratische” Legitimation zu geben. Diejenigen, die tatsächlich die Macht besitzen, sind nicht, wie es eigentlich den Anschein hat, die Politiker, sondern ausschließlich Diejenigen, die die Wirtschaft (also Konzerne und Großkapital) kontrollieren. Bei der Auswahl der sogenannten Volksvertreter wird natürlich peinlichst darauf geachtet, dass sie für die Mächtigen nützlich sind (Lobbyismus). Natürlich gibt es durchaus auch Kandidaten, die ihre Politik wirklich auf die Interessen der Menschen ausrichten. Allerdings wird durch die sogenannten Qualitätsmedien, die nahezu ausnahmslos durch die Bourgeoisie kontrolliert werden, schon dafür gesorgt, dass diese nicht zuviel Einfluss gewinnen- allenfalls ist man bereit, diese Politiker/Innen in einer kleinen und überschaubaren Opposition zu dulden, bzw. wenn man sie schon an einer Regierung beteiligen muss, dass dafür gesorgt wird, dass sie eher “unwichtige” Posten bekommen.

File source: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Portrait_of_Milton_Friedman.jpg

Erreichen Parteien, die dem neoliberalen System gefährlich werden können, doch eine regierungsfähige Mehrheit (was seltenst vorkommt) und gehen sie daran ihre Versprechungen in die Tat umzusetzen, dann gibt es einen “Plan B”, der, bis jetzt, immer dann zum Einsatz kam, wenn man sich dieser Regierungen, möglichst schnell, entledigen wollte. Wir müssen und nur einmal in der Geschichte umschauen- eines der besten Beispiele dafür war der Sturz der sozialistischen Regierung Salvador Allendes in Chile und “live” können wir derzeit in Venezuela erleben, wie eine nach den Vorgaben der selbst ernannten Demokraten, an die Macht gekommene Regierung destabilisiert wird. Ich möchte nicht zu sehr ins Detail gehen, jedenfalls zählt zu der Entmachtung einer nicht genehmen Regierung stets Propaganda, die durch die sogenannte freien Medien, nahezu weltweit, verbreitet wird. Hier werden dann nach den sonst so hochgelobten Spielregeln der Demokratie (die natürlich durch die selbsternannten Demokraten festgelegt werden), plötzlich Politiker für nicht legitim erklärt, die genau nach den selben Maßstäben an die Macht gelangten, wie es zuvor auch üblich war und man bezichtigt mitunter diese Politiker des Wahlbetruges, während man Putschisten für legitim erklärt. Mitunter bedient man sich sogar offenen Faschisten, wie 1973 in Chile, um das Land vor dem zuvor inszenierten Chaos zu retten.
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Wie (vermeintlich) eigene Meinungen gebildet werden

Die sogenannten “freien Medien” spielen eine sehr wichtige Rolle bei der Verbreitung von Propaganda. Auf den ersten Blick werden in den “großen Medien” tatsächlich unterschiedliche Meinungen und Ansichten verbreitet. Allerdings sind die Unterschiede letztendlich sehr gering und die verbreiteten Meinungen stellen nicht wirklich das neoliberale Gesellschaftssystem in Frage. Dies verwundert auch nicht wirklich, denn bei den Besitzern der einflussreichen Medien, handelt es sich stets um finanzstarke Konzerne, die die Meinungen schon so hinbiegen, dass sie ins politische Konzept passen und die Menschen im Glauben sind, es handele sich um ihre eigene Meinung.

Natürlich gibt es in den Ländern der Europäischen Union (noch?) keine Zensur (bitte nicht verwechseln, wenn Medien auf gerichtlichen Beschluss abgeschaltet oder aufgefordert werden, Inhalte zu löschen, die Hetze und Hass darstellen). Diese ist auch nicht notwendig, da man die Nachfrage nach kritischen Medien auf verschiedenste Art, so steuern kann, dass diese nicht all’ zu viel Einfluss gewinnen. So kann man mi Internet, die Verbreitung durch die Suchmaschinen entsprechend steuern und es ist ja wohl einleuchtend, dass Medienkonzerne über viel grössere finanzielle Mittel verfügen, als kleine kritische Onlinemagazine, bzw. kleine Zeitungen. Bei den Printmedien verhält es sich ähnlich. Während man bestimmte, mitunter reißerisch aufgemachte – zutiefst reaktionäre – Zeitungen nahezu an jedem Kiosk kaufen kann, verhält es sich mit kritischen oder gar kommunistischen Zeitungen (ja, es gibt sie tatsächlich) ganz anders. Diese werden oftmals in Bahnhofsbuchhandlungen oder speziell ausgewählte Kiosks verbannt und sicherlich wissen viele Leute deshalb nicht einmal von deren Existenz. Indem man die Verbreitung der Medien steuert, steuert man natürlich automatisch auch die Nachfrage und somit die Meinungen in den Köpfen der Menschen. Bezeichnenderweise findet diese Steuerung immer so statt, dass die verbreitenden Meinungen keinerlei Gefahr für die wirklich Mächtigen darstellen. Es ist auch unerheblich, ob sich z.B. vielleicht auch eine Zeitung kritisch mit der Arbeit der Bundesregierung auseinander setzt (dies findet man ja tatsächlich), zumal die Bundesregierung letztendlich nicht wirklich die Macht ausübt, sondern allemal die demokratische Legitimation Derjenigen sind, die wir eben nicht wählen können.

Die Medien der Bourgeoisie richten ihr Hauptaugenmerk darauf, dass “linke” Meinungen bei der Bevölkerung letztendlich auch nicht all’ zu gut wegkommen und fördern zumindest unterschwellig rechtes Gedankengut. Dies geschieht natürlich nicht offen, denn, man ist sich durchaus bewusst, dass all’ zu reaktionäres Gedankengut natürlich nicht besonders gut ankommt, zumal man auch darauf achten muss, dass der deutschen (und europäischen) Geschichte Rechnung getragen werden muss.

Man setzt vielmehr auf das unsinnige gleichsetzen von “links” und “rechts”. Wie oft wird die These verbreitet, dass es sich bei den europäischen sozialistischen Staaten vermeintlich um genauso schlimme Diktaturen handele, wie beim Deutschland des Hitlerfaschismus- oder heute setzt man Leute die den Faschismus bekämpfen (Stichwort: “ANTIFA”) mit gewalttätigen Neofaschisten gleich. Diese Argumentation ist völlig haltlos und beweist nichts weiter, als, dass die neoliberale Propaganda sehr gut funktioniert, sind es nicht die selben Medien, die keine Gelegenheit auslassen, um den Faschismus zu verharmlosen, indem man Berichte über diese Thematik nahezu völlig weglässt. So findet man zum Beispiel bis heute, kaum Berichte zum Thema, wie gut es sich die Wirtschaft gehen liess unter faschistischen Diktaturen, vom Schlage Videla in Argentinien, Stroessner in Paraguay oder gar Pinochet in Chile.

Letzteres diente sogar als das “Versuchslabor” für den Neoliberalismus. Ja richtig- eine der brutalsten Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts gestattete es der Wirtschaft, sich nahezu ungehindert von staatlicher Kontrolle zu entwickeln, während die Freiheiten der Bevölkerung nahezu abgeschafft wurden. Sozialpolitik oder gar das Streikrecht, sind natürlich hinderlich daran, wenn es gilt, die Wirtschaft zu liberalisieren. In Chile konnte Miltoin Fridman sein Konzept des Neoliberalismus erstmals umsetzen, brauchte man hier nicht großartig auf soziale Standards zu achten.

Was Viele nicht wissen, ist, dass sich viele Regierungen bei der Umstellung ihrer Sozialsysteme, grade der Beratung durch den ehemaligen Arbeitsminister des faschistischen Pinochet- Regimes, José Piñera, in Chile bedienten 1) . Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Piñera auch für Chile eine “Agenda 2010” schuf 2). Diese Agenda bedeutete auch für Chile eine weitestgehende Privatisierung des Sozial- und Bildungssystems. Der Name von Schröders “Agenda 2010”, ist ja wohl sicherlich alles andere, als nur ein Zufall.

Genau diese Extremisten werden nicht müde, uns Kommunisten oder auch andere Linke, als Radikal zu bezeichnen und für mich stellt es schon eine gewisse Komik dar, dass sich grade solche marktradikalen Elemente, die die Vernichtung von Millionen und Abermillionen an Arbeitsplätzen und massiven Sozialabbau betreiben, gerne als gemäßigt geben.

Wenn es überhaupt eine Demokratie gibt, dann allerhöchstens in Städten und Gemeinden mit weniger als 15.000 bis 20.000 Einwohnern, denn diese sind für das Kapital wohl eher uninteressant und man findet hier vereinzelt auch alternative Projekte des menschlichen Zusammenlebens, die sogar gut funktionieren. In allen Gebilden, die grösser sind, hat die Wirtschaft einen zu großen Einfluss und man kann nicht wirklich von Demokratie reden.

Wer sich näher über das Thema „Neoliberalismus“ informieren und die Materie auch
verstehen möchte, dem empfehle ich den Youtube Kanal „Willkommen im Neoliberalismus“

10 Strategien wie MASSENMEDIEN dich täglich MANIPULIEREN 😱 Neoliberalismus nach Noam Chomsky

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Quellenangaben:

Bild: Milton Friedman, aus Wikipedia, Lizenz: CC0 1.0 Universal (CC0 1.0), Public Domain Dedication: https://es.wikipedia.org/wiki/Milton_Friedman#/media/Archivo:Portrait_of_Milton_Friedman.jpg

1) Der Spiegel, 01. Februar 1999, Stille Flucht aus dem System, https://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-9583319.html

2) Chile’s Road to Freedom (“October 29, 2005. FTA with China. Chile closed a Free Trade Agreement with China, our second biggest trade partner after the USA. This is the first such agreement of China with a non-Asian country. Chile now has FTAs with countries representing 74.4% of the world GNP. As suggested in my Agenda 2010, presented two years ago, China was a priority and the next steps should be FTAs with Japan and India. “ http://josepinera.org/articles/articles_blog.htm mit einem Verweis dorthin: http://josepinera.org/RevChilena/chile_primermundo.htm
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Weitete Beiträge von Andreas Habicht aus Malaga

 

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Juli27
on 27. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein, Liam Krüger

Liam Krüger

Survival: Folgen nicht Führen – Die Bundeswehr mit neuer Serie auf Rekrutenjagd

Liam Krüger

Von gegenwärtig ca. 180.000 SoldatInnen soll die Bundeswehr auf 203.000 im Jahr 2025 anwachsen. Doch auch bundeswehrnahe Stimmen sind skeptisch, ob es sich dabei um ein realistisches Ziel handelt. Bereits im Januar 2019 berichtete Spiegel Online: „Die Bundeswehr hat zu wenig Soldaten, und die Truppe ist überaltert, sie braucht Nachwuchs“. Doch diesen für sich zu gewinnen, dürfte in Zukunft noch schwieriger werden, als bislang bekannt. Wie ‚Bild am Sonntag‘ (‚BamS‘) unter Berufung auf interne Papiere des Verteidigungsministeriums berichtet, rechnet die Bundeswehr damit, dass 2020 von 760.000 SchulabgängerInnen nur die Hälfte für die Armee geeignet ist. Der Rest habe entweder keinen deutschen Pass, bringe nicht die nötige sportliche Fitness mit oder lehne das Militär grundsätzlich ab. Von den übrigbleibenden jungen Menschen müsste sich unter dem Strich jeder Vierte bei der Armee bewerben, damit diese ihren Bedarf decken kann.“

Bundeswehr auf der Suche nach Rekruten. Bild: YouTube screenshot

In jedem Fall muss die Truppe ihre Rekrutierungsbemühungen erheblich intensivieren – und ein Mittel spielt hierbei eine besonders herausgehobene Rolle. Hierzu schreibt der Deutschlandfunk: „Die Bundeswehr kämpft um Nachwuchs. Ohne Youtube-Serien, so die Verteidigungsministerin, geht da gar nichts!“ Solche Youtube-Serien sind tatsächlich zu einem Kernelement der Rekrutierungsanstrengungen der Bundeswehr geworden. Seit Oktober 2016, als die erste Serie dieser Art online ging, hat die Bundeswehr sechs weitere Reihen veröffentlicht. Im April 2019 kam die siebte Serie “Survival – 7 Offiziere. Eine Mission” dazu. „Survival“ ist ein Multimedia Projekt. Hauptsächlich erschien die Serie auf der Video-Plattform „Youtube“, wird aber auch durch andere Anbieter verbreitet. So kann man auf Instagram zum Beispiel den SoldatInnen aus der Serie folgen, und auch auf Snapchat und Spotify erschienen Ausschnitte. An den Serien der Bundeswehr kommt man als Nutzer Sozialer Medien kaum vorbei, wobei „Survival“, sowohl ästhetisch als auch was die Ausrichtung auf die Zielgruppe anbelangt, ein wenig neue Wege einschlägt.
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Abenteuer statt Armee

Während sich die ersten Serien, wie „Die Rekruten“ oder „Mali“, eher um “normale” SoldatInnen bzw. angehende Soldaten drehten, fokussieren sich die zuletzt erschienenen Machwerke ausschließlich auf „besondere“ Teile der Bundeswehr, wie zum Beispiel das Kommando Spezialkräfte oder die Fallschirmspringer. Man kann auch verstehen warum. Tatsächlich sind große Teile der frühen Bundeswehr-Serien ziemlich eintönig. In einem befestigten Lager in Mali herumzusitzen und ab und zu mit dem Jeep rauszufahren ist einfach kein ideales Marketingmaterial. Überleben unter extremen Bedingungen allerdings schon. Schritt für Schritt ersetzt damit Abenteuer das „traditionell“ Militärische in den Serien.

Diese inhaltliche Verschiebung hin zum Abenteuer ließ sich schon bei der Vorgängerserie zum KSK erkennen, wird aber bei „Survival“ (übersetzt: „Überleben“) noch einmal deutlicher. Natürlich werden immer die Gewehre mitgeschleppt und auch einige militärische Übungen durchgeführt, aber hauptsächlich geht es um Sport- und Teamübungen unter den Bedingungen von wenig Schlaf, wenig Essen und körperlicher und seelischer Erschöpfung. Es geht in den acht Folgen der Serie um sieben Offiziere, die an dem Lehrgang „Führer einer auf sich gestellten Gruppe“, auch „Einzelkämpfer Lehrgang” genannt, teilnehmen.

An diesem Projekt waren nach eigenen Angaben die Video-Content-Agentur „Red Pinata“, die Social Media AG „TACSY“ und die Agentur für Markenkommunikation „Castenow“ beteiligt, allesamt Unternehmen, die bereits an der Produktion und Vermarktung von Bundeswehr Youtube Serien beteiligt waren. Auch die Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg scheint eingebunden gewesen zu sein. Alle beteiligten SoldatInnen sind Studenten der Universität und die Serie ist auf der Webseite der Universität verlinkt.

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Materialschleppen in Zeitlupe

Besonders an dieser Serie ist, dass sie sich stilistisch nicht mehr viel von Serien bei Internetanbietern à la Netflix unterscheidet. So sind die einzelnen Folgen mit ca. 20 Minuten sehr viel länger als für Bundeswehr Youtube-Serien üblich, die bislang eher 5-10 Minuten lang waren. Auch dies lässt sie mehr wie eine Netflix Produktion erscheinen. Ein weiteres für Serien typisches Element, das sehr prominent in „Survival“ auftaucht, ist der sogenannte „Cliffhanger“, also das Beenden einer Episode oder Folge nicht am Ende einer Handlung, sondern kurz vor dem Ende. Um Spannung zu erzeugen und den Zuschauer dazu zu bringen, auch noch die nächste Folge anzuschauen, werden bestimmte Handlungselemente über das Ende der Folge hinausgezögert. Dieses Stilmittel wird in „Survival“ schonungslos eingesetzt, am offensichtlichsten am Ende einer Folge in der eine Soldatin (die einzige weibliche Teilnehmerin des Lehrgangs) sich trauen muss von einer Brücke ins Wasser zu springen und sie es dann erst am Anfang der nächsten Folge tatsächlich tut.

Die wichtigsten Neuerungen, die „Survival“ mitbringt, sind aber filmischer Natur. Weg sind die wackeligen Handkameras und simplen Kameraeinstellungen, wie man sie aus den vorherigen Bundeswehrserien kennt. Alles sieht sehr viel professioneller aus. Viele Weitwinkelaufnahmen und Totalen, ein starker Einsatz von Luftaufnahmen und Zeitlupe. Damit wirken die Aufnahmen geplanter und inszenierter und sogar eigentlich langweilige und belanglose Szenen wie das Laufen auf einem Feldweg oder das Schleppen von Material sehen aus, als wären sie entweder aus einem Actionfilm oder einem US Army Werbespot. Die professionelle Inszenierung zeigt sich auch in einem gekonnten Einsatz von Musik. Die Bundeswehr hat seit der Serie „Mali“ immer einen Titelsong für jede Serie. Für „Survival“ ist das „Black Warrior“ von Luciano Ugo Rossi & Von Hemingway & William Riddims aus dem Album „Swagger & Attitude 3“. Dabei wird das Wort “warrior”, also „Krieger“ aus dem Liedtext immer dann gespielt, wenn in den Augen der Serienmacher etwas Außergewöhnliches geleistet wird. Die Action-Film-Tricks erzeugen stellenweise einige vollkommen absurde Szenen: Materialschleppen aufgepeppt durch Zeitlupe und dramatische Musik.
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Videospiel-Ästhetik

In Folge vier sagt einer der Ausbilder: “Wir sind hier nicht in der Halo Welt oder so’n Scheiß, hier gibt es keine Respawns, das ist Reality, okay?”.  „Halo“ ist ein bekanntes Videospiel, in dem man aus der Ich-Perspektive Außerirdische abschießt. Ein „Respawn“ ist der Begriff für das Wiederauferstehen des Charakters nachdem er im Videospiel gestorben ist. Es ist auffällig, dass die Struktur der Serie Ähnlichkeiten mit dem klassischen Aufbau eines „Ego-Shooters“ aufweist. Der Anfang der Serie ähnelt einem „Tutorial“, also dem ersten Abschnitt, in dem man in das Spiel eingeführt wird und die notwendigen Befehle lernt, um es zu spielen, die Spielregeln sozusagen. Der Rest der Serie ist in verschiedene Aufgaben strukturiert, die die SoldatInnen erfüllen müssen um den Lehrgang abzuschließen, ähnlich wie man in vielen Spielen dieser Art nacheinander verschiedene Missionen abschließen muss, um das Spiel zu beenden. Auch die Kamera verstärkt diesen Eindruck. Der Titelsong der Serie war außerdem ebenfalls der Titelsong eines bekannten Videospiel-Turniers, das kurz vor der Premiere von“ Survival“ stattfand, was natürlich auch Assoziationen hervorruft. Insgesamt ist diese Assoziation aber nicht so eindeutig und klar, um zweifelsfrei sagen zu können, das war hier geplant. Es ist aber trotzdem auffällig und etwas, was man für zukünftige Bundeswehr-Serien im Kopf behalten sollte, besonders wenn man bedenkt, in welchem Zusammenhang diese Entscheidungen der Serienmacher stehen: Auch an anderer Stelle versucht die Bundeswehr mit ihren Rekrutierungsanstrengungen nun schon seit Jahren an dieses Gamer-Publikum heranzukommen, wie sich exemplarisch an ihrer Werbung in Köln während der Spiele Messe „Gamescom“ 2018 zeigen lässt.

In jedem Fall stieß die Videospiel-Ästhetik von „Survival“ selbst der in der Regel eher militärnahen „Welt“ unangenehm auf: „Interessanterweise spielt ‚Survival‘ mit einer bestimmten Art von Ästhetik, um junge Menschen zu erreichen, die mit Videospielen wie dem Ego-Shooter ‚Call of Duty‘ aufgewachsen sind. […] Krieg als Ästhetik? ‚Survival‘ greift Motive des Videospiels auf, vom Logo bis zum Titel, der an den Survival-Modus erfolgreicher Spiele wie ‚Fortnite‘ erinnert. ‚Fortnight‘, so heißt übrigens auch ein Song aus dem Soundtrack. Was unterscheidet die Serie von einem Videospiel oder Actionfilm? Im Videospiel ist der Kampf ein Abenteuer, der Krieg ist cool. Und auch „Survival“ ist supercool! Wenn wir aber Videospiele und Actionfilme konsumieren, wissen wir um die Abstraktion. In „Survival“ sehen wir echte Soldaten, die vielleicht in echte Kriege ziehen werden.“
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Von wegen unpolitisch

Die wohl offensichtlichste Botschaft dieser Serie ist, wie hart es bei der Bundeswehr ist, aber auch wie cool. Immer wieder wird von den TeilnehmerInnen erzählt, dass sie schon viel gehört haben über den Lehrgang und dass es wohl in der Bundeswehr Horrorgeschichten darüber gäbe. Die Serie ist insgesamt von der Idee durchzogen, dass je größer die Strapazen der Beteiligten, desto cooler die Leute, die sie aushalten. Alles unterstützt diese Idee – von den aufreibenden Ansprachen der AusbilderInnen bis hin zur Betonung, wie einzigartig der Lehrgang sei. Begleitend wird alles durch die Kameraführung und die Musik zu heroischen Kraftakten erhoben.

Wie bereits angesprochen geht es in „Survival“ nicht um Krieg, sondern darum, im Wald zu überleben. Das ist eine Verschleierung der echten Verhältnisse in der Bundeswehr. In der Realität sind die meisten SoldatInnen keine EinzelkämpferInnen oder Mitglieder einer Spezialeinheit, Bundeswehralltag ist es auch nicht, von einer Brücke ins Wasser zu springen und im Wald Feuergefechte zu üben. Auch auf die Funktion dieser harmlos anmutenden Übungen wird nicht eingegangen, nämlich das Lernen des möglichst effektiven Tötens von Menschen für die imperialistischen Kriege der BRD. Es ist eine absolute Entpolitisierung der Bundeswehr: Aus Armee wird Abenteuer.

Diese Entpolitisierung der Bundeswehr gelingt dadurch, dass man eher verschweigt, dass es hier um Kriege geht. Dies wurde zum Beispiel in der Vorgängerserie „KSK – Kämpfe nie für dich Allein“ unter anderem dadurch erreicht, indem die Bundeswehr einen Zivilisten mit den SoldatInnen mitschickte. Sich mit den für die Serie maskierten KSK-SoldatInnen zu identifizieren, deren Namen man nicht kennt, ist schwieriger, als mit einem unmaskierten Zivilisten, der die Welt des KSK sozusagen gleichzeitig mit dem Publikum entdeckt und für den das auch alles neu ist. Das lenkt natürlich super davon ab darüber nachzudenken, ob man es eigentlich richtig findet, dass deutsche SoldatInnen den Kampf im Dschungel üben. Da die Leute, die von diesen Serien primär angesprochen werden sollen, selber keine SoldatInnen sind, ergibt es Sinn für die Bundeswehr eine Figur einzubauen, mit der sich der Durchschnitts-Youtube-Zuschauer eher identifizieren kann, mit der er mitfiebern kann. So eine Figur fehlt in „Survival“, denn dort sind alle Figuren so konzipiert, dass sich das Publikum mit ihnen identifizieren kann. Bei „KSK“ ging es darum, die Elite der deutschen Armee als übermenschlich und unerreichbar darzustellen. Bei „Survival“ geht es dagegen darum, dass die TeilnehmerInnen des Lehrgangs eigentlich ganz normale Menschen sind. Implizit sollen damit die ZuschauerInnen mit der Botschaft angesprochen werden, dass auch er oder sie an diesem Lehrgang teilnehmen könnte, was natürlich wieder ein Aufruf ist, zur Bundeswehr zu kommen. Wie wird das in der Serie erreicht? Man lernt die SoldatInnen nicht, wie etwa bei „KSK“, bewaffnet und in Flecktarn kennen, sondern man lernt am Anfang der Serie die wichtigsten Figuren in Zivil kennen und erlebt dann praktisch ihre Transformation von ZivilistInnen in SoldatInnen. Uniform anlegen, Haare abrasieren und in den Bus steigen. Nun ist der vorher sehr normal aussehende Mensch zu einem, aus Sicht der Serie, coolen Bundeswehrsoldaten, einem „Warrior“ geworden. Die Transformation vom „normalen Menschen“ zum aufregenden Bundeswehr-Soldaten ist natürlich ein Teil des Versprechens der Bundeswehr an potentielle RekrutInnen und damit ein Rekrutierungswerkzeug. Dass man sich mit den SoldatInnen in der Serie identifiziert, wird aber noch durch andere Faktoren bestärkt. Die SoldatInnen und das Publikum haben beide keine Ahnung, wie der Lehrgang aussehen wird und man findet praktisch zusammen heraus wie anstrengend er wird und was einen noch erwartet. Kurz gesagt, die SoldatInnen werden in „Survival“ nicht primär als Kampfmaschinen, sondern als Menschen dargestellt, denen die Bundeswehr die Möglichkeit bietet, über sich selbst hinauszuwachsen.
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Politikfreie Propaganda

Das ändert jedoch nichts daran, dass „Survival“, wie alle anderen Bundeswehrserien, trotz seiner oberflächlichen Politiklosigkeit Propagandamaterial mit definierten politischen Zielen und hochpolitischen Inhalten ist. Die Ideologie, die in der Serie transportiert wird, ist widersprüchlich. Einerseits ist sie klassisch neoliberale Propaganda. Alle können es schaffen, es ist nur eine Frage „des Willens“ (der vom Himmel fällt, natürlich), begleitet von einem Element von „die stärksten setzen sich durch“. Passend zu dieser neoliberalen Ideologie ist das Bild des auf sich allein gestellten und unabhängigen Einzelkämpfers oder eben des „Warriors“, zu dem die SoldatInnen hier schließlich ausgebildet werden. Ebenfalls passend dazu ist, dass der Ausbilder betont, dass alles um sie herum (Natur) ihnen feindlich gesinnt sei, was die Idee eines autarken und unabhängigen Kämpfers gegen seine Umgebung untermauert und damit perfekt in die neoliberale Vorstellung des Individuums im allgegenwärtigen Konkurrenzkampf des Kapitalismus passt.

Andererseits sind auch Vorstellungen von Kameradschaft und Teamwork in „Survival“ präsent. Das scheint auf den ersten Blick widersprüchlich mit der eben genannten Vorstellung des autarken Kriegers. Dieser Widerspruch wird jedoch dadurch aufgelöst, dass hier Teamwork und Kollektiv primär mit “Führen” verbunden wird. Die Einheit des Teams besteht nicht als Kollektiv, sondern aus dem starken, autarken neoliberalen Individuum (das den Lehrgang „Führer einer auf sich gestellten Gruppe“ abgeschlossen hat) an der Spitze und allen anderen darunter. Dem Zuschauer und potentieller RekrutIn wird suggeriert, SoldatIn sein, bedeute Führen. Das ist natürlich Schwachsinn: Für die meisten bedeutet SoldatIn sein Folgen und nicht Führen.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Bundeswehr mit „Survival“ zwar keinen Kurswechsel hingelegt, sie aber ihr bestehendes Format verbessert und besser auf ihre Zielgruppe zugeschnitten hat. Auffällig ist besonders die verbesserte filmische Qualität der Serie und der wie schon in den letzten Serien deutliche Fokus auf „besondere“ Kräfte innerhalb der Bundeswehr. Dass hier nicht über Krieg und dessen Folgen geredet wird, war zu erwarten, verdeutlicht aber wieder den reinen Werbe- und Propagandacharakter dieser Serien.


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Erstveröffentlichung in Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder und Bildunterschriften wurden teilweise oder ganz von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.
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└ Schlagwörter: Liam Krüger
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Juli27
on 27. Juli 2019
Veröffentlicht in: Allgemein

Harry Popow

Soldaten für den Frieden (Teil siebzehn)

Leseprobe aus „Ausbruch aus der Stille…“ von Harry Popow
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Harry Popow

Hier nun die siebzehnzehnte Leseprobe aus meinem neuen Buch »Ausbruch Aus Der Stille – Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten«, das im Februar dieses Jahres auf den Markt gekommen ist. Bitte benutzt auch die Kommentarfunktion für Eure Kritiken und Einschätzungen.
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Contra Wortgeklingel

Manchmal erwischt es Henry. Dann grübelt er über den Sinn der Überzeugungsarbeit, über die Art und Weise, wie man mehr zum politischen Nachdenken und zum bewussten Handeln anregen könnte. Die große Aphrodite, bildlich gesprochen, lässt ihm keine Ruhe. Wenn er sein bisschen Leben betrachtet – es wäre vielleicht nicht so geradlinig verlaufen, wäre er nicht innerlich überzeugt gewesen, das Richtige zu tun. Sicher, die Thesen sind gut, sind dem Humanismus verpflichtet, die Theorie ist schlüssig, vieles ist sehr logisch. Die Lektionen in den Gesellschaftswissenschaften – sie befriedigen besonders dann, wenn Probleme benannt werden, wenn sich ein Erkenntnisgewinn einstellt. Aber es häufen sich mitunter hergebetene Sprachformeln. Das schleift ab, tötet den Geist. Behauptungen ohne tiefgründige Beweise, ohne den widerspruchsvollen Weg zum Ergebnis aufzuzeigen – das verbreitet Unlust. Und Henry hält für sich fest: Man wünschte sich mehr Kritik und Offenheit bei gesellschaftlichen Fragen, hingegen stehen Kritik und Selbstkritik im kleinen Kreis (der Parteigruppe z. B.), hoch im Kurs. Aber wenn das große Ziel richtig ist, muss der Weg dahin noch lange nicht ergiebig sein. Kürzlich hörte ich eine bemerkenswerte Lektion von einem marxistischen Philosophen. Wenn wir von der Grundfrage der Philosophie ausgehen, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt, dann müssen wir auch in der Praxis danach handeln. Mit anderen Worten: Nicht das große Wortgeklingel formt in erster Linie die Menschen, sondern vor allem das tägliche Erleben, die Praxis. Und was muss ich tun?

Emil, der FDJnik, hat ein Forum organisiert. Mit der bekannten DDR-Schauspielerin Christine Laszar im „Seehof“ zu Teltow. Der Schriftsteller Paul Wiens stellt sie vor. Sie erzählt von einer Reise nach Westdeutschland. Dort gäbe es sehr viele Leute, aber bei uns gibt es Menschen, sagt sie. Wenn man dort etwas verkehrt gemacht habe, komme man nicht so schnell wieder hoch. Der Lebenskampf sitze einem ständig im Nacken. Henry mag überhaupt keine Autogramme, diesmal aber hat er sich eines geholt. Stichwort Emil. Er ist der Instrukteur für Jugendarbeit im Regiment. Er ist groß und schlank, sieht gut aus, ist offen, immer guter Laune und sprüht vor Ideen. Dreißig Jahre alt. Seine Worte, die geflügelten: „Denke daran, alles muss durch den Kopf. Alles geht nur über das Denken und Fühlen der Soldaten.“ Er plädiert z. B. dafür, kranke Soldaten oder die im Arrest sitzenden sonntags oder feiertags zu besuchen, ihnen Bücher oder Zeitungen zu besorgen. „Der Soldat muss immer das Gefühl haben, man kümmert sich um ihn“, sagt Emil, wie die Männer ihren obersten Jugendfunktionär im Regiment nennen. Was Emil sagt ist dem Henry aus dem Herzen gesprochen. Mit Emil beginnt eine jahrelange gute Freundschaft.
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Zum Inhalt

Ausgangssituation ist Schweden und in Erinnerung das Haus in Berlin Schöneberg, in dem die Ziebells 1945 noch wohnen. Der Leser erfährt zunächst, wer die Eltern waren (seine Mutter stammt aus Moskau), berichtet kurz vom Evakuierungsort 1943/44 in Pommern, von der Rückkehr in das noch unter Bombenhagel liegende Berlin (Schöneberg), von den Eindrücken nach Kriegsende und vom Einleben in der neuen Gesellschaft, dabei auch von einer Begegnung der Jungen Pioniere mit Wilhelm Pieck.

Buch-Cover Ausbruch aus der Stille von Harry Popow – Mit freundlicher Genehmigung des Autors

Die Lehrzeit wird skizziert mit der Arbeit im Zwickauer Steinkohlenrevier, mit Tätigkeiten in der Geologischen Kommission der DDR und mit dem Besuch der Offiziersschule der KVP/NVA in Erfurt und in Plauen, wo er seine spätere Frau kennenlernte.

Wie lebt ein junger Offizier in der Einöde im Nordosten der DDR, welche Gedanken und Gefühle bewegen ihn? Darum geht es in den nächsten Aufzeichnungen seiner Impressionen. Seine Träume führen ihn mitunter weg vom Kasernenalltag und so nimmt er die Gelegenheit wahr, für fünf Monate im Walz- und Stahlwerk Eisenhüttenstadt als einfacher Arbeiter tätig zu sein.

Durch Versetzungen gelangt er nach Potsdam. Dabei kommen Querelen des Alltags als Ausbilder und später als Politoffizier nicht zu kurz. Ein Glücksfall für ihn, als er nach Neubrandenburg in einen höheren Stab als Redakteur berufen wird. Er beginnt ein Fernstudium als Diplomjournalist an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Inzwischen ist er längst glücklich verheiratet. Die Höhen und Tiefen eines Militärjournalisten – die zwingen ihn, vieles neu zu überdenken. Vor allem als einstiger Ausbilder gelingt es ihm, die Probleme der Soldaten immer besser zu verstehen und sie bildhaft zu schildern.

Die spätere Arbeit als Abteilungsleiter in der Wochenzeitung „Volksarmee“ macht ihm nicht nur Spaß, er nimmt auch Stellung gegen Ungereimtheiten, was ihm nach der Entlassung aus dem aktiven Armeedienst und der Tätigkeit als Journalist im Fernsehen der DDR nicht nur böse Blicke einbringt. So fährt er im September 1989 seiner Tochter nach Ungarn hinterher, um herauszukriegen, weshalb sie mit ihrem Partner abgehauen ist; er gibt ihr dabei das Versprechen, sie in keiner Weise als Tochter zu verurteilen. Nach seiner Rückkehr wird er mit einer Parteistrafe gerügt, die Wochen später angesichts der vermeintlichen Verstöße und Fehler durch die Politik nicht mehr relevant scheinen und wieder gestrichen wird. Auf Unverständnis stößt er auch bei seinen Mitarbeitern, als er nach der Teilnahme an der Dokumentarfilmwoche1988/89 in Leipzig angeblich nicht die erwarteten Schlussfolgerungen zieht.

Nach der Wende: Versuche, arbeitsmäßig Fuß zu fassen, u.a in Gran Canaria und in einer Steuerfirma. Die Suche nach Alternativen, günstiger zu wohnen, sowie die Sehnsucht nach Ruhe führt das Ehepaar nach Schweden.

Episoden aus dem Dorfleben und von vielen Begegnungen, so z.B. bei der Geburtstagsfeier einer siebzigjährigen Schwedin, machen den Alltag und die feierlichen Momente in der „Stille“ nacherlebbar. Keine der in der DDR erlebten Widersprüche und politischen Unterlassungssünden wirft den überzeugten Humanisten aus der Bahn, wogegen die Kapitaldiktatur mit ihren hörigen Medien, politische Manipulationen und Lügen im angeblich so demokratischen Deutschland ihn aufbringen – er bleibt ein Suchender, auch nach der Rückkehr im Jahre 2005 nach Deutschland. Als Rentner, Blogger, Rezensent undund Autor!

 

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Harry Popow: AUSBRUCH AUS DER STILLE. Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten. © Copyright by Harry Popow, Verlag: epubli, Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, Erscheinungsdatum 18.02.2019, ISBN: 9783748512981, Seiten: 500, Preis: 26,99 Euro.

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Über den Autor: Geboren 1936 in Berlin Tegel, erlebte Harry Popow (alias Henry) in seinem Buch „Ausbruch aus der Stille“) noch die letzten Kriegsjahre und Tage. Ab 1953 war er Berglehrling im Zwickauer Steinkohlenrevier. Eigentlich wollte er Geologe werden, und so begann Harry Popow ab September 1954 eine Arbeit als Kollektor in der Außenstelle der Staatlichen Geologischen Kommission der DDR in Schwerin. Unter dem Versprechen, Militärgeologie studieren zu können, warb man ihn für eine Offizierslaufbahn in der KVP/NVA. Doch mit Geologie hatte das alles nur bedingt zu tun… In den bewaffneten Kräften diente er zunächst als Ausbilder und danach 22 Jahre als Reporter und Redakteur in der Wochenzeitung „Volksarmee“. Den Titel Diplomjournalist erwarb der junge Offizier im fünfjährigen Fernstudium an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Nach Beendigung der fast 32-jährigen Dienstzeit arbeitete er bis Ende 1991 als Journalist und Berater im Fernsehen der DDR. Von 1996 bis 2005 lebte der Autor mit seiner Frau in Schweden. Beide kehrten 2005 nach Deutschland zurück. Sie sind seit 1961 sehr glücklich verheiratet und haben drei Kinder, zwei Enkel und zwei Enkelinnen.

Frühere Artikel von Harry Popow

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