Harry Popow – 26. Dezember 2021
Der Teufelspakt in der Sackgasse
„Tamtam und Tabu. Die Einheit: Drei Jahrzehnte ohne Bewährung.“ – Daniela Dahn und Rainer Mausfeld
Buchtipp von Harry Popow

Harry Popow
Der Leser möge es dem Rezensenten nachsehen: Nach dem gründlichen Lesen dieser außerordentlich tiefgründigen Analyse in dieser gesellschaftskritischen Lektüre kann er nicht anders, als mit hoher Anerkennung den Hut zu ziehen. Aus dieser – soviel sei vorneweg gesagt – spricht soviel unendliche mühevolle Liebe: Zu den Menschen, zur Natur, zum Planeten Erde. Und, das muss gesagt werden: Kämpferischer Geist und Tatkraft, um Goethes FAUST die beiden Autoren schier beneidet hätte. Während sich Dr. FAUST vom Teufel dazu verführen lässt, seine hohen Ideale zugunsten einer billigen, aber menschlich zu verstehenden Ablenkung sausen lässt und schließlich zugrunde geht, versuchen heute – im Jahre 2020 – ,ein ganzes Packt von Teufeln die Menschheit zu ruinieren. Und: Es hat unendlich mehr technische Möglichkeiten, als nur die Verführung durch „Wein, Weib und Gesang“, um jegliche Lust an Erkenntnis über Mensch und Welt im Keime zu ersticken. Was tun?
Die beiden Autoren legen den Finger auf die wichtigste Wunde: Wie befreie ich mich vom Druck der Abwesenheit von Geist? Wie gewinne ich Einsicht und Macht, dem Pakt mit dem Teufel Garaus zu machen? Zur Freude der wissbegierigen Leser bleiben die renommierte Essayistin und Mitbegründerin des „Demokratischen Aufbruchs“ in der DDR Daniela Dahn und der Kognitionsforscher Rainer Mausfeld nicht bei der Interpretation des Kapitalismus stehen, wie Friedrich Engels in seiner 11. Feuerbachthese mit Blick auf bisherige Bemühungen von Philosophen angemahnt hatte. Nein, sie weiten ihren Blick bei der Aneignung des Volksvermögens der DDR und ihres Anschlusses an die BRD 1989 weit aus und ergründen tiefsinnig die Ursachen. Sie widerlegen polemisch und faktenreich die Ansicht von Geschichtsverdrehern, es sei keine Rede mehr vom Kapitalismus, er sei längst überwunden, (Schäuble: „Wir haben doch die soziale Marktwirtschaft“). Und überhaupt, den Klassenkampf gebe es nicht mehr. Sie fahren den heutigen ideologischen Verdrehungen der Kapitaleliten faktenreich und zielsicher in die Parade. Sie helfen möglicherweise den noch neugierigen Lesern, im Nebel der Verdrängungen und Manipulationen und forcierten Ängste in der Corona-Pandemie wieder Boden unter den Füssen zu bekommen.
Das Buch besteht aus fünf Abschnitten. Zunächst lesen wir eine hochinteressante und sehr mühevoll recherchierte „Presseschau“ von Daniela Dahn zur Zeit der Rückwärtswende in der DDR. Sodann beleuchtet sie in „Die Währungsunion war die organisierte Verantwortungslosigkeit“ die brutale geistige Knechtung der Ostler und deren überfallartige Vereinnahmung. Professor Dr. Rainer Mausfeld beleuchtet in „Wende wohin?“ die Realität hinter der Rhetorik. „Was bedeutet die Forderung nach einem Systemwechsel?“ So Daniela Dahn im nachfolgenden Beitrag. Schließlich diskutieren beide Autoren in sechs Gesprächen über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse.
Festzuhalten ist: Bei allen Texten spürt man das akribische Können der Autoren, das Geschehen ins Auge zu fassen als auch das Eindringen in die Tiefe, in die jeweiligen Ursachen, jene Vorgehensweise, wie sie leider weder in den „Qualitätsmedien“ noch bei Reden von Politikern zu verzeichnen ist. Sie halten sich nicht nur am Feststellen von Widersprüchen auf, sondern bieten auch Nachdenkenswertes für mögliche Alternativen, für mögliche Lösungen.
Bereits in der Einstimmung verweisen die Autoren auf die verspielten Chancen des Jahres 1990, „sowohl für eine internationale Friedensordnung wie auch für eine erneuerte Demokratie“, Chancen, die „aus geopolitischen Interessen und denen der Kapitaleigner gezielt blockiert und somit verspielt wurden“. Alternativen seien aus dem „öffentlichen Denkraum“ verdammt worden. Die Bewältigung der damit verbundenen Probleme – bedingt auch durch die Corona-Krise – werden „durch das Arsenal hochentwickelter Techniken des Meinungs- und Affektmanagements“ massiv erschwert. Der Beitrag von Rainer Mausfeld „richte aus abstrakterer Perspektive einen kritischen Blick auf die illusionserzeugende Kraft der westlichen Ideologie und damit auf das versprochene Paradies einer kapitalistischen Demokratie“. Dazu gehöre die Spaltung und Zersetzung der Gesellschaft. Er fragt, „wie sich die Idee einer radikalen Demokratisierung wieder gesellschaftlich wirksam machen lässt“.
Vorwegnehmen möchte der Rezensent folgendes Zitat von Professor Dr. Rainer Mausfeld auf Seite 191 dieses Buches: „Nur um einem verbreiteten Missverständnis vorzubeugen: Lohnarbeit Geld und Märkte gab es , von archaischen Gesellschaften abgesehen, wohl zu allen Zeiten, doch sie allein machen noch keinen Kapitalismus. Kapitalismus bedeutet die Herrschaft des Kapitals. Und diese hat einen identifizierbaren Anfang vor etwa 500 Jahren. Und sie hat in unterschiedlichen historischen Perioden und an unterschiedlichen Orten ganz unterschiedliche Formen angenommen. Eine solche Herrschaft des Kapitals ist dadurch gekennzeichnet, dass sie über den Bereich des Wirtschaftslebens hinaus die gesamte Gesellschaft zu durchdringen und den gesamten gesellschaftlichen Reichtum als Waren zu behandeln sucht.“
Daraus ergebe sich die Frage, so lesen wir auf den Seiten 117/118, warum „wir so blind sind für die zerstörerischen Folgen der kapitalistischen Weltordnung? Das Erfolgsrezept des Kapitalismus ist seit jeher, dass er uns zu einem Teufelspakt verführen will, er verspricht uns immerwährenden Fortschritt und eine kontinuierliche Verbesserung unserer Lebensstandards und sorgt zugleich dafür, dass wir unfähig sind, den dafür zu entrichtenden Preis überhaupt erkennen zu können.“
Rainer Mausfeld zieht daraus den Schluss, die „Plünderung von Ressourcen und die Zerstörung unserer sozialen und ökologischen Lebensgrundlagen ist also kein vermeidbares Nebenprodukt des Kapitalismus, sondern gerade Kern seiner Funktionslogik“. Ins Verderben müsse es zwangsläufig führen, wenn die Menschen zwar nur paar störende Dinge ändern „und ansonsten im Großen und Ganzen so weitermachen wie bisher“. Die Probleme im Dialog mit den Zentren der Macht zu bewältigen muss als Illusion angesehen werden.
In die gleiche Kerbe haut Daniela Dahn, wenn sie auf Seite 122 jegliche Rufe und Debatten nach einem Systemwechsel, siehe Arabischer Frühling, Weltsozialforum, Gelbwesten oder auch den über vierzig Jahre agierenden „Club of Rome“, für erstaunlich hält und begrüßt, aber
gleichzeitig ohne Vorwurf feststellt, „über Debatten und symbolische Akte“ kaum hinausgekommen zu sein. „Wussten sie genau genug, was sie wollten?“ Warum also keine Veränderungen? Ihre Erkenntnis: „Weil im Kapitalismus Profit mehr geschützt wird als das Leben. Der Corona- Lockdown hat diese Gewissheit erstmalig durcheinandergebracht, aber wie er ausgeht, wird sich erst noch zeigen.“ Daniela Dahn gibt die Ansicht eines einstigen Bundesverfassungsrichters wieder: Das einzige Ziel sei „unbegrenztes Wachstum und Bereicherung. Das Gebrechen des Kapitalismus sei nicht in seinen Auswüchsen zu sehen, sondern in seiner Leitidee und deren symbolischer Kraft“. Die Krankheit könne nicht mit „Heilmitteln am Rand“ beseitigt werden.
Daniela Dahn: Volkslektüre, eine Presseschau
Es ist eine sehr breit angelegte Presseschau in Zeiten der Konterrevolution, die Daniela Dahn mühevoll zusammengestellt hat. Ob Zeitungen, Verlage, Politiker, Bürgerrechtler, unzählige Wortmeldungen gibt es zu einem Für oder Wider einer zu schnellen Wiedervereinigung zwischen der BRD und der DDR. Haben die Leser bislang oft nur von Befürwortern gehört oder gelesen, so kommen nun auch Vernünftige mit ihren Stimmen ans Tageslicht, die oft genug einfach überhört wurden und die Leser und Hörer nie erreichten.
So fordern 36 DDR-Bürgerrechtler in ihrem Aufruf „Für unser Land“ den Erhalt der DDR als „sozialistische Alternative zur Bundesrepublik. Zu den Initiatoren gehören Christa Wolf und Stefan Heym, unterstützt aus dem Westen von Günter Grass und Max Frisch. Egon Bahr spricht sich in „Neue Zeit“ für ein ganz neues europäisches Sicherheitssystem aus, „welches die Militärbündnisse überflüssig mache“. Gregor Gysi ist für die Dominanz des Volkseigentums, das müsse erhalten bleiben. Christa Luft spricht am Runden Tisch über die Nachteile der Währungsunion. Walter Momper ist für die Demokratisierung der DDR, für deren Eigenstaatlichkeit. Die Berliner Zeitung berichtet, 43 Prozent der Ostdeutschen seien gegen die schnelle Wiedervereinigung, 38% aber dafür.
Daniela Dahn stellt sich die Frage, wie es möglich war, vierzig Jahre gewachsenes Selbstbewusstsein einer Bevölkerung in einem Vierteljahr auf den Kopf zu stellen? Im November 1989 sprachen sich 86 Prozent der DDR-Bürger für den „Weg eines besseren, reformierten Sozialismus
aus, nur fünf Prozent für einen „kapitalistischen Weg“ (erhoben vom Leipziger Institut für Jugend- und Marktforschung). (S. 14) „Bei der Volkskammerwahl im März 1990 wählten ebenso viele den Weg einer Einheit im Kapitalismus.“ (Nähere Angaben über Wahlkampfergebnisse im Buch.)
Die zahlreichen von Fakten unterstützten Manipulierungen seitens des westdeutschen Großkapitals seien hier als Stichworte angeführt: Denunziationen, Lügen, BILD-Werbungen für Arbeitsplätze in der BRD, aggressive Aneignungsstrategie des Volkseigentums der DDR, BILD: DDR am Tropf, die Lüge von einer neuen deutschen Verfassung. Kohl: Blühendes Gemeinwesen, Angstkampagnen, Slogan der CDU,DSU und DA: „Nie wieder Sozialismus“, Spiegel-Spott: „Auferstanden aus Ruinen und dem Wohlstand zugewandt, wollen wir jetzt was verdienen, halten auf die ausgestreckte Hand“. „Das war reinster psychischer Terror nach Goebbels-Manier“, schimpfte Egon Bahr über Kohls Wahlkampf.
Diese Presseschau bringt das offizielle Bild über die Wende ins Wanken. Die tieferen Ursachen für die aggressive Inbesitznahme eines ganzen Landes, was in dieser Form und in diesem Ausmaß einmalig sei in der Geschichte, findet der wissbegierige Leser in den folgenden Beiträgen.
Daniela Dahn: Währungsunion – organisierte Verantwortungslosigkeit
Ab Seite 90 geht es um die Privatisierung, so um das Treuhandgesetz, „das die angeschlagene DDR-Wirtschaft zum Privatisieren und Verschrotten freigab“, auch über den tausendseitigen Einigungsvertrag vom 31. August 1990, siehe u.a. die im Anhang versteckte Formel „Rückgabe vor Entschädigung“. Kein Wunder, denn in der Sozialisierung in der DDR „sahen die Kapitaleigner immer das eigentliche DDR-Unrecht“. „Das Volkseigentum galt als gestohlenes Privateigentum“, so Daniele Dahn auf Seite 90. Es ging um die Wiederherstellung alter Besitzverhältnisse. Auf Seite 91: „Die wichtigsten DDR-Verfassungsgrundsätze waren aufzuheben, insbesondere die sozialistische Rechtsordnung, um endlich den Erwerb von Privateigentum an Grund und Boden und Produktionsmitteln zu gewährleisten.“ Eingeführt wurde das Recht zu fristloser Kündigung. Auf Seite 97 erklärt die Autorin: Knapp die Hälfte der Ostdeutschen mache sich Sorgen um den Zusammenhalt der
Gesellschaft. „Das reiche Deutschland ist heute ein Land, das neue Armut duldet, eine Unterschicht durch Hartz IV treibt, Randgruppen ausgrenzt, Asylanten kurz hält, in dem Gesundheit kostet und Bildungschancen erblich sind.“ Letztendlich, so die Autorin, wo Marktoptimierung herrschen und zunehmende Obdachlosigkeit und rechte Gedankenwut, da gedeihen Gewalt. Eine Umfrage unter Ostdeutschen am 2. Oktober 2019 ergab, dass 74 Prozent der Befragten sich „heute nicht wohler fühlten als zu DDR-Zeiten! 59 Prozent der Jugendlichen und 78 Prozent der über Sechzigjährigen stimmen der Aussage zu, dass bei politischen Entscheidungen in Deutschland unzureichend auf die Meinung der Menschen in Ostdeutschland Rücksicht genommen wird.“
Rainer Mausfeld: Wende wohin? Die Realität hinter der Rhetorik
Festzustellen sei: Gestiegen sei nach den Kriterien des westlichen Vorbilds der Lebensstandard einer Mehrheit der Menschen in Ostdeutschland – aber auch das Ausmaß sozialer Ungleichheit und gesellschaftlicher Spaltung. Der Hauptverlierer sei der real existierende Sozialismus. Er habe „in der jahrzehntelangen Systemkonkurrenz mit dem US-geführten Kapitalismus und ihren brutalen ökonomischen und militärischen Spielregeln nicht vermocht, eine Lebensrealität anzubieten, die die Bevölkerung über diesen Verrat hätte hinwegtäuschen oder sie dafür hätte entschädigen können.“ Der Autor mahnt an, bei der Suche nach den Verlierern von 1989 „noch tiefer unter die Oberfläche“ zu dringen, schließlich gehe es um den Verlust an mühsam errungener zivilisatorischer Substanz, die Leitidee von Demokratie. Das sei nicht überraschend, denn es gehöre „zum Wesensmerkmal einer kapitalistischen Demokratie, dass sie keine ist. Der Widerspruch sei so offenkundig, „dass er sich nur mit ausgefeilten Techniken der Indoktrination unsichtbar und undenkbar machen lässt.“ Der Kapitalismus sei darauf angewiesen, die Minderheit der Besitzenden strikt vor den Veränderungswünschen der Mehrheit zu schützen. Professor Mausfeld warnt vor dem Trugbild, „in einer Gesellschaft zu leben, die frei von Propaganda“ sei. Er verweist auf Sinnentleerungen von Wörtern, von angeblichen Reformen, von dem viel missbrauchten Wort „Freiheit“. (S. 107) Dieses Wort bedeute im Neoliberalismus vor allem, die Freiheit der ökonomisch Mächtigen, „für den Rest der Bevölkerung besteht die
Freiheit darin, sich als Konsument und als flexibel fremdverwertbares Humankapital den Bedingungen des ́freien Marktes` zu unterwerfen“.
Die Macht charakterisierend, schreibt der Autor u.a. von Angsterzeugung, von Überwachungs- und Sicherheitssystemen, was sich weitgehend der Kontrolle des Staates entzieht, von Kriegen als Mittel der Politik, auf die der Kapitalismus „angewiesen“ ist. Rechtspopulismus sei eine Folge der vergangenen Jahrzehnte neoliberaler Politik, „der Ideologie der Alternativlosigkeit sowie der damit verbundenen Entleerung des politischen Raumes und der Zerstörung kollektiver Identitäten“. (S. 115)
Prof. Dr. Mausfeld untersucht die Mechanismen und die Technik der Manipulation vor allem aus psychologischer Sicht. „… was sich dazu sagen lässt, ist leider weniger erbaulich“. Der Westen verfüge über ein einzigartiges Arsenal höchst raffinierter psychologischer Manipulationsmethoden. Das werde seit mehr als hundert Jahren mit großen Forschungsanstrengungen verfeinert. In diesen psychologischen Techniken einer Bevölkerungskontrolle habe der Westen gegenüber dem Osten einen kaum vorstellbaren Forschungsvorsprung. Kapitalistische Demokratien seien, wie man schon früh erkannte, wegen der freien Wahlen darauf angewiesen, bei den Wählern den Eindruck völliger Freiheit aufrechtzuerhalten und zugleich sicherzustellen, dass diese so wählen, wie sie wählen sollen. Das sei machtechnologisch nur mit höchstem Aufwand zu bewältigen.
Aktuell fügt der Autor hinzu: „Die Corona-Krise ist ja tatsächlich eine Multi-Krise. In ihr kreuzen und verbinden sich sehr unterschiedliche Krisen, die bereits länger erwartet wurden. Dazu gehört auch eine Systemkrise des globalisierten Finanzkapitalismus, die sich auf diese Weise fast unsichtbar gemacht hat und damit ihre Kosten wieder kurzerhand auf die Gemeinschaft umlegen kann. Covid-19 bringt lediglich wie ein Katalysator sehr grundlegende Probleme der gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zum Vorschein.“
Daniela Dahn: Systemwechsel?
Zur machbaren gesellschaftlichen Veränderung gehören gedanklicher Vorlauf, gehören wissenschaftliche Aussagen, Untersuchungen, Schlussfolgerungen aus der Vergangenheit und Pläne. Daniela Dahn widerspricht zu Recht Unduldsamen die da sagen, „wir Älteren hätten keinen Plan“. Es gäbe zu fast allem durchdachte Pläne. Zur „Gemeinwohlwirtschaft, zum Klimaschutz, zur Umverteilung von Reichtum, zu einem anderen Geldsystem, zu neuen Formen der Demokratie und Arbeit im digitalen Zeitalter, zu einer sozialen Bildungsoffensive und vielem mehr“. Auch haben Juristen aus Ost und West im Auftrag des Runden Tisches 1989/90 einen Verfassungsentwurf unter dem Willi „Revolutionäre Erneuerung“ vorgelegt, aber kein Parlament habe diesen Entwurf auch nur behandelt. (S. 124) Was geschieht mit Kritikern, die die Strukturen in Frage stellen? Sie werden ausgegrenzt, bedroht, polizeilich verfolgt, bestochen oder durch PR-Strategien angreifbar gemacht.
Der Autorin Vision: „Eine Gesellschaft, in der Gemeineigentum dominant ist, wäre die einzige, die gemeinschaftlich erwirtschaftete Überschüsse aus freiem, die demokratisch ermitteltem Willen in einen Topf werfen kann, aus dem ein Luxus anderer Art erwirtschaftet wird: heilig nicht das Geld, sondern Gesundheit von Mensch und Tier in unbeschadeter Natur. Ein solcher partizipativer Sozialismus, oder wie immer man das neue System nennen mag, käme einer Ordnung nahe, die die Leitidee des Kapitalismus tatsächlich umkehrt.“ (S. 129) Ins Visier nimmt die Autorin das bestehende Rechtssystem, die Dominanz der NATO, das Militär der USA, dem größten „Umweltverschmutzer der Welt“, die Kluft zwischen Arm und Reich in Europa, die machtlos gewordene UNO. Es gehe darum, „die Verheißungen eines Systemwechsels, aber auch die Widerstände dagegen bewusster zu machen“, um uns ein erneutes Scheitern zu ersparen. „Denn dann wird die Erde versinken und verbrennen.“
Daniela Dahn und Rainer Mausfeld: Eine einmalige Gelegenheit – Gespräch
Um Klarheit bei Begriffen wie Demokratie und Freiheit geht es in den interessanten Gesprächen zwischen den beiden Autoren. Hervorzuheben sind u.a. folgende Themen: Das Arsenal raffinierter psychologischer Manipulationsmethoden, Sicherung der Kapitalherrschaft nur dadurch, wenn man sie unsichtbar macht. Die Rolle der Werbeindustrie. Die angebliche Alternativlosigkeit des Westens, die Ursachen der vermutlich überhöhten Phantasien und Idealisierungen über kapitalistische Lebensformen, Versprechungen, Geist und Realität, Neugierde, Wahrheit, die Rolle der Wissenschaft. So u.a. der unsichtbare Mechanismus, „Wissenschaftler mit politisch unerwünschten Ansichten herauszufiltern“. Spaltungsstrategien, „mit denen die Zentren der Macht seit jeher versuchen, emanzipatorische Bewegungen zu zersetzen und dadurch politisch zu neutralisieren“. Diese Spaltungsstrategien seien so erfolgreich, „dass sich soziale Bewegungen immer aggressiver gegenseitig bekämpfen“. (S. 167) „Macht und damit politische Verantwortlichkeiten sind im Nebel von `Kulturen` verschwunden, seien es z.B. die Kultur des Narzissmus, der Selbstverwirklichung, der Emotionskultur, der Risikogesellschaften, der Gesellschaften des Zorns. „Nur eben keine Gesellschaft, die durch ökonomische Machtverhältnisse geprägt ist“. (S. 169)
Lust am Erkennen
Wer als Leser noch genügend Mut und Kraft und Neugier sein Eigen nennen darf, ohne angstvoll auf die politischen Marionetten der Macht zu schauen, dem wird dieses aufrüttelnde Buch der beiden Autoren wie ein geistiges Geschenk unter vielen anderen gesellschaftskritischen Sachbüchern entgegenkommen, zum weiteren Nachdenken anregen und Anlass geben, eigenes Handeln zu hinterfragen. Daniela Dahn und Professor Dr. Rainer Mausfeld haben sich auch mit dieser außerordentlichen Polemik in den Kampf um die Veränderung unserer Lebensverhältnisse geworfen. Ihnen Dank zu sagen kann nicht ohne eigenes ehrliches Zutun ernst genommen werden. Möge diese Arbeit mithelfen, den Teufelspakt der Eliten gegen die Völker weiter in Bedrängnis zu bringen – wenn möglich – seinem Wirken gegen Frieden und Menschlichkeit Einhalt zu gebieten.
Tamtam und Tabu. Die Einheit: Drei Jahrzehnte ohne Bewährung. Westend-Verlag, Erscheinungsdatum: 21.09.2020; Umfang: 224 Seiten; ISBN 978-3-86489-313-1; Sprache: Deutsch; Ladenpreis: EUR (D) 18,00
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Lebenslauf und weitere Veröffent-
lichungen von Harry Popow
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Anhang
Lehnitzer Lesung und Gespräch: Daniela Dahn – TAMTAM UND TABU
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Bei trübem Wetter begegnen uns zu weilen auch trübe
Der konservative Likud galt mehr als vierzig Jahre lang als politische Heimat für Israels Mizrachim, die einst aus Nordafrika und dem Nahen Osten eingewanderten Juden. Eine neue Studie zeichnet jedoch ein differenzierteres Bild der lange vernachlässigten Bevölkerungsgruppe.
Methoden zur Empfängnisverhütung sind bereits seit tausenden von Jahren überliefert. Meist handelte es sich um Pflanzenmixturen, die auf die Gebärmutter aufgetragen wurden und die die Spermien daran hindern sollten, sich in der Eizelle einzunisten. Bei einigen dieser Methoden, so haben Analysen der alten Rezepte und Versuche ergeben, darf von einer recht guten Wirksamkeit ausgegangen werden. Einige der Bestandteile waren allerdings nicht nur für die Spermien giftig, sondern gleichermaßen für die Frauen. Ein Problem, was auch auf einige heutige Verhütungsmittel in gewisser Weise zutrifft.
Deutsche Regierungspolitiker bereisen im Tagesrhythmus Litauen. Das Land exponiert sich im Machtkampf gegen Russland und China und plant Waffenlieferungen an die Ukraine.
Aktuelle Kurzmeldungen zu den laufenden Tarifverhandlungen und Arbeitskämpfen der Kollegen/-innen im deutschsprachigen Raum.
Zürich. Mehr als 3000 Menschen demonstrierten am 11. Dezember in Zürich gegen sexualisierte Gewalt an Frauen, inter-, nonbinären, trans- und agender Personen (FINTA). Aufgerufen hatte das „Ni Una Menos“- Bündnis Schweiz, das ein Netzwerk aus zahlreichen feministischen Streikkollektiven/Frauenstreikkollektiven, Bündnissen und Einzelpersonen ist.
In der Nacht vom 5. auf den 6. März starb der 19-jährige kurdische, Qosay Sadam Khalaf, aus dem Irak, nachdem er auf der Polizeiwache Delmenhorst zusammengebrochen war, im Oldenburger Krankenhaus. Als Ergebnis der Ermittlungen sprach die Staatsanwaltschaft die Polizei frei und schloss die Akte. Zwei Tage später versicherte die Staatsanwaltschaft auch die Unschuld der Rettungssanitäter vor Ort, indem sie unterlassene Hilfeleistung der Sanitäter und Fehler bei deren Arbeit ausschloss.
Was bleibt von den Drohungen gegen China und Russland, was von dem mit großem Tamtam angekündigten Demokratiegipfel? Wenig. Also zumindest nicht viel, was man nicht auch mit geringerem Aufwand hätte erreicht haben können. Die Ergebnisse sind eher ernüchternd. Wie sollte es auch anders sein. Denn es geht Biden und seinen Leuten nur um Kosmetik für die Leute zu Hause. Sie sollen das Gefühl haben, dass die USA wieder die Hauptrolle auf der Weltbühne spielen.
Denver/Wien. Kann man (wieder einmal) nicht erfinden: Gemäß übereinstimmenden Medienberichten tritt Österreichs Altkanzler Sebastian Kurz im kommenden Februar einen neuen Job an – und dies ist doppelt bemerkenswert. Nämlich nicht nur, weil Kurz somit im Alter von 36 Jahren erstmals nicht von den österreichischen Steuerzahlern ausgehalten wird, sondern wegen der Branche: Der US-Software- und Datenkonzern Palantir Technologies gilt als Schlüsselunternehmen der Überwachungsindustrie. Zu den Kunden zählen die Geheimdienste und das Militär der USA, die hessische Polizei sowie eine Reihe von Großbanken und Hedgefonds. Es sind schlussendlich „Big Brother“- und Spionage-IT sowie entsprechende Dienstleistungen, die angeboten werden. So gesehen ist es recht mutig von den Amerikanern, einen österreichischen Politikerdarsteller zu engagieren, dessen inszenierte Karriere an nicht gelöschten Chatnachrichten zerschellt ist.
Immer mehr Menschen kommen in Mexiko an oder durchqueren das Land auf ihrem Weg in die USA. Wiederaufnahme des Programms „Quédate en México“ (Bleib‘ in Mexiko) soll helfen
„Tamtam und Tabu. Die Einheit: Drei Jahrzehnte ohne Bewährung.“ –
Nun ahnt es der Leser: Der Autor kommt nicht daher mit billigen politischen Phrasen und Sprüchen, sondern bettet seine Anliegen ein in Texte voller Humor, Ironie und Doppelsinn. Sein großes Thema sind die Widersprüche, die kleinen und die großen, die jeder im Leben zu bewältigen hat. Im Prolog erwähnt der Autor zum Beispiel „reale Anlässe, Anstöße, Motive“, die nicht nur seine Fantasie anregten, sondern „auch Ängste, Befürchtungen, düstere Ahnungen“. „Bis hin zum kollektiven Wahn, der im 20. Jahrhundert Millionen von Menschen das Leben kostete.“ So findet der Leser oft unbekannte oder wenig beachtete Dinge beschrieben, die durch die spezielle erzählerische Beleuchtung einen ganz neuen oder auch erstmaligen Sinn erhalten. Dabei blitzen immer wieder Erkenntnisse auf, die zum Lächeln oder eben auch zum Nachdenken anregen. Welche Erkenntnisse das sind, soll hier natürlich nicht verraten werden.
Buchtipp, Egbert Scheunemann: „Über uns wird die Kellerwohnung frei – Erzählungen, Kurzgeschichten, Anekdoten“Liest man den Titel, muss man unwillkürlich stutzen und lächeln. Wer wohnt denn unter einem Keller? So tief unten? So tief gesunken?
Der Ukraine-Krieg ist dem Wesen nach kein Krieg zwischen der Ukraine und Rußland, sondern zwischen dem US-Imperialismus (NATO) und dem russischen Imperialismus.
Ich möchte daran
In der spanischen Provinz Almería hat sich seit Beginn der 1970er-Jahre eine gigantische Gemüseproduktion entwickelt, die mittlerweile eine Fläche von circa 30.000 Hektar Plastikgewächshäusern umfasst. Diese Entwicklung bildet die Grundlage für den wirtschaftlichen Aufschwung der Region und dem unermesslichen Reichtum der Plantagenbetreiber. Er kommt nur durch die perverse Ausbeutung marokkanischer Arbeitskräfte in Almerías Gewächshäusern, die von den Bossen verächtlich als „manos de cosecha”, was so viel heißt wie »Erntehände«, bezeichnet werden, zustande. Die „Herren“ schätzen, wie sie sich ausdrücken, die »stetige Verfügbarkeit« von billigen Arbeitskräften.
Wir kommen aus unterschiedlichen Strömungen der revolutionären Linken. Uns eint das Ziel einer gemeinsamen mobilisierenden Arbeit gegen Krieg und Rüstungsexporte und für antimilitarisitsche Politik, gegen Rassismus und Faschismus, gegen den Abbau demokratischer Rechte und für internationale Solidarität. Wir wenden uns dabei geschlossen gegen die kapitalorientierte und kriegstreiberische Politik der Bundes- und Landesregierungen und wollen unsere Viertel im Norden Berlins zum Ausgangspunkt politischen Gegenprotests machen.
Es wird in der Sekundärliteratur zum Werk von Charles Fourier berührt, in den Kommunebildungen der 68er Studentenbewe- gung Grundmuster der sozietären Gemeinschaft des utopischen Sozialisten zu erkennen. Das hat etwas für sich, denn dieser Utopist huldigte der kleinbürgerlichen Libertinage und verführte den erlebnishungrigen, meist konservativen Elternhäusern entkommenen und politisch ungebildeten Studentinnen und Studenten zu dem Irrsinn, die Straße zum Kommunismus trage statt des Namens Felix Dzierschynski den Namen Sex, Drugs & Rockn‘ Roll.
Am 18. März, dem internationalen Tag der politischen Gefangenen, fand eine Kundgebung vor der indischen Botschaft in Wien statt. Sie war Teil einer weltweiten Kampagne zur Verteidigung und Freilassung der politischen Gefangenen Indiens.
Lebensmittelretten ist modern für die einen und für immer mehr Menschen aber eine Notwendigkeit. In jedem Fall hat sich ein gutes und profitträchtiges Geschäftsmodell entwickelt, worunter offenbar die Tafeln leiden.



Wolfgang Bittner geht systematisch vor. Gleich zu Anfang erinnert er an die Kriege, die von den USA mit vorgetäuschten Zwischenfällen provoziert wurden: Vietnam, Serbien, der erste und zweite Irakkrieg, die Zerstörung Libyens – „humanitäre Interventionen“, so wurde es genannt. Angeblich ging es um die „Einführung demokratischer Strukturen“, die Verteidigung „westlicher Werte“ und um den Kampf gegen das „Reich des Bösen“. Das wird auch im Ukraine-Krieg propagiert, einem Stellvertreterkrieg, der den USA Nutzen bringt und Europa, insbesondere Deutschland, in den Ruin treibt.











































