Ricardo Lerida

Corona: Gesamtsterberate unter den Vorjahren –
teils weit darunter

Warum sterben in Spanien so viele Menschen?
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Ricardo Lerida

Ist diese Pandemie wirklich so ungeheuerlich gefährlich, wie die einzig wahre offizielle Version, die von allen Medien übernommen wird, es glauben machen will? Oder ist das alles ungeheuerlich übertrieben? Ich habe mich, mit sehr viel Arbeit, auf Spurensuche begeben und verspreche jetzt interessante Lektüre.
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Einige Zweifler-Fragen vorweg:

Die GESAMT-Sterbestatistik der europäischen Länder zeigt, gemäß euromomo.eu, dass kaum irgendwo aktuell mehr Menschen sterben als in den Wintern 2016/17 und 2017/18. Ausnahmen: Belgien, Italien, Spanien und England (nicht: Irland, Wales Schottland – dort ist alles im vollkommen normalen Bereich). In allen anderen Ländern liegt die GESAMTsterberate unter den Vorjahren – teils weit darunter. Wieso ist das so?

Viele Länder Afrikas sind seit vielen Jahren voller Chinesen, die dort Infastuktur bauen, und gezwungen zwischen ihrem Heimatland und dem entsprechenden Land Afrikas hin und her pendeln. Trotz des meist defizitären Gesundheitssystem Afrikas sterben dort die Menschen jetzt nicht wie die Fliegen. Im Gegenteil: Nach den vorliegenden Statistiken ist Afrika im Corona-Thema bisher überhaupt kein Problem. Wieso ist das so?
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Statistik: euromomo.eu vom 5. April 2020

„In 10 Tagen haben wir hier italienische Verhältnisse“ hörte ich oft aus Deutschland. Das war vor drei Wochen. Sie scheinen nicht kommen zu wollen, diese „italienischen Verhältnisse“. Statt dessen ist das deutsche Gesundheitssystem immer noch weit weg von der beschworenen extremen Notlage. Wieso ist das so?

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In Schweden hat man, im Gegensatz, zu fast allen anderen europäischen Ländern, immer noch nicht zur Ausgangssperre und strengsten Beschränkungen gegriffen. „Das werden die bitter bereuen“, hörte ich vor Wochen. Trotz heftiger Propaganda der Opposition, die aus politischen Gründen energisch härtere Massnahmen verlangt, hat sich die schwedische Regierung noch nicht zur Verschärfung drängen lassen und das Gesundheitssystem wird bisher relativ problemlos mit der Lage fertig. Wieso ist das so?

Wenn ich solche und andere Zweifel anmeldete, kam sehr oft der Einwurf: „Ja, aber was ist denn mit Spanien und Italien? Die Toten dort sind doch keine Erfindung!“

Corona 04. Bild: Askan Worms, flickr CC 0

Das ist völlig berechtigt! Um herauszufinden, wie das zusammenhängen könnte, begab ich mich über viele Tage lang auf Spurensuche in Spanien. Hier sind die Ergebnisse. Im Folgenden werde ich nur die wichtigsten Daten und Zahlen verwenden, um Leser nicht zu verwirren.

Offizielle Zahlen:
 Heute wurde die Zahl von 15.000 Toten in Spanien mit (nicht „an) Covid-19 überschritten.

Jetzt kann man einwenden, wenn man will:
 In Spanien sterben jeden Tag ohne jede Krise 1.250 Menschen.
 Die Zählung der Toten (John Hopkins Universität) läuft seit dem 22. Januar, also seit jetzt 78 Tagen. In 78 Tagen sterben in Spanien schon ohne jede Krise statistisch 97.500 Menschen.

Wenn also nun heute die „15.000 überschritten wurden“, die mit (nicht „an) Corona gestorben sind und niemand je behauptet hat, dass das ein „Plus“ ist, eine Übersterblichkeit also, dann ist das nur eine kleiner Teil dieser 97.500. Wo also soll das Drama liegen?
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Doch so einfach ist es eben nicht

Im Folgenden die GESAMT-Sterberaten im März
. Wie eine nationale Statistik zeigt, die auf historischen Vergleichswerten der Vorjahre beruht, sind in einigen Autonomías (Bundesländern) Spaniens in den letzten drei Märzwochen deutlich mehr Menschen gestorben als zu erwarten gewesen wäre: Castilla-León, Castilla La Mancha, Madrid, Katalonien, Navarra, Comunitat Valenciana, Madrid.

Dagegen liegen die Werte anderer Autonomías vollkommen im ohne Krise erwartbaren normalen Bereich: Andalusien, Murcia, Balearen, Canarias, Galizien, Cantabria, Asturias …

In einigen Gegenden Spaniens sterben also jetzt viel mehr Menschen als in anderen, obwohl das Virus nicht wählerisch ist – dafür muss es irgendeine Erklärung geben. Die galt es nun zu finden.

Zuerst stolperte ich über diese offizielle Zahl: 
Unter den 15.000 Toten mit (nicht „an“) Corona sind (mindestens, wahrscheinlich deutlich mehr) 8.353 Bewohner von Altersheimen = 56 Prozent.

Deutlich mehr als die Hälfte starben also in Altersheimen. Die Meldungen werden viele gelesen haben: „Soldaten finden Altersheime ohne Personal und mit Leichen in den Betten„.

Nun wird es wirklich spannend:
 In Spanien trat 2006 die Ley de Dependencia in Kraft (Pflegestufen). Damit bekam die Mittelschicht erstmals Zugriff auf professionelle Altenpflege(-Heime).

In der Folge schossen überall Altersheime wie Pilze aus dem Boden. Die prozentuale Steigerung zwischen 2005 und 2015 ist die weitaus höchste in der gesamten EU. Gab es 2005 in Spanien etwa 20 Plätze für je 1.000 Einwohner über 65 Jahre, so waren es 2015 fast 50 .

Die Ausgaben der öffentlichen Hand in dieser Zeit zeigen jedoch keine nennenswerte Steigerung. Kein Wunder, denn die ganz grosse Mehrheit dieser vielen neuen Altersheimplätze wurden von Investoren finanziert. Den kommunalen Institutionen war es recht: Mehr Altersheime, ohne dafür selbst Geld in die Hand nehmen zu müssen.

So werden beispielsweise in Barcelona heute nur noch 9,5% der Altersheim-Betten von öffentlichen Institutionen betrieben – alles andere ist auf Gewinn ausgerichtet.

Die Zustände in vielen Altersheimen sind komplett inakzeptabel. Das hat bisher fast niemanden interessiert. Auch Proteste von Angehörigen hatten kaum Wirkung. Schlecht ausgebildetes, schlecht bezahltes, meist überfordertes Personal und davon viel zu wenig. Nicht Altenpflege steht im Vordergrund sondern Gewinnerwartung und Dividenden.

Zudem ist in den meisten Autonomías Spaniens (ausser Andalusien) die öffentliche Kontrolle der Einrichtungen entweder heillos überfordert oder schlicht gar nicht präsent. Die zuständigen lokalen und kommunalen Institutionen waren froh um die Ley de Dependencia: Das Problem Altenpflege war durch privates Engagement vom Tisch und man musste sich nicht mehr selbst kümmern.

Dabei fällt auf, dass die meisten der geschwind entstandenen Altersheime von wenigen grossen internationalen Investoren betrieben werden und besonders viele Betten haben (mehr als 100). Auch dafür gibt es eine Erklärung: Diese grossen Heime sind besonders „kostengünstig“ pro Bett. Damit können kleine und engagierte private Betreiber nicht konkurrieren, und ihr Angebot fällt bei der Ausschreibung als nicht konkurrenzfähig unter den Tisch.

Übrig bleiben die grossen Player, die billig anbieten und standarisiert alle öffentlichen Anforderungen an die Heime problemlos erfüllen können. Haben sie den Auftrag erstmal ergattert, müssen sie sich um störende Kontrollen keine Sorgen mehr machen. Die finden kaum oder gar nicht statt und kein Politiker wird sich mit denen anlegen, die ihm „ein Problem vom Tisch genommen haben“.

Wenn man sich viele Statistiken anschaut und sie verknüpft, stellt man folgendes fest. In den oben genannten Autonomías, in denen im März besonders viele Menschen gestorben sind …

– gibt es die meisten Altersheime
 – gibt es den grössten Prozentsatz von Heimen in Investoren-Hand
 – gibt es die höchste Bettenzahl pro Haus

In den meisten dieser Einrichtungen arbeiten viele Menschen aus Osteuropa. Sehr schlecht entlohntes und überfordertes Personal, immer am Anschlag, kaum Weiterbildung. Es kann kaum verwundern, dass viele von ihnen schlicht geflüchtet sind, als in Spanien die Ausgangssperre drohte und man danach mehrere Altersheime komplett ohne Personal vorfand.
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Die hohen Sterberaten in den genannten Regionen Spaniens haben also vorrangig zwei Gründe:

  1. Das gilt für ganz Spanien: Durch die allgemeine und unverantwortliche Panik-Kampagne, geschürt durch die unselige Allianz zwischen Politik und Medien, sorgte dafür, dass die Gesundheitszentren zuerst geflutet wurden von denen, die Angst vor dem Virus hatten, und waren so komplett überfordert. In der jetzigen Phase der Ausgangssperre sterben wiederum Menschen, die sich erst gar nicht ins Gesundheitszentrum oder Krankenhaus trauen, obwohl das dringend erforderlich wäre, weil sie a) befürchten, sich dort anzustecken und/oder b) die Aufforderungen ernst nehmen, nicht wegen jeder „kleinen Sache“ dem ohnehin gestressten System zusätzliche Arbeit zu verschaffen.
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  2. Deutlich mehr als die Hälfte aller registrierten Toten sterben in Altersheimen. Weit überwiegend in Häusern, die von wenigen nationalen und internationalen Konzernen gemanagt werden. Unzureichende Ausstattung, zu wenig Personal, das schlecht bezahlt und komplett überfordert sein Bestes zu geben versucht – und natürlich maximale Dividende, denn das allein ist das Ziel der Investoren.

Die erhöhten Sterberaten in einigen Gegenden Spaniens sind so betrachtet perfekt logisch. Sollte sich jemand die Mühe machen, Bergamo oder die anderen „sterbe-intensiven“ Gegenden Italiens zu untersuchen, würde man wahrscheinlich zu sehr ähnlichen Ergebnisse kommen.
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Ist also das Virus ungefährlich und einfach eine weitere Winter-Grippe?

Jein! – Die hohe Ansteckungsrate und fehlende Immunität sprechen dagegen. Die ausbleibenden desaströsen Sterberaten in vielen Ländern, die nicht einmal diejenigen vorheriger Winter erreichen, sprechen dafür. Die Tatsache, dass in Indien, Afrika oder Ländern Südamerikas jetzt zwingend logisch viele Millionen (viele Millionen!) Menschen sterben müssten, wenn die offizielle Version die einzig Richtige wäre, spricht auch dagegen.

Als gesichert gelten kann dagegen aus meiner Sicht: Überall dort, wo der Profit dafür gesorgt hat, dass Menschen nicht die Pflege und Aufmerksamkeit erhalten, die ihnen zusteht und die diese Krise zu bewältigen in der Lage ist, sterben viele Menschen – und daran hat das Virus nur einen Anteil, wahrscheinlich sogar den kleineren.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und jeden Kommentar dazu. Es braucht jetzt dringend mehr Daten, Fakten, Analysen, Meinungen und unterschiedliche Bewertungen. Es muss dringend aufhören, dass Panikmache die einzig erlaubte Version ist!

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Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

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