Ramsis Kilani, Rama Al Sayasnehjpg, Kassem Ahmad

Libanons „Oktoberrevolution“ am Scheideweg

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Ramsis Kilani

Kassem Ahmad

Mittlerweile ist unbestreitbar, dass der Libanon einen historischen Moment erlebt. Mit 1,5 Millionen Menschen demonstrierte bereits ein Viertel der Bevölkerung auf den Straßen. Das sind unglaubliche Zahlen. Noch unglaublicher sind diese Zahlen vor dem Hintergrund der traditionslastigen konfessionellen Spaltungen im Landesinneren. Statt an religiösen Vorurteilen brechen die Konflikte mehr und mehr entlang der Klassenlinien auf.

Der Libanon ist ein zutiefst gespaltenes Land. Das hat historische Gründe. Im Verlauf des Ersten Weltkrieges teilten die französischen und britischen Kolonialmächte den größtenteils arabisch bevölkerten Landstreifen, der bislang vom zerfallenen Osmanischen Reich kontrolliert wurde, unter sich auf. Das sogenannte Sykes-Picot-Abkommen sprach den französischen Kolonialherren unter anderem die Kontrolle über ein Gebiet zu, das sie als Großlibanon bestimmten. Vor allem die dort lebenden maronitischen Christen erfuhren durch die französische Kolonialmacht eine systematische Bevorzugung. Als Folge stiegen viele von ihnen zu Großgrundbesitzern und zur libanesischen Bourgeoisie auf. Gegensätzliche Entwicklungen erlebte die schiitische Bevölkerung des Südlibanons. Zwar arbeiteten nicht alle libanesischen Schiiten in der unterentwickelten Industrie und Landwirtschaft, aber im Vergleich zur Restbevölkerung machen sie den mit Abstand höchsten Prozentsatz in diesen Sektoren aus. Zu dieser ungleich größeren wirtschaftlichen Ausbeutung kam die politische Marginalisierung der Schiiten. So war selbst die schiitische Mittelschicht in der vom französischen Imperialismus ererbten Staatsstruktur eingeschränkt, weil die politische Macht maßgeblich in den Händen der Führung der maronitischen Christen, sunnitischen Muslime und Drusen lag. Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit 1941 waren nur 3,2 Prozent aller Führungsposten im Staatsdienst von Schiiten besetzt. Im Gegensatz dazu befanden sich 40 Prozent der Führungspositionen in den Händen der Maroniten. Seit der flächendeckenden ethnischen Säuberung Palästinas für die Staatsgründung Israels leben dazu Hunderttausende von palästinensischen Vertriebenen in libanesischen Flüchtlingslagern. Den Herrschenden dienten sie häufig als Sündenbock und so waren sie ständig Opfer von Rassismus.
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Krieg und Aufstieg der Hisbollah

Die ungleichen Verhältnisse und sektiererischen Spannungen im postkolonialen Libanon entluden sich ab Mitte der 70er-Jahre in einem blutigen Bürgerkrieg. Das syrische Eingreifen unter Hafiz Assad und die israelische Invasion verschärften die Situation. Aus dem Widerstand gegen die israelische Besatzung entwickelte sich eine militante schiitische Guerillaorganisation namens Hisbollah. Während linksgerichtete Kräfte wie die Kommunistische Partei Libanons, die Palästinensische Befreiungsorganisation, nasseristische Fraktionen, die drusische PSP und die kurdische PKK die angreifenden Truppen Israels neben der Hisbollah und anderen islamischen Widerstandsorganisationen bekämpften, schlossen sich die maronitischen Faschisten der Phalange-Miliz und andere rechte Kräfte den Besatzern an. Der militärische Arm der ebenfalls schiitischen Amal-Bewegung wechselte mehrmals die Fronten. Ihre Konstante war die pro-syrische Ausrichtung. Die militärische Präsenz Syriens selbst endete erst 2005 durch die Zedernrevolution, die die syrischen Truppen vollständig aus dem Libanon trieb. Vor allem dem Widerstand der Hisbollah gelang es, auch die israelische Besatzung des Libanons zu beenden und 2006 einen weiteren Angriffskrieg Israels zurückzuschlagen. Aus diesem Grund und wegen des sozialen Hilfsnetzwerks der Hisbollah unterstützen vor allem, aber nicht nur, libanesische Schiiten die sogenannte “Partei Gottes”, die gewissermaßen zu einem “Staat im Staat” aufsteigen konnte.

Die tumulthaften Kämpfe vertieften die Gräben zwischen den gesellschaftlichen Gruppen und mündeten zum Ende des Bürgerkrieges auch in einer konfessionellen Parität im Parlament. Schiiten, Sunniten, Christen und Drusen wählen seit dem Abkommen von Taif aus dem Jahr 1989 nur ihre jeweiligen religiösen Vertreter der insgesamt 18 Konfessionen in die Regierung. Weil sie damit auch im politisch-institutionellen Rahmen in Stein gemeißelt ist, fällt die gesellschaftliche Spaltung den Machthabern im Libanon besonders leicht.

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Aufstand gegen Korruption und Ungleichheit

Zumindest schien das bis vor Kurzem der Fall zu sein. Seit dem 17. Oktober erlebt das gespaltene Land revolutionäre Massenaufstände. Über eine Million Menschen richten sich sowohl gegen den sunnitischen Ministerpräsidenten Saad Hariri als auch gegen die christliche Rechte und die schiitische Amal-Partei. Große Teile der libanesischen Bevölkerung richten sich lautstark gegen die eigenen religiösen Führer und äußern gegenseitige Bekundungen der Solidarität mit angrenzenden Städten sowie den in ihnen lebenden religiösen und ethnischen Gruppen. Die neue Bruchlinie verläuft für viele nicht mehr zwischen den Konfessionen, sondern zwischen oben und unten, zwischen einer herrschenden und einer unterdrückten Klasse. Die libanesische Sozialistin Rima Majed hält fest: „Obwohl der Libanon in jüngster Zeit ähnlich massive ‚Straßenexplosionen‘ gegen die herrschende Klasse erlebte (etwa in 2015), stellt die libanesische ‚Oktoberrevolution‘ einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte der sozialen Bewegungen nach dem Bürgerkrieg dar. Nach fast drei Jahrzehnten neoliberaler Politik, die in der Vertiefung der Klassengegensätze resultierte, sind die Menschen dieses Mal auf die Straßen gegangen, um die herrschende Klasse deutlich an den Pranger zu stellen, die als Wächter des Neoliberalismus (und ihres eigenen Klasseninteresses) fungiert, fernab sektiererischer Trennlinien, die üblicherweise von den Führern als effektive Taktik eingesetzt wurden, um die Straße zu spalten. Dieses Mal startete die Revolution mit den ärmeren Klassen der Arbeitslosen oder Unterbeschäftigten – normalerweise die tragende Säule und Wählerschaft der hegemonialen sektiererischen Parteien aufgrund von komplexen Systemen des Klientelismus – die sich gegen ihre ‚Schutzherren‘ wandten.“

Auslöser dafür sind, anders als viele deutsche Medienberichte nahelegen, nicht bloß die geplanten Steuern auf WhatsApp. Die Steuermaßnahmen waren vielmehr der letzte Tropfen, der das Fass in einem wirtschaftlich durch und durch zugrunde gerichteten Land zum Überlaufen gebracht hat.

Feudalistische Rudimente überlebten auch im postkolonialen Libanon. Einzelne Familien verfügen bis heute über Grundbesitz und Landesteile. Sie besetzen Posten mit eigenen Familienmitgliedern und bestimmen die Preise für die Lebensgrundlage ganzer Bevölkerungsteile, über die Wasserverteilung und den Stromzufuhr. Mafiöse Strukturen, Vetternwirtschaft und Korruption verfestigen das Ausmaß dieser sozialen Ungerechtigkeit. Eine Monopolisierung der Wirtschaft und des Versorgungsnetzwerks schuf unter diesen Bedingungen eine Art sektiererischer Strom- und Wassermafia, die zu hohen finanziellen Konditionen für die Grundbedürfnisse der Menschen sorgt – oder eben auch nicht.

Die offiziellen politischen Repräsentanten sind Teil dieses Systems. Die politische Elite des Libanons ist eine bis ins Mark korrupte Riege, die über unterschiedliche Sektoren der Wirtschaft bestimmt.

Der Stadtkern der libanesischen Hauptstadt Beirut ist maßgeblich von der sunnitischen Hariri-Familie bestimmt. Der in Saudi-Arabien durch Öl-Geschäfte reich gewordene Rafiq Hariri gründete die sunnitisch dominierte Zukunftspartei, den eigenen Fernsehsender Future TV, die Zukunfts-Zeitung und ein Milliarden-Imperium. Der heutige Ministerpräsident Saad Hariri ist der Sohn Rafiq Hariris, der 2005 ermordet wurde – mutmaßlich im Auftrag des syrischen Machthabers Assad, was die Zedernrevolution auslöste. Die von Saudi-Arabien unterstützten Hariris haben Beirut ein neoliberales Wirtschaftsprogramm auferlegt. Privatisierungsmaßnahmen wie Gentrifizierungen und eine Neuordnung der Infrastruktur sowie eine harte Austeritätspolitik veränderten das Stadtbild. Die Hariri-Firma Solidere steht in dringlichem Verdacht von der Veruntreuung von Staatsgeldern zu profitieren.

Walid Dschumblat ist der Abkömmling einer kurdisch-drusischen Adelsfamilie und der einflussreichste Politiker der Drusen. Er ist Vorsitzender der Sozialistischen Fortschrittspartei des Libanon (PSP), die in Bezug auf die Proteste gespalten ist. Dschumblat selbst hält an der Regierung fest. Er lebt in einem Palast in Beirut und war ein enger Vertrauter und Freund des verstorbenen Rafiq Hariri.

Der Parlamentpräsident Nabih Berri gilt für viele als menschgewordenes Gesicht der Korruption. Er ist der Führer der schiitischen Amal-Bewegung, die seit ihrer Gründung kurz vor Beginn des Bürgerkriegs fest an der Seite des syrischen Assad-Regimes steht.

Die maronitischen Christen sind im Parlament primär durch nationalistische, rechte Kräfte vertreten. Der verurteilte Kriegsverbrecher Samir Geagea ist heute als Vorsitzender der rechtsgerichteten und zum Teil faschistischen Forces Libanaises Teil der Regierung. Der maronitische Offizier Michel Aoun stellt gemäß der konfessionellen Parität den libanesischen Präsidenten. Über den Fernsehsender Orange TV übt er politische Einflussnahme aus. Sein Schwiegersohn Gebran Bassil ist als Mitglied der Freien Patriotischen Bewegung ebenfalls Teil des
Regierungskabinetts. Er fällt vor allem durch rassistische Hetze gegen palästinensische und syrische Flüchtlinge auf.
Die Flüchtlinge, die seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien in den Libanon strömen, machen heute einen beachtlichen Teil der libanesischen Bevölkerung aus. Gemäß der Logik des Kapitals dienen sie vor allem im Bauwesen als billige, ungelernte Arbeitskraft, um den Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern. Dieser Umstand schürte ihnen gegenüber bei der libanesischen Arbeiterklasse und sogar Teilen der palästinensischen Flüchtlinge rassistische Vorurteile, weil sie teils aus dem Arbeitsmarkt verdrängt wurden. Der politischen Elite und den Medien gelang es, diese rassistischen Vorurteile gegen die marginalisierten Syrer noch anzuheizen, die damit die palästinensischen Flüchtlinge als Hauptsündenböcke ersetzten.

Fahne von Libanon

Doch die wirtschaftlichen Entwicklungen und das flächendeckende Versagen der Politik ließ die rassistische Umleitung und die sektiererische Spaltung immer weniger überzeugend werden. Seitdem der Regierungsvertrag für die Müllentsorgung ausgelaufen ist, streiten sich die erwähnten Mafia-Strukturen um die Übernahme. Die Folge ist, dass vor allem der Nordlibanon seit Jahren eine Müllkrise erlebt, die für die Zivilgesellschaft mit erheblichen Gesundheitsrisiken einhergeht. Die Müllberge wurden vor allem in den verarmten Gebieten gelagert.

Rund um die Hauptstadt Beirut und im syrischen Gebiet begannen zudem ungefähr eine Woche vor den Massenprotesten Flächenbrände in Wäldern und Ländereien um sich zu greifen, die die Natur und Ernte zerstören. Die korrupte Regierungsclique schien kein Interesse oder nicht die Kompetenz zu haben, die Brände zu löschen.
Die Staatsschulden des Libanon betragen derweil 86 Milliarden US-Dollar. Tausende verloren durch die neoliberale Urbanisierung ihren Wohnort und Lebensunterhalt. Die genaue Arbeitslosenrate im heutigen Libanon ist ungewiss, aber sie wird als extrem hoch eingeschätzt.

Zuletzt machte die Weltwirtschaftskrise auch vor der durch die Bindung an den Dollar angeblich so stabilen Lira, dem libanesischen Pfund, nicht Halt. Der Umtauschkurs in den Wechselstuben stieg massiv an und Tankstellen im Land gaben zweitweise gar kein Benzin mehr heraus. Zudem drohte eine Preiserhöhung für Brot. Wiederkehrende Strom- und Wasserausfälle wurden zum Alltag. Die Besteuerung von WhatsApp mit einer täglichen Gebühr von circa 0,20 Dollar war in dieser Situation also nur der letzte dreiste Kieselstein von Seiten der Regierung, der die Revolte ins Rollen und die geschundene libanesische Bevölkerung zum Explodieren brachte.
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Aus dem gescheiterten Arabischen Frühling wurde gelernt

Dabei scheint es fast, als haben die Aufständischen im Libanon die arabischen Revolutionen mit dem Notizblock in der Hand verfolgt und fein säuberlich deren Fehltritte mitgeschrieben. Bislang gelingt es der Protestbewegung zumindest in ihrem frühen Stadium, derlei Fehltritte zu vermeiden: Ethnisch-religiöses Sektierertum, militarisiertes Stellvertretertum, ein Niedergang von Protestwellen mit Massenbasis oder Verluste an Radikalität und reformistisches Annähern an das Regime sind bisher nicht abzusehen.

Ein Aspekt, der vor allem der sudanesischen Erfahrung ähnelt, ist die auffällige Präsenz von protestierenden Frauen. Einzelne erfahren durch Aktionen wie den Tritt gegen einen bewaffneten Regime-Anhänger eine regelrechte Ikonisierung. Mit Parolen wie „Frau ist kein Schimpfwort! Meine Vulva ist kein Schimpfwort!“ reagieren Feministinnen auf die häufig verwendete arabische Beleidigung gegen Mitglieder der politischen Elite.

Ein beachtlicher Teil der Parolen und Transparente im Libanon solidarisiert sich ausdrücklich mit syrischen und palästinensischen Geflüchteten im Inland. „Bassil – raus, raus! Flüchtlinge – rein, rein!“ ist einer der Slogans. Außerdem schaffen die Demonstrierenden vermehrt Bezüge zu anderen arabischen Revolutionen und halten internationale Solidarität mit ägyptischen und syrischen politischen Gefangenen sowie dem antikolonialen Befreiungskampf in Palästina hoch. Auch machen sie Solidarität mit der Bevölkerung im Jemen, in Libyen oder Jordanien sichtbar. Die Demonstrationen drücken sich aus in einem bunten Farbenspiel aus kreativen Aktionen – in Kunst und Musik.

Die Einflussnahme libanesischer Gewerkschaften und altkommunistischer Parteien in der Protestbewegung ist nicht unerheblich. Die Zentralbank des Libanons wurde besetzt. Banner mit der Aufschrift „Brecht die Macht des Kapitals“ wurden aus den Gewerkschaftshäusern ausgerollt und der landesweite Generalstreik hält seit Montag an.

Alle Reformversprechen, Spaltungsunternehmungen und Versuche politischer Akteure noch in letzter Sekunde aus der Regierung abzutreten und sich als Teil der Opposition darzustellen, scheitern kläglich am entschiedenen Widerstand der Massen auf den Straßen. Parolen wie “Revolution, Revolution!” oder “Das Volk fordert den Sturz des Regimes!” hallen durch die vollen Gassen und öffentlichen Plätze vor dem besetzten Regierungsgebäude.
Dennoch hat auch eine Bevölkerung mit einem Massenbewusstsein die Strategie einer revolutionären Führung, die fest in der Arbeiterklasse verankert ist, nötig. Im diversen Libanon mit seinen geteilten sektiererischen Führern, denen eigene Propagandakanäle und Paramilitärs zur Verfügung stehen, ist das umso wichtiger. Als potenziell besonders gefährlich einzustufen ist hier die Rolle der Hisbollah, die trotz ihres nach wie vor vorhandenen Prestiges in der einfachen Bevölkerung mittlerweile auch die Interessen ihrer ins Bürgertum aufgestiegenen Führung und bürgerlichen Finanziers vertritt. Sie taktiert aktuell relativ geschickt und wird von nicht wenigen immer noch nicht als Teil der Polit-Elite wahrgenommen. Ihre widersprüchliche Klassenbasis macht aber deutlich, dass sie sich immer nur sehr begrenzt mit dem Imperialismus und dem internationalen System des Kapitalismus anlegen werden kann.

Darüber hinaus ist der Nahe und Mittlere Osten seit Langem Hauptschauplatz imperialistischer Unterdrückung und Aggression mit unterschiedlichem ausländischen Interesse. Vor diesem Hintergrund brauchen soziale Forderungen von unten umso mehr eine langzeitstrategische Weitsicht, um eine Chance auf Erfolg zu haben. Sozialistische Organisationen, die das anbieten können, haben sich mittlerweile in verschiedenen Teilen der Region aufbauen können. Die ägyptischen Revolutionären Sozialisten, die ihre Mitgliederzahl während der Revolution in Ägypten verzehnfachen konnten, oder auch sudanesische und irakische Demonstrierende solidarisieren sich mit den libanesischen Protesten. Die Verbindung und gegenseitige Unterstützung ist aufgrund der regional verzahnten staatlichen Unterdrückung wichtig. Jeder aufständische Schritt, jedes Aufbäumen gegen die Konterrevolution und jeder Akt der internationalen Solidarität hat eine Ausstrahlungskraft über den nationalen Kontext hinaus und kann ein neues Selbstbewusstsein erwecken. Zumindest an der Oberfläche zeigen die Proteste im Libanon bisher wohl das höchste Maß an progressiven Elementen und Internationalismus in der Geschichte der arabischen Revolutionen. All das macht deutlich, wie die regionalen revolutionären Erfahrungen das Bewusstsein der Menschen nachhaltig verändern konnten und es weiterhin tun.
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Die Hoffnung wächst

So lösen die als „Oktoberrevolution“ bezeichneten Aufstände im Libanon eine neue Welle der Hoffnung in der arabischen Welt, in der syrischen Diaspora und im libanesischen Exil aus. Es ist kein Zufall, dass die Aufstände zum jetzigen Zeitpunkt in dieser Form entstehen konnten. Es ist vor allem, aber nicht ausschließlich das Resultat der landesinneren Korruption, die den Libanon gefährlich nahe in Richtung eines „Failed State“ gebracht hat. Funken wirbelten auch die Aufständischen im Sudan, in Algerien, im Irak und in Ägypten auf. Die libanesische Parole „Alle bedeutet ALLE!“ nimmt nicht nur Bezug auf die unterdrückten Menschen im Libanon aller Konfessionen und Ethnien, sondern auch auf die Region insgesamt. ‚Alle‘ schließt ebenfalls den Sturz von Assad, Abbas, Sisi und Salih mit ein.

Wenn sich abermals ein Lauffeuer in der arabischen Welt ähnlich der Entwicklungen ab 2011 entfalten sollte, wird die Arabellion in eine geschultere zweite Runde gehen. Klar ist: Die Arabische Revolution lebt, sie war nie tot. Die Phase der überwältigenden Konterrevolution befindet sich im Niedergang und die Knospen eines neuen Frühlings beginnen sich zu öffnen. Und vor allem Weiteren ist klar: Die Herrschenden können nicht mehr in der alten Weise weiterregieren und die Unterdrückten wollen nicht mehr in der alten Weise weiterleben.

Autorenkollektiv:

Kassem Ahmad ist ein libanesisch-palästinensischer Sozialist. Seine Eltern wuchsen in einem Flüchtlingslager im Libanon auf und er steht in enger Verbindung mit der libanesischen Protestbewegung. 
Rama al-Sayasneh ist eine syrische Feministin. Sie lebt seit drei Jahren in Deutschland und studiert an der Universität Siegen. 
Ramsis Kilani ist ein palästinensischer Aktivist aus Siegen. Er ist Mitglied des Sozialistisch-demokratischen Studierendenverbands (SDS).

 

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