Julius Kaltensee – PERSPEKTIVE»online – 29. September 2022

Wer würde wirklich von einem geplanten “Deckel” für Strom und Gas profitieren?

Laut Bundesregierung würde eine staatlich subventionierte Gas- und Strompreis-Senkung um einen Cent pro Kilowattstunde um die 3,8 Milliarden Euro kosten. Warum dieser geplante “Deckel” unzureichend wäre und für eine weitere Umverteilung von unten nach oben sorgen würde.

In den letzten Wochen wurden Rufe nach einer Einführung einer “Deckelung” der Energiepreise vor allem von den Wirtschaftsminister:innen der Bundesländer laut.

Die Bundesregierung veröffentlichte nun erstmals Zahlen zu den Kosten einer möglichen Begrenzung der Gas- und Strompreise. Eine Senkung des Endverbraucher:innenpreises bei Gas um ein Cent je Kilowattstunde würde 2,5 Milliarden Euro kosten, während die Begrenzung des Strompreises etwa 1,3 Milliarden Euro pro Cent und Kilowattstunde benötigen würde.

Daraus ergibt sich eine Entlastung von ungefähr 200 Euro im Jahr für einen durchschnittlichen Einfamilienhaushalt und circa 50 Euro für einen Singlehaushalt.

Die tatsächlichen Mehrausgaben in den Haushalten liegen jedoch weitaus höher – Erhöhungen um 10 Cent pro Kilowattstunde durch Gaspreisunternehmen sind keine Seltenheit. Wer bei Check24 derzeit einen neuen Stromanbieter suchen muss, zahlt 64 Cent pro Kilowattstunde. Solche drastischen Aufschläge werden dabei nur wenig bis gar nicht abgefedert.
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Wer wird eigentlich unterstützt?

Zudem muss bei einem solchen Modell der Deckelung beachtet werden, dass damit in Wirklichkeit keineswegs die Energiepreise  „gedeckelt“ werden. Der Staat akzeptiert nämlich einfach die von den Energiekonzernen gemachten Preise und drückt diese dann mithilfe von Steuergeldern, um die Verbraucher:innen zu entlasten.

Zwar sinkt der Preis für Strom und Gas damit tatsächlich bei den Endverbraucher:innen etwas, aber dem rücksichtslosen Profitstreben der Unternehmen wird bewusst keine Begrenzung auferlegt, es wird dadurch sogar am Leben erhalten.
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Umverteilung von unten nach oben

Dies würde eine weitere Umverteilung von der Arbeiter:innenklasse in die Taschen der Konzerne bedeuten, denn während die Gewinne der Unternehmen unberührt bleiben, werden der Strom- und Gaspreisdeckel sehr wohl mit Steuergeldern bezahlt werden. Aber Steuergelder sind in Deutschland fast  ausschließlich Gelder, die von der Arbeiter:innenklasse bezahlt werden. Denn Konzerne und Superreiche holen sich diese Subventionen zurück oder zahlen sie aufgrund von Steuerschlupflöchern erst gar nicht.

Wir Arbeiter:innen finanzieren also unsere eigene Entlastung, während die Gewinne der Unternehmen weiter und weiter steigen. Zusammen mit der Gasumlage, der Verstaatlichung von Uniper letzter Woche und den 100 Milliarden für die Bundeswehr reiht sich dieser „Deckel“ wieder in die Reihe der Maßnahmen der Bundesregierung ein, die für eine kontinuierliche Umverteilung von unten nach oben sorgen werden.
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Deckel ja – aber auf Kosten der Konzerne

Eine wirkliche „Deckelung“ der Energiepreise würde den Hebel bei den Profiteur:innen der Krise ansetzen und dafür sorgen, dass die Preise auf Kosten der Monopolprofite gesenkt werden. Das bedeutet, dass staatliche Zuschüsse nicht mit mehr Schulden sondern durch Vermögensabgaben der Superreichen finanziert werden müssten.

Zusätzlich benötigen wir die Absage der geplanten Gasumlage, ein Verbot von Zwangsräumungen, Kündigungen und Strom- und Gassperren und eine Senkung der Mehrwert- und Energiesteuer.

Doch dies entspricht natürlich nicht dem Interesse der Kapitalseite, in deren Sinne die Regierung schlussendlich die Politik gestaltet. Wollen wir also eine wirkliche Hilfe für die Arbeiter:innen, dürfen wir uns nicht von derlei Ablenkungsmanövern blenden lassen, sondern müssen die Forderung nach einer wirklichen Entlastung unserer Klasse selbst auf die Straße tragen.
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Erstveröffentlichung am 26. September 2022 auf »PERSPEKTIVE>>«. Wir danken den Genossinnen und Genossen von »Perspektive« für ihre gute Arbeit und der Genehmigung der Weiterveröffentlichung.
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