Auslandsvolkskorrespondent Noel Nascimento, Brasilien – 11. Oktober 2021

Brasilien: Eine Landesweite Tragödie unendlichen Ausmaßes

Noel Nascimento

In wie fern ein Staatschef sein eigenes Land in den Ruin treiben kann, lässt sich an der aktuellen politischen Lage Brasiliens messen. Präsident Jair Bolsonaro, dessen Name noch »fatalistischer Messias« bedeutet, betreibt auf mannigfaltige Weise Genozid. Die Politik des rechtsextremen Proto-Faschisten nimmt nicht nur das Leiden eines Teils der Bevölkerung nicht wahr, sondern verachtet es sogar.

Ungeachtet von der Besessenheit einer Idee von Machterhaltung durch Unterstützung von Militärs höheren Ranges, die in seiner Regierung zusätzlich verbeamtet wurden, ist seine Finanzpolitik für die sozial schwächeren ein Desaster, dass mehr Elend hervorbringt. Alle Wahlen die ihm in Zukunft die Macht über das größte und bevölkerungsreichste Land Südamerikas streitig machen (entreißen) könnten, würden seinen Aussagen zufolge das Resultat eines Betrugs sein, womit er mehr als ein Jahr im Voraus die Absicht eines Putsches mit den Worten ankündigt: „Niemand wird mich hier von entfernen!”

Jair Messias Bolsonaro ist der Messias des Untergangs

Er wurde durch eine Ablehnung eines Teils der Bevölkerung gegen die frühere Regierung der Arbeiter Partei Brasiliens gewählt. Diese hatte nach Machtübernahme die Fehler begangen, die alle früheren stets in Brasilien begangen hatten, und zwar sich auf korrupten Wege mit Unternehmern einzulassen, und so in einer gespaltenen und ungerechten Gesellschaft den Boden für den von geschichtlichen Geschehnissen erzeugten noch vorhandenen Hass und Verachtung von reich gegen arm sein deutliches Gesicht zeigen lassen.

Rio de Janeiro – Brasilien – LKW mit Knochen und Fleischreste wird geplündert. Screenshot YouTube

Zu einer solchen tief verwurzelten Mentalität gehört nichts anderes als eine vollkommen liberale Privatisierungspolitik. An erster Stelle werden staatliche Großkonzerne verkauft. Paulo Guedes, ein Mann dessen Biographie die Tätigkeit unter Finanzbankiers in Chile zur Zeit von Pinochet zählt und zu den sog. Chigago Boys gehört, ist derzeit Brasiliens Finanzminister. Er lässt alles verkaufen was verkauft werden kann. Alles staatliche wird vor allem an US Konzerne für Spottpreise verhökert. Energie, Wasser, soll alles in private Hand übergehen. Petrobras, eines der größten Ölgesellschaften der Welt mit großen Reservoirs und mehreren Bohrinseln vor der brasilianischen Küste kam als erste dran. Der Staat ließ einiges geschehen, der Konzern wurde für andere Zwecke benutzt als zum ursprünglichem Zweck, und das ist genügend Einwand. Kein geringerer kauft sich den Vertriebs- und Betreiberteil ein, als Black Rock. Fast keiner, außer Finanzexperten, kennt Black Rock in Brasilien. 

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Rio de Janeiro – Brasilien -LKW mit Knochen und Fleischreste wird geplündert. Screenshot YouTube

„Nur gegen den Hunger hat bisher niemand eine Impfung gefunden“
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Resultat dieser Politik

Mit dem Anstieg des Dollar und der Benzinpreise wurden Nahrungsmittel um durchschnittlich 60% bis 80% teurer. Ein Liter Öl stieg von R$ (Reais) 3,80 auf R$ 7,80, 1 kg Reis von R$ 3,40 auf R$ 7,60 und das für die ärmsten Brasilianer schon teure Fleisch wird für diesen Bevölkerungsanteil der unter der totalen Armutslinie lebt vollkommen unerschwinglich. Reste werden von manchen Metzger in unmenschlicher Weise angeboten, solche wie Ochsenzungen und Schwanz, auch Knochen von denen Fleischreste noch geraspelt werden können.

In Rio de Janeiro stürmten verwahrloste Menschen einen von einem LKW abgestellten Container mit halb verwesenden Knochen. In anderen Städten ist dasselbe vorgekommen. Das ist Bolsonaros Politik. Ungehindert lässt sich alles privatisieren. Die konservative Presse berichtet über Investitionen in Schienen in Höhe von 60 Milliarden Reais. Die Privatkonzerne bringen so etwa 9 Milliarden Euro mit sich. Es gilt, Getreide und Vieh zu transportieren um es an Käufer im Ausland zu liefern. Glücklich sind die Großgrundbesitzer, die mit dem Dollaranstieg deren Latifundien erweitern und ohne jegliche Kontrolle, sogar mit Unterstützung der Regierung weitere Waldflächen roden dürfen. Auch die Arbeiter Partei (PT) hatte ihre Konsumenten und bevorzugten Großgrundbesitzer, was nicht abzustreiten ist.

Unter Bolsonaro mit seinen fanatischen 20% Verehrer, unter ihnen die reichsten 2%, wie merkwürdiger Weise die Angehörigen einer niedrigeren Mittelschicht, die die ärmsten hasst, darf er in Brasilien zur Zeit alles. Unter dem Moto “Brasilien über alles” und “Gott mit uns” oder auch „die Familie gegen den Teufel der Promiskuität“ darf man alles. Gewehr kaufen ist wichtiger als Bohnen, sagte der evangelistische Jair Messias, der von seiner Frau und den zwei früheren Ehegattinnen mit unerklärbarem ergatterten Reichtum früherer Jahre weiter zu ihm stehen, wie auch von seinen vier Söhnen unterstützt wird.

Nichts hinderte auch Finanzminister Paulo Guedes daran, auf den Virgin Islands fünf Millionen Dollar angelegt zu haben, die inzwischen durch seine Entwertung Politik zusätzliche zwanzig Millionen Reais eingebracht haben. Würde er in den Vereinigten Staaten leben, wäre der verdienst nichtig. In Brasilien ist es genug um zehn Wohnungen in Copacabana mit Blick aufs Meer zu erwerben. Bolsonaros anti-wissenschaftliche Einstellungen forderten 600.000 Leben wegen Corona. Nur der Kampf einiger Landesgouverneure und seine Angst davor, dadurch weitere Stimmen bei den Wahlen zu verlieren führte dazu, dass inzwischen fast die Hälfte der Bevölkerung geimpft ist. Brasilien ist weltweit eines der führenden Länder mit Impftradition…
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Nur gegen den Hunger hat bisher niemand eine Impfung gefunden.

Noch zuletzt strich Bolsonaro das Gesetz, dass das Verteilen von Damenbinden für junge Schülerinnen in den öffentlichen Schulen ermöglichte. Der Spott von Frauen reicherer Schichten lässt sich im Internet leicht bemerken. Eine Tageszeitung aus Belo Horizonte stellte heraus, dass eine Gruppe die frühere Verbindungen mit Finanzminister Paulo Guedes aufweist, 350 Millionen Reais (50 Millionen Euro) in Bestattungsinstitute und Friedhöfe investierte. Bei 600.000 Covid-19 Toten durch die Leugnungs-Politik der Regierung Bolsonaro darf gefragt werden ob es reiner Zufall sein kann. 

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