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American Rebel

International online newspaper about the singer, actor, director and fighter for peace Dean Reed

Internationale Online-Zeitung über den Sänger, Schauspieler, Regisseur und Friedenskämpfer Dean Reed

Publicación electrónica internacional sobre el cantante, actor, director y defensor de la paz Dean Reed

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Zu den Beiträgen: 2008 · 2007 · 2006 · 2005 · 2004 · 2003 · 2002 · 2001

14. Dezember 2009
Robert Weinkauf, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Foto-Kalender 2010 "Südafrika" von Benjamin Weinkauf

Kalender 2010

Der Leipziger Presse-Fotograf Benjamin Weinkauf, Initiator der "Konzerte für Afghanistan", hat auch für das kommende Jahr einen Foto-Kalender aus dem eigenen Archiv erstellt. Der gesamte Umsatz aus dem Verkauf der Kalender wird wieder als Spende an die "Kinderhilfe Afghanistan" überwiesen.

Passend zum Austragungsort der nächsten Fußballweltmeisterschaft enthält der Kalender diesmal Fotos, die während eines Arbeitsaufenthaltes in Südafrika entstanden sind. Eine Vorschau findet Ihr hier in dieser Slide-Show.

Der Kalender kann für 10 Euro bei Benjamin erworben werden. Schickt uns bitte eine Nachricht über MySpace, wenn Ihr einen oder mehrere Kalender haben möchtet. Am besten gleich mit der Postadresse, an die der/die Kalender verschickt werden soll/en und mit der eMail-Adresse, unter der Ihr für ihn erreichbar seid. Wir leiten die Anfrage sofort an ihn weiter, wenn er sie nicht selber hier liest.

Liebe Grüße
vom
Robert Weinkauf

7. Dezember 2009
Diethard Möller, Kontakt: diethardmoeller@web.de

Filmbesprechung: Michael Moore, Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte

Michael Moore, Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte

Am Anfang sieht man ein paar Bankräuber, frei nach dem Motto von Bertolt Brecht: "Was ist ein Bankraub gegen die Gründung einer Bank?"

Eindrucksvoll vergleicht Michael Moore den US-Imperialismus mit dem untergehenden Römischen Reich. Er montiert einen alten Hollywood-Schinken, der diesen Untergang zeigt mit Szenen aus dem realen kapitalistischen Alltag der USA zusammen. Wenn in dem Hollywood-Schinken von Sklavenarbeit gesprochen wird, sind auf der Leinwand Szenen aus einer modernen Fabrik zu sehen.

Krass geht es dann los, wenn eine Zwangsräumung in den USA gezeigt wird, krass geht es weiter, wenn verwüstete Landschaften vor der Kamera "aufblühen" und krass endet dieser Film, wenn am Ende Michael Moore versucht, die Milliarden Dollar bei den Wall-Street-Banken wieder einzusammeln und die Manager als Kriminelle zu verhaften.

Der Film von Michael Moore entlarvt den Kapitalismus als das, was er ist: menschenfeindlich, brutal, zerstörerisch. Erstaunlich, dass in Meinungsumfragen in den USA bereits ein Drittel der Menschen den Sozialismus für das bessere System halten und nur noch 3-4% mehr den Kapitalismus vorziehen, während der Rest keine Meinung äußerte oder hatte. Michael Moore und einige der Menschen, die in dem Film auftreten, meinen klar und deutlich: Der Kapitalismus muss abgeschafft werden.

So weit, so gut!

Dann jedoch beginnen die Schwierigkeiten des Filmes. Was soll dann kommen? Sozialismus! Aber wie muss der aussehen?

Michael Moore bietet hier ein sozialdemokratisches Konzept an. Er propagiert Roosevelt, der während des 2. Weltkrieges Präsident war. Roosevelt machte sich unter dem Druck der Erfolge der sozialistischen Sowjetunion für einen Kapitalismus mit sozialen Zügeln stark. Er forderte einen freien Markt ohne Monopole, mit dem Recht auf Arbeit für alle, angemessene Löhne usw. Allerdings wies bereits Karl Marx wissenschaftlich nach, dass ein freier Markt aufgrund der Konkurrenz zwangsläufig zu Konzentration der Kapitalien und langfristig zur Herausbildung von Monopolen führen muss. Die Forderungen Roosevelts waren in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts bereits eine schöne Illusion und vor allem ein propagandistischer Versuch, das Vordringen des Sozialismus abzuwehren. Und natürlich fielen, wie auch Michael Moore offen darlegt, die Forderungen Roosevelts nach dem Sieg über Nazi-Deutschland und dem Aufstieg der USA zur imperialistischen Weltmacht Nr.1 still und leise wieder unter den Tisch. Für kurze Zeit konnte der Kapitalismus in einem rauschhaften Aufstieg und durch ungeheure Expansion viele Bedürfnisse der Menschen zumindest in den Industrieländern mehr oder weniger erfüllen. Doch diese Epoche hat nicht lange gewährt und nun zeigt der Kapitalismus wieder sein wahres Gesicht. Michael Moore ist es hoch anzurechnen, dass er dieses Gesicht trotz aller sozialdemokratischer Illusionen ungeschminkt zeigt.

Der Film ist daher zu empfehlen und bietet bestimmt nach einem gemeinsamen Besuch mit Kolleginnen und Kollegen Anlass für heftige Diskussionen.

3. Dezember 2009
U. Stahl/N. Diener, Kontakt: KI-alternativ@web.de

Kiel-Alternativ - ein Projekt das nachahmenswert ist

Kiel-Alternativ

Kiel-Alternativ.de, so nennt sich ein neuer Veranstaltungskalender im Internet mit aktuellen Terminen und Veranstaltungen von linken und kritischen Organisationen, Initiativen, Gruppen und Bewegungen aus dem Kieler Raum. Er soll dazu dienen, die Aktivitäten in Kiel zu vernetzen und ein Portal zu bilden, wo alle Gruppen mit ihrer Internetseite gefunden werden können. Jede Gruppe kann ihre Termine selber eintragen oder per Mail mitteilen. In den "Spielregeln" heißt es: "kiel-alternativ ist ein Veranstaltungskalender, der sich an alle Interessierten in Kiel und Umgebung richtet: an GewerkschafterInnen, FriedenskämpferInnen, AntifaschistenInnen, UmweltschützerInnen, AtomkraftgegnerInnen, an alle, die sich nicht mit den bestehenden Verhältnissen zufriedengeben wollen. (...) In erster Linie werden Veranstaltungen angekündigt, die in Kiel und der näheren Umgebung stattfinden und die ein gesellschaftspolitisches Anliegen vertreten".

Das Projekt ist nachahmenswert und kann auf andere Städte übertragen werden. Dafür steht allen Interessierten ein fertig ausgearbeitetes System zur Verfügung. Wer also in seiner Stadt so ein Projekt anbieten möchte kann sich an KI-alternativ@web.de wenden. Die Initiatoren würden sich freuen wenn sie bald von "hamburg-alternativ", "berlin-alternativ", "münchen-alternativ" oder "dresden-alternativ" hören würden.

www.kiel-alternativ.de

30. November 2009
Diethard Möller, Kontakt: diethardmoeller@web.de

Buchbesprechung: Wolfgang Schorlau, Das München-Komplott

"Wenn ich alle meine verdeckten Ermittler aus den NPD-Gremien abziehen würde, dann würde die NPD in sich zusammenfallen." (S.135) (Heribert Rech, CDU, Innenminister Baden-Württemberg)

"Der Verfassungsschutz hat es 'immerhin ermöglicht, die NPD in Nordrhein-Westfalen zu gründen...'" (S.135) (Ein ehemaliges NPD-Bundesvorstandsmitglied in "Panorama")

Wolfgang Schorlau, Das München-Komplott

Wie immer hat auch der neue Roman von Wolfgang Schorlau einen realen Hintergrund. Er ist gespickt mit Originalzitaten, wie den beiden oben angeführten, und mit Originaldokumenten wie Aussagen aus Verhörprotokollen zum Attentat auf das Oktoberfest in München 1980, dem größten Terroranschlag in Deutschland, oder dem so genannten "field manual 30-31" der US army, der eine Anleitung für die Organisierung von Umstürzen und Terroranschlägen in "befreundeten" Ländern enthält.

Im Roman erhält der Privatdetektiv Dengler einen Auftrag aus dem Bundeskriminalamt, noch einmal die Ermittlungsakten zum Oktoberfestattentat von 1980 durchzugehen. Der Auftrag ist Teil eines Machtkampfes zwischen BKA und Verfassungsschutz sowie Teilen der Regierung. Dengler entdeckt rasch viele Ungereimtheiten. So stößt er auf Zeugenaussagen über die Beteiligung mehrerer Personen an dem Attentat, die jedoch nie ernsthaft verfolgt sondern vertuscht wurden:

Zeuge Be.: (Dem Zeugen wird das Bild des Gundolf Köhler vorgelegt) "Ja. Das ist der Wuschelkopf. So habe ich ihn für mich genannt. Er stand mit zwei weiteren jungen Männern zusammen, die mir den Rücken zuwandten... Aber die unterhielten sich sehr hektisch miteinander.... Eine halbe Stunde vor der Explosion." (S.81)

Zeugin Ba.: (Nach dem Attentat sah sie in der Nähe der Leiche von Gundolf Köhler zwei Männer.) "Und da waren zwei Männer: ein älterer, cirka 35 Jahre alt, und ein jüngerer, der war 25, 26, groß, hatte blonde, kurze Haare, und hat immer wieder geschrien: 'Ich wollt's nicht! Ich kann nichts dafür! Bringt mich um! Ich kann nichts dafür! - Ich wollt's nicht!'"

Wolfgang Schorlau versteht es in einem fein gesponnenen Netz von verschiedenen Handlungssträngen die unterschiedlichen Tatsachen miteinander zu verweben. Da bekommen die Tatsachen eine ungeheuerliche Dimension. Mit begründeten Tatsachen legt sein Roman nahe, dass das Attentat auf das Oktoberfest nicht das Werk eines verwirrten rechtsradikalen Einzeltäters war, sondern das Werk von US- und deutschen Geheimdiensten in Zusammenarbeit mit rechts-terroristischen Gruppen, die von diesen Geheimdiensten gesteuert und benutzt werden. Das Oktoberfestattentat sollte "den Linken" in die Schuhe geschoben werden. Im Roman von Schorlau wird es ein Teil der geheimen Strategie der "Gladio-Truppe", einer konspirativen Truppe innerhalb der NATO, die durch Terror die Bevölkerung gegen den Kommunismus und alles Linke bringen wollte. In Italien hat diese Truppe 1969 in Mailand und 1974 in Brescia und Bologna grauenhafte Attentate durchgeführt. Während in Italien und anderen Ländern Europas das Wirken dieser Terrortruppe wenigstens ansatzweise aufgedeckt wurde, gab es in Deutschland dazu nie eine Untersuchung, obwohl diese Truppe auch hier aktiv war. Schorlau verbindet das in seinem Roman mit der aktuellen Auseinandersetzung um ein Verbot der NPD. Privatdetektiv Dengler spürt im Roman den Verbindungen zu heute nach und stellt dabei fest, dass die Geheimdienste die NPD und rechtsradikale Mordbanden unterstützen und organisieren, um sie im Falle einer Krise zur Niederschlagung jeder fortschrittlichen Bewegung zu benutzen.

Gerade durch die vielen Originalzitate und -dokumente wird dieses Bild, das Schorlau entwirft, erschreckend realistisch und glaubwürdig. Dazu ist der Roman noch spannend, frisch und witzig geschrieben. Er ist lesens- und empfehlenswert. Wer noch kein Geschenk für Weihnachten hat, sollte dieses Buch auf seinen Einkaufszettel schreiben.

Wolfgang Schorlau, Das München-Komplott, KiWi, ISBN 978-3-462-04132-3, 8,95 Euro

November 10, 2009
Victor Grossman, Contact: Redaktion@DeanReed.de

The Fall of the Wall

Victor Grossman

I hate to sound like the grouchy Grinch. Radio and TV here in Berlin are celebrating the Fall of the Wall twenty years ago so intensively that there's hardly a moment for the weather report, which, unfortunately for all the planned events, turned out nasty and rainy. From my window I just watched the fireworks' brave attempts to spite the clouds and drizzle.

It is well-nigh impossible to be nasty about that strange event in 1989 when a seemingly random remark by an East German big shot opened the gates to a mass rush by East Berliners to West Berlin and, soon after, points further westward. There was general euphoria, bliss, the commonest word was "Wahnsinn" - "insane, crazy, unbelievable". Then and now it seemed petty to entertain even the tiniest critical idea.

Without a doubt, the great event permitted happy reunions of many families and opened the way for East Germans to visit no longer only Prague, Warsaw or Moscow but also Paris, Washington and Munich, as well as West Berlin. It was truly a blissful occasion. TV has shown the film footage a thousand times but the crossing, embraces, the dancing on the wall are still moving, even to tears.

But as a socialist American, one of a handful who lived on the eastern side of the Wall, who tries to analyze history, I find it impossible to banish certain heretic recollections and doubts. For moments of mass euphoria, wonderful as they are for those involved, do not always explain history. And for me too many issues and questions remain unexplained or simply unasked.

Why does no one recall that it was Eastern Germany, the GDR, which pushed for reunification during the postwar years while Chancellor Adenauer brusquely rejected all proposals, even general elections? Only then, and after West Germany set up its own state, formed an army, joined NATO and insisted on regaining huge hunks of what had become Poland, were such attempts finally abandoned?

Dean Reed zu Besuch in einer Schule in Cottbus, DDR 1972

Why is it never mentioned that the GDR, though certainly undergoing an economic crisis, was in less of a crisis than all of Germany today, and that until its very end it had no unemployment, no homelessness, free medical care, child care, education and a sufficiently stable standard of living?

Why is it forgotten that many of its travel restrictions had been considerably eased in the two previous years, so that not only pensioners, who were always able to visit West Germany, but 1-2 million GDR citizens had been able to visit West Germany in 1987-1989? Young people wanted desperately to travel, it is true; but their chances of being able to were gradually improving.

Sadly, there was a widespread stuffy, intolerant atmosphere in the GDR, traceable to the limitations of its aged leadership, to bad traditions inherited from (or in part imposed) by the USSR, but also to a kind of paranoia which was, however, not fully unrealistic in its fears of being swallowed by West Germany, which is just what finally happened. Geographically and historically Germany's weaker third from the start, the GDR was always under powerful, merciless attack. This created endless problems for GDR leaders, which they were never able to solve satisfactorily. Nevertheless, most participants in the demonstrations and rebellions in the fateful autumn of 1989 demanded an improved GDR, not a dead one. Only after Chancellor Kohl, Willy Brandt and other West German leaders promised them not only freedom but all the consumer goods they had gazed at so enviously in TV shows, summarized most succinctly by the words West marks and bananas – rarely available in the GDR – were they lured by the seductive songs of the Lorelei beauties from the Rhine.

Many have done very well since thanks to their status as Federal German citizens. Certainly all consumer goods and travel possibilities are available. The leaden speeches and dull media articles are gone and forgotten, though replaced by endless new platitudes and deadening commercials.

And for freedoms won there have been freedoms lost. In the GDR, according to one bon-mot, you were wise not to criticize Honecker and other government or party big shots. But you could say whatever you wanted against your foreman, manager, or factory director. Now, it was learned, this had been reversed. People were fired for rejecting unpaid overtime, for asking what a colleague earned, for simply being suspected of eating a company-owned roll or forgetting to turn in a 13 cent coupon. Beggars, the homeless, patrons of free food outlets, people with untreated tooth gaps – all unknown in GDR days – are now taken for granted. So are towns with closed factories and a population of pensioners, with most young people off somewhere far away hunting jobs.

Film von Konrad Wolf

Another factor was important to historians: the GDR had been founded with certain basic principles, above all, as a bulwark against fascism. It was led almost exclusively by anti-Nazis, replete with anti-fascist books, films, theater, even the names of streets, schools and youth clubs. This was in extreme contrast with a West German establishment whose military brass and diplomatic corps, academia, police, courts and even its government up to the peak were riddled with former Nazis, not a few of them frightful criminals. In 1961 when the Wall was built they were still in leadership to a remarkable degree. When the Wall came down in 1989 most old Nazis were retired or dead, but the giant concerns, trusts and banks which built up Hitler and made billions from his war – and hundreds of thousands of slave laborers – were for the most part still powerful.

Dean Reed mit vietnamesischem Freund bei den X. Weltfestspielen in Berlin, DDR 1973

When the Wall went down they swarmed back to East Germany, and beyond – the Czech Republic, Poland, Rumania. Their army and navy, built up by war criminals, still led by militarists, was no longer blocked by the GDR and was maneuvering or fighting in parts of Africa, the Near East, Afghanistan. It was engaged in two wars since the Wall went down. And while the GDR had aided Algeria, Vietnam, Allende, Nicaragua, the ANC and SWAPO of southern Africa, the Federal Republic was always on the other side.

Demonstration

Yes, the euphoria of the common people who always suffer from the deeds of the big shots was understandable. But today, in Frankfurt, Detroit or Helsinki, wealthy men in towering skyscrapers coolly decide the fates of tens of thousands: fire 3000 here, 10,000 there, move this factory a thousand miles eastward, close that one, as if they were playing some gigantic Monopoly game. Nokia, Opel-GM, Siemens, pharma firms, weapons makers. To a great extent they rule the roost, more than ever with the new German government, despite sweet words about the Wall or Freedom.

But isn't a note of worry audible in their declamations? The latest crisis, by no means healed, is making some people ponder a bit. More and more even spite the media and pronouncements and vote for a party which calls for re-thinking, sometimes even for socialism. Not the same as in the GDR with its many weaknesses, but a state no longer ruled by the Monopoly men in their skyscrapers. Perhaps the ingenious domino ceremonies and slightly soggy fireworks, in their constant insistence on "Our answers are the only answers," reflect these very worries.


Der Mauerfall

Victor Grossman

Ich hasse es, als Meckerfritze angesehen zu werden. Hier in Berlin feiern Radio- und Fernsehanstalten 20 Jahre Mauerfall so intensiv, dass kaum noch Zeit für das Wetter bleibt, das, wie es sich herausstellte, unfreundlich und regnerisch war. Von meinem Fenster aus sah ich die mutigen Versuche des Feuerwerks, den Wolken und dem Nieselregen zu trotzen.

Es ist fast unmöglich, etwas schlechtes über das seltsame Ereignis von 1989 zu sagen, als ein ostdeutscher Funktionär durch eine zufällige Bemerkung die Tore öffnete, und einen Massenexodus von Ost-Berlinern nach West-Berlin und in den Westen auslöste. Es herrschte eine allgemeine Euphorie, Dankbarkeit, das am meisten gebrauchte Wort war "Wahnsinn", "wahnsinnig, verrückt, unglaublich." Im Fernsehen wurde der Bericht schon tausendmal gezeigt, aber der Grenzübertritt, die Umarmungen und das Tanzen auf der Mauer rühren uns noch immer zu Tränen.

Aber für mich als Sozialist und Amerikaner, einer der wenigen, die im Ostteil der Stadt lebten, und der versucht, die Geschichte zu analysieren, ist es unmöglich, einige ketzerische Erinnerungen und Zweifel aus meinem Gedächtnis zu verbannen. Denn die Momente der Masseneuphorie, so wunderbar sie für die Beteiligten auch sein mögen, können nicht immer die Geschichte erklären. Und in meinen Augen sind noch zu viele Fakten und Fragen noch nicht erklärt, ja nicht einmal nachgefragt.

Warum erinnert sich niemand daran, dass Ost-Deutschland, die DDR, sich nach dem Krieg für die Wiedervereinigung eingesetzt hatte, während der damalige Kanzler Konrad Adenauer alle Vorschläge, sogar allgemeine Wahlen, aufs Heftigste ablehnte? Warum wurden erst, nachdem Westdeutschland ein eigener Staat geworden, eine Armee aufgestellt und der NATO beigetreten war, und auf die Abtretung großer Teile dessen, was Polen gewesen war, bestand, die Versuche schließlich eingestellt?

Dean Reed zu Besuch in einer Schule in Cottbus, DDR 1972

Warum wird nie erwähnt, dass die DDR, obwohl sie sich in einer Wirtschaftskrise, keiner so umfassenden wie zur Zeit in der Bundesrepublik, befand, dass es bis zum Schluss keine Arbeitslosigkeit, keine Obdachlosen gab, dass medizinische Versorgung, Kindergarten, Erziehung kostenlos waren, und gleichzeitig der Lebensstandard zufriedenstellend?

Warum wird vergessen, dass viele der Reisebeschränkungen in den zwei vorhergegangenen Jahren erheblich gelockert worden waren, so dass nicht nur Rentner, die schon immer nach West-Deutschland reisen konnten, sondern auch 1-2 Millionen DDR-Bürger in den Jahren 1987-1989 West-Berlin besichtigen konnten? Junge Leute, das ist wahr, wollen immer gerne reisen, aber ihre Chancen dazu wurden damals immer besser.

Leider herrschte zu der Zeit in der DDR eine stickige, intolerante Atmosphäre, was am Alter der Regierung, an schlechten von der UdSSR übernommenen, zum Teil auferlegten Traditionen, aber auch an einer Art Paranoia, lag, die jedoch nicht ganz unrealistisch war, was die Angst, von West-Deutschland geschluckt zu werden, betrifft. Und genau das trat ja dann auch ein. Geografisch und historisch wurde Deutschlands schwächeres Drittel ständig heftig und gnadenlos angegriffen, was der DDR-Führung ständig Probleme bereitete, die sie nie zu ihrer Zufriedenheit lösen konnte. Trotzdem forderten die meisten Teilnehmer an Demonstrationen und Rebellionen in dem schicksalhaften Herbst 1989 Verbesserungen für die DDR. Erst als der Kanzler Helmut Kohl, Willy Brandt und andere westdeutsche Regierungsmitglieder ihnen nicht nur Freiheit, sondern alle Konsumgüter, die sie sehnsüchtig im West-Fernsehen gesehen hatten - DM und Bananen waren die Zauberworte - versprochen hatten, ließen sie sich von dem verführerischen Gesang der Lorelei auf dem Rheinfelsen betören.

Manche haben es zu etwas gebracht dank ihres Status als Bundesbürger. Sicherlich kann man zwischen allen Konsumgütern und Reisemöglichkeiten wählen. Schwerfällige Reden und trockene Artikel in den Medien gehören zwar der Vergangenheit an, wurden jedoch durch neue endlose Platitüden und langweilige Werbung ersetzt.

Was wir auf der einen Seite an Frieden gewonnen haben, haben wir auf der anderen wieder verloren. In der DDR gab es ein geflügeltes Wort; dass es nicht ratsam sei, Honecker und andere hohe Regierungsfunktionäre zu kritisieren. Aber gegen den Vorarbeiter, Manager oder Fabrikdirektor durfte man sagen, was man wollte. Jetzt, so haben wir gelernt, ist es umgekehrt. Menschen werden entlassen, weil sie sich weigern, unbezahlte Überstunden zu leisten oder Fragen stellen nach dem Gehalt eines Kollegen, oder einfach, weil sie verdächtigt werden, ein nicht verkauftes Brötchen gegessen oder etwa einen 13-Cent-Bon nicht abgegeben zu haben. Bettler, Obdachlose, Tafeln für kostenlose Lebensmittel, Menschen mit Zahnlücken - das alles war in der DDR unbekannt - und wird heute als selbstverständlich hingenommen, genauso wie Städte, in denen Fabriken schließen mussten, man nur noch Rentner sieht, weil junge Menschen fortgehen auf der Suche nach Arbeit.

Film von Konrad Wolf

Ein weiterer Faktor ist für Historiker interessant. Die DDR wurde damals auf bestimmten Grundprinzipien aufgebaut, insbesondere als Bollwerk gegen den Faschismus. Die Führung bestand fast ausschließlich aus Anti-Nazis, es gab jede Menge antifaschistische Literatur, Filme, Theater, ja sogar Namen der Straßen, Schulen und Jugendclubs. Dies stand in völligem Gegensatz zu dem westdeutschen Establishment. Dort saßen alte Nazis in den oberen Militäretagen, im diplomatischen Corps, in den Universitäten, bei der Polizei, in den Gerichtshöfen, und sogar die Regierung war bis an die Spitze weitgehend mit ehemaligen Nazis, sogar Kriegsverbrechern, besetzt, zu einem gewissen Prozentsatz auch noch 1961, als die Mauer errichtet wurde. Als 1989 die Mauer fiel, waren die meisten Nazis Rentner oder gestorben, jedoch die großen Konzerne, Trusts und Banken, die Hitler groß gemacht hatten und Milliarden am Krieg und Hunderttausenden von Zwangsarbeitern verdient hatten, waren größtenteils noch mächtig.

Dean Reed mit vietnamesischem Freund bei den X. Weltfestspielen in Berlin, DDR 1973

Als die Mauer dann fiel, strömten sie nach Ostdeutschland und weiter bis Tschechien, Polen und Rumänien. Die von Kriegsverbrechern aufgestellte und von Militaristen geleitete Armee und Marine war nun nicht mehr durch die DDR blockiert und konnte nun in Afrika, im Nahen Osten und Afghanistan Krieg führen. Seit dem Mauerfall waren sie in zwei Kriege verwickelt, während auf der anderen Seite die DDR Algerien, Vietnam, Allende, Nicaragua, der ANC, SWAPO und Südafrika geholfen hatte.

Demonstration

Ja, die Euphorie des Volkes, das immer unter den Funktionären zu leiden hat, ist verständlich. Aber heutzutage bestimmen reiche "Bonzen" in den Wolkenkratzern von Frankfurt, Detroit oder Helsinki über das Geschick zehntausender Menschen, feuern 3.000 hier, 10.000 dort, verlegen die eine Fabrik 1.000 km in den Osten, schließen eine andere, wie in einem riesigen Monopolyspiel. Nokia, Opel-GM, Siemens, Pharmafirmen, Waffenfabrikanten. Das sind zum großen Teil die wahren Herrscher, mehr als die Bundesregierung, trotz schöner Worte über Mauer und Freiheit.

Aber hört man aus diesen Erklärungen nicht auch die Sorge heraus, denn die jüngste Krise, die noch keineswegs überstanden ist, lässt die Menschen nachdenklich werden. In ihrem Groll gegen Medien und Erklärungen wählen sie eine Partei, die zum Umdenken, zu einer Art Sozialismus auffordert. Nicht den der DDR mit seinen Schwächen, sondern für einen Staat, der nicht mehr von den reichen Monopolyspielern in ihren Wolkenkratzern regiert wird. Vielleicht ist die geistreiche Domino-Zeremonie zusammen mit dem nasskalten Feuerwerk in dem ewigen Beharren auf: "Unsere Antworten sind die richtigen" ein Spiegelbild eben dieser Sorgen.

13. Oktober 2009
Andrea Witte, Kontakt: Andrea@DeanReed.de

CD-Tipp: Festival des politischen Liedes (Internationale Künstler live)

CD

Erinnert ihr euch? Von 1970 bis 1990 fand in Berlin alljährlich das Festival des Politischen Liedes statt. In den 80er Jahren bin ich bestimmt in jedem Februar dabei gewesen. Entweder hatte man Glück beim Vorverkauf im Haus der Jungen Talente in der Klosterstraße oder beim Fragen nach Restkarten vor der jeweiligen Veranstaltung oder... ist im Gedränge einfach mit reingerutscht in die Werner-Seelenbinder-Halle. Dort oder im Palast der Republik habe ich viele der auf dieser CD versammelten Künstler erlebt: Mercedes Sosa und Abdullah Ibrahim, Maria Farandouri und Mikis Theodorakis, Billy Bragg, die Sands Family, die chilenischen Gruppen... Und wenn ihr auch dort wart, dann sind wir sicher beim Refrain von Pete Seegers "Turn, turn, turn" zu hören!

 1. Quilapayun (Chile)
    · Solidaritätslied (1978)                          3:27
 2. Illapu (Chile)
    · Toro Mata (1982)                                 4:27
 3. Manguaré (Kuba)
    · Canción por la unidad de Latino América (1977)   3:51
 4. Inti Illimani (Chile)
    · Venceremos (1973)                                2:30
 5. Isabel Parra (Chile)
    · En septiembre canta el gallo (1971)              3:00
 6. Inti Illimani (Chile)
    · Canción del poder popular (1974)                 3:00
 7. Pete Seeger (USA)
    · Turn, Turn, Turn (1986)                          3:38
 8. Billy Bragg (Großbritanien)
    · Between The Wars (1986)                          2:28
 9. The Sands Family (Irland)
    · The Winds Are Singing Freedom (1974)             4:10
10. Abdullah Ibrahim und die Singegruppe des ANC (Südafrika)
    · Tschaka (1982)                                   5:05
11. Orkest de Volharding (Niederlande)
    · Grandola Vila Morena (1982)                      3:21
12. Mercedes Sosa & Leon Gieco (Argentinien)
    · Sole le pido a dios (1987)                       4:08
13. Gruppe Agitprop & KOM-Theater (Finnland)
    · Kenen juokoissa seisot (1972)                    2:33
14. Maria Farandouri (Griechenland)
    · Algunas Bestias (1980)                           3:40
15. Mikis Theodorakis (Griechenland)
    · Sto perijali to krifo (1983)                     3:26
16. Perry Friedman (Kanada)
    · Auf, auf zum Kampf (1976)                        4:28

Die CD gibt es beim Plattenhändler oder im Onlineshop eures Vertrauens, bei Buschfunk oder www.sechzehnzehn.de (dort habe ich nur 10 € bezahlt und hatte die CD 2 Tage später im Briefkasten).

Festival Musik und Politik heute: www.songklub.de

7. Oktober 2009
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Freiheitskarten zum Stopp der Vorratsdatenspeicherung

Freiheitskarte

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft alle um die Freiheit ihrer Telekommunikation besorgten Bürger/innen auf, in Postkarten an die Verhandlungsführer/innen von FDP, CDU und CSU ein Ende der verdachtslosen Aufzeichnung all unserer Kommunikationsverbindungen und Handystandorte zu verlangen.

Für die Aktion stellt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf seiner Homepage vier Postkartenmotive zum Ausdrucken zur Verfügung, auf denen es etwa heißt: "0,006% höhere Aufklärungsquote durch die Vorratsdatenspeicherung: Dafür alle erfassen?" Auf der Rückseite der Karten sollen die Teilnehmer mit einem Satz begründen, warum die Verhandlungsführer die freie und unbefangene Telekommunikation in Deutschland wieder herstellen sollen. Als mögliche Empfänger der Karten veröffentlicht der Arbeitskreis die Anschriften aller 28 an den Koalitionsverhandlungen beteiligten Politiker/innen von FDP, CDU und CSU.

Gegen die 2007 von SPD, CDU und CSU beschlossene Vorratsdatenspeicherung haben über 34.000 Bürgerinnen und Bürger Verfassungsbeschwerde eingelegt - die größte Beschwerde in der Geschichte der Bundesrepublik. Unter den Beschwerdeführern befinden sich auch Hermann Otto Solms und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die an den aktuellen Koalitionsverhandlungen beteiligt sind. Im Wahlprogramm der FDP heißt es wörtlich: "Die FDP fordert [...] die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung [...] Die anlass- und verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung hat die FDP von Anfang an abgelehnt."

Die "Freiheitskarten" des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung:

www.vorratsdatenspeicherung.de/images/Freiheitskarten.pdf

Quelle: www.vorratsdatenspeicherung.de

6. Oktober 2009
Thoralf Haß, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Warum Platten verhindert und Filme nicht gedreht wurden!

Zeiten ändern sich.

Treffen

Bereits zum dritten Mal trafen sich Ende September ehemalige Kollegen, Nachbarn, Weggefährten und Fans von Dean Reed in Berlin zum "Fantreffen". Im Vorfeld dieses Treffens bekam der Autor dieses Beitrages eine Mail, in der die Zielgruppe dieses Treffens genau definiert wurde: die Masse der Fans sind "... Mädels, die für Dean schwärmen und sich seine Lieder heimlich auf dem Klo anhören, damit ihr Ehemann es nicht mitbekommt!..." Keine Ahnung, wo sich diese Fans getroffen haben, beim Berliner Fantreffen 2009 kann es jedenfalls nicht gewesen sein. Denn was die Organisatoren des Treffens auf die Beine gestellt haben, ist spätestens seit diesem Jahr keine Ansammlung mehr von schmachtenden weiblichen Fans, die Dean Reed zu ihrem Heiland erklärt haben und nur noch ihn im Sinn haben.

27. September 2008

Was sich bereits im letzten Jahr andeutete, als Reeds Filmtochter aus dem Film "Sing, Cowboy, sing" als "Stargast" am Treffen teilnahm, wurde dieses Jahr konsequent fortgesetzt: noch mehr Promiauflauf sorgt für ein Podium, das sich das Ziel gesetzt hat, den Menschen und Künstler Dean Reed so zu zeigen, wie ihn die meisten Menschen nie kennengelernt haben. Und wer sich die Mühe machte, mal die Liste der Eingeladenen genauer zu studieren, kommt zu dem Schluss, dass diese "Aufarbeitung" mit Sicherheit noch lange nicht abgeschlossen ist. Zwar gab es die unvermeidlichen Absagen, sei es aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen oder weil man vielleicht der ganzen Sache nicht traut (es gab sogar Namen, bei denen der Autor sogar froh ist, dass sie abgesagt haben...), aber die Tendenz zeigt deutlich nach oben. Hier wird ernsthaft diskutiert und kritisiert, der "Heiland" entmystifiziert. Und keiner der Gäste meldet Protest an, sondern akzeptiert, dass Reed so war wie er war!

Gisela Steineckert

Gisela Steineckert war nicht nur Texterin für Dean Reed, sondern auch gute Freundin, wenn nicht gar Vertraute. In ihrem Buch "Das Schöne an den Männern" widmet sie Dean Reed ein Kapitel, welches sie den Anwesenden vortrug. Und offenbarte dabei, dass sie Dean Reed für einen mittelmäßigen Schauspieler und noch mittelmäßigeren Sänger hielt. Aber Dean Reed war eben auch ein herzensguter Mensch, zwar etwas leichtgläubig in manchen Dingen, aber grundehrlich. Ein Mensch, der es nicht verdient hatte, dass man sich über ihn lustig macht. Und so schildert Gisela Steineckert ausführlich und mit viel Sinn für Humor ihren verzweifelten Kampf gegen die Veröffentlichung einer Schallplatteaufnahme bei AMIGA, um den Sänger Dean Reed vor Häme und schlechter Meinungsbildung zu schützen. Zwar wurde die Platte letztendlich auf Veranlassung des AMIGA-Chefs doch veröffentlicht, aber die Verkaufszahlen gaben Steineckert Recht. Auch private Dinge über Dean Reed waren von ihr zu erfahren - Dinge, die in keinem Buch stehen...

Kurt Hälker

Kurt Hälker war stellvertretender Generalsekretär des DDR-Friedensrates und derjenige, der den bis dahin unbekannten Dean Reed bei einer Konferenz in Moskau "entdeckte" und in die DDR einlud. Was daraufhin folgte, ist hinlänglich bekannt. Und während Gisela Steineckert eher den Sänger Reed beschrieb, galten Hälkers Ausführungen dem Friedensaktivisten Reed und gemeinsamen Reisen rund um den Globus im Dienstes des Weltfriedens.

Leopold Grün

Kurt Hälker nutzte aber auch die Gelegenheit, Kritik am Film "Der Rote Elvis" zu nehmen, weil seiner Meinung nach der Abschnitt fehlte, wie Reed in die DDR kam. Da traf es sich hervorragend, dass der Regisseur des Films Leopold Grün ebenfalls am Treffen teilnahm und gleich Stellung nehmen konnte. Man einigte sich schließlich auf ein Vier-Augen-Gespräch, nicht ohne vorher festzustellen, dass das Leben Dean Reeds zu vielschichtig war, um es in einem einzigen Film zu würdigen.

"Irgendwann wird der Regisseur von 'Der Rote Elvis Teil 2' hier vor Ihnen stehen und dann über seinen Film berichten!" ist sich Leopold Grün sicher.

Kurt Hälker

Über einen Film, der nie gedreht wurde, erzählte Günter Reisch. "Bloody Heart" (AT "Wounded Knee") wäre Dean Reeds Reputation als Filmemacher und gleichzeitig der vermutlich teuerste DEFA-Film aller Zeiten geworden. Drei Jahre Vorbereitungszeit, unzählige Drehbuchänderungen, aussichtslos scheinende Verhandlungen mit sowjetischen Behörden, Finanzierungsprobleme - Günter Reisch, der mit Reed das Drehbuch schrieb und Regie führen sollte, hat viel Herzblut in dieses Projekt fließen lassen.

Reeds plötzlicher Tod sorgte dafür, dass dieses Projekt wahrscheinlich für immer unvollendet bleibt, auch weil sich die Zeiten geändert haben.

Allerdings konnte Reisch auch von einer Begebenheit erzählen, von der viele Filmemacher nur träumen. Hollywood rief tatsächlich bei ihm an und wollte jemanden bei ihm vorbeischicken. Ein paar Tage später klingelte es an Reischs Tür. Als er öffnete, stand Tom Hanks vor der Tür. Es ging um die geplante Verfilmung von Reeds Leben.

Autogramm

Solche Anekdoten, wie sie Gisela Steineckert, Kurt Hälker und Günter Reisch mit Dean Reed erlebten und nun unter das Volk brachten, machen den Charme des Berliner Fantreffens aus. Wer nur Dean Reed anhimmeln möchte, kauft sich CDs oder DVDs und schließt sich zu Hause auf dem Klo oder sonstwo ein. Wer etwas über den Menschen Dean Reed erfahren möchte, ist gut beraten, Treffen wie diese in Berlin zu besuchen. Das erkannte auch ein Gast aus dem ehemals westlichen Teil Deutschlands, der erst mit dem Film "Der Rote Elvis" auf Dean Reed aufmerksam wurde. Zur Überraschung Vieler wurde nämlich Reed von der Friedensbewegung in der Alt-BRD überhaupt nicht wahrgenommen. Erst jetzt, im vereinigten Deutschland, gibt es für Ost und West die Chance, Reed kennenzulernen. Zeiten ändern sich eben. Und weil das so ist, wird es wohl auch ein viertes Treffen geben, dann hoffentlich wieder mit interessanten und interessierten "Prominenten", die eigentlich gar nicht als solche wahrgenommen werden, sondern als Gleichgesinnte, die eben nur mal das Glück hatten, Dean Reed aus welchen Gründen auch immer etwas näher gekommen zu sein und darüber berichten. Und wo dann die Zielgruppen-Klischees (siehe oben) ein für alle mal beseitigt sind. Denn nicht nur die Zeiten ändern sich, sondern auch die Menschen.

10. September 2009
Redaktion, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Berlin und Frankfurt/M:
Mahnwachen für Leonard Peltier am 11. September!

Die Gesellschaft für bedrohte Völker und die Leonard Peltier Support Group Rhein Main rufen zu Solidaritätskundgebungen und Mahnwachen für die Freilassung von Leonard Peltier am 11. September auf:

Berlin: Mahnwache, 14 Uhr, Pariser Platz, nahe der Botschaft der USA.
Frankfurt/Main: Soli-Kundgebung, 17-19 Uhr, Gießener Straße 30, vorm US-Generalkonsulat.

Leonard Peltier

Es geht um die Freilassung des seit 33 Jahren unschuldig inhaftierten schwer kranken indianischen Bürgerrechtlers Leonard Peltier (wir berichteten am 24. Aug.). Peltier wird am Samstag (12.09.) 65 Jahre alt.

1976 wurde Peltier zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt, weil bei einer Schießerei im Pine Ridge Reservat der Lakota Sioux-Indianer im US-Bundesstaat Süd-Dakota zwei FBI-Agenten starben. Doch die tödlichen Schüsse stammten ballistischen Untersuchungen zufolge nicht aus der Waffe Peltiers.

"Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass die Haftprüfungskommission einen Antrag des Bürgerrechtlers auf Freilassung mit Bewährungsauflagen am 21. August abgelehnt hat. Er musste mehr als sein halbes Leben im Gefängnis verbringen! Jetzt ruht seine einzige Hoffnung auf Barack Obama", erklärt Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für indigene Völker. "Mit unserer Mahnwache appellieren wir an den Präsidenten, Peltier zu begnadigen. Wir rufen alle Indianerfreunde dazu auf, sich uns in großer Zahl anzuschließen."

Über das International Peltier Forum kam gestern diese Rundmail, die einen Weg aufzeigt, wie man Leonard Peltier online zum Geburtstag gratulieren kann. Wie in den Jahren zuvor wurde eine Webseite geschaltet, wo man seine Glückwünsche eintragen kann. Und so geht's: Geht einfach auf diesen Link.

Wir fordern die sofortige und bedingungslose Freilassung von Leonard Peltier!

Unterstützt die Protestaktionen!

Zeigt Solidarität, indem ihr Leonard Peltier zum Geburtstag gratuliert und das Vorgehen der US-Regierung scharf kritisiert!

Verlasst euch nicht auf Obama und andere Politiker, sondern nehmt den Kampf für Recht und Freiheit selber in die Hand!

29 June 2009
Jane Fonda, Contact: Webmaster@DeanReed.de

No Celebration of Occupation

www.JaneFonda.com, photo by Michael Rudd

TRYING TO KEEP UP WITH FALSE RUMORS

So – I wake up this morning to a barrage of emails giving me a link to a web posting that has been widely picked up. It says that Rabbi Hier at the Simon Wiesenthal Center (he and I were friends - I thought) claims I support the destruction of Israel because I signed (along with many other artists, historians, including eight Israelis, mostly filmmakers) a petition protesting the Toronto International Film Festival's decision to feature a celebratory "spotlight" on Tel Aviv. We understand that by doing this the festival has become, whether knowingly or not, a participant in a cynical PR campaign to improve Israel's image, make her appear less war-like. The Israeli Consul General said a year ago that Toronto would be the launch site of an extensive "Brand Israel" campaign. Artists and others of us who love Israel do not want art to be used to whitewash the tragedies committed against Palestinians, most recently in last winter's terrible war in Gaza (1400 Palestinians dead, mostly civilians, many more wounded, and there are documented human rights violations) and the ongoing blockade of Gaza that is deepening a serious humanitarian crisis, wreaking havoc on the lives of innocent people, and preventing reconstruction in the aftermath of the attack.

The letter we signed did not - repeat: DID NOT - call for a boycott of any part of the Toronto Film Festival. In fact, many of the people who signed the letter are showing films there and many of the Israeli filmmakers that go to the festival show films critical of Israel. We protest the use of Tel Aviv to rebrand Israel. We are standing up for integrity of art, not censoring anyone. The letter certainly did not call for the destruction of Israel or call into question the legitimacy of Tel Aviv as a city. But In the year when Gaza happened there shouldn't be a celebratory spotlight on Tel Aviv.

I have been to Israel many times. The first was in the early 1980s and it was love at first sight... for the country and for its people. I stayed in a Kibbutz with the great Israeli novelist, Amos Oz, and his family. I raised money for a senior center in Haifa, for a girl's shelter in Jerusalem. I have spoken at the Hebrew University. I traveled into Lebanon with the Israeli army in 1981. I went deep into Russia in the 80s to secretly meet with Soviet Refusenik, Ida Nudel, after which I a national speaking tour in the U. S. to build support for letting Ida go to Israel where she now lives. In other words, I have been intimately involved with Israel over 3 decades. On almost every visit I also went into the West Bank, met with Palestinian artists, visited Palestinian refugee camps, drove through the Israeli settlements that encroach increasingly into Palestinian territory. I have seen suffering on both sides. It is out of love for Israel and all that it promised to be that I protest the use of art (which is meant to search for truth) in this branding campaign. The greatest "re-branding" of Israel would be to celebrate that country's robust peace movement by allowing aid to be delivered to Gaza and stopping expansion of the settlements. That's the way to show Israel's commitment to peace, not a PR campaign. There will be no two-state solution unless this happens.


Kein Feiern der Okkupation

Der Versuch, mit unwahren Gerüchte Schritt zu halten

Ich erwachte heute morgen mit einem Bombardement von E-Mails mit Links zu einem Web-Beitrag, der weit verbreitet wurde. Dort steht, dass Rabbi Hier vom Simon-Wiesenthal-Zentrum (von dem ich dachte, dass wir befreundet wären) behauptet, ich unterstütze die Zerstörung von Israel, weil ich (gemeinsam mit anderen Künstlern, Historikern, darunter acht Israelis, hauptsächlich Filmemacher) einen Protest gegen die Entscheidung des Internationalen Filmfestivals von Toronto unterschrieben habe, Tel Aviv feierlich in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen. Wir fassen es so auf, dass das Festival dadurch, bewusst oder unbewusst, Teil einer zynischen Werbekampagne wurde, die die Aufbesserung von Israels Image zum Ziel hat, um es weniger kriegerisch erscheinen zu lassen. Vor einem Jahr sagte der israelische Generalkonsul, dass Toronto der Startplatz einer ausgedehnten "Marke Israel"-Kampagne sein würde. Künstler und andere von uns, die wir Israel lieben, wollen nicht, dass die Kunst benutzt wird, um die Tragödien weißzuwaschen, die gegenüber den Palästinensern begangen wurden, vor allem kürzlich im Krieg letzten Winter im Gazastreifen (1.400 tote Palästinenser, hauptsächlich Zivilisten, viele weitere verwundet, und es gibt dokumentierte Menschenrechtsverletzungen) und in der fortgesetzten Blockade des Gazastreifens, die die ernste humanitäre Krise vertieft, verheerenden Schaden im Leben Unschuldiger anrichtet, und durch die Verhinderung des Aufbaus nach dem Angriff.

Der Brief, den wir unterzeichnet haben rief nicht - ich wiederhole: rief nicht - zum Boykott irgendeines Teiles des Filmfestivals von Toronto auf. Tatsächlich zeigen viele der Unterzeichner dort ihre Filme, und viele der israelischen Filmemacher, die am Festival teilnehmen zeigen israelkritische Filme. Wir protestieren dagegen, dass Tel Aviv benutzt wird, um Israel einen Imagewechsel zu verpassen. Wir stehen für die Integrität der Kunst auf, wir zensieren niemanden. Gewiss rief der Brief nicht zur Zerstörung von Israel auf oder stellte die Legitimität von Tel Aviv als Stadt infrage. Aber in dem Jahr, in dem der Gazakrieg passierte, sollte Tel Aviv nicht feierlich in den Mittelpunkt gestellt werden.

Ich bin oft in Israel gewesen. Erstmals Anfang der 1980er Jahre, und es war Liebe auf den ersten Blick... zum Land und zu den Bewohnern. Ich blieb in einem Kibbutz bei dem großen israelischen Schriftsteller Amos Oz und seiner Familie. Ich sammelte Geld für ein Seniorenzentrum in Haifa und für ein Mädchenzufluchtshaus in Jerusalem. Ich hielt an der Hebräischen Universität eine Rede. Ich reiste 1981 mit der israelischen Armee in den Libanon. In den 80er Jahren reiste ich tief nach Russland zu einem geheimen Treffen mit der sowjetischen Jüdin Ida Nudel, der die Emigration verweigert wurde. Auf einer anschließenden Redetour durch die USA warb ich um Unterstützung für Idas Ausreise nach Israel, wo sie heute lebt. Mit anderen Worten, ich bin seit 3 Jahrzehnten eng mit Israel verbunden. Auf fast jeder Reise fuhr ich auch ins Westjordanland, traf palästinensische Künstler, besuchte palästinensische Flüchtlingslager, fuhr durch die israelischen Siedlungen, die verstärkt in das palästinensische Territorium eindringen. Ich habe Leid auf beiden Seiten gesehen. Es hat mit der Liebe zu Israel und der mit Israel verbundenen Hoffnung zu tun, dass ich gegen den Missbrauch der Kunst (welche die Suche nach Wahrheit bedeutet) in dieser Werbekampagne protestiere. Die größte "Umwertung" von Israel wäre es, die stabile Friedensbewegung des Landes zu feiern, indem Hilfslieferungen in den Gazastreifen erlaubt werden und die Ausbreitung der Siedlungen gestoppt wird. Auf diese Weise könnte man Israels Friedensengagement zeigen, nicht durch eine Werbekampagne. Solange das nicht geschieht, wird es keine Zweistaatenlösung geben.

24. August 2009
GfbV, Yvonne Bangert, Kontakt: publikationen@gfbv.de

Leonard Peltier: Freilassung auf Bewährung abgelehnt

Presseerklärung der Gesellschaft für bedrohte Völker

Free Leonard Peltier

Mit großer Enttäuschung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zur Kenntnis nehmen müssen, dass der indianische Bürgerrechtler Leonard Peltier im Gefängnis bleiben muss. Am vergangenen Freitag hatte Anwalt Drew Wrigley in Fargo (Nord-Dakota) die Entscheidung der Haftprüfungskommission (Parole Commission) bekannt gegeben, Peltier nach 33 Jahren Haft nicht auf Bewährung zu entlassen. 2024 darf er das nächste Mal einen Antrag stellen. Dann wäre er 79 Jahre alt. Die Ablehnung des Antrags ist vollkommen unverständlich, denn Peltier hat die bei einem solchen Urteil übliche Regelhaftzeit von 30 Jahren längst verbüßt. Amnesty International hat in einer Presseerklärung ebenfalls Unverständnis gegenüber dieser Entscheidung geäußert.

GfbV

Zudem ist die Resozialisierung von Peltier gesichert, denn in seinem Heimatreservat Anishinabe Turtle Mountain in Nord Dakota warten auf ihn eine Wohnung und Arbeit als Kunstlehrer am dortigen College. Peltier, der am 12. September 65 Jahre alt wird, wird nach Auskunft des Leonard Peltiers Defense Offence Committee (LPDOC) die Entscheidung anfechten. Außerdem bereitet das LPDOC Appelle an Präsident Obama und für eine Haftverlegung Peltiers näher zu seinem Heimatreservat vor. Sobald wir Näheres wissen, werden wir Sie wieder informieren und um Ihre Unterstützung bitten, vielleicht schon zum 12. September.

www.gfbv.de

myspace.com/freepeltier

24. August 2009
Thoralf Haß, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Nach der WM ist vor der WM

Ein Rückblick auf das Sportereignis des Jahres 2009

WM 2009 - Olympiastadion

Das waren sie also, die 12. Leichtathletik-Weltmeisterschaften. Man kann den Deutschen zu Recht viel vorwerfen, aber nur das nicht: Dass sie keine friedlichen Großveranstaltungen organisieren können. Wie schon beim Sommermärchen 2006 präsentierte sich Berlin als würdiger Gastgeber dieser Titelkämpfe.

Kritik wegen mangelnder Werbung? Schlechter Kartenvorverkauf? Geschenkt, am Ende wird immer alles gut! Dass das Berliner Olympiastadion anfangs nur halbvoll war, tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Und statt der beliebten Fanmeile gab es diesmal am Brandenburger Tor das "Kulturstadion". Die Berliner und ihre Gäste konnten so WM-Luft schnuppern, ohne ins große Stadion zu müssen. Die Stars kamen zu den Menschen, Ehemalige wie Aktuelle. Und wer sich nicht für Sport interessiert, ging einmal um die Bühne herum und konnte künstlerischen Darbietungen folgen.

WM 2009 - Edwin Moses im Kulturstadioin

Auch die Geher- und Marathonwettbewerbe fanden nicht wie bei solchen Sport-Großveranstaltungen üblich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern mitten im Herzen der Stadt. Die Athleten schwärmten von der Begeisterung an der Strecke und den vielen Zuschauern. Die Bilder von der Marathonstrecke, entlang der wichtigsten und geschichtsträchtigsten Sehenswürdigkeiten Berlins, gingen um die ganze Welt und vermittelten ein neues Deutschlandbild. Diese Übertragungen waren für Berlin hilfreicher als jede Imagekampagne der Tourismus-Industrie.

WM 2009 - Kleinert und Oeser im Kulturstadion

Im Stadion wurden Triumphe gefeiert, Rekorde erzielt und neue Stars geboren. Und nach der Olympiapleite in Peking mischten die deutschen Athleten wieder in der Weltspitze mit. Diskus-Hühne Robert Hartung trat mit unbequemen Wahrheiten vor die Mikrofone und wurde dafür von der Verbandsspitze abgewatscht. Seiner neuen Popularität tat das keinen Abbruch. In bester Türsteher-Manier erklärte er kurzerhand das Olympiastadion zu SEINEM Stadion, das es zu verteidigen gilt. Kein Anderer solle in seinem Stadion gewinnen. Und tatsächlich, mit seinem letzten Wurf holte er das schon verloren geglaubte Gold zurück.

Ebenfalls im Vorfeld hochpuscht wurde das Hochsprung-Duell zwischen der Schönen und dem Biest. Von Zickenkrieg war sogar die Rede. Blanka Vlasic (Kroatien) und Ariane Friedrich (Deutschland) bestimmten tagelang die Zeitungsmeldungen. Weltrekord wurde hochgerechnet, jede für sich wollte Revanche für verlorene Wettkämpfe. Am Ende ging alles ganz schnell. Friedrich brachte ein ganzes Stadion zum Stillschweigen, Vlasic brauchte die tobende Menge. Und gewann unspektakulär. Die Deutsche gratulierte artig, freute sich kurz über Bronze und machte die nächste Kampfansage.

WM 2009 - Isinbajewa

Keine Kampfansage, dafür Tränen gab es reichlich beim Stahochsprung der Frauen. Die Eine heulte, weil sie ja eigentlich die beste Stabhochspringerin der Welt ist. Doch Jelena Isinbajewa aus Russland blamierte sich vor der ganzen Welt und wurde im Finale nur Letzte, weil sie keinen gültigen Versuch zustande brachte. Die Andere heulte, weil sie genau deswegen eine Medaille verpasste. Silke Spiegelburg aus Leverkusen hätte mit einem Fehlversuch weniger Silber geholt, konnte aber aus Isinbajewas Missgeschick keinen Nutzen ziehen. Als sie das realisierte, brachen bei ihr alle Dämme. Minutenlang saß Silke Spiegelburg auf der Anlaufbahn, konnte und wollte sich nicht beruhigen und kämpfte immer wieder gegen die Tränen. Genau wie die Siegerin aus Polen, Anna Rogowska. Als alle Kampfrichter schon die Wettkampfstätte verlassen hatten, saß sie immer noch gedankenverloren auf einer Bank und konnte ihr Glück nicht fassen.

WM 2009 - Berlino und Rogowska

Glück brauchte der schnellste Mann der Welt nicht. Usain "Witz"-Bolt war der große Themenmacher der WM. Über 100 m setzte er alle Naturgesetze außer Kraft und gewann mit angezogener Handbremse in Weltrekordzeit: 9,58 Sekunden leuchteten auf der Anzeigetafel. Im Wissen um seine Dominanz spielte er über die doppelte Distanz mit seinen Gegnern, was bei diesen überhaupt nicht gut ankam. Das Publikum liebte dagegen seine Mätzchen vor der Kamera. Ach ja, überflüssig zu erwähnen, dass er im 200-m-Finale wieder Weltrekord lief.

WM 2009 - Berlino

Aber Usain Bolt war nicht der einzige Superstar dieser WM. Ein anderes, bis dahin völlig unbekanntes Wesen, eroberte die Herzen der Menschen. "Berlino", das Maskottchen, wurde zum Publikumsliebling. Der tapsige Bär war meist der erste Gratulant der Sieger, tröstete Verlierer und machte das, was ein Maskottchen tun muss: Stimmung anheizen. Er riss Weltmeisterin Steffi Nerius beim Jubeln um und rannte mit 400-m-Hürden-Weltmeisterin Melaine Walker auf dem Rücken im Überschwang der Gefühle völlig blind gegen einen Gerätewagen. Walker war es egal wie allen anderen Athleten auch, WM 2009 - Berlino die sich mit dem Bären zum Affen machten. Berlino war einer von ihnen!

Im Übrigen war "Berlino" das sympathischste Maskottchen seit Jahren. Bolt und Berlino wurden sogar richtig dicke Kumpel, wie man an den Fernsehbildern sehen konnte. "Ich bin ein Berlino" stand bei Bolt auf dem T-Shirt. "Ich bin ein Bolt" stand am nächsten Tag auf Berlinos Hemdchen. Auch wegen dieser kleinen Geschichten am Rande bleiben die Weltmeisterschaften von Berlin im Gedächtnis.

WM 2009 - Olympiastadion am Abend

Deutschland hat sich einmal mehr als guter Gastgeber gezeigt. Nach der "Welt zu Gast bei Freunden" 2006 hatten die Sportfans diesmal "eine gute Zeit". Und nicht mehr lange, und die Welt schaut wieder auf Deutschland. 2011 findet in Deutschland die Fußball-WM der Frauen statt. Man kann den Deutschen viel vorwerfen, aber nicht, dass sie 2011 nicht wieder gute Gastgeber sein werden.

Fotos: Thoralf Haß

3. August 2009
Thoralf Haß, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

"Freundschaft! Die Freie Deutsche Jugend"

Freundschaft!

Alle Jahre wieder bescheren uns die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten neue Dokumentationen, die sich mit dem Leben in der DDR auseinandersetzen. Meist wird dabei nur das Negative hervorgehoben, das Positive möchte man am Liebsten ausblenden, damit ja keine neue Ostalgie-Welle ausbricht. Mal werden die längst bekannten historischen Fakten mit Archivbildern aneinandergereiht, mal geben mehr oder weniger (Un)-Beteiligte ihren nicht weniger unbeteiligten Kommentar dazu ab.

Nun hat sich also der NDR versucht, mit dem Dok.-Film "Freundschaft! Die Freie Deutsche Jugend" die Geschichte der FDJ, der größten Massenorganisation der untergegangenen DDR, aufzuarbeiten. Lutz Hachmeister, Grimme-Preisträger, und Co-Regisseur Mathias von der Heide gelingt der Spagat, sowohl neue Fakten anzubieten als auch schon Bekanntes neu zu vermitteln. Beide verzichten weitgehend auf die Abarbeitung von Fakten, sondern präsentieren ein buntes Sammelsurium, das über das Thema "FDJ" hinausgeht, ohne jedoch den roten Faden zu verlieren. So erfährt der Zuschauer eben auch etwas zur Pionierorganisation und zur "Gesellschaft für Sport und Technik", die trotz aller militärischen Strukturen auch ein vielfach Freundschaft! wahrgenommenes Freizeitangebot den DDR-Jugendlichen offerierte. Auch das Jugendradio DT64 wird im Film thematisiert, genauso wie die nicht gewünschte, aber geduldete Punkmusik der DDR, FDJ-Initiativen, Weltfestspiele, Oktoberklub und das Ende der DDR.

Hachmeister und von der Heide bedienen sich dabei der Hilfe von prominenten Zeitgenossen, die in irgendeiner Weise eigene Erfahrungen mit der FDJ machten und Interna und Anekdoten aus ihrer FDJ-Vergangenheit berichteten. So kommen ehemalige Blauhemden aus Ost und West zu Wort, denn auch im Westen Deutschlands war die FDJ aktiv, bis sie 1951 verboten wurde.

Dagmar Enkelmann

Gerade diese Zeitzeugenberichte machen den Film so sehenswert, weil sich die meisten mit ihrer Vergangenheit humorvoll auseinandersetzen und nicht alles verteufeln. Und dramaturgisch geschickt geplant werden einige Zeitgenossen konkret mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, weil sie nach Jahren wieder an ihre alten Wirkungsstätten zurückkehren. Dagmar Enkelmann, früher Dozentin an der Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" und heute für die Linken im Bundestag vertreten, erschrickt regelrecht vor der Kamera, als sie sieht, wie der Zahn der Zeit an der heute leerstehenden ehemaligen Bildungseinrichtung genagt hat. Auch Marion Brasch, ehemals bei DT64 und Tochter eines FDJ-Gründungsmitgliedes, macht die Erfahrung, ihre alte Wirkungsstätte sehen zu müssen.

Jan Carpentier wurde als ELF99-Redakteur berühmt, als er aus der Waldsiedlung Wandlitz berichtete. Seine Kommentare zur FDJ haben größten Unterhaltungswert, weil sie kurz und präzise, aber auch bissig sind. Bereits sein erster Satz ist ein Schlag ins Kontor derer, die meinen, ihre Biografie erst nach dem Ende der DDR beginnen zu müssen.

Anja Kling

Carpentiers damalige Kollegin war Anja Kling, die heute zu den profiliertesten deutschen Schauspielerinnen gehört. Auch sie hat noch das gesamte Prozedere als FDJlerin auf Lager, sei es der Ablauf eines Fahnenappells oder der FDJ-Jugendstunde.

Ausführlich beschäftigt sich die Doku mit dem Film "Erscheinen Pflicht", der in der DDR nach seiner Premiere totgeschwiegen wird und eigentlich nie die Aufmerksamkeit erhielt wie andere "Verbotsfilme". Im Film geht es um eine FDJlerin, die nach dem Tod ihres Vaters, der Kreisparteichef war, unangenehme Fragen stellt und sich über die Widersprüche in der Gesellschaft Gedanken macht. Vivian Hanjohr spielte damals die Hauptrolle und erinnert sich an die Dreharbeiten und daran, wie nah der Film wirklich an der Realität war.

Fast wäre Andreas Dresen auch auf der Liste der "Verbotsfilme" gelandet. Dresen ("Sommer vorm Balkon", "Wolke Neun") gehört heute zu den erfolgreichsten Regisseuren. Seine Laufbahn begann in der DDR an der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" in Potsdam. Sein erster (ironischer) Hochschulfilm über eine "Brigade der Freundschaft" wäre wahrscheinlich auch sein letzter Film gewesen, hätte nicht sein damaliger Rektor Lothar Bisky bei der FDJ-Verbandsspitze interveniert.

Flake

Auch Bisky hat eine FDJ-Vergangenheit, genauso wie der ehemalige DDR-Ministerpräsident Hans Modrow. Bisky und Modrow stehen für die frühere FDJ-Generation. Für die jüngere Generation stehen neben den bereits Genannten auch die Punkmusiker Kai-Uwe Kohlschmidt und Chris Hinze von der Band "Sandow" und Christian "Flake" Lorenz von "Feeling B", der heute bei "Rammstein" spielt. Sie waren die Rebellen in der damaligen Zeit, erzählen aber auch von kuriosen Momenten ihrer Musikerkarriere, etwa warum man "Sandow" für die "Toten Hosen" hielt.

Überhaupt kommt das Lustige nicht zu kurz in dem gut 75-minütigen Film. Das liegt aber mehr an den gewählten Einspielfilmen, die manchmal unfreiwillig komisch sind, etwa bei der Aneinanderreihung von Titeln und Bezeichnungen der DDR-Staatsorgane in der "Aktuellen Kamera", die eigentlich nur den Tod Walter Ulbrichts bekanntgeben wollte.

Hans Modrow

Wohltuend für den gelernten DDR-Bürger ist, dass die FDJ nicht nur verteufelt wird, wie man es bei Dokumentationen dieser Thematik erwarten musste, sondern es wurden ganz klar sowohl die schönen als auch die unangenehmen Seiten hervorgehoben. Sogar Erich und Margot Honecker, die in der Geschichte der FDJ eine bedeutsame Rolle spielten, kommen in den Kommentaren der Protagonisten gut weg, überraschenderweise kommen diese Respektbekundungen nicht nur von den Politikern der Linken.

Auch sonst vermag man aus den Kommentaren herauszuhören, dass die Mitgliedschaft in der FDJ zwar nur ein lästiges Übel war, aber eben doch ein sehr prägendes. Viele der Befragten erklären übereinstimmend, dass es eine Schule fürs Leben war. Und "Flake" von "Rammstein" offenbart am Ende des Filmes sogar noch ein Geheimnis, das man ihm so nicht zugetraut hat.

Freundschaft!

"Freundschaft! Die Freie Deutsche Jugend" ist ein unterhaltsamer Dokumentarfilm über eine Organisation, die Kaderschmiede war und gleichzeitig Sammelbecken für die Jugend der DDR. Eine Organisation, der man sich kaum entziehen konnte. Blaues Hemd und aufgehende Sonne waren die Symbole einer Organisation, die mittlerweile in der Bedeutungslosigkeit untergegangen ist.

Lutz Hachmeister und Mathias von der Heide gebührt Dank und Respekt für eine filmische Aufarbeitung der Geschichte der Freien Deutschen Jugend, ohne den Ostalgie-Faktor ins Spiel zu bringen oder den Zuschauer zu bevormunden, wie man mit der FDJ umzugehen hat. Man darf sich erinnern, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Und gerade deshalb hofft der Zuschauer, dass sich die beiden Regisseure alle Jahre wieder fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen mit dem Leben in der DDR auseinandersetzen.

Freundschaft!

27. Juli 2009
Rote Hilfe e.V., Kontakt: buvo-clara@rote-hilfe.de

Mumia: Bundesweite Infotour 2009

Kein Sommerloch im Kampf für das Leben und die Freiheit von Mumia Abu-Jamal!

Mumia Abu-Jamal

Seit 27 Jahren bereits sitzt der afro-amerikanische Journalist Mumia Abu-Jamal als politischer Gefangener im Todestrakt von Pennsylvania (USA). Sein Prozess und sein Urteil 1982 waren ein Muster an Rassismus und Klassenjustiz - der vorsitzende Richter verweigerte ihm das Geld für die Verteidigung und nannte ihn einen Nigger, der Staatsanwalt wählte sich eine Jury, die fast nur aus konservativen Weißen bestand und zeichneten dann vom Angeklagten das Bild eines eiskalten, linksradikalen Killers. In diesem von Rassismus und politischer Repression gekennzeichneten Prozess wurde der völlig chancenlose ehemalige Black Panther Pressesprecher zum Tode verurteilt. Die lebensfeindlichen Haftbedingungen im Todestrakt haben Mumia jedoch weder gebrochen noch zum Schweigen gebracht. Auch aus der Todeszelle gibt er nicht auf und schreibt gegen die Ungerechtigkeiten der kapitalistischen Gesellschaft. Er kämpfte in all den Jahren nicht nur für seine Freiheit, sondern setzt sich unermüdlich ein - für die "im Namen Gottes" zum Tode verurteilten Menschen in den Todestrakten der Welt. Aus gutem Grund ist Mumia deshalb auch als "Voice of the voiceless" (Stimme der Stimmlosen) bekannt. Mumias Fall ist beispielhaft für Tausende. Jetzt ist Mumias Leben erneut bedroht. Anfang April 2009 zeigte das höchste Gericht erneut, was in den USA bereits bei vielen als "Mumia-Ausnahme" bekannt ist: jedes geltende Recht wird umgedeutet oder einfach ignoriert, wenn es der Absicht der Justiz und Politik im Weg ist, Mumia dafür zu töten, dass er nicht klein bei gibt. Nach Aussagen seines Anwalts R. Bryan befindet sich Mumia in der lebensgefährlichsten Lage seit seiner Festnahme 1981. Mumia hat stets seine Unschuld beteuert: Alle möglichen rechtlichen Schritte werden von seinem Anwaltsteam ausgeschöpft um ihn vor der Hinrichtung zu retten. Doch unabhängig von der juristischen Lage haben Mumia selbst, seine Verteidigung wie auch die weltweiten Unterstützer_innen immer wieder klar gesagt, dass politische Verfahren eben nicht nur im Gerichtssaal, sondern vor allem auf der Straße zu gewinnen sind. Schon zweimal haben weltweite Proteste die angeordnete Hinrichtung verhindern können (1995 und 1999) - nur eine breite internationale Protestund Solidaritätsbewegung wird es auch diesmal fertig bringen können, dass der geplante staatliche Mord nicht durchgeführt werden kann.

Für Mumias Unterstützungsbewegung ergeben sich daraus folgende Schlüsse: Es gilt jetzt erneut Mumias Leben zu retten und einem jederzeit möglichen Hinrichtungsbefehl entgegenzuarbeiten. Erste Mobilisierungen laufen bereits, es gibt aber auch Fragen, die sich alle selbst stellen können und sollten: Wie weit möchten sich die vielen Interessierten an dem Fall selbst einbringen?

Es gibt zahlreiche Vorschläge wie Mumia individuell geholfen werden kann. Aber wir brauchen gemeinsame starke Proteste, sollte die rassistische US-Justiz es wagen, die Todesstrafe gegen Mumia erneut in Kraft zu setzen. Nur wissen wir, dass eine solche Mobilisierung die Unterstützung und Beteiligung von vielen tausend Menschen benötigt. Darüber und über konkrete Handlungsoptionen soll es bei der Veranstaltung hauptsächlich gehen. Auf der Infotour werden wir über Mumias aktuelle Situation im Kampf um seine Freiheit und sein Leben berichten, aber auch die gesellschaftlichen Motive benennen, die für das Schicksal der derzeit 2,3 Millionen Gefangenen in den USA verantwortlich sind. Weitere Themen sind die Auswirkungen der Sklaverei, der Zwangsarbeit, der sog. Gefängnisreformen und des tief verwurzelten Rassismus in den USA. Besonderes Augenmerk wird dabei auf dem gefängnisindustriellen Komplex sowie der pausenlos angewandten Todesstrafe liegen. Es werden Ausschnitte aus dem Film: "In Prison My Whole Life" als Ergänzung gezeigt.

Kein Staat hat das Recht, Gefangene zu ermorden! Informiert Euch und andere, werdet laut, werdet aktiv - Achtet auf Ankündigungen!

Wie können wir gemeinsam den angedrohten Justizmord verhindern?

Welche Erfahrungen und Unterschiede gibt es zu früheren Abschnitten im Kampf um Mumias Leben und Freiheit?

Darüber und auch praktische Schritte wollen wir mit Euch im Anschluss diskutieren.

SOLIDARITÄT IST EINE WAFFE! - Nutzen wir sie!

Die Infotour wird gemeinsam von der Roten Hilfe e.V. und dem Berliner FREE MUMIA Bündnis durchgeführt.

6. Juli 2009
Redaktion, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Erich Mühsam zum 75. Todestag

Erich Mühsam

F.-B. Habel wies uns auf folgende Veranstaltung hin, an der er auch teilnehmen wird:

MÜHSAM! Zwölfstündige literarisch-musikalische Nachtwache im Gedächtnispark Lehrter Zellengefängnis

Im Gedenken an Erich Mühsam und andere Opfer des Naziterrors findet im Gedächtnispark Lehrter Zellengefängnis, gegenüber dem Berliner Hauptbahnhof, von 19 Uhr am 9.7. bis 7 Uhr am 10.7. eine 12stündige literarisch-musikalische NACHTWACHE statt. Der in der Mitte des Parks stehende offene Betonwürfel dient als Vortragsplattform.

Wichtige organisatorische Hinweise für die Besucher der Veranstaltung:
Sitzgelegenheiten oder Sitzdecken o.ä. werden von den Gästen entweder selbst mitgebracht oder die Gäste setzen sich auf den umliegenden Rasen, Bänke oder Mauern. Zudem werden die Gäste aufgefordert für die späteren Abendstunden oder ggf. Nachtstunden möglichst viele Windlichter (Grablichter) mitzubringen um den Park zu illuminieren (keine losen Kerzen, keine Teelichter ohne Windschutz, keine Fackeln!). Auf Vermeidung von Müll wird von Anfang an größter Wert gelegt, schon um der Würde des Ortes und der Veranstaltung willen. Falls Gäste ein menschliches Bedürfnis verspüren, können sie den gegenüberliegenden Bahnhof aufsuchen.

Die Vorträge erfolgen "unplugged", also ohne Verstärkeranlage, da auch nicht mit einem in die Hunderte gehenden Publikum gerechnet wird. Sollten wider Erwarten mehr Gäste kommen, werden die anwesenden KünstlerInnen sich aufteilen und an verschiedenen Stellen des Parks (Hofgangstele, Zellenstele, Stein-Ensemble, Baumrotunde etc.) lesen/vortragen. Auch Gäste können sich nach Absprache beteiligen.

Bei schlechtem Wetter steht der Mitveranstalter Kulturfabrik Lehrter Straße 35 - Theaterdock, zur Verfügung. Der Beginn würde sich dann um eine halbe Stunde auf 19:30 Uhr verschieben. Nachkommende Gäste werden dann per wetterfestem Aushang auf den geänderten Veranstaltungsort aufmerksam gemacht, so dass sie zur KuFa weitergehen können (10 Min. zu Fuß oder drei Busstationen Haltestelle Kruppstr.).

DER EINTRITT IST FREI.
Spenden sind willkommen.

Über Erich Mühsam

Der Dichter, Kabarettist der ersten Stunde, politische Publizist und Journalist Erich Mühsam wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 1934 im KZ Oranienburg von SS-Schergen der "Leibstandarte Adolf Hitler" umgebracht.
Josef Goebbels: "Dieses rote Judenaas muss verrecken!"

Mühsam wurde am Abend des 9.7.1934 mit einem Strick zum SS-Kommandanten zitiert, der ihm zwei Tage vorher befohlen hatte, sich aufzuhängen (Mühsam zu seinen Leidensgenossen: "Den Gefallen werde ich denen nicht tun, meinen eigenen Henker zu spielen."). Der Gepeinigte, dem klar war was kam, hatte seine wenigen Habseligkeiten schon vorher an die anderen verteilt. Erregt legten sich einige Gefangene auf die Lauer. Erich kam nicht in die Unterkunft zurück. Beim Morgenappell am 10.7. fehlte Mühsam. Höhnisch forderten die SS-Wachen die Gefangenen auf, den Verschwundenen zu suchen: sie fanden ihn aufgeknüft auf dem Abort. Schon der komplizierte Knoten im Seil verriet, dass der bekannt handwerklich ungeschickte Mühsam ermordet worden war. Zuvor war der herzkranke und halbtaube 55jährige über weite Strecken seiner 14monatigen Gefangenschaft an verschiedenen Haftorten bestialischen und erniedrigendsten Foltern ausgesetzt.

Erich Mühsam, jüdischer Abkunft, Bohèmien und Anarchist, Teilnehmer der Münchener Räterepublik von 1918-19, war nach der NS-Machtübernahme der erste prominente Literat der Weimarer Republik, der als Opfer der Nazigewaltherrschaft sterben musste. Er steht dadurch auch stellvertretend für die vielen Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Publizisten und politischen Journalistinnen und Journalisten, die von den Nazis verfolgt, ins Exil getrieben und ermordet wurden. Dies zeichnete sich allerdings bereits 1919 bei der SPD-veranlassten militärischen Niederschlagung der Münchener Räterepublik durch Soldaten ab, die teils schon das Hakenkreuz am Stahlhelm trugen. (Lied: "Hakenkreuz am Stahlhelm, schwarzweißrot das Band - die Brigade Erhardt werden wir genannt.") Diese nationalistisch-antisemitischen Marodeure ermordeten dort auch Mühsams Freund und Lehrer, den jüdischen Intellektuellen Gustav Landauer.

Der Veranstaltungsort ist authentisch, da Erich Mühsam 1933 nach seiner Verhaftung im Zuge des Reichstagsbrandes in dieses Gefängnis eingeliefert wurde. Die Gäste betreten den Park durch das Tor an der Minna-Cauer-Straße, wo sich von 1943 bis 1945 die GeStaPo-Abteilung befand. Seit Eröffnung des Gefängnisses Mitte des 19. Jahrhunderts saßen in ihm politische Gefangene ein - viele von ihnen wurden ermordet.

Veranstalter:
Freie Kultur Aktion e.V., Dorotheenstädtische Buchhandlung, Kulturfabrik Lehrter Straße, Theaterdock, Bürgerinitiative Lehrter Straße - Für eine billige Prachtstraße e.V., Kunstverein Tiergarten, El Patio e.V., Verband Deutscher Schriftsteller - Berlin, Internationale B.Traven Gesellschaft (IBTG), Internationale Tucholsky Gesellschaft, Erich-Mühsam-Assoziation (EMA)/Mühsam Association International (MAI)
weiter angefragt: Akademie der Künste, P.E.N. Deutschland, Reporter ohne Grenzen u.a.m.

Organisator der Veranstaltung, ist der Autor und Publizist R@lf G. Landmesser

Geplanter Ablauf siehe Veranstaltungskalender: www.moabitonline.de/eventkalender

Quelle: moabitonline.de

3. Juli 2009
Manuela Sänger, Kontakt: mara.stern@web.de

Leonard Peltier 34. Jahr unschuldig in Haft

Leonard Peltier

Liebe Freunde,
ich leite Euch diese Nachricht von Yvonne Bangert (Gesellschaft für bedrohte Völker) weiter - mit der Bitte um Unterstützung. Lest in einer kurzen Zusammenfassung die Geschichte von Leonard Peltier, wer er ist und was passierte.

Es reicht!!! Leonard Peltier muss freigelassen werden!

Am 11. Oktober 2009 wird "Mitakuye Oyasin" (die Sendung für/mit indigenen Völkern der Welt) auf www.radiocorax.de eine Sondersendung zum Thema "Der Fall Leonard Peltier" ausstrahlen.
Beste Grüße von Manuela.

Leonard Peltier

Leonard Peltier (* 12. September 1944 in Grand Fork, North Dakota) ist ein indianischer Aktivist des American Indian Movement in den USA. Er war Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre an einflussreicher Stelle bei verschiedenen Widerstandsaktionen gegen die US-amerikanische Indianerpolitik beteiligt. 1977 wurde er in einem umstrittenen Gerichtsverfahren trotz fragwürdiger Beweislage des Mordes an zwei Polizisten angeklagt.

Prison Writings

Es folgte ein sehr umstrittenes Gerichtsverfahren. Bald zeichnete sich ab, dass die US-amerikanische Justiz keine Beweise gegen Peltier hatte. Trotzdem wurde er 1977 für schuldig befunden und wegen Mordes zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt. Leonard Peltier gilt Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, Incomindios Schweiz oder der Gesellschaft für bedrohte Völker als politischer Häftling. Nebst NGOs (Nichtregierungsorganisationen) und Institutionen wie der EU fordern über 25 Millionen Menschen, bisher erfolglos, seine Freilassung, darunter Persönlichkeiten wie Nelson Mandela, Rigoberta Menchú und der Dalai Lama. Seine Anwälte durchliefen sämtliche Instanzen des amerikanischen Rechtssystems; Peltier sitzt nach 34 Jahren jedoch noch immer in Haft.

Obwohl in den USA viele Indigene als politische Häftlinge angesehen werden, Peltier also ursprünglich nur einer unter vielen war, entwickelte er sich zu einem panindianischen Anführer und Hoffnungsträger, der bereits zweimal (1992 und 2004) für den Friedensnobelpreis nominiert wurde.

2004 wurde Peltier von der Peace and Freedom Party als Kandidat für die US-Präsidentschaftswahl nominiert, was in den USA für Gefängnisinsassen nicht verboten ist. Peltier wurde nur in Kalifornien zugelassen, wo er 27.607 Stimmen erhielt, was USA-weit 0,02 % ausmachte.

Weitere infos gibt es auf der Internetseite des Leonard Peltier Defense Committee: www.leonardpeltier.net

Briefe an die Haftprüfungskommission

Am 27. Juli steht nach acht Jahren wieder eine reguläre Haftprüfung vor einer Kommission an, die entscheidet, ob der indianische Bürgerrechtler Leonard Peltier auf Bewährung freigelassen werden kann. Er wird im September 65, ist krank, hat sich immer mustergültig geführt. Daher gilt er als Mustergefangener, der keine Gefährdung der Öffentlichkeit darstellt. Deshalb und gemessen an der Haftdauer (er sitzt nun im 34. Jahr ein) sollte er endlich freikommen. Wir folgen mit diesem Aufruf einer Bitte des Verteidigerkomitees LPDOC, das um Briefe an die Haftprüfungskommission im o. g. Sinn bittet. Da die Kommission ausschließlich "reale" Briefe akzeptiert, könnt ihr über das unten angeführte Dokument einen Musterbrief zum Download finden. Bitte datieren, mit Adresse und Unterschrift versehen und möglichst zügig abschicken, denn alle Appelle, die von der Kommission berücksichtigt werden sollen, müssen bis zum 14. Juli angekommen sein.

Nun der Pfad zur Kampagne: www.gfbv.de

Yvonne Bangert
Referat indigene Voelker/Indigenous Peoples Dpt.
Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Society for Threatened Peoples (STP)
www.gfbv.de

30 June 2009
Leonard Peltier, Contact: Webmaster@DeanReed.de

In the Spirit of Crazy Horse

Free Leonard Peltier

Greetings my friends and relatives,

I want to start off this statement or speech or whatever you want to call it by saying again as I've said before thank you thank you thank you from the bottom of my heart for supporting me and for standing up for right wherever you are. I can't express to you in words how extremely grateful I am not just to the people of America but to the people all over the world who have supported the cause of Indian people and myself.

I know a lot of you have given up a lot to help so many in my predicament. Daily I am made aware of political prisoners around the world. Many who have been killed or tortured or who knows what for trying to right the wrongs in their area, country or nation. I have been asked to make statements in support of other movement people around the world from time to time, South America, Europe and other places. People who love freedom, people who love the earth, people who love their family, people who love the freedom to make their own choice with their own resources, and all indigenous people - we share a common bond. The bond of brother and sister hood, the bond of believing there is a greater power than ourselves. And I don't mean some government power; I mean the greatest power in all the universe the Creator Himself.

We also as human beings upon this earth have to recognize that there have always been those who suffer from an illness called greed. They have an appetite for gaining material wealth that is never satisfied. They have an appetite for land that is never satisfied. And the most common symptom of their illness is indifference to the suffering they cause with their quest. These people are the ones that have identified themselves as our common enemy. It is so terrible that under the guise of religion and shouting freedom they pit one people against another. This isn't something new. All down through history it has taken place. All down through history there have been men, spiritual men, holy men, great thinkers and philosophers who have tried to unite us against this common enemy.

Today my brothers and sisters I want you to know that if nothing else if we don't unite against the destruction against the Mother Earth we will have a common future that is void of clean air, clean water, and basic freedoms. We must reach our hands out to embrace others to the cause of life. We must do our best from where ever we are with whatever tools available to enhance and further our quality of life. We must find a way to break down the barriers that divide one people from another. We must find the things we have in common and find ways to solve our differences as basic humanity. We must evolve to a higher level of thinking or to as you might say a traditional level of thinking which obviously is superior to what they call progress today. Our traditional values taught us to live in harmony with Earth the greatest manifestation of the Creator that we have to relate to. Our traditions taught us to respect our bodies the greatest gift we have or possess as an individual. Our traditions taught us to preserve the environment for our children and all our future generations. As a member of the American Indian Movement these values are what we were about. Poverty isn't solved by money poverty is solved by attitude. The problems we have today among all our people are caused by attitude. They are caused by an attitude that was given to us in boarding schools and on reservations that were nothing more than concentration camps in the past. They are attitudes by people who came to us talking to us about God and wanting us to embrace their version of religion and as one brother said once, "They told us to bow our heads, and when we looked up our land was gone, our culture was gone, our children was gone, our way of life was gone." And now the air itself is dwindling.

I have been in this cage for some 34 years and though I have been caged I have sought the spirit in prayer of our brother the eagle, I have sought to have an overview of things for as anyone can see I don't have the freedom to examine life from a close perspective. And from this distant view, abstract view, this detached view, at times I get to see the destruction and divisiveness that these political powers that have scattered us for so long have involved themselves in promoting among our people. I don't know if it is because I am older now or because my future is so uncertain or if through some spiritual inspiration I deeply want to say so much. I deeply want to move you to do something to save our earth and our children and our children's future. I didn't get to raise my children; I haven't got to really know them or my children's children. I may never get to, but I love them all just the same. And I love life as much as anyone on the outside. And I don't know how long I will walk this cage. Some days I feel quite healthy and energized and some days I feel like the 64 year old man that I am. I'm always hopeful that I will be free at some point, perhaps in the latter part of July after my parole hearing, and perhaps I won't. The people that hold me, the FBI and the conglomerate corporations that have for so long controlled the resources of this country and others and for so long have done their best to stifle, to denigrate, and to vilify the voice of the oppressed are some of the most formidable well funded political people on Earth. I was told that the FBI themselves are some 10,000 strong.

I am but a common man, I am not a speaker but I have spoken. I am not all that tall but I have stood up. I am not a philosopher or poet or a singer or any of those things that particularly inspire people but the one thing that I am is the evidence that this country lied when they said there was justice for all. I am the evidence that they lied when they extradited me from Canada. I am the evidence that they can lie at your trial, they can manufacture evidence at your trial, they can intimidate witnesses at your trial, they can have back room conversations and agreements with the judge at your trial. I am the evidence that the attitude, the powers that be still hold us in a grip. They hold us in an emotional grip. They hold us in a poverty grip. They hold us in a cultural deprivation grip. I could go on and on about the things that go on that weigh so heavily against our people but the bottom line is my case is well documented by court after court after court, by hearing after hearing after hearing, by statement after statement after statement. And we as a people are the evidence that this country fails to keep its treaties, this country fails to keep its word. This country has failed to follow its own Constitution - the treaty between the people and the government. We are that evidence. I am nothing more than evidence. That is why people all over the world and here at home have supported the cause of justice in my case. In my particular situation I can't say that there will ever be any level of justice.

They cannot give back the 34 years of life that have been taken from me. They can not give back the life of Joe Stuntz that they took June 26th 1975. They cannot give back the lives of the 60 something people that they directly or indirectly caused the death of. They cannot give back the thousand upon thousands of Indian people that were killed and abused since the inception of this government. But the one thing we can do, we must do, is find a way to change their attitude. My brother Leonard Crow Dog once said, "If you want to change the white man you have to change his religion." And religion is a word that means how you do something on a regular basis; most generally it is associated with your spirituality. Perhaps with global warming as it is and the changes in the weather patterns and the questionable future that faces the earth, they will start to listen. Maybe they will reach back and embrace the words of our people foretold again and again. We must live the way that the Earth will renew itself every spring. We must help them reach back. We must speak to them at every opportunity. We must make an effort to reach back ourselves to our own cultural values. And in doing so we can start to solve the many destructive challenges we face. We must more than ever before find a way to heal the wounds of our children and prevent the social illnesses that are so prevalent across our reservations and communities. We have the tools, we have the teachings, we have the philosophies, we have the culture, we have the artists, we have the singers, we have the philosophers, I could go on and on but in essence what I am trying to say is it is imperative that we bring together all our resources to enhance the future for our children in a way that they themselves can further the healthy teachings of our culture and way of life; and in doing so I have no doubt that we can change the world.

If I am freed next month or if I die in prison remember my words and remember we are evidence that the Creator made a beautiful people a people that respected the Earth and nature and each other. We are evidence on every level of goodness that when the Creator made us He meant for us to be free. All our traditions have taught us this way. And even this very form of government that exists today was copied from our people. Our people with our foods, our medicines, belief in freedom and right to choose have influenced the world. Its too bad they didn't adopt a healthy attitude that we had toward the Earth or an attitude of respect for us the first keepers of this portion of the Earth. If there is something about me that this government can point at and say is wrong or any person say is wrong I will by my own choice, if it proves to be fact, seek to fix it myself. But I also want to remind them the policies that have been in place for so long have made us what we are today. The policies that have been in place for so long, have created another reservation called Iraq and another reservation called Afghanistan, and the list goes on and on, you see what's happening over there is what happened here and all down through North and South America.

I am just a common man and I am evidence that the powers that put me here would like to sweep under the carpet. The same way they did all of our past leaders, warriors and people they massacred. Just as at Wounded Knee the Fifth Cavalry sought its revenge for Custer's loss and massacred some 300 Indian men women and children then gave out 23 Medals of Honor and swept the evidence of their wrongdoing aside. Perhaps this statement is somewhat more lengthy than the others I've made; perhaps it is some things I should have said before and perhaps more, if so I hope you will forgive me. I recently was thought to be having a heart attack because of pain in my chest. After having been beaten and kicked and stomped in the last year, I am not quite sure what was causing the pain. I had never been beaten, kicked and stomped like that before. And also I have never been 64 years old before. The one thing all this did for me is it really brought home my sense of mortality. I don'’t want to spend the rest of my life in this prison. And I don't want you to spend the rest of your life in some prison of the mind, heart or attitude. I want you to enjoy your life.

If nothing else give somebody a hug for me and say, "This is from Leonard."
In the Spirit of Crazy Horse
Leonard Peltier


Im Geiste von Crazy Horse

Seid gegrüßt, Freunde und Angehörige,

zunächst möchte ich Euch von Herzen dafür danken, dass Ihr mich unterstützt und dass Ihr für das Recht kämpft, wo immer ihr auch leben mögt. Ich finde keine Worte für meine außerordentliche Dankbarkeit nicht nur gegenüber den Menschen in Amerika, sondern überall auf der Welt, die für meine und die Sache der indianischen Völker kämpfen. Ihr habt Euch nicht geschont und mir in meiner misslichen Lage zur Seite gestanden. Täglich werde ich auf die Lage so vieler politischer Gefangener auf der Welt aufmerksam gemacht. Viele wurden umgebracht oder gefoltert, nur weil sie versucht haben, dem Unrecht in ihrem Ort oder Land zu begegnen. Ich bin immer wieder um Solidaritätserklärungen für andere Aktivisten von Bewegungen rund um den Globus gebeten worden – in Südamerika, Europa und anderswo. Menschen, die die Freiheit lieben, die Erde, ihre Familie, Menschen, die frei über ihre Ressourcen verfügen wollen – sie alle verbindet mit uns, den indigenden Völkern, ein gemeinsames Band. Das Band der Geschwisterlichkeit, das Band des Glaubens daran, dass es eine höhere Macht gibt als uns selbst. Und ich meine nicht irgendeine Regierungmacht; ich meine die höchste Macht des gesamten Universums, den Schöpfer [Creator] höchstpersönlich.

Wir müssen uns bewusst machen, dass es auf der Erde immer schon Menschen gab, die an einer Krankheit namens Habgier litten. Sie haben einen unstillbaren Hunger nach materiellen Reichtümern und nach Land. Das bekannteste Symptom ihrer Krankheit ist die Gleichgültigkeit gegenüber dem Leiden, das sie durch ihr Besitzstreben erzeugen. Diese Menschen haben wir als unseren gemeinsamen Feind erkannt. Es ist furchtbar, wie sie hinter der Maske der Religion und vorgeblichen Rufen nach Freiheit ein Volk gegen das andere ausspielen. Das ist nichts Neues. Die Geschichte ist voll davon. Aber im Verlaufe der Geschichte waren es auch immer wieder Menschen, spirituelle Menschen, große Denker und Philosophen, die versucht haben, uns gegen diesen gemeinsamen Feind zu vereinen.

Brüder und Schwestern, wenn wir uns nicht gegen die Zerstörung unserer Mutter Erde zusammenschließen, gehen wir einer Zukunft entgegen, in der es weder saubere Luft, sauberes Wasser noch grundlegende Freiheiten geben wird. Wir müssen anderen die Hände reichen, um sie in den Kampf für die Sache des Lebens einzubeziehen. Egal, wo wir stehen, müssen wir unser Bestes geben und mit allen Mitteln unsere Lebensqualität verbessern. Wir müssen die Barrieren niederreißen, die ein Volk vom anderen trennen. Wir müssen unsere Gemeinsamkeiten herausfinden und Lösungen für das finden, was uns trennt. Wir müssen eine höhere Ebene des Denkens erreichen oder, wie andere sagen würden, eine traditionelle Ebene des Denkens, die höherstehend ist als das, was heute Fortschritt genannt wird. Unsere traditionellen Werte lehrten uns, mit der Erde in Harmonie zu leben. Unsere Traditionen lehrten uns, unseren Körper zu achten und die Umwelt für unsere Kinder und alle kommenden Generationen zu bewahren. Wir vom American Indian Movement traten immer für diese Werte ein.

Armut wird nicht durch Geld überwunden, sondern durch eine Veränderung unserer Geisteshaltung. Unsere heutigen Probleme haben ihre Ursache in unserer Einstellung. Diese Geisteshaltung vermittelte man uns in Internatsschulen(1) und Reservationen, die seit jeher nichts anderes waren als Konzentrationslager. Die Weißen erzählten uns von Gott und wollten, dass wir ihre Religion annehmen. Wie es ein Bruder einst ausdrückte: "Sie ließen uns unsere Häupter beugen, und als wir wieder aufschauten, war unser Land verschwunden, unsere Kultur, unsere Kinder, unsere ganze Lebensweise war verschwunden." Und nun schwindet auch noch unsere Luft zum Atmen.

Ich befinde mich seit nunmehr 34 Jahren in diesem Käfig, aber obwohl ich hier eingesperrt bin, habe ich im Gebet den Geist des Adlers, unseres Bruders, aufgespürt und habe versucht, mir einen Überblick über die Vorgänge draußen zu verschaffen. Wie jeder weiß, habe ich hier drin nicht mehr die Freiheit, das Leben aus einer unmittelbaren Perspektive zu betrachten. Aber obwohl ich nur einen fernen, einen abstrakten und von allem losgelösten Blick auf die Dinge habe, kann ich doch die Zerstörung und die Entzweiung erkennen, die die politischen Mächte, die uns zersplittert haben, unter unseren Leuten vorangetrieben haben. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich älter geworden bin oder dass meine Zukunft im Ungewissen liegt, oder dass mich eine spirituelle Eingebung dazu bringt, dass ich heute so viel zu sagen habe. Ich möchte auch aus tiefstem Herzen dazu bewegen, etwas für die Rettung unserer Erde, unserer Kinder und der Zukunft unserer Kinder zu tun.

Es war mir verwehrt, meine Kinder großzuziehen, ich konnte sie und auch meine Enkelkinder nicht wirklich kennenlernen. Vielleicht werde ich das auch nie können, aber ich liebe sie alle gleich. Und ich liebe das Leben wie jeder Mensch draußen. Ich weiß nicht, wie lange ich noch in diesem Käfig umherwandern muss. An einigen Tagen fühle ich mich gesund und energiegeladen, an anderen wiederum wie der 64 Jahre alte Mann, der ich bin. Ich bin immer voller Hoffnung, dass ich irgendwann frei sein werde, vielleicht schon Ende Juli nach meiner Anhörung vor dem Bewährungsausschuss, vielleicht aber auch nicht. Wie mir erzählt wurde, haben die Bundespolizei FBI und dieses Konglomerat aus Konzernen und Institutionen, die schon so lange die Ressourcen dieses Landes sowie andere Länder kontrollieren, alles getan, um die Stimmen der Unterdrückten zu ersticken und zu verleumden. Sie sind die am besten ausgestatteten politischen Kräfte dieser Erde. Das FBI besteht aus einigen zehntausend Leuten.

Ich aber bin nur ein einfacher Mann. Ich bin kein Wortführer, aber ich habe das Wort ergriffen. Ich bin nicht übermäßig groß, aber ich gehe aufrecht. Ich bin kein Philosoph, Dichter oder Sänger oder jemand, der die Menschen besonders inspirieren kann, aber ich bin eines: Ich bin der Beweis dafür, dass dieser Staat log, als er verlauten ließ, in diesem Land widerfahre jedem Menschen Recht. Ich bin der Beweis dafür, dass sie logen, als sie meine Auslieferung aus Kanada betrieben. Ich bin der Beweis dafür, dass sie in deinem Prozess lügen können, dass sie Beweise fabrizieren, Zeugen einschüchtern und im Hinterzimmer mit dem Richter Absprachen gegen dich treffen können. Ich bin der Beweis dafür, dass uns die Mächtigen mit ihrer Geisteshaltung fest im Griff halten. Sie haben unsere Gefühle im Griff. Sie halten uns mit der Armut im Griff und mit der Entfremdung von unserer Kultur. Ich könnte fortfahren mit meiner Aufzählung dessen, was gegen unser Volk gerichtet wird, aber die Quintessenz ist, dass mein Fall durch alle Instanzen, Anhörungen und Erklärungen vor Gericht gut dokumentiert wurde. Und wir als Volk sind der Beweis dafür, dass dieser Staat seine Verträge mit uns nicht einhält und sein Wort bricht. Dieser Staat bricht seine eigene Verfassung – den Vertrag zwischen Bevölkerung und Regierung. Wir alle sind der Beweis dafür, ich bin der bloße Beweis dafür. Das ist der Grund, warum Menschen überall auf der Welt und hier im Land den Kampf um Gerechtigkeit in meinem Fall unterstützt haben. Was mich selbst und meine spezielle Situation betrifft, weiß ich nicht, ob es jemals irgendeine Art von Gerechtigkeit geben wird.

Sie können mir die 34 Jahre meines Lebens, die mir genommen wurden, nicht zurückgeben. Sie können Joe Stuntz sein Leben, das sie ihm am 26. Juni 1975 nahmen, nicht wieder zurückgeben. Sie können den mehr als 60 Leuten, deren Tod sie direkt oder indirekt verursacht haben, ihre Leben nicht zurückgeben. Sie können uns die Tausenden und Abertausenden indianischen Menschen, die seit der Einsetzung der Regierung [der USA] getötet oder misshandelt wurden, nicht mehr zurückgeben. Aber eine Sache, die wir tun können, die wir tun müssen – ist die: wir müssen einen Weg finden, ihre Geisteshaltung zu ändern. Mein Bruder Leonard Crow Dog sagte einmal: "Wenn du den Weißen verändern willst, musst du seine Religion verändern." Und Religion ist hier als Wort dafür zu verstehen, wie man generell handelt und welche geistliche Haltung man einnimmt. Vielleicht werden die globale Erderwärmung und ihr verändernder Einfluss auf die Wetterentwicklung und wie dadurch die Zukunft der Erde infrage gestellt wird, sie dazu bringen endlich zuzuhören. Vielleicht werden sie sich dadurch zurückbesinnen und unsere Voraussagen, die wir immer und immer wiederholt haben, endlich zur Kenntnis nehmen. Wir müssen so leben, dass die Erde sich in jedem Frühjahr regenerieren kann. Wir müssen ihnen [den Weißen] helfen, sich rückzubesinnen. Wir müssen bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit ihnen sprechen. Wir müssen uns selbst bemühen, uns auf unsere kulturellen Werte zu besinnen. Und indem wir das tun, können wir beginnen, Lösungen zu finden für das zerstörerische Handeln, mit dem wir konfrontiert sind. Mehr denn je müssen wir die Wunden unserer Kinder heilen und den sozialen Krankheiten vorbeugen, die überhandnehmen in unseren Reservationen und Gemeinden. Wir haben die Werkzeuge dazu, die Lehren, die Kultur, die Künstler und die Philosophen. Wir müssen alles dafür tun, für unsere Kinder eine bessere Zukunft zu bauen, damit sie selbst in die Lage versetzt werden, die heilenden Lehren unserer Kultur und unserer Lebensweise voranzubringen. Ich habe keinen Zweifel, dass wir auf diese Weise die Welt verändern können.

Egal, ob ich am 27. Juli freikomme oder im Gefängnis sterben werde, denkt an meine Worte und daran, dass wir der Beweis dafür sind, dass der Schöpfer ein wunderbares Volk schuf, ein Volk das der Erde und der Natur und jedem Menschen mit Respekt begegnete. Wir sind der Beweis für die umfassende Güte des Schöpfers, der uns als freie Menschen schuf. Unser traditionelles Denken hat uns das seit jeher gelehrt. Sogar die heute existierende Regierungsform wurde von unserem Volk abgeschaut. Unser Volk hat mit seiner Ernährungsweise, seiner Medizin, seinem Glauben an die Freiheit und an das Recht, selbst zu entscheiden, die Welt beeinflusst. Es ist schade, dass sie [die weißen Eroberer] nicht unsere gesunde Geisteshaltung gegenüber der Erde übernommen haben oder eine respektvolle Haltung gegenüber uns als den ersten Hütern dieses Teils der Erde.

Wenn dieser Staat oder irgendeine Person gegen mich etwas vorbringen kann, was ich falsch gemacht haben soll, und wenn es sich als wahr erweist, dann werde ich es selbst korrigieren. Aber ich möchte auch daran erinnern, dass erst die Politik, die sie seit jeher betrieben haben, uns zu dem gemacht hat, was wir heute sind. Diese Politik hat jetzt mit Irak und Afghanistan neue Reservationen geschaffen, und sie lügen weiter und weiter. Was dort heute geschieht, ist früher hier passiert und überall in Nord- und Südamerika.

Ich bin nur ein einfacher Mann und ein Beweis, den die Mächte, die mich ins Gefängnis gebracht haben, gern unter den Teppich kehren würden, wie sie es in der Vergangenheit mit unseren Anführern, Kriegern und allen Menschen machten, die sie massakriert haben. Wie in Wounded Knee, wo die 5. Kavalleriearmee Rache für (US-General) Custers Niederlage nahm und mehr als 300 unserer Männer, Frauen und Kinder massakrierte. Hinterher zeichneten sie 23 Soldaten mit Tapferkeitsorden aus, um von ihren Verbrechen abzulenken.

Vielleicht ist mir meine heutige Stellungnahme länger geraten als sonst; vielleicht liegt das daran, dass ich einige Themen früher und ausführlicher hätte anreißen sollen. Wenn das so ist, bitte ich euch darum, mir zu verzeihen. Kürzlich dachte man, ich hätte einen Herzanfall gehabt. Nachdem ich im vergangenen Jahr brutal geschlagen und getreten wurde wie noch nie zuvor, war ich mir nicht sicher, was jetzt die Schmerzen in meiner Brust ausgelüst hatte. Aber ich bin auch noch nie zuvor 64 Jahre alt gewesen. Dies alles ließ mich wieder meine eigene Sterblichkeit spüren. Ich möchte nicht den Rest meines Lebens im Gefängnis verbringen. Und ich möchte auch nicht, dass ihr mit euern Gedanken, Herzen und eurer Geisteshaltung für den Rest eures Lebens in eine Art inneres Gefängnis gesperrt werdet. Ich möchte, dass ihr euer Leben genießt.

Im Geiste von Crazy Horse,
Leonard Peltier

Fußnote
(1) Das "Ständige Forum der UNO zu Indigenen Fragen" beschäftigte sich im Mai 2009 mit dem System dieser "Boarding Schools" genannten Internatsschulen in den USA und Canada. Durch das im Jahr 1869 begründete und bis weit in das 20. Jahrhundert bestehende Schulsystem sollten "Indianerkinder" zwangsweise an die weiße Gesellschaft angepasst werden. Indianische Sprachen und Kultur waren bei Strafe verboten. Allein in den USA wurden 100.000 indianische Kleinkinder verschleppt und durften erst nach ihrem 18. Lebensjahr zu ihren Familien zurückkehren – oftmals als Opfer von physischer und sexueller Gewalt.
Anm. d. Übers.

Quelle der deutschen Fassung: freedom-now.de 27. Juli 2009, Übersetzung: Jürgen Heiser

Gekürzte Fassung in der jungen Welt 27. Juli 2009

29 June 2009
Jane Fonda, Contact: Webmaster@DeanReed.de

Michael Jackson

© Chris Walter/Getty Images

This is the longest I've gone without blogging for some time [5 days; remark of the transl.]. But sometimes you just have to let life play itself out without comment. Like so many people, I have been in a wash of images and feelings about Michael Jackson. I knew him as well as one could know him during the time before he did "The Whiz" and up through "Thriller." I couldn't pretend to understand him. There were so many complicated signals. Did he want me to be his 'older women' friend. He gravitated to older women. For solace? Succor? A beard? Did he want me to teach him the ropes? I never could quite figure it out. But I remember one day he was visiting me at my ranch north of Santa Barbara. It was the first time he had been in that region but he must have liked it because later he bought his ranch in that same area. Anyway, as we walked around the ranch which was perched right at the edge of the mountain overlooking Goleta, I pointed to a spot where I told him I wanted to be buried. Michael had a melt down right then and there when he heard this. He shrieked and bent over and said "no, no, no!" "What's the matter," I asked. "Don't ever talk about your dying," he answered. "Don't ever think about it."

I think about death all the time. I rehearse my death. I think that's a healthy thing to do. Death, after all, is what gives life meaning the way noise gives meaning to silence. Ooooh, I thought to myself, Michael will have a hard time of it as he ages. He will spend all his energy trying to flee what is inevitable. And now it's happened. I like the fact that it was quick. Massive heart attacks that you don't recover from are quick. You don't know what hit you. That's probably the kindest death for Michael. It's hard to imagine him being happy as he aged. One more demon to try and evade. I like to think he's happy now, free of his demons. Free and floating and knowing how his art continues to be revered and celebrated by all of us all over the world. It will continue.

Source: janefonda.com/michael-jackson

MichaelJackson.com

Michael Jackson

Dies war meine längste Blog-Pause [5 Tage; Anm. d. Übers.]. Aber manchmal muss man dem Leben seine Zeit geben ohne es zu kommentieren. Wie so viele andere war ich in einem Sog von Bildern und Gedanken über Michael Jackson. Ich kannte ihn so gut wie man ihn kennen konnte in der Zeit bevor er "The Wiz" drehte bis einschließlich "Thriller". Ich könnte nicht so tun, als ob ich ihn verstünde. Da waren so viele komplizierte Signale. Wollte er mich als "ältere Freundin"? Er fühlte sich zu älteren Frauen hingezogen. Als Trost? Als Beistand? Als tarnende weibliche Begleitung eines Homosexuellen? Wollte er, dass ich ihm zeige, wo es langgeht? Das konnte ich nie ganz rauskriegen. Aber ich erinnere mich daran, dass er mich eines Tages auf meiner Ranch nördlich von Santa Barbara besuchte. Er war zum ersten Mal in dieser Gegend, aber es muss ihm gefallen haben, weil er später dort seine eigene Ranch kaufte. Wie auch immer, als wir über die Ranch gingen, die genau am Berghang schwebte, und nach Goleta hinüberschauten, zeigte ich auf einen Stelle und sagte, dass ich dort begraben werden wolle. Michael kollabierte als er dies hörte. Er kreischte und krümmte sich und sagte "nein, nein, nein!" "Was ist denn los", fragte ich. "Sprich nicht über dein Sterben", antwortete er. "Denk nicht mal dran."

Ich denke die ganze Zeit an den Tod. Ich studiere meinen Tod ein. Ich finde, das ist eine gesunde Einstellung. Alles in allem gibt der Tod dem Leben eine Bedeutung, so wie Lärm der Stille eine Bedeutung gibt. Ooooh, dachte ich bei mir, Micheal wird es schwer haben, wenn er alt wird. Er wird all seine Kraft darauf verwenden, dem Unausweichlichen zu entfliehen. Und nun ist es passiert. Ich finde es gut, dass es schnell ging. Schwere Herzanfälle, von denen man sich nicht erholt, sind schnell. Man weiß nicht, was einen getroffen hat. Das ist wahrscheinlich der beste Tod für Michael. Es fällt schwer, sich ihn glücklich vorzustellen, wenn er alt geworden wäre. Noch ein Dämon der herauszufordern und dem auszuweichen wäre. Mir gefällt es zu glauben, dass er jetzt glücklich ist, frei von seinen Dämonen. Frei und schwebend und wissend, dass seine Kunst weiterhin verehrt und gefeiert wird durch uns alle in der ganzen Welt. Sie wird fortbestehen.

Translated by/übersetzt von Andrea Witte

10. Juni 2009
Thoralf Haß, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Als der Osten den Westen besiegte

WM 74

Es gibt in diesem Jahr viel zu feiern: 60 Jahre Grundgesetz und damit 60 Jahre BRD, 60 Jahre seit der Gründung der DDR, 20 Jahre Mauerfall, 40 Jahre Puhdys. Und es gibt ein Jubiläum, das zwar nicht ganz so euphorisch gefeiert wird, aber dennoch Einzug in die Geschichtsbücher gefunden hat: Vor 35 Jahren gab es das einzige Fußball-Länderspiel zwischen den beiden deutschen Staaten. Die Gruppenauslosung zur Fußball-WM 1974 in Deutschland hat ergeben, dass beide Länder in eine gemeinsame Gruppe gelost wurden und gegeneinander antreten müssen.

DFB

Im offiziellen Sprachgebrauch der Fußballfreunde gilt die "Schmach von Cordoba" als größte Niederlage des (west-)deutschen Fußballs. Höchstens noch die "Schande von Gijon" kann da mithalten. Für Fußball-Laien: Bei der "Schmach von Cordoba" verlor bei der WM 1978 in Argentinien die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, damals amtierender Fußballweltmeister, gegen Österreich mit 3:2 und schied aus dem weiteren WM-Turnier aus. "I werd narrisch" von Österreichs Reporterlegende Edi Finger wurde damals zum Kult. 1982 trafen beide Mannschaften wieder bei einem WM-Turnier aufeinander. Weil sich beide Nationen bereits für die nächste Runde qualifiziert hatten, "vereinbarte" man einen Nichtangriffspakt und schob sich gegenseitig die Bälle zu, ohne ernsthaft anzugreifen. Mit der "Schande von Gijon" müssen beide Mannschaften seitdem leben.

DFV

Aber die eigentliche Niederlage fand bereits am 22. Juni 1974 statt. Im Hamburger Volksparkstadion standen sich die Nationalmannschaften der BRD und der DDR gegenüber. Es war mehr als ein Fußball-Länderspiel - es war ein Politikum. Mitten in Zeiten des Kalten Krieges standen sich praktisch auch die Gesellschaftssysteme auf dem Fußballplatz gegenüber. Der Kapitalismus gegen den Sozialismus, Ost gegen West, David gegen Goliath, Titelfavorit gegen Außenseiter, Fußballmacht gegen Fußballzwerg, die vielleicht beste westdeutsche Mannschaft aller Zeiten gegen die beste ostdeutsche Mannschaft aller Zeiten, auch wenn diese international gesehen nur zweitklassig war.

Jürgen Sparwasser

Und trotzdem nahm das Spiel einen völlig verkehrten Verlauf. Das Starensemble aus dem Westen verlor gegen den politischen und sportlichen Gegner. Jürgen Sparwasser besiegelte mit seinem Tor in der 78. Minute die Niederlage des Westens, machte sich zur Legende und sorgte bei den Funktionären in Ostberlin für große Freude. Der Sieg des Sozialismus ist auch auf dem Fußballplatz nicht aufzuhalten.

Zwar betonte man seither beim DFB immer, diese Niederlage hat erst den späteren Titelgewinn möglich gemacht, aber der Ärger über diese Niederlage hat sich bis heute gehalten. ARD-Fußballexperte Günther Netzer ist es noch immer peinlich, in dieses Spiel eingewechselt worden zu sein, am liebsten wäre er aus dem Stadion geflohen, nur um nicht mitspielen zu müssen.

Franz Beckenbauer

Das Endergebnis hat auch noch in anderer Hinsicht Bedeutung. Die Mannschaften des Deutschen Fußballbundes bestritten mit Stand Juni 2009 seit der Gründung insgesamt 819 Länderspiele gegen 88 Länder, nur 183 Spiele gingen verloren. Aber gegen keine andere Mannschaft gibt es eine schlechtere Bilanz als gegen die DDR: Null Tore, Null Punkte. Und so wie es momentan aussieht, wird es wohl auch für immer so bleiben...

Die Beteiligten von damals nahmen unterschiedliche Entwicklungen. Franz Beckenbauer, der Kapitän der BRD-Auswahl, wurde zum nationalen Heiligtum und überstrahlt seitdem den deutschen Fußball. Andere Spieler wie Berti Vogts, Wolfgang Overath, Sepp Maier, Paul Breitner, Ulli Hoeneß oder Gerd Müller sind auch noch heute noch omnipräsent, nicht nur in den Medien, und haben nichts von ihrer Popularität eingebüßt.

Jürgen Croy

Von den DDR-Spielern hört man dagegen kaum noch etwas. Jürgen Sparwasser wird regelmäßig aus der Versenkung geholt, wenn es gilt, das Spiel mal wieder zu analysieren. DDR-Torwartlegende Jürgen Croy war kurzzeitig Bürgermeister in einer Heimatstadt Zwickau. Reinhard "Mäcki" Lauck, der in Hamburg wahrscheinlich das Spiel seines Lebens machte und seinen Gegenspieler Wolfgang Overath zum Statisten degradierte, starb im Oktober 1997 im Alter von nur 51 Jahren. Die anderen Spieler der DDR-Auswahl sind wohl nur noch Insidern bekannt: Lothar Kurbjuweit, Gerd Kische, Konrad Weise, Bernd Bransch, Siegmar Wätzlich, Harald Irmscher, Hans-Jürgen "Hansi" Kreische, Martin Hoffmann.

Georg Buschner

Der damalige DDR-Trainer Georg Buschner starb 2007. Auch das Volksparkstadion in Hamburg als Austragungsort dieses denkwürdigen Spiels musste einer neuen Arena weichen.

Aber was wäre eigentlich geworden, wenn das Normalste auf dieser Welt eingetreten wäre und die favorisierte BRD-Auswahl gewonnen hätte? Beide Mannschaften waren ohnhin für die nächste Runde qualifiziert. Während die DDR also nach dem Erfolg über den Klassenfeind als Gruppenerster die schwerere Gruppe in der Finalrunde erwischte, wo mit Argentinien, Brasilien und den Niederlanden wirkliche Schwergewichte des internationalen Fußballs warteten, hatte die BRD Glück und konnte über die Stationen Polen, Schweden und Jugoslawien ins Finale einziehen, wo der Titelgewinn perfekt gemacht wurde.

Nicht auszudenken, wenn es andersherum gekommen wäre: Die DDR verliert wie erwartet gegen die andere deutsche Mannschaft, erwischt zur Belohnung aber die leichtere Zwischenrunde. Da man durchaus mit den besten Mannschaften der Welt mithalten konnte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die DDR noch die eine oder andere Überraschung parat gehabt hätte. Und während der WM-Gastgeber vielleicht gescheitert wäre, hätte die DDR ihren Siegeszug fortgesetzt und möglicherweise die Sensation geschafft und sich vor der BRD platziert. Man will nicht wissen, was schlimmer ist: die - wenn auch immer noch ärgerliche - Länderspiel-Niederlage der BRD gegen die DDR oder ein evt. WM-Triumph der DDR auf des Klassengegners Platz.

Sicher ist nur, der Stachel der Niederlage des Westens gegen den Osten sitzt noch immer tief, aber er hätte auch tödlich enden können!

Sportreportagen

Und noch etwas Bemerkenswertes. Egal, für welche Mannschaft man auch war: Die deutsche Einheit wurde an diesem Abend praktisch schon vorweg genommen. In beiden deutschen Staaten fieberten die Einwohner diesem Spiel entgegen. Ost und West, Jung und Alt saß kollektiv vor den Fernsehern. Der Fußball schaffte an diesem Abend etwas Besonderes, nämlich die Menschen beider deutscher Staaten zu einen, und sei es nur für 90 Minuten beim "gesamtdeutschen" Anschauen des gleichen Fernsehprogramms.

Die DDR war zwar im Fußball immer nur zweitklassig, aber einmal war sie so erstklassig, dass die Erinnerung an den größten Erfolg des DDR-Fußballs bis in die heutige Zeit überlebt hat.

Eine Fußball-Weisheit lautet: "Beim Fußball geht es nicht um Leben und Tod - es geht um mehr!" Wie am 22. Juni 1974, als der Osten den Westen besiegte...

01 June 2009
Michael Moore, Contact: MMFlint@aol.com

Goodbye, GM

I write this on the morning of the end of the once-mighty General Motors. By high noon, the President of the United States will have made it official: General Motors, as we know it, has been totaled.

As I sit here in GM's birthplace, Flint, Michigan, I am surrounded by friends and family who are filled with anxiety about what will happen to them and to the town. Forty percent of the homes and businesses in the city have been abandoned. Imagine what it would be like if you lived in a city where almost every other house is empty. What would be your state of mind?

It is with sad irony that the company which invented "planned obsolescence" - the decision to build cars that would fall apart after a few years so that the customer would then have to buy a new one - has now made itself obsolete. It refused to build automobiles that the public wanted, cars that got great gas mileage, were as safe as they could be, and were exceedingly comfortable to drive. Oh -- and that wouldn't start falling apart after two years. GM stubbornly fought environmental and safety regulations. Its executives arrogantly ignored the "inferior" Japanese and German cars, cars which would become the gold standard for automobile buyers. And it was hell-bent on punishing its unionized workforce, lopping off thousands of workers for no good reason other than to "improve" the short-term bottom line of the corporation. Beginning in the 1980s, when GM was posting record profits, it moved countless jobs to Mexico and elsewhere, thus destroying the lives of tens of thousands of hard-working Americans. The glaring stupidity of this policy was that, when they eliminated the income of so many middle class families, who did they think was going to be able to afford to buy their cars? History will record this blunder in the same way it now writes about the French building the Maginot Line or how the Romans cluelessly poisoned their own water system with lethal lead in its pipes.

So here we are at the deathbed of General Motors. The company's body not yet cold, and I find myself filled with - dare I say it - joy. It is not the joy of revenge against a corporation that ruined my hometown and brought misery, divorce, alcoholism, homelessness, physical and mental debilitation, and drug addiction to the people I grew up with. Nor do I, obviously, claim any joy in knowing that 21,000 more GM workers will be told that they, too, are without a job.

But you and I and the rest of America now own a car company! I know, I know - who on earth wants to run a car company? Who among us wants $50 billion of our tax dollars thrown down the rat hole of still trying to save GM? Let's be clear about this: The only way to save GM is to kill GM. Saving our precious industrial infrastructure, though, is another matter and must be a top priority. If we allow the shutting down and tearing down of our auto plants, we will sorely wish we still had them when we realize that those factories could have built the alternative energy systems we now desperately need. And when we realize that the best way to transport ourselves is on light rail and bullet trains and cleaner buses, how will we do this if we've allowed our industrial capacity and its skilled workforce to disappear?

Thus, as GM is "reorganized" by the federal government and the bankruptcy court, here is the plan I am asking President Obama to implement for the good of the workers, the GM communities, and the nation as a whole. Twenty years ago when I made "Roger & Me," I tried to warn people about what was ahead for General Motors. Had the power structure and the punditocracy listened, maybe much of this could have been avoided. Based on my track record, I request an honest and sincere consideration of the following suggestions:

1. Just as President Roosevelt did after the attack on Pearl Harbor, the President must tell the nation that we are at war and we must immediately convert our auto factories to factories that build mass transit vehicles and alternative energy devices. Within months in Flint in 1942, GM halted all car production and immediately used the assembly lines to build planes, tanks and machine guns. The conversion took no time at all. Everyone pitched in. The fascists were defeated.

We are now in a different kind of war - a war that we have conducted against the ecosystem and has been conducted by our very own corporate leaders. This current war has two fronts. One is headquartered in Detroit. The products built in the factories of GM, Ford and Chrysler are some of the greatest weapons of mass destruction responsible for global warming and the melting of our polar icecaps. The things we call "cars" may have been fun to drive, but they are like a million daggers into the heart of Mother Nature. To continue to build them would only lead to the ruin of our species and much of the planet.

The other front in this war is being waged by the oil companies against you and me. They are committed to fleecing us whenever they can, and they have been reckless stewards of the finite amount of oil that is located under the surface of the earth. They know they are sucking it bone dry. And like the lumber tycoons of the early 20th century who didn't give a damn about future generations as they tore down every forest they could get their hands on, these oil barons are not telling the public what they know to be true - that there are only a few more decades of useable oil on this planet. And as the end days of oil approach us, get ready for some very desperate people willing to kill and be killed just to get their hands on a gallon can of gasoline.

President Obama, now that he has taken control of GM, needs to convert the factories to new and needed uses immediately.

2. Don't put another $30 billion into the coffers of GM to build cars. Instead, use that money to keep the current workforce - and most of those who have been laid off - employed so that they can build the new modes of 21st century transportation. Let them start the conversion work now.

3. Announce that we will have bullet trains criss-crossing this country in the next five years. Japan is celebrating the 45th anniversary of its first bullet train this year. Now they have dozens of them. Average speed: 165 mph. Average time a train is late: under 30 seconds. They have had these high speed trains for nearly five decades - and we don't even have one! The fact that the technology already exists for us to go from New York to L.A. in 17 hours by train, and that we haven't used it, is criminal. Let's hire the unemployed to build the new high speed lines all over the country. Chicago to Detroit in less than two hours. Miami to DC in under 7 hours. Denver to Dallas in five and a half. This can be done and done now.

4. Initiate a program to put light rail mass transit lines in all our large and medium-sized cities. Build those trains in the GM factories. And hire local people everywhere to install and run this system.

5. For people in rural areas not served by the train lines, have the GM plants produce energy efficient clean buses.

6. For the time being, have some factories build hybrid or all-electric cars (and batteries). It will take a few years for people to get used to the new ways to transport ourselves, so if we're going to have automobiles, let's have kinder, gentler ones. We can be building these next month (do not believe anyone who tells you it will take years to retool the factories - that simply isn't true).

7. Transform some of the empty GM factories to facilities that build windmills, solar panels and other means of alternate forms of energy. We need tens of millions of solar panels right now. And there is an eager and skilled workforce who can build them.

8. Provide tax incentives for those who travel by hybrid car or bus or train. Also, credits for those who convert their home to alternative energy.

9. To help pay for this, impose a two-dollar tax on every gallon of gasoline. This will get people to switch to more energy saving cars or to use the new rail lines and rail cars the former autoworkers have built for them.

Well, that's a start. Please, please, please don't save GM so that a smaller version of it will simply do nothing more than build Chevys or Cadillacs. This is not a long-term solution. Don't throw bad money into a company whose tailpipe is malfunctioning, causing a strange odor to fill the car.

100 years ago this year, the founders of General Motors convinced the world to give up their horses and saddles and buggy whips to try a new form of transportation. Now it is time for us to say goodbye to the internal combustion engine. It seemed to serve us well for so long. We enjoyed the car hops at the A&W. We made out in the front - and the back - seat. We watched movies on large outdoor screens, went to the races at NASCAR tracks across the country, and saw the Pacific Ocean for the first time through the window down Hwy. 1. And now it's over. It's a new day and a new century. The President - and the UAW - must seize this moment and create a big batch of lemonade from this very sour and sad lemon.

Yesterday, the last surviving person from the Titanic disaster passed away. She escaped certain death that night and went on to live another 97 years.

So can we survive our own Titanic in all the Flint Michigans of this country. 60% of GM is ours. I think we can do a better job.

Yours,
Michael Moore

Source/Quelle: www.michaelmoore.com


GM kann man nur retten, indem man GM tötet

Lasst uns unsere Autofabriken sofort in Fabriken für Massentransportfahrzeuge und alternative Energieerzeuger umfunktionieren

Flint, Michigan - Ich schreibe dies am Morgen des Tages, der das Ende des einst so mächtigen Konzerns General Motors (GM) bringen wird. General Motors, wie wir es kennen, gibt es nicht mehr.

Während ich hier am Geburtsort von General Motors in Flint, Michigan, sitze, bin ich umgeben von Angehörigen und Freunden. Alle haben Angst davor, was auf sie und auf die Stadt zukommen wird. 40 Prozent der Geschäfte und Häuser in der Stadt sind verlassen. Stellen Sie sich einmal vor, wie es wäre, wenn Sie in einer Stadt wohnten, in der fast jedes zweite Haus leer steht. Wie wäre Ihr Gemütszustand?

Es ist eine traurige Ironie, dass das Unternehmen, das die "begrenzte Haltbarkeit" erfunden hat - also Autos zu bauen, die nach einiger Zeit auseinander fallen, damit der Kunde dann ein neues kaufen muss - jetzt selbst auseinander gefallen ist. Es hat sich stets geweigert, Automobile zu bauen, die die Kunden sich wünschten: Autos mit niedrigem Verbrauch und höchster Sicherheit, die zugleich komfortabel zu fahren sind. Oh, ja, und die sich nicht nach zwei Jahren in ihre Einzelteile auflösen. GM hat mit Sturheit gegen Umwelt- und Sicherheitsvorschriften gekämpft. Das Management hat arrogant die "minderwertigen" japanischen und deutschen Autos ignoriert, die zum Goldstandard für Autokäufer wurden. Und GM ebnete sich den Weg zur Hölle, indem es die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter bestrafte, sie zu Tausenden vor die Tür setzte, nur um kurzfristig Konzern-Gewinne auszuweisen.

Seit den Achtzigern, als General Motors Rekordgewinne einfuhr, verlagerte man zahllose Jobs nach Mexiko und anderswo hin, womit man das Leben von Zehntausenden hart arbeitenden Amerikanern ruinierte. Die strotzende Dummheit dieser Politik hatte zur Folge, dass die durch GM ruinierten Familien der Mittelschicht natürlich nicht mehr in der Lage waren, sich ein Auto zu kaufen. Dieser Blödsinn wird in die Geschichte eingehen wie die französische Maginot-Linie oder die schleichende Selbstvergiftung der alten Römer durch tödliches Blei in ihren Wasserleitungen.

So stehen wir nun am Totenbett von General Motors. Der Körper der Firma ist noch nicht kalt, und es erfüllt mich - ich wage es kaum auszusprechen - mit Freude. Nicht aus Rache an einem Unternehmen, das meine Heimatstadt ruiniert und den Menschen, unter denen ich aufwuchs, Elend, Scheidungen, Alkoholismus, Obdachlosigkeit, körperliche und geistige Behinderungen und Drogensucht gebracht hat. Und ich freue mich selbstverständlich auch nicht darüber, dass 21.000 GM-Arbeiter demnächst ihre Kündigungen erhalten.

Die USA aber besitzen nun einen Automobilkonzern! Ich weiß, ich weiß - wer um Himmels Willen möchte denn eine Autofirma führen? Wer von uns will denn, dass 50 Milliarden Dollar an Steuergeldern in das bodenlose Fass des GM-Rettungsversuchs geworfen werden? Eines sollte klar sein: GM kann man nur retten, indem man GM tötet. Die Rettung unserer wertvollen industriellen Infrastruktur ist eine andere Geschichte und hat oberste Priorität. Wenn wir es zulassen, dass unsere Autofabriken geschlossen und abgerissen werden, dann werden wir einst innigst wünschen, sie noch zu haben, wenn wir erkennen, dass diese Fabriken die alternativen Energiesysteme hätten bauen können, derer wir dringend bedürfen. Und wenn wir erkennen, dass der beste Weg, uns von A nach B zu befördern, leichte Schienenfahrzeuge und Schnellzüge und sauberere Busse sind, wie können wir das bewältigen, wenn wir zuvor zugelassen haben, dass unsere Industriekapazitäten und die qualifizierte Arbeiterschaft verschwinden?

Wie es Präsident Franklin Roosevelt nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor vorgemacht hat, muss Präsident Obama der Nation jetzt erklären, dass wir uns im Krieg befinden und unsere Autofabriken sofort in Fabriken für Massentransportfahrzeuge und alternative Energieerzeuger umfunktionieren müssen. Innerhalb weniger Monate stoppte GM in Flint im Jahre 1942 die Autoherstellung und begann aus dem Stand heraus, an den Fließbändern Flugzeuge herzustellen, Panzer und Maschinengewehre. Jeder machte mit, und die Nazis wurden besiegt.

Wir stehen jetzt mitten in einem anderen Krieg - einem Krieg, den wir mittels unserer eigenen Unternehmensführungen gegen unser Ökosystem geführt haben. Dieser aktuelle Krieg wird an zwei Fronten geführt. Ein Hauptquartier befindet sich in Detroit. Die Produkte, die in den Fabriken von GM, Ford und Chrysler hergestellt werden, gehören zu den größten Massenvernichtungswaffen. Sie sind verantwortlich für die globale Erwärmung und das Abschmelzen der Polkappen. Was wir "Autos" nennen, macht sicher Spaß beim Fahren, aber sie sind wie eine Million Dolche ins Herz von Mutter Natur. Sie weiter zu bauen bedeutet den Untergang unserer Art und eines großen Teils dieses Planeten.

Die andere Front in diesem Krieg ist der Kampf der Ölgesellschaften gegen Sie und mich. Sie fleddern uns, wann immer sie können, und sind als Verwalter der begrenzten Menge von Öl unter der Erdoberfläche völlig verantwortungslos. Sie wissen, dass sie sie komplett leer saugen. Und wie die Holzbarone im frühen 20. Jahrhundert, die sich einen Teufel um die nachfolgenden Generationen scherten und jeden Wald, den sie in die Hand bekamen, abholzten, erzählen die Ölbarone der Öffentlichkeit nicht, was sie als Wahrheit kennen, dass die Ölvorräte der Erde nur noch für einige Jahrzehnte reichen. Während das Ende der Öl-Ära näher rückt, werden wir uns an den Gedanken gewöhnen müssen, dass es Menschen geben wird, die auf Tod und Leben um einige Liter Sprit kämpfen werden.

Michael Moore

Heute vor 100 Jahren überzeugten die Gründer von GM die Menschen, ihre Pferde, Sättel und Reitpeitschen aufzugeben und eine neue Art von Transportmittel auszuprobieren. Nun ist es Zeit, den Verbrennungsmotor zu verabschieden. Lange hat er uns, scheinbar, gute Dienste geleistet.

Wir hatten Spaß an den Ausflügen zu den Restaurantketten. Wir knutschten auf dem Vorder- und trieben es auf dem Rücksitz, wir schauten uns auf riesige Leinwände geworfene Filme an, fuhren zu den Karambolage-Rennen auf den Nascar-Strecken im ganzen Land und erblickten den Pazifik zum ersten Mal durch das Fenster, während wir den Highway 1 entlang fuhren. Und das ist jetzt vorbei. Nicht nur ein neuer Tag bricht an, ein neues Jahrhundert.

Quelle der deutschen Fassung: DIE WELT 3. Juni 2009, aus dem Amerikanischen von Gerhard Charles Rump

Eine andere deutsche Übersetzung in der Berliner Zeitung am 9. Juni 2009

26 May 2009
Jane Fonda, Contact: Webmaster@DeanReed.de

Mug Shot

I have gotten a lot of questions about my mug shot - what's the story behind it? Is it a real mug shot? So here's an abbreviated answer:

Late in 1970, I was starting a nationwide speaking tour about the Vietnam War and, in particular, about the Winter Soldier Investigation (WSI) that some of us were organizing together with Vietnam Veterans Against the War. WSI was to take place in Detroit in early 1971, an American version of the Bertram Russell Tribunal aiming to prove what soldiers and many of us in the anti-war movement already knew: The My Lai massacre, while greater in numbers of people killed at one time, was not an isolated incident, but a not-uncommon occurrence that was part and parcel of the U.S.'s war strategy.

www.JaneFonda.com, photo by Michael Rudd

My job was to raise money (all my speaking fees from the tour went to fund WSI) and recruit GIs who had seen or committed atrocities in Vietnam. You may wonder why someone who had committed an atrocity would want to testify. I am no psychologist but I met quite a number of soldiers who needed to heal from the psychic wounds of war by speaking out about it. About 150 such military personnel from every branch of service - Army, Navy, Marines, Special Forces - came to testify.

On the tour, I would describe what was intended with WSI and at the end of my speech I would ask veterans who wanted to be put in touch with the vets in Detroit to meet with me or with the vet who sometimes traveled with me. The comedian, Dick Gregory, also traveled with me some of the time.

www.JaneFonda.com, photo by Lyn Hughes

My first speech was given at a college in Canada and when I re-entered the US at the Cleveland airport all my luggage was seized and gone through. They discovered a large bag containing little plastic envelopes marked (in red nail polish) 'B', 'L', 'D' - signifying breakfast, lunch and dinner - that contained the vitamins I took with each meal. They confiscated that as well as my address book (which was photocopied) and arrested me for drug smuggling. I told them what they were but they said they were getting orders from the White House - that would be the Nixon White House. I think they hoped this "scandal" would cause the college speeches to be canceled and ruin my respectability. I was handcuffed and put in the Cleveland Jail, which is when the mug shot was taken. (I had just finished filming "Klute" so, yes, it was the Klute haircut).

Headlines across the country had the story of me being jailed on suspicion of drug smuggling. I was released on bond and months later, after every pill had been tested in a lab (with taxpayers money!) the charges were dismissed and there were a few paragraphs hidden in the back of papers that they were vitamins, not drugs.

The irony was that as a result of all the bruhaha over this, the college audiences for my speeches were never less than 2000 and sometimes as large as 10,000. Read my memoir "My Life So Far" if you want to know more.

Source: janefonda.com/mug-shot


Polizeifoto

Ich habe viele Fragen zu meinem Polizeifoto erhalten: Welche Geschichte dahintersteckt und ob es sich um ein wirkliches Polizeifoto handelt. Hier kommt die verkürzte Antwort:

Ende 1970 begann ich eine landesweite Rundreise um Reden über den Vietnamkrieg zu halten, insbesondere über die WSI (Winter Soldaten Ermittlung), die einige von uns zusammen mit der Organisation "Vietnamveteranen gegen den Krieg" organisierten. Die WSI sollte Anfang 1971 in Detroit als amerikanische Version des Bertram-Russell-Tribunals mit dem Ziel stattfinden, das zu beweisen was Soldaten und viele von uns in der Antikriegsbewegung bereits wussten: Das Massaker von My Lai war, obwohl die Anzahl der auf einmal Getöteten größer war, kein Einzelfall, sondern ein nicht unüblicher Vorfall und wesentlicher Bestandteil der US-Kriegsstrategie.

Meine Aufgabe war es Geld zu sammeln (alle meine Redehonorare der Rundreise dienten der Finanzierung der WSI) und Soldaten anzuwerben, die Kriegsgräuel in Vietnam gesehen oder verübt hatten. Ihr fragt euch vielleicht, warum jemand, der Kriegsgräuel begangen hat, aussagen wollen würde. Ich bin keine Psychologin aber ich habe eine ganze Reihe von Soldaten getroffen, die von den psychischen Wunden des Krieges geheilt werden mussten indem sie darüber sprachen. Über 150 solcher Militärs aus allen Diensteinheiten - Armee, Luftwaffe, Flotte, Spezialkräfte - kamen um als Zeugen auszusagen.

Auf der Rundreise sprach ich über die Absichten der WSI, und am Ende meiner Rede bat ich die Veteranen, die mit den Veteranen in Detroit in Kontakt treten wollten, sich mit mir oder dem mich manchmal begleitenden Veteranen zu treffen. Der Komiker Dick Gregory reiste zu dieser Zeit auch manchmal mit mir.

Ich hielt meine erste Rede in einer Hochschule in Kanada, und als ich auf dem Flughafen von Cleveland wieder in die USA einreisen wollte, wurde mein gesamtes Gepäck beschlagnahmt und durchsucht. Sie entdeckten eine große Tasche, die kleine Plastikdosen enthielt, welche (mit rotem Nagellack) beschriftet waren: B, L, D - was Frühstück, Mittag und Abendbrot bedeutete - und welche die Vitamine enthielten, die ich zu jeder Mahlzeit einnahm. Sie beschlagnahmten das alles sowie mein Adressbuch (welches fotokopiert wurde) und verhafteten mich wegen Drogenschmuggels. Ich erklärte ihnen, worum es sich handelte, aber sie sagten, dass sie Anweisungen vom Weißen Haus hätten - das war das Weiße Haus Nixons. Ich glaube, sie hatten gehofft, dass dieser "Skandal" zur Absage der Reden führen und mein Ansehen ruinieren würde. Mir wurden Handschellen angelegt und ich wurde ins Gefängnis von Cleveland gebracht, wo dieses Polizeifoto aufgenommen wurde. (Ich hatte gerade den Film "Klute" abgedreht, deshalb trug ich die Klute-Frisur.)

Es gab landesweite Schlagzeilen über meine Verhaftung wegen des Verdachts auf Drogenschmuggel. Ich wurde auf Kaution freigelassen und Monate später, nachdem jede Tablette in einem Labor (auf Kosten der Steuerzahler) untersucht worden war, wurde die Anklage fallengelassen und es gab ein paar Absätze, versteckt im hinteren Teil der Zeitungen, dass es sich um Vitamine, nicht um Drogen gehandelt habe.

Ironischerweise führte der ganze Rummel dazu, dass nie weniger als 2.000, manchmal sogar bis zu 10.000 Zuhörer zu meinen Reden kamen. Wenn ihr mehr wissen wollt, lest meine Memoiren "My Life So Far".

Translated by/übersetzt von Andrea Witte

18. Mai 2009
Thoralf Haß, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Filmbesprechung: Tamara

Tamara

Als 1978 die "Familie Silly" gegründet wurde, aus der später Silly wurde, ahnte noch niemand, dass diese Musikformation eines Tages zu den populärsten und zeitgeschichtlich interessantesten Gruppen im deutschsprachigen Raum gehören würde. Frontfrau war Tamara Danz, wohlbehütete Tochter eines Diplomaten. Eine Frau, unangepasst, provokant und eigensinnig, die auf Grund der Privilegierung ihrer Eltern zunehmend auch eine kritische Sicht auf das Leben in der DDR bekam.

Obwohl Silly immer im Schatten der großen Drei (Puhdys, Karat, City) stand, entwickelte sich die Gruppe schnell zu einer der erfolgreichsten und kreativsten Gruppen in der DDR, Tamara Danz wurde mehrfach als beste Rocksängerin des Landes geehrt. Die Alben "Mont Klamott" und "Bataillon d'Amour" gelten als Meilensteine der DDR-Rockmusik. Die Songtexte der Gruppe waren den staatlichen Behörden immer ein Dorn im Auge, Silly wandelte ständig auf einem schmalen Grad Richtung Zensur. Als Tamara Danz 1996 den Kampf gegen den Krebs verlor, starb auch ein Stück DDR-Musik.

In seinem Dokumentarfilm "Tamara" nähert sich Regisseur Peter Kahane, eher bekannt durch Spielfilme und diverse Krimiserien (u.a. Polizeiruf 110, Stubbe - Von Fall zu Fall), dem Phänomen Tamara Danz. Er widersteht der Versuchung, das Leben dieser ungewöhnlichen Frau einfach nur chronologisch mit Lebensdaten abzuarbeiten, evt. noch unterstützt durch hundertmal gesehenes Archivmaterial. Stattdessen greift Kahane auf Zeitzeugen zurück, die so nah an Tamara Danz dran waren wie keine Anderen. Ritchie Barton und Uwe Hassbecker waren Tamaras Bandkollegen und Liebhaber, gleichzeitig aber auch Rivalen. In Interviews geben beide Musiker Einblicke auf ihre Sicht der Dinge. Die Story um das Leben einer Frau und die Geschichte einer Band wird zur Story einer ungewöhnlichen Liebesbeziehung dreier Menschen und deren Beziehungen zueinander. So erfährt der Zuschauer interessante Details dieser Menage á Trois, ohne dass es ins Voyerhafte abgleitet. Dass Tamara Danz ein besonderer Mensch gewesen sein muss, erkennt man an den Reaktionen der Protagonisten. Gesichter sagen mehr als tausend Worte.

Jäcki Reznicek, ebenfalls Mitglied bei Silly, wurde zum neutralen Beobachter. Auch er kommt zu Wort und verrät zum Ende des Filmes, welches Versprechen er der todkranken Sängerin abgeben musste.

Es ist zweifellos Peter Kahanes Verdienst, dass sich die drei Musiker so sehr öffnen in den Gesprächen. Selbst der Tod Tamaras wird ausgiebig thematisiert und verdeutlicht, dass Silly mehr war als ein Haufen zusammengewüfelter Musiker. Wie im ursprünglichen Bandnamen vorgesehen war es am Ende wieder eine Familie Silly.

Tamara

Die gut einstündige Dokumentation wird angereichert durch private Filmaufnahmen, gedreht von Tamara Danz und Uwe Hassbecker. So gewinnt der Zuschauer Einblicke in Tamaras Leben, die über das Berufliche hinausgehen. Es gibt Aufnahmen aus dem Probenraum, Urlaubsbilder sowie Konzertmitschnitte. Barton, Hassbecker und Reznicek erzählen Anekdoten aus der gemeinsamen Zeit mit Tamara, die gleichzeitig einen Einblick in die Kulturpolitik der DDR geben und das Aufständische, das man seit jeher Silly nachgesagt hat, dokumentieren.

Es hat Jahre gedauert, eher Silly wieder auf die Bühnen des nun gesamtdeutschen Landes zurückgekehrt ist. Es galt, den Verlust einer außergewöhnlichen Persönlichkeit zu verkraften und zu verarbeiten. Peter Kahanes Dokumentation "Tamara" bringt dem Zuschauer diese Person näher, ohne sie zu glorifizieren.

DVD Tamara

Für Ostrock-Liebhaber ist diese Doku ein Muss, für alle anderen eine sehenswerte Empfehlung!

Berlinale 2007

"Tamara" wurde parallel zum "Roten Elvis" in der Sektion Panorama der Berlinale 2007 vorgestellt. In unserem Pressespiegel 2007 gibt es etliche Artikel zu BEIDEN Filmen.

9. Mai 2009
Redaktion, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Ausstellung "Deutsche verwerten ihre jüdischen Nachbarn"

Dokumente

Was man beschönigend die "Arisierung" nennt, war in Wahrheit einer der größten Raubzüge des 20. Jahrhunderts, begangen an einem Teil der eigenen Bevölkerung. Nicht die Gestapo war es, die in jüdische Wohnungen eindrang, um den gesamten Besitz zu beschlagnahmen, vom Bankkonto bis zur Unterwäsche: Es waren deutsche Finanzbeamte. Großes ging an die Finanzbehörden, Kleines über "Versteigerungen aus nichtarischem Besitz" an die lieben Nachbarn.

Prof. Wolfgang Dreßen von der Universität Düsseldorf ist es vor rund 10 Jahren gelungen, Einsicht in angeblich verloren gegangene oder unter Hinweis auf das "Steuergeheimnis" gesperrte Aktenbestände der Oberfinanzdirektion Köln über die Erfassung und Arisierung von jüdischem Eigentum und Vermögen zu nehmen und im Detail zu dokumentieren.

Die Ausstellung "Deutsche verwerten ihre jüdischen Nachbarn" läuft

vom 9. Mai bis 30. Juni 2009

im Ausstellungspavillon am Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin.

Regisseur Michael Verhoeven über seinen Film "Menschliches Versagen"

Menschliches Versagen

Prof. Wolfgang Dreßen ist schon lange auf der Spur von Akten, in denen die genauen Einzelheiten der verschiedenen Enteignungsvorgänge beschrieben und belegt werden. Weil die Enteignung teilweise in Gestalt von Steuern vorgenommen wurden, befinden sich die Unterlagen in den Steuerakten der enteigneten Personen.

Dieser Umstand hat es den Nachkriegsbehörden erleichtert, diese Enteignungsakten unter Verschluss zu halten - unter Berufung auf das Steuergeheimnis. Die Alliierten haben sich für die Steuerakten offenbar nicht interessiert. Die Banken waren nicht aufgefordert, die Unterlagen aufzudecken. Die Beweislast lag bei den Opfern.

Durch einen anonymen Hinweis konnte Prof. Dreßen ca. 2.000 Akten in der Oberfinanzdirektion Düsseldorf dingfest machen. In einer Wanderausstellung (die man unter Tel. Nr. 0243-34924 abrufen kann), stellt er die wichtigsten Unterlagen dieser Akten aus.

Die Oberfinanzdirektion Köln hat vergeblich versucht, die Namen der Opfer in den ausgestellten Akten zu schwärzen. In Amerika lebende Nachkommenen einer enteigneten und deportierten Familie haben nach der Veröffentlichung der Kölner Akten durch Prof. Dreßen erstmals das Schicksal dieser Opfer in Erfahrung gebracht.

Im Münchner Staatsarchiv (Leitung Dr. Bernhard Grau) ist erst ein Drittel der vor kurzem aufgetauchten Enteignungsakten "verzeichnet". Sie stellen für Historiker ein neues Forschungsbiet dar.

Wir haben jüdische Zeitzeugen ausfindig gemacht, die die Beraubung ihrer Familien als Kinder oder junge Erwachsene miterlebt haben. Heute sind sie alt und berichten von ihren Erfahrungen. Die Betroffenen empfinden keinen Hass, sprechen nicht von "Schuld", nur von "Menschlichem Versagen". Wissenschaftler wie der Historiker Götz Aly, der Historiker und Archivar Andreas Heusler und die Genealogin und Holocaust-Expertin Cornelia Muggenthaler geben den historischen Hintergrund.

Michael Verhoeven
Oktober 2008 Buch
(Auszug aus dem Presseheft Sentana Filmproduktion GmbH, München)

7. Mai 2009
Redaktion, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Offener Brief von Christoph Hein an die Bundesregierung

60 Jahre, 60 Werke

Sehr geehrter Herr Dr. Thomas Steg,

Sie teilten mir mit, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mich bitten, am Programm zum 60. Jahrestag der Verkündung und des In-Kraft-Tretens des Grundgesetzes mitzuwirken.

Ich danke für die Einladung, ich kann ihr jedoch nicht Folge leisten.

Vor wenigen Tagen wurde im Berliner Gropius-Bau die Ausstellung 60 Jahre, 60 Werke eröffnet, eine repräsentativ gedachte Präsentation der Arbeiten von Malern und Bildhauern Deutschlands zum 60. Jahrestag des Grundgesetzes.

In der Ausstellung fehlen die Arbeiten der ostdeutschen Maler und Bildhauer, die in den Jahren von 1949 bis 1990 entstanden. Diese Besonderheit wäre mir erklärlich, wenn es nur eine Ausstellung der bundesdeutschen Künstler sein sollte, also der westdeutschen, und daher all jene Künstler ausgeschlossen bleiben, die in jenen Jahren einen anderen Pass besaßen.

Jedoch dem Katalog ist zu entnehmen, dass es eine gesamtdeutsche Ausstellung sein soll, eine Hommage an den ersten Satz von Artikel 5,3 des Grundgesetzes, wonach die Kunst frei sei. Und die ostdeutschen Künstler wurden nur darum ausgeschlossen, da sie in einer Diktatur lebten und arbeiteten. In einer Diktatur, heißt es, könne freie Kunst nicht entstehen.

In einer Diktatur ist sehr viel verboten und sehr viel nicht möglich, da haben die Ausstellungsmacher Recht. Aber von der Kunst scheinen sie recht wenig zu wissen und nichts zu verstehen. Kunst ist nämlich ein sehr eigenartiges Gewächs, das seine erstaunlichsten, wundervollsten Blüten und Früchte aus einem harten Boden hervorbringt. Die Ausstellungsmacher müssen in ihrer Ausbildung nichts von den letzten 4.000 Jahren gehört und gesehen haben. Wenn wir nach ihrem Verdikt die Kunst beurteilen, sichten und bewahren wollten, müssten wir mehr als 95 Prozent der Kunstwerke der letzten Jahrtausende löschen.

Gewiss, die Künstler der DDR waren angehalten, staatlichen Vorgaben zu folgen. Aber sie konnten sich dem auch widersetzen, und viele von ihnen, die wirklichen Künstler, taten es auch. Das hatte dann seinen Preis, es kostete viel und einige meiner wunderbarsten Kollegen und Freunde hatten ihn zu bezahlen.

Man konnte der Anpassung entgehen, wenn man den Mut dazu aufbrachte. Man musste nicht in die staatlichen Kinder- und Jugendorganisationen gehen, man musste nicht in die FDJ eintreten, man hatte dann aber hinzunehmen, von der Oberschule verwiesen oder zu dem erwünschten Studium nicht zugelassen zu werden. Anpassung wurde belohnt, Unabhängigkeit und Freiheit bestraft, das ist wahr. Wer dagegen in die FDJ eintrat, den Staat hochleben ließ, der durfte studieren, was er wollte. Und wer später auch noch in die Partei eintrat und brav blieb, der konnte es unter Umständen weit bringen, bis zum Staatsratsvorsitzenden beispielsweise. All das ist wahr.

Aber wenn Sie Bilder zu sehen wünschen, die "eine Hommage an die Freiheit der Kunst sind", die wirklich staatsfern sind, deren Maler für ihre Überzeugung, dass die Kunst frei zu sein habe, tatsächlich lebten, litten und kämpften, dann könnte ich Ihnen ein paar Bilder und Skulpturen zeigen, die wirklich für diese Freiheit stehen, weil diese Künstler sich die Freiheit täglich neu erobern mussten. Es sind freilich ostdeutsche Künstler.

Seltsamerweise findet sich – trotz der heroisch-freiheitlichen Ausgrenzung aller Zonenkunst – in der Ausstellung ein Gemälde, das 1988/89 entstanden ist und zwar in der DDR. Haben die werten Kunstrichter da etwas übersehen oder kam ihnen da etwas so sehr zupass, dass sie sich geschmeidig genug erwiesen, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Ein anderes bedeutendes Gemälde stammt aus den neunziger Jahren. Dieses jedoch ist eine Replik. Der Maler nahm ein für ihn gewichtiges Thema wieder auf und variierte. Das originale Bild entstand Jahrzehnte zuvor. Jeder Kustos von Verstand hätte sich darum bemüht, das ursprüngliche Gemälde präsentieren zu können, aber das Original war in der falschen Zeit und am falschen Ort entstanden, also zog man die schöne Nachbildung dem schönen Original vor.

Und ganz absonderlich: das älteste Gemälde stammt aus dem Jahr 1944. Ich wage nicht meinen Gedanken zu folgen, was die Kunsthistoriker und Ausstellungsmacher bewog, dieses Gemälde in ihre Ausstellung zu hängen. Denn das Jahr 1944 hat sich durch sein Verständnis und seine Praxis von deutscher Freiheit und Demokratie der Welt vermutlich für Jahrhunderte eingebrannt.

Die Bilder und Grafiken, die Skulpturen und Installationen, die in der Zeit der DDR und im Herrschaftsbereich dieses untergegangenen Staates entstanden, sollen nach dem Wunsch des Kurators der Ausstellung wie "ein hässlicher Regentropfen der Geschichte rasch verdunsten".

Was für eine Sprache! Ich will sie keineswegs mit der Sprache jener anderen Richter gleichsetzen, die einst eine "entartete Kunst und entartete Künstler" zu vernichten suchten. Oder die eine "volksfeindliche" Kunst verboten und dazu aufriefen, "volksfeindliche Künstler wie tolle Hunde zu erschießen".

Nein, hier haben wir durchaus eine andere Sprache, sehr viel zurückhaltender, geradezu taktvoll. Aber die Haltung dieser Kunstrichter ist die gleiche, der Wunsch und das Ziel, sie sind deckungsgleich: ausmerzen, ausradieren, verdunsten.

Der heiße und der kalte Krieg unterschieden sich in vielem, aber die Krieger dieser beiden Kriege ähneln sich doch erstaunlich. Als Heinrich Heine, von seinem Herz und seiner Sehnsucht gedrängt, nach Deutschland zurückkehren wollte, ermahnte ihn sein Verstand und gab ihm zu bedenken:

Zwar beendigt ist der Krieg,
Doch die Kriegsgerichte blieben,
Und es heißt, du habest einst
Viel Erschießliches geschrieben

All diese Merkwürdigkeiten einer kriegsgerichtlichen Kunstbetrachtung wären kaum der Rede wert, wenn diese Ausstellung lediglich die ideologische Marotte eines Kustos abbilden würde, aber es ist die repräsentative Ausstellung der Bundesregierung, von der Kanzlerin und den Ministern gefördert und gerühmt. Ich muss daher die Einladung von Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier ausschlagen.

Ich gehöre zu den Ausgegrenzten, dort war, dort ist mein Platz. Ich gehöre zu meinen verehrten Freunden, zu Gerhard Altenbourg, zu Albert Ebert, zu Manfred Butzmann, zu Hermann Glöckner, zu Bernhard Heisig, zu Hermann Naumann, zu Nuria Quevedo, zu Werner Stötzer, zu Dieter Tucholke, um einige wenige Namen beispielhaft zu nennen. Ich gehöre zu ihnen und nicht zu den Ausgrenzern. Ausgegrenzt zu werden, ist durchaus misslich, aber dem Rückgrat und der Kunst förderlich. Und ich bin darin geübt, denn ausgegrenzt wurde ich schon, bevor ich in die Schule kam. Und das blieb dann so, und soll wohl auch weiterhin so bleiben.

Die Einladung war ein Missverständnis. Man kann und muss nicht jedes Missverständnis in dieser Welt aufklären, aber wenn man sich dadurch beschmutzt fühlt, ist eine Klärung angebracht.

Mit den besten Wünschen
Christoph Hein

Quelle: www.freitag.de

4. Mai 2009
Sozialistische Linke Hamburg, Kontakt: SOL-HH@gmx.de

Filmbesprechung: Redacted

Das erste Opfer des Krieges ist immer die Wahrheit!

Redacted

Der neue Film von Brian De Palma (Black Dahlia, Scarface) "Redacted" stellt die aktuellen Ereignisse rund um den Irakkrieg dar. Auf der einen Seite sind Jugendliche ohne Perspektive, die von der US-Regierung in einen Krieg geschickt wurden, der nicht ihrer ist. Auf der anderen Seite ist die irakische Bevölkerung, die von diesen Soldaten schikaniert wird. Höhepunkt der Grausamkeiten des "Krieges für Freiheit" stellt die Vergewaltigung und Ermordung eines 14-jährigen irakischen Mädchens und drei ihrer Familienmitglieder durch Soldaten der USA dar.

Der Inhalt des Filmes wird durch Ausschnitte von Nachrichtensendungen, Dokumentarmaterial, Übertragungen aus dem Gerichtssaal, YouTube-Postings und Abschnitte des Video-Blogs eines der Soldaten zu einem Ganzen vermengt. Er zeigt durch die vielfältige mediale Aufarbeitung des Geschehens die Schrecken der Manipulation, welche durch die Weltöffentlichkeit geistern.

Die US-Soldaten leiden in ihrer Freizeit während des Einsatzes an Schlafmangel und ernähren sich von Energydrinks und Schlafpillen. Sie saufen, spielen Poker oder reißen Witze über die Iraker. Alles wirkt irgendwie bekannt. Bis sie zum Einsatz gerufen werden. Sie kennen weder die Sprache, noch die Gewohnheiten der irakischen Bevölkerung, so sehen sie überall nur Feinde und Terroristen. Bei ihnen entwickelt sich ein Unterton der Menschenverachtung, die IrakerInnen seien keine Menschen, zumindest nicht wie im Westen. Es entsteht eine Atmosphäre der Gesetzlosigkeit. Sie glauben alles machen zu dürfen und es plagt sie immer wieder diese Langeweile.

Redacted

Die Bilder des Krieges lassen uns nur ein wenig über die Kriegsfolgen erfahren. Psychische Folgen der Kriegstraumata in der Bevölkerung, aber auch zerstörte Städte und Tote sind Folgen des Irakkrieges, die ein Volk nicht so leicht vergessen kann. Der Film zeigt uns so weit wie möglich einen kurzen Blick auf das Elend der irakischen Bevölkerung, welches in einem 90-minütigen Film nur angerissen werden kann. Auch dass der Film auf wahren Tatsachen beruht, macht ihn zwar bitterer, aber nicht einzigartig.

Das Gute an diesem Film ist, dass er die beiden Seiten des Krieges zeigt. Die Folgen für die Soldaten und die einheimische Bevölkerung. Aber vor allem geht es um die Wahrheit, das Redacted erste Opfer eines Krieges. Durch die vielseitige Darstellungsweise des Filmes haben wir das Gefühl alle Seiten des Krieges zu kennen und verkommen dadurch nicht nur zum Voyeur von Grausamkeiten, sondern werden selber auch zum Opfer von Manipulation. Der Film lässt offen, ob es darum geht, dass wer die Bilder kontrolliert, die Wahrheit kontrolliert. Oder ob es überhaupt eine Wahrheit von Bildern gibt, da sie immer von der Linse der Kamera verfälscht werden.

Redacted

Erscheinungsjahr: 2007
Länge: ca. 87 Minuten
FSK: 18
Regie und Drehbuch: Brian De Palma
Genre: Kriegsfilm

3. Mai 2009
Thoralf Haß, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Die schönste Indianerin

Renate Blume 2009

Zum 65. Geburtstag von Renate Blume

Es gibt nicht wenige Kunst- und Kulturschaffende, die im Verlaufe ihrer langen künstlerischen Karriere alles versucht haben, um sich unsterblich zu machen. Mit etwas Talent, Glück und Verstand reicht es für manche Gesangsinterpreten, einen einzigen Hit zu landen, um für den Rest des Lebens ausgesorgt zu haben. Bei Film- und Theaterschaffenden ist das schon etwas schwieriger, da man ständig präsent ist, sei es durch Wiederholungen im TV, DVD-Veröffentlichungen oder aktuelle Arbeiten im Kino oder auf der Bühne. Hinzu kommt, dass ständig Werke zu Beginn einer Karriere mit Produktionen der heutigen Zeit verglichen werden können, Tops und Flops genau registriert werden. Und dann gibt es noch die Kategorie jener Künstler, die ohne groß Einfluss nehmen zu können auf einmal zu einer ungewöhnlichen Berühmtheit kommen.

Renate Blume und Rolf Hoppe

Nehmen wir nur mal die Indianerfilme der DEFA. Sofort assoziiert man damit den Schauspieler Gojko Mitic, weil er in fast allen DEFA-Indianerfilmen die Hauptrolle spielte. Gojko Mitic und Indianerfilm gehören einfach zusammen. Aber gleichzeitig fallen in diesem Zusammenhang immer wieder zwei weitere Namen: Rolf Hoppe und Renate Blume. Hoppe ist wahrscheinlich der schlimmste Film-Bösewicht der DEFA-Geschichte. Dieses Image verdankt er der Tatsache, dass es ihm vorbehalten war, den Helden einer ganzen Generation - Gojko Mitic eben - im Film umzubringen. Eine ganze Republik hasste ihn dafür.

Aber wo Schatten ist, muss irgendwo auch ein Licht sein. Dieses Licht strahlt Renate Blume aus. Sie war und ist im Gedächtnis vieler Menschen die Frau an Häuptling Mitics Seite. Fragte man in der DDR nach Gojkos Filmpartnerin, lautete - selbst heutzutage noch - die Antwort immer: Renate Blume. Weder Barbara Brylska noch Annekathrin Bürger erreichten jemals den Status einer Renate Blume, obwohl beide öfter in den Indianerfilmen mitspielten. In der öffentlichen Wahrnehmung der DDR gehörten Renate Blume und Gojko Mitic zusammen wie Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann, wie Gary Cooper und Grace Kelly. Und da es in der DDR keine Klatschpresse gab, wurde diese Verbindung auch nicht künstlich hochgeputscht, wie es bei den Brangelinas der heutigen Zeit der Fall ist. Die DDR hatte ihr Traumpaar, und das bestand aus Renate Blume und Gojko Mitic!

Umso überraschter ist der Zuschauer und DEFA-Filmfan, wenn er erfährt, dass Renate Blume nur in "Ulzana" die Frau des gleichnamigen Apachen-Häuptlings spielte und damit gleichzeitig die Filmpartnerin von Gojko Mitic war. Eine kleine Nebenrolle in "Apachen", dem Vorläufer von "Ulzana", ist nicht erwähnenswert, weil nicht im Gedächtnis geblieben.

Nur eine einzige Rolle, die als Ulzanas Ehefrau Leona, katapultierte Renate Blume so sehr ins öffentliche Bewusstsein eines ganzen Landes und darüber hinaus, wie es sonst nur den ganz Großen der Filmbranche vorbehalten ist. Und niemand fragt, warum. Keiner weiß eine Antwort auf die Frage, warum ausgerechnet dieses Filmpaar eine fast schon legendäre Berühmtheit erlangte - es ist eben so, als sei es ein Naturgesetz...

Gojko Mitic und Renate Blume

Jene Szene, wo Häuptling Ulzana schützend die Hand um Leona legt, wird zum Hauptmotiv auf den offiziellen Begleitmaterialien wie Filmprogramm und -Plakat. Dieses Bild, das eine unendlich große Liebe vermittelt, prägt sich beim Betrachter ein, so dass er sich noch Jahre später daran erinnert. Es wird zum Symbol, das länger als einen (Kino-)Sommer Bedeutung hat: Die schöne Indianerin und der stolze Häuptling, der Filmheld der Nation beschützt die Frau an seiner Seite.

Und es gibt dieses Foto, wo Ulzana und Leona auf Pferden durch die Prärie reiten, losgelöst von allen dramaturgischen Vorgaben, einfach drauf los. Zwei Bilder, die Emotionen erzeugen, die den Wiedererkennungswert steigern. Bilder, die Schuld tragen, die auch mithalfen, jenen Mythos aufzubauen, der dieses Paar immer noch im realen Leben umgibt und der wahrscheinlich nie enden wird.

Renate Blume 2009 in der MDR-Talkshow

Fast schon entschuldigend rechtfertigt sich Renate Blume Jahre später in der "Riverboat"-Talkshow am 6. März 2009, dass sie doch nur in EINEM einzigen Indianerfilm die Hauptrolle spielte und überhaupt nicht nachvollziehen kann, wie es dadurch zu diesem Mythos kommen konnte. Auslöser für diese Beinahe-Entschuldigung ist ein Kompliment des ehemaligen ARD-Programmdirektors und "Riverboat"-Moderators Dr. Günter Struve an Renate Blume gerichtet: "Sie sind die schönste Indianerin gewesen, die ich kenne". Und jeder, der "Ulzana" gesehen hat, stimmt Struve in diesem Moment vorbehaltlos zu. Die Mischung aus künstlerischer Klasse und Ausstrahlung verschaffte Renate Blume nachträglich ein Kompliment, was durchaus als Wertschätzung ihrer damaligen Arbeit gedeutet werden kann. Eine Wertschätzung, die wahrscheinlich mehr bedeutet als alle Filmauszeichnungen dieser Welt zusammen!

"Ulzana" bleibt nicht der einzige Höhepunkt in Renate Blumes Karriere. In der beliebten Serie "Archiv des Todes" des Fernsehen der DDR ist sie zunächst nur in einer kleineren Rolle besetzt. Als Spielball im Machtpoker des von Ulrich Voß dargestellten Obersturmbahnführers Flint und Alfred Struwes Standartenführer Hauk muss Renate Blume gegen zwei nationale Filmgrößen antreten, die allein schon durch ihre Statur und Körpersprache Präsenz zeigen. Wieviele Schauspielkollegen haben gegen solche Kaliber schon den Kürzeren gezogen. Renate Blume hält dagegen und agiert, zwar größenmäßig unterlegen, dennoch auf Augenhöhe mit den Beiden. Ebenfalls Mitwirkender in der Serie: Gojko Mitic. Und wieder ist er ihr Beschützer. Nur kommen der Partisan und die Widerstandskämpferin diesmal in "Archiv des Todes" nicht zusammen! Aber das Publikum registriert wieder diese besondere Beziehung der beiden Schauspieler, nimmt wieder wahr und erinnert sich an das, was schon einmal gewesen ist. Der Zauber der Beiden, das Besondere, Unverwechselbare, funktioniert noch immer!

In der Folgezeit wird Renate Blume eine der vielbeschäftigsten und beliebtesten Schauspielerinnen der DDR. Ob eher kleine Rollen wie in "Benno macht Geschichten" oder tragende Rollen wie in der Fernsehserie "Barfuß ins Bett", Renate Blume bleibt ständig präsent.

"Kit & Co"

Und dann war da noch Dean Reed. Den in der DDR lebenden Amerikaner lernte Renate Blume bei den Dreharbeiten zum DEFA-Abenteuerfilm "Kit & Co." kennen und später lieben. Zwar gab es noch einmal eine gemeinsame Moderation des "Kessel Buntes" mit Gojko Mitic im Juni 1980, aber die Hochzeit von Dean Reed und Renate Blume im September 1981 beendete schlagartig die Hoffnung der Fans auf eine Fortlebigkeit des Traumpaares Mitic/Blume. Nicht wenige Menschen waren sauer auf Dean Reed, weil er den hübschen Fernsehliebling bekam und nicht Gojko Mitic. Zu tief hatte sich inzwischen die Beziehung zwischen Gojko Mitic und Renate Blume, die mit "Ulzana" begann und schon lange beendet war, ins Gedächtnis eingebrannt.

22. September 1981, Hochzeit

Das neue Traumpaar der DDR hieß nun Blume/Reed und wurde von der Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt und später mit Wohlwollen begleitet, als man merkte, dass es funktioniert. Und trotzdem blieben die Fan-Lager gespalten. Entweder Mitic oder Reed - beides zusammen ging nicht. Das schienen auch die beiden Männer zu wissen. Renate Blume wurde schließlich zum versöhnenden Schnittpunkt beider Lager. Man gönnte ihr den Amerikaner, selbst wenn man ihn nicht mochte.

Der Karriere Renate Blumes tat die Ehe mit Dean Reed keinen Abbruch. Längst war sie in die erste Reihe der Film- und Fernsehstars der DDR getreten. Und als nach der Wende die Angebote ausblieben, kehrte sie kurzerhand zu ihren Wurzeln zurück und spielt Theater.

Renate Blume - Schauspielerin und Bühnenstar

"Die schönste Indianerin" ist älter geworden. Sie ist würdevoll gealtert und dennoch jung geblieben. Noch immer steht Renate Blume vor der Kamera oder auf der Theaterbühne. Dass sie jetzt offiziell in Rente geht, nimmt sie eher gelassen, fast schon amüsiert, hin. Sie sei nun eigentlich nicht mehr auf Rollenangebote angewiesen, um ihren Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Trotz oder gerade deswegen kündigte sie an, weiterarbeiten zu wollen, solange es ihr noch Spaß bereitet.

Wäre die schönste Indianerin nicht den Filmtod gestorben, würden ihr heute wahrscheinlich alle Indianerstämme zu Füßen liegen. So bleibt es ihren Fans, Freunden, Wegbegleitern und Schauspielkollegen vorbehalten, sich zu erheben und tief zu verbeugen vor einer Künstlerin, die für viele Menschen inzwischen Teil der eigenen Biografie geworden ist, weil sie auf der persönlichen "Mag-ich"-Liste ganz weit oben steht. Wir Renate Blume wird am 3. Mai 65 Jahre alt verneigen uns vor einer Frau, die mit einer einzigen Rolle schon zu Lebzeiten legendär geworden ist und die ein Lächeln in die Herzen der Menschen zaubert, das Jahrzehnte überdauert und noch immer anhält. Und wir verneigen uns vor einer Künstlerin, die durch ihre Ausstrahlung, ihre Natürlichkeit, ihre gesamte Erscheinung und nicht zuletzt durch ihr künstlerisches Schaffen über Jahrzente hinweg selber Teil eines Traumes wurde und dadurch anderen Menschen Träume erfüllt und glückliche Momente verschafft hat!

Herzlichen Glückwunsch zum 65. Geburtstag und Alles Gute, Renate Blume!


Leserbriefe/Letters to the editor

Zitat: "Dieses Image verdankt er der Tatsache, dass es ihm vorbehalten war, den Helden einer ganzen Generation - Gojko Mitic eben - im Film umzubringen. Eine ganze Republik hasste ihn dafür." Das ist wohl eine Verwechslung mit Rik Battaglia, der als Schurke Rollins Winnetou erschoss und sich damit den Hass der WESTdeutschen zuzog. Rolf Hoppe jedoch hat Gojko Mitic in KEINEM EINZIGEN DEFA-Indianerfilm umgebracht, sondern wurde im Gegenteil zweimal selbst von unserem Oberhäuptling in die ewigen Jagdgründe delegiert. Somit gehört auch der "Hass der Republik" ins Reich der Fabel.

Knechtel Family (Deutsche-Mugge)


"Rolf Hoppes [...] Mitwirkung in den Indianerfilmen machte ihn populär. Bei den vielen Veranstaltungen der Sommerfilmtage wurde er häufig mit einem Buh-Konzert empfangen, das jedoch nicht seiner künstlerischen Leistung, sondern dem Schurken galt, den er so überzeugend verkörpert hatte. Vielen Zuschauern schien es, dass der böse Bashan den Weitspähenden Falken umgebracht hatte. Dabei war es umgekehrt. Falke erschoss Bashan und wurde daraufhin von den anderen Weißen durchsiebt. Häufig wurde Rolf Hoppe der Tod des Helden auf den Freilichtbühnen in der DDR, der CSSR und anderswo in die Schuhe geschoben."

F.-B. Habel in "Gojko Mitic, Mustangs, Marterpfähle" (S. 206 f)

30. April 2009
Norbert Diener, Kontakt: Norbert@DeanReed.de

Pete Seeger wird 90

Pete Seeger

Der legendäre US-amerikanische Folkmusiker Pete Seeger wird am 3. Mai 90 Jahre alt. Seine Gewerkschafts-, Friedens- und Umweltlieder sind auch heute noch aktuell und haben uns viel zu sagen. Pete Seeger widmete sich nach einem abgebrochenen Soziologiestudium an der Harvard-Universität der Sammlung von amerikanischen Volksliedern und Südstaaten-Blues. Daneben spielte er mit dem 5-saitigen Banjo eigene Lieder, in denen er sich mit der Arbeiterbewegung, mit Minderheiten und mit der "Dritten Welt" solidarisierte.

1941 gründete er zusammen mit Woody Guthrie "The Almanac Singers". Im Jahr darauf rief er in New York mit Peoples Song die erste Volksmusikerorganisation ins Leben, die sich nach seinen Intentionen "deutlich von den gelehrten Volksmusikgesellschaften abgrenzen" sollte. 1949 gründete er zusammen mit dem Sänger Lee Hays sowie Ronnie Gilbert und Fred Hellermann das Quartett "The Weavers". 1950 erschien zum ersten Mal das von ihm mitgegründete Folk-Magazin "Sing Out!", das Vorbildcharakter für zahlreiche andere Publikationen ähnlicher Art hatte.

Pete Seeger

1955 verweigerte er vor dem Komitee für unamerikanische Aktivitäten die Aussage. Als Folge davon wurde er in den folgenden 17 Jahren von den kommerziellen US-Medien boykottiert. 1969 war er Mitbegründer der Umweltschutzorganisation "Clearwater". In den sechziger Jahren, während der Renaissance der Folk-Musik, drang Seeger mit seinen Liedern für Frieden, für die Gleichberechtigung der Schwarzen und für die Emanzipation der Arbeitenden in die Herzen eines jungen Publikums. Die Jugend, die sich an seiner Seite gegen den Vietnamkrieg und für die Bürgerrechte engagierte, hatte ein feines Gespür für seine Ehrlichkeit. Pete Seeger ist immer noch aktiv!

Pete Seeger

Pete Seegers Geburtstag wird natürlich im angemessenen Rahmen gefeiert. Am 3. Mai findet im Madison Square Garden in New York eine gigantische Party statt. Mit dabei sind auch Bruce Springsteen, Bela Fleck, Emmylou Harris, Joan Baez, Kris Kristofferson, Richie Havens, Tommy Sands und viele andere.

JUMP UP-Schllplattenversand hält eine große Anzahl von CDs von Pete Seeger vorrätig.

www.jump-up.de
www.peteseeger.net
www.myspace.com/waternotweapons

28 April 2009
Free Leonard Peltier, Contact: Webmaster@DeanReed.de

Leonard Peltier is a Six-Time Nobel Nominee

Free Leonard Peltier

American Indian activist and political prisoner Leonard Peltier has been nominated for the Nobel Peace Prize for the sixth consecutive year. Peltier has been an inmate in the United States federal prison system since 1976, so the fact that he has earned the distinction of a Nobel nomination every year since 2004 is especially remarkable. Peltier's unlawful conviction in the deaths of two FBI agents in South Dakota has long been internationally decried as one of the most blatant injustices in recent United States legal history. In the aftermath of his trial, federal prosecutors were openly excoriated for having manufactured evidence against Peltier, for having withheld exculpatory evidence, and also for having coerced witnesses into giving false testimony.

Lynn Crooks, Assistant Special Prosecutor in Peltier's trial, admitted to a federal judge that "the government does not know who killed its agents, nor do we know what participation Leonard Peltier may have had in it." And yet Leonard Peltier has remained a prisoner for more than 33 years. Fifty five United States Senators and Congressional Representatives (including Democrats and Republicans) have filed an appeal brief demanding that Peltier receive a new trial. Amnesty International has repeatedly called for Peltier's immediate release from prison, governments from all over the world have passed resolutions insisting that Peltier be released, and a large contingent of distinguished human rights advocates have been very outspoken in their strong support for Peltier - including six people who have already received the Nobel Peace Prize: Nelson Mandela (1993), Rigoberta Menchú Tum (1992), Mikhail Gorbachev (1990), the 14th Dalai Lama (1989), Archbishop Desmond Tutu (1984), and Mother Teresa (1979). Despite his well known status as a political prisoner, however, the basis for Peltier's Nobel nominations has been his remarkable success in furthering the causes of peace and human rights.

During his 33 years of unjust incarceration, Peltier has worked tirelessly on a multitude of organized efforts to help other people achieve a more dignified and humane existence. While the Nobel Committee in Oslo (Norway) requests that letters of nomination not be made public, it is nonetheless widely known that Leonard Peltier has facilitated numerous significant donations to a wide variety of charities and human rights organizations. Peltier is, of course, not financially wealthy - but he is an accomplished painter. Often expending his meager prison commissary account funds on art supplies such as paints, brushes, and canvas, he produces works of art which are subsequently donated and auctioned. Peltier has also worked to establish assistance programs for many underprivileged groups, and he has helped in other ways to fund a multitude of efforts from scholarships for Native students to shelters for victims of domestic violence. The Christmas fundraising effort begun by Peltier more than 25 years ago on the Pine Ridge Indian Reservation in South Dakota (one of the most impoverished places in the United States) has steadily been expanded and now provides assistance on at least five different Indian Reservations – the families now receiving the benefits of this annual program number more than one thousand. It is difficult to determine precisely the sum total of donations and contributions that Peltier has helped to facilitate, Peltier refuses to boast about his humanitarian work and many of his projects have not been made public. It is estimated, however, that the total contributions resulting from Peltier's work during his 33 year imprisonment extend into the millions of dollars.

Prison Writings

Peltier's long record of human rights advocacy involves more than raising money. He has written a great deal while in prison, consistently taking advantage of every opportunity to encourage people not to harbor resentments, to take care of the environment, and to treat each other with love and respect. It is no small irony that a person treated in such an inhumane way should so strongly advocate the humane treatment of others, that a person so financially impoverished should help raise such extraordinary amounts of money for others, that a person with such just cause for bitterness and resentment should encourage forgiveness, and that a person imprisoned should be one of America's strongest advocates for freedom. Peltier's 1999 book Prison Writings: My Life is My Sundance (Saint Martin's Press) continues to be a best seller on many lists. It is fitting that Leonard Peltier's own words (from his book) should conclude this official press release: "We are in this together - the rich, the poor, the red, the white, the black, the brown, and the yellow. We are all one family of humankind. We share responsibility for our Mother Earth and for all those who live and breathe upon her. I believe our work will be unfinished until not one human being is hungry or battered, not a single person is forced to die in war, not one innocent languishes imprisoned, and no one is persecuted for his or her beliefs. I believe in the good in humankind. I believe that the good can prevail, but only with great effort. And that effort is ours, each of ours, yours and mine...

Never cease in the fight for peace, justice, and equality for all people. Be persistent in all that you do and don't allow anyone to sway you from your conscience."

Please join the LP-DOC in congratulating Leonard on this monumental achievement!

Write to Leonard Peltier at this address:
Leonard Peltier
# 89637-132
USP Lewisburg
PO BOX 1000
Lewisburg, Pennsylvania 17837

For more information about Leonard Peltier's case, about his humanitarian work, or about his works of art, please contact his defense committee at this address:
Leonard Peltier Defense Offense Committee
P.O. Box 7488
Fargo, North Dakota 58106

www.WhoIsLeonardPeltier.info

International Peltier Forum

25. April 2009
Diethard Möller, Kontakt: diethardmoeller@web.de

Filmbesprechung: Religulous - Man wird doch wohl fragen dürfen

Maher vor dem Vatikan - Religulous

Seit einiger Zeit läuft der Film "Religulous - Man wird doch wohl fragen dürfen" von Bill Maher und Larry Charles im Kino. Darin werden kritische Fragen zur Religion gestellt und aufgezeigt, dass Religion "Opium für das Volk" ist, wie schon Karl Marx richtig feststellte.

Bill Maher ist scharfzüngiger Satiriker im amerikanischen TV. Dementsprechend nimmt er viele seiner Interview-Partner auf die Schippe, ohne dass die das oftmals merken.

So fragt er einen Sektenführer, der sich selbst als Jesus sieht und einen 2.000-Dollar-Anzug sowie viele Goldkettchen, Goldringe usw. trägt, ob Jesus arm war oder ob der auch mit so einem Anzug rumgelaufen wäre. Die Antwort: Jesus' Kleid sei aus feinstem Linnen gewebt gewesen und die heiligen drei Könige hätten ihm Gold geschenkt. Ja, Jesus sei reich gewesen. Auf die Frage nach dem Zitat mit dem Nadelöhr ("Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt."), meint der Interviewpartner, dass Jesus gemeint habe, die Reichen kämen zuerst durch das Nadelöhr.

Jesus im Freizeitpark - Religulous

Im Vatikan wird Maher nicht vorgelassen und interviewt stattdessen einen Priester, der die Kirche offen als räuberisch und verkommen bezeichnet.

Witzig ist der Besuch in einem religiösen Freizeitpark von christlichen Fundamentalisten, wo unter dem Blitzlichtgewitter der Jesus-Touristen ihr Heiland ans Kreuz geschlagen wird. Da fließt viel Kunstblut bei der tollen Show.

Immer wieder zeigt Maher, dass die Geschichten der Bibel völlig unglaubwürdig sind - wie die Himmelfahrt, die jungfräuliche Geburt, die Wiederauferstehung. Und er führt an, dass bereits tausend Jahre vor dem Neuen Testament andere Religionen (Horus-Kult in Ägypten, Mithras-Kult, Krishna, Minos u.a.) ähnliche Geschichten hatten.

Problematisch wird der Film in seiner Auseinandersetzung mit dem Islam, weil er sich hier teilweise auf die Aussagen der Partij voor de Vrijheid (PVV), der Nachfolgepartei der Lijst Pim Fortuyn des rechtspopulistischen ermordeten Pim Fortuyn stützt und den Islam als aggressiv, gewalttätig angreift. Diese Charakterisierung trifft auf fast jede Religion zu. Das Christentum hatte seine Kreuzzüge, der Islam seine heiligen Kriege. In beiden Religionen gibt es aber Millionen Menschen, die friedlich zusammenleben möchten. Einen grundlegenden Unterschied gibt es nicht. Wieso Maher dann den Islam ausdrücklich so angreift, dies aber beim Christentum eher verdeckt macht, ist wohl sein Geheimnis.

Die Methoden Mahers ähneln denen von Michael Moore. Wer wurde da von wem inspiriert?

Seine Argumentation bezüglich der Entstehung religiöser Geschichten ähnelt sehr der Argumentation aus dem bekannten Internetfilm "Zeitgeist". So enthält der Film nicht viel Neues. Streckenweise wirkt er etwas langweilig und als Selbstdarstellung Mahers, wenn er z.B. mit seiner Mutter und seiner Schwester vor der Kamera sitzt und über seine Kindheit plaudert und Babyfotos anschaut.

Zusammenhänge zu gesellschaftlichen Fragen werden im Film nicht hergestellt. Dass Religion immer den Herrschenden diente, wird nicht ausdrücklich erwähnt.

Mit diesen Einschränkungen ist der Film dennoch sehenswert. In weiten Teilen ist er witzig, polemisch und entlarvt den religiösen Aberglauben. Er ist sicher eine gute Grundlage für atheistische Aufklärungsarbeit.

(Erstveröffentlichung in Arbeit Zukunft, 14. April 2009)

23 April 2009
Jane Fonda, Contact: Webmaster@DeanReed.de

Friendship

I didn't always have a lot of friends. Being my father's daughter meant that I inherited the American myth of rugged individualism. You stand on your own feet, ask for no help and seek none from friends, faith or therapy. Added to this, I came to adulthood in the 1950s when women, for the most part, saw each other as competition and were reluctant to expose their vulnerabilities to potential rivals.

It wasn't until I was pregnant in 1968 with my first child, my daughter, that my heart began to soften and open to the special nurturance that only women friends can bring. This happened to coincide with the rise of the new American Women's Movement and my burgeoning feminism shut the door on women-as-rivals and broadened and deepened my friendships. As I have moved into my third act as a single woman I realize that, next to family, these friendships are what give my life richness and comfort - the golden threads woven through my life's tapestry. But we are all so busy in our own lives. I have to be very intentional in nurturing my friendships. I have to push it. Whenever I am in Los Angeles, I make a point of calling my friends to see if they can get together. Same in New York. I email regularly. When I was writing my memoirs, my research allowed me to unearth people I hadn't seen in decades and I have made a point of maintaining contact. You have seen some of these rediscovered people in the photos on my blog.

Knowing now how important friendships are (they can actually help keep you healthy, even speed up healing after surgery), here is what I would do if I found myself without friends (and this is directed especially to the friend who said he/she had no friends and wondered how I had so many): I would join a club or the YWCA? YMCA that does things that interest me like lectures on foreign policy, painting, sculpting, outdoor activities, concerts; join a nondenominational church; become a volunteer at a senior citizen center or church group or library group or join the Peace Corps. In other words, I would intentionally put myself in a situation where I might meet people who share my interests and then, once there, I would make a point of asking people questions about themselves rather than talking about myself. If you are shy, say so. "I am a shy person, forgive me. But I am interested in making friends and I would love to know about you. Have you always lived here?" etc. Here's a piece of good advice: it's better to be interested than to be interesting.

Hope this is of use.

Source: janefonda.com/friendship


Freundschaft

Nicht immer hatte ich viele Freunde. Als Tochter meines Vaters (Henry Fonda; Anm. d. Übers.) hatte ich den amerikanischen Mythos des strengen Individualismus geerbt. Du stehst auf deinen eigenen Füßen, bittest nicht um Hilfe, suchst sie weder bei deinen Freunden, noch im Glauben oder in einer Therapie. Außerdem wurde ich in den 1950er Jahren erwachsen, als Frauen einander größtenteils als Konkurrentinnen sahen und ihre Empfindlichkeiten nur widerstrebend potentiellen Rivalinnen offenbarten.

Erst als ich 1968 mit meinem ersten Kind, meiner Tochter, schwanger war, begann mein Herz weicher zu werden und sich den besonderen fürsorglichen Beziehungen zu öffnen, die nur zwischen Freundinnen möglich sind. Dies geschah parallel mit dem Anwachsen der neuen Amerikanischen Frauenbewegung, und mein aufkeimender Feminismus schloss die Tür hinter den Frauen-als-Rivalinnen und erweiterte und vertiefte meine Freundschaften. Da ich als alleinstehende Frau in den dritten Akt meines Lebens getreten bin, habe ich erkannt, dass es neben der Familie diese Freundschaften sind, die meinem Leben Reichtum und Trost geben - die goldenen Fäden, die in den Teppich meines Lebens gewebt sind. Aber wir sind alle so mit unserem eigenen Leben beschäftigt. Ich muss sehr darauf achten, meine Freundschaften zu pflegen. Ich muss mich anstrengen. Wann immer ich in Los Angeles bin, lege ich großen Wert darauf meine Freunde anzurufen um zu versuchen, einander zu treffen. Das gleiche in New York. Ich e-maile regelmäßig. Als ich meine Memoiren schrieb, erlaubte mir meine Recherche, Leute auszugraben, die ich jahrzehntelang nicht gesehen hatte und ich lege großen Wert darauf, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Ihr habt einige der der wiederentdeckten Leute auf den Fotos in meinem Blog gesehen.

Jetzt, da ich weiß, wie wichtig Freundschaften sind (sie können einem sogar helfen gesund zu bleiben und die Heilung nach einer Operation zu beschleunigen), würde ich folgendes tun, wenn ich ohne Freunde wäre (dies ist speziell an den- oder diejenige gerichtet, der/die mir geschrieben hat, dass er/sie keine Freunde hat und sich gewundert hat, dass ich so viele habe): Ich würde einem Klub oder dem YWCA (Weltbund Christlicher Frauen e.V.) beitreten. Dort werden viele Dinge veranstaltet, die mich interessieren wie Vorlesungen über Außenpolitik, Malerei, Bildhauerei, Freiluftaktivitäten, Konzerte; einer Kirchengemeinde beitreten; Freiwilliger in einem örtlichen Seniorenzentrum oder einer Kirchengruppe oder Bibliotheksgruppe werden oder einer Friedensinitiative beitreten. Mit anderen Worten, ich würde sehr darauf achten, mich in Situationen zu begeben, in denen ich Leute treffen könnte, die meine Interessen teilen. Und dann, wenn ich einmal dort bin, würde ich großen Wert darauf legen, die Leute lieber auszufragen als von mir selbst zu sprechen. Wenn du schüchtern bist, dann sag es. "Verzeihen Sie, ich bin ein schüchterner Mensch. Aber ich bin daran interessiert, Freundschaften zu schließen und würde Sie gern kennenlernen. Leben Sie schon immer hier?" usw. Hier ist ein guter Rat: es ist besser, interessiert als interessant zu sein.

Ich hoffe, dass das nützlich ist.

Translated by/übersetzt von Andrea Witte


Leserbriefe/Letters to the editor

Jane Fonda hat einiges in ihrem Artikel geschrieben was auch auf mich zutrifft. Seit fast 3 Jahren arbeite ich aktiv an Deans Website mit. Diese 3 Jahre haben mich und mein Leben sehr positiv verändert. Davor war ich eigentlich nur Tochter, Ehefrau und Mutter. Mein Leben war zwar ausgefüllt mit der Familie, allerdings waren meine eigenen Wünsche sagen wir einmal eingeschlafen.

Jetzt sieht mein Leben ganz anders aus. Ich habe viele verschiedene Menschen durch die Website kennen gelernt. Mit einigen hat sich eine tiefe Freundschaft entwickelt. Mein Kalender ist jetzt ausgefüllt mit Aktivitäten die mich interessieren. Sei es ein Kinobesuch, ein Spaziergang, ein erlebnisreicher Urlaub oder auch Gespräche über Dean, der mir immer als Mensch sehr wichtig war und ist.

In der heutigen Zeit hat jeder von uns seine Probleme, ob nun die Angst den Job zu verlieren oder ob es um die Gesundheit geht. Darüber mit Freunden reden, sich beraten zu lassen ist sehr hilfreich. Ein wahrer Freund hört dir zu und nimmt deine Ängste und Probleme ernst. Wenn man darüber spricht, geht es einem hinterher sehr oft besser, weil du weißt, da ist jemand der dich seelisch unterstützt. Mir ist das sehr wichtig und ich bin sehr froh darüber Freunde zu haben.

Leider wohnen einige Freunde nicht in meinem nahen Umfeld. Allerdings ist es heute in der Zeit des Telefons und Computers viel leichter den Kontakt zu halten. Dean waren Freunde auch immer sehr wichtig, jetzt verstehe ich ihn noch besser - warum. Meine Freundin Andrea hat mir zu meinem Geburtstag u.a. eine Karte geschenkt mit 4 älteren Damen beim Kaffeekränzchen fröhlich redend. Auch ich hoffe in 20-30 Jahre solch eine Runde zu erleben.

Danke für eure Freundschaft Andrea, Annett, Annette, Astrid, Petra um nur einige Freunde aufzuzählen. Ich bin mir sicher, dass unsere Runde noch viel größer wird.

Eure Freundin Marion

15. April 2009
Thoralf Haß, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Lieber Tom Hanks!

Du hast Dir ja vor einigen Jahren die Rechte an der Verfilmung von Dean Reeds Leben gesichert. Allein die Ankündigung sorgte damals für viel Wirbel und brachte diesem bis dahin nur wenig beachteten Künstler viel Aufmerksamkeit ein. Man war sogar sehr erstaunt darüber, dass Du Dich mit Egon Krenz, einem mittlerweile ungeliebten Zeitgenossen, getroffen hast, um mit ihm über Dein Filmprojekt zu sprechen.

Leider hört man nichts mehr von der Verwirklichung Deiner Idee! Nur Egon Krenz schwärmt noch immer in seinem Memoiren von der Begegnung, obwohl er Dich bis dahin überhaupt nicht kannte. Woran liegt es denn, dass Dein Projekt auf Eis liegt? Fehlt Dir die richtige Besetzung? Du wolltest ja die Hauptrolle selber spielen. Mal ganz ehrlich, lieber Tom, Du bist zwar der bessere Schauspieler, aber Du siehst überhaupt nicht aus wie Dean Reed. Bei Euch in Amerika ist es vielleicht egal, die Leute rennen ja nicht wegen der Story ins Kino, sondern wegen Dir. Aber hier, in Europa, wo es Dean Reed zu einer gewissen Bekanntheit brachte, wird man sehr genau hinschauen, wer seine Rolle übernimmt. Du weißt ja bestimmt, dass europäisches Kino andere Ansprüche hat als Eure Hollywood-Produktionen von der Stange. Und außerdem, wer soll denn die Rolle von Dean Reeds Ehefrau Renate übernehmen? Diese Frau hat Stil, da muss schon jemand Besonderes kommen, nicht diese billigen Hollywood-Leichtgewichte, eher sowas wie Meryl Streep oder so. Oder Du suchst gleich bei uns in Europa. Victoria Abril aus Spanien wäre geeignet, die sieht der Renate ziemlich ähnlich.

Ich hätte da aber noch zwei andere Vorschläge: Jan Sosniok und Ellenie Salvo González. Wie jetzt, die kennst Du nicht. Schaust Du denn keine Filme? Ach so, europäische Filme laufen in Amerika nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Na gut, dann werde ich Dir mal ein wenig bei Deinen Vorbereitungen helfen!

Also, Jan Sosniok wurde als Seriendarsteller in "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" bekannt und zum Teenystar. Später spielte er in der Serie "Berlin, Berlin" mit, die mehrfach preisgekrönt wurde. Sogar den "Emmy" gab es dafür. "Emmy" kennst Du doch, oder? Du hast doch selber einige davon. Siehst Du, so schlecht kann der Schauspieler also nicht sein. Und wenn Du mal auf die Bilder schaust, eine gewisse Ähnlichkeit ist doch vorhanden, oder?

Apropos Ähnlichkeit, gleiches gilt übrigens auch für Ellenie Salvo González. Nein, nicht die Ähnlichkeit mit Dean Reed. Aber schau mal, lieber Tom, Renate Blume und Ellenie sind sich doch auch ähnlich, oder etwa nicht? Na also. Außerdem hat sie schon mit solch bekannten Regisseuren wie Til Schweiger und "Bully" Herbig zusammengearbeitet. Den Til kennst Du doch aus Hollywood, frag den mal, der wird Dir sicherlich berichten, dass Ellenie Salvo González mal eine ganz Große werden könnte. Und nun stell Dir mal vor, Du würdest sie besetzen. Du könntest später mal Deinen Enkeln sagen: "Seht Ihr, Kinder, diese Frau habe ich ganz groß rausgebracht".

Du siehst also, lieber Tom, es mangelt nicht an guten Darstellern für Dein Filmprojekt. Du müsstest Dich nicht zu sehr auf das Darstellerische konzentrieren, sondern kannst voll und ganz in Deiner Regiearbeit aufgehen. Den Rest machen andere für Dich. Also, überwinde Dich und denke noch mal drüber nach. Du könntest auch "Wounded Knee" verfilmen, wenn Du lieber amerikanische Geschichte als Thema haben möchtest. Das Drehbuch ist schon seit Jahren fertig, Dean Reed wollte selber den Film drehen mit sich und Renate in den Hauptrollen. Leider wurde nichts mehr draus, wie Du ja weißt.

Lieber Tom,

falls ich Dir weiterhelfen konnte, freut mich das. Vielleicht fehlte Dir ja bloß die richtige Initialzündung. Wenn Du noch Fragen hast, dann kannst Du Dich vertrauensvoll an mich wenden, ich helfe Dir doch gerne.

Viele Grüße und lass mal wieder was von Dir sehen!


russische Übersetzung: "Дорогой Том Хэнкс"

Leserbriefe/Letters to the editor

Zu dem Aspekt "Look-alike" möchte ich Folgendes zu bedenken geben:

Ist die äußerliche Ähnlichkeit der Schauspieler mit den realen Personen, die sie in einem biografischen Film darstellen, wirklich das wichtigste Kriterium? Heike Makatsch als Hilde Knef, Martina Gedeck als Ulrike Meinhof, Tom Cruise als Claus Graf Schenk von Stauffenberg - das waren sicher reizvolle Aufgaben für die Schauspieler, das war mehr als angeklebte Wimpern oder eine Augenklappe, aber das reicht trotzdem nicht, um aus "Hilde", "Der Baader-Meinhof-Komplex" oder "Operation Walküre" wirklich gute Filme zu machen. Aus welchen Gründen, mit welcher Idee und mit welchen Mitteln ich einen Film schreibe, drehe, produziere - darauf kommt es doch an. Wenn ich keine Geschichte zu erzählen habe, sondern mit einem "Look-alike" mehr oder weniger bekannte biografische Stationen nachstelle, bringt das dem Zuschauer vielleicht ein paar Wiedererkennungseffekte, aber wenn das alles ist, lohnt es den ganzen Aufwand nicht.

Erinnert euch mal an Dean Reeds Film "El Cantor". Gewiss, für die Rolle des chilenischen Sängers hat er sein Äußeres verändert, erscheint nicht als der wohlbekannte "El Blondito" aus den Italowestern. Aber er sieht weder wie Victor Jara aus noch trägt er dessen Namen. Dean Reed erzählt eine Geschichte, die sich an authentischem Geschehen orientiert, aber er hat sie exemplarisch angelegt, auch wenn er den Film Victor Jara und dem kämpfenden chilenischen Volk gewidmet hat. Es ist gerade ein Jahr her, dass in einem chilenischen Presseartikel (wieder einmal) moniert wurde, dass die Darsteller Bulgaren seien, dass Joan Jara ihre Zustimmung verweigert habe und dass im vom DDR-Fernsehen produzierten Film deutsch gesprochen werde. Trotzdem haben viele von euch immer wieder betont, von diesem Film bewegt und berührt worden zu sein - zuletzt erst wieder bei unserem gemeinsamen Kinobesuch im September 2008.

Was wir von Tom Hanks wissen, ist, dass er die Rechte am Titel "Comrade Rockstar" gekauft hat und dass er sich mit dem faszinierenden Leben von Dean Reed in der Zeit des Kalten Krieges beschäftigt hat. Spannend bleibt die Frage, WELCHE GESCHICHTE er nun in Spielfilmlänge erzählen will. Auf die Auswahl und den Blickwinkel kommt es an, aber doch nicht auf Vollständigkeit und "Look-alike". Denkt mal an die Bücher, Dokumentarfilme bzw. Fernsehbeiträge der letzten Jahre. Sie nähern sich dem Thema Dean Reed auf unterschiedliche Weise. Was wird Tom Hanks aus diesem MATERIAL formen? Dass er mit Computerhilfe sogar mehrere äußerlich verschiedene Personen in einem Film verkörpern kann, hat er im "Polarexpress" schon mal geübt.

Viele Grüße
Andrea


Ich habe neulich eine mail an Tom Hanks geschickt:

Dear Tom Hanks,

Let me first present myself. I'm a translator and I played bit parts in films and sang in a theatre choir.

I don't write for an autograph, because I'd like to get it from you personally.

The reason I contact you is the fact that I'm the "youngest" fan of Dean Reed, although I'm 58, since I saw the film "The Red Elvis".

As I know, you met Günter Reisch in Berlin to talk of the film-project of "Comrade Rockstar".

A lot of people asked me to invite you to celebrate Dean's birthday on September 26th, 2009 in Berlin, as we did for his 70th last year, where about 60 persons came to see films and talk about him.

I think, it will be very interesting to cling to that project, as in 2011, it will be 25 years since he died. And there are still a lot of old and new fans.

As for the global situation, it is important as ever to keep alive the memory of a man who faught for peace, freedom, and equality, even if he failed while trying his best.

And I think it would be a perfect part for you, as I like your acting very much.

For further information please contact:
www.deanreed.de

I wish you all the best, health and success
Ilga Röder


I want to say I'm very pleased to see some folks in Germany are finally confronting Hanks about why he has backed away from his movie project about Dean. And thank you for putting this information on the website. It is greatly appreciated.

I have contacted Hanks a couple of times over the past few years about this matter, but of course I never really expected him to respond to a peon like me. And he didn't. However, if those in your part of the world step up to the plate and demand some answers from him, he may find that sort of pressure too much to ignore. I think we ALL deserve an answer for why he felt it more important to do movies about fictional matter like the Da Vinci Code that does nothing but rip Christianity rather than doing a non-fictional movie about a fellow American who lived an unbelievable life and touched the hearts of millions throughout the world. Personally, I think it's disgraceful on the part of Hanks to lead people to believe he would do a movie about Dean and then end up doing nothing while giving no explanation why. Guess all one can say is, "That's Hollywood".

In time a major movie will be made about Dean. His life can't be ignored forever. But I'm convinced such a movie will never happen in my lifetime. I sense those behind the scenes are waiting for those of us who really knew Dean to die so we won't be around to raise hell if they make him out to be something or somebody he wasn't.

Thanks again for your attempt to get some answers from Hanks. I truly hope you're successful, but knowing how the Hollywood silk suits operate, don't hold your breath. Hope you're in good health and keep up the outstanding work with the website.

Regards,
John R. Rosenburg
Loveland, Colorado


Ich möchte sagen, dass ich sehr zufrieden bin, dass endlich ein paar Leute in Deutschland Hanks mit der Frage konfrontieren, warum er sich von seinem Filmprojekt über Dean abgewendet hat. Und danke für das Platzieren dieser Informationen auf der Webseite. Das ist sehr zu begrüßen.

In den letzten Jahren habe ich in dieser Angelegenheit etliche Male Kontakt zu Hanks aufgenommen, aber ich habe natürlich nie wirklich erwartet, dass er mir antworten würde. Hat er auch nicht getan. Wie auch immer, wenn jemand in eurem Teil der Welt hervortritt und einige Antworten von ihm einfordert, hält er vielleicht den Druck für zu stark, um ihn zu ignorieren. Ich finde, wir ALLE verdienen eine Antwort, warum er es für wichtiger hält, Filme über ausgedachte Sachen wie den Da Vinci Code zu drehen, der nichts weiter macht als die Christenheit zu zerreißen, anstatt einen nichtfiktionalen Film über einen amerikanischen Landsmann, der ein unglaubliches Leben lebte und die Herzen von Millionen in der ganzen Welt berührte. Persönlich halte ich es für undankbar von Hanks, die Leute glauben zu lassen, er würde einen Film über Dean machen und am Ende nichts zu tun und noch nicht einmal eine Erklärung dazu abzugeben. Wahrscheinlich ist alles, was man sagen kann: "Das ist Hollywood."

Im Laufe der Zeit wird ein großer Film über Dean gedreht werden. Sein Leben kann nicht für immer ignoriert werden. Aber ich bin überzeugt, dass es einen solchen Film nicht zu meinen Lebzeiten geben wird. Ich fühle, dass die Leute im Hintergrund warten, bis diejenigen von uns, die Dean wirklich kannten, gestorben sind, so dass wir nicht mehr da sein werden, um die Hölle aufzuwirbeln, wenn sie etwas oder jemanden aus ihm machen, das oder der er nicht gewesen ist.

Vielen Dank noch einmal für euren Versuch, Antworten von Hanks zu bekommen. Ich hoffe wirklich, dass ihr Erfolg haben werdet, aber im Wissen, wie die Seidenanzugträger in Hollywood agieren, haltet nicht den Atem an. Ich hoffe, dass ihr bei guter Gesundheit seid und die hervorragende Arbeit an der Webseite fortsetzt.

Viele Grüße von
John R. Rosenburg
aus Loveland, Colorado

Translated by/übersetzt von Andrea Witte


I note that the Hanks biopic has been called off. Here I can only breathe a sign of relief since the project seemed a disaster from the word 'go'.

Tom Hanks resembles Dean as much as Mickey Rooney Arnold Schwarzenegger. He is far too old and uncharismatic. One dreads to think what film would have emerged. A FORREST GUMP version of Dean's life with the character eventually becoming ashamed when he confronts an old peasant who just wants a quiet life as Omar Sharif's Che does in Richard Fleischer's biopic.

I think any future project would be better off in European hands (and certainly kept distant from the author of COMRADE ROCKSTAR!). Johnny (who kindly sent me a DVD of Dean's last touching Colorado performance) is probably correct when he thinks that the suits in Hollywood want those who knew Dean to die off. Also, the Reed project encompassing several geographical locations, to say nothing of period costumes, would need a massive financial input and result in something far inferior to EL CANTOR and BLOODBROTHERS. Let Tom Hanks make another dreary sequel to the ultra-dreary DA VINCI CODE and leave any future representation of Dean's life and significance to people who would be more sincere in this project.

Tony Williams

13. April 2009
Thoralf Haß, Kontakt: Redaktion@DeanReed.de

Willkommen in der DDR!

Goodbye DDR

Als vor gut 20 Jahren die Mauer fiel, war damit scheinbar auch das Ende der DDR besiegelt. Aber war es das wirklich? Denn noch immer ist die DDR in vielen Köpfen fest verankert. Kein Wunder, wenn man auch heute noch ständig an die DDR erinnert wird. Es scheint fast so, als hätte die größte DDR aller Zeiten üerlebt.

Natürlich gibt es Zweifler, die es besser wissen. Es gibt ja nicht wenige Persönlichkeiten in den verbrauchten Bundesländern, die aus der sicheren Entfernung heraus sogar wissen wollen, wie die Brüder und Schwestern im anderen Teil Deutschlands wirklich gelebt haben. Ständig wird man mit abenteuerlichen Thesen konfrontiert, die von der Realität genauso weit entfernt sind wie der Mond von der Erde. Man versucht sogar, den Bürgern im Ossiland Begriffe in den Mund zu legen, die es nie im Sprachgebrauch gab. Auch in der atheistisch geprägten DDR hießen die Weihnachtsengel Weihnachtsengel und nicht Jahresendflügelfiguren. Und bestattet wurde man genauso wie im Westen in Särgen und nicht in Erdmöbeln.

Inzwischen ist ein Streit entbrannt, ob die DDR ein Unrechtsstaat war oder nicht. Aber diese Frage muss jeder selber für sich beantworten. Telefonjoker und Publikumsumfragen sind übrigens bei der Beantwortung nicht gestattet!

Überhaupt sollte erst einmal geklärt werden, wieviel Einwohner die DDR wirklich hatte. Offizielle Quellen sprechen von rund 16 Millionen. Das kann aber so nicht stimmen, denn zu den 16 Mio. Einwohnern kommen noch einmal ca. 16 Mio. Widerstandskämpfer gegen die Obrigkeit. Dazu noch einmal mehrere Mio. Mitarbeiter für das Bespitzelungssystem der DDR. Selbst die einfache Putzfrau, die in einer Dienststelle nicht mal in die Reichweite von Stasiakten gelangte, wird heute diskriminiert, weil sie für das MfS arbeitete. Aber wer, wenn nicht die Putzfrau musste den Dreck der Stasi wegräumen?

Apropos Stasi. Man meint ja, es kann nicht mehr schlimmer kommen als mit der Stasi. Aber der deutsche Bundesinnenminister sorgt ständig dafür, dass das Andenken an die Stasi gewahrt bleibt. In schöner Regelmäßigkeit kommen von ihm neue Vorschläge, wie man den Bürger der neuen deutschen Republik überwachen kann. Natürlich heißt das bei ihm nicht Überwachung, sondern Terrorismusbekämpfung. Der Feind ist schließlich überall. Und genau aus diesem Grund hat schon viel früher das MfS den Kampf gegen den Terrorismus aufgenommen und seine Bürger nur deswegen ausgespäht. Allerdings war man viel effektiver. Man kundschaftete gesamtgesellschaftlich, geleitet von einer Zentrale. Heutzutage müssen ja die Betriebe eigene Kapazitäten bereitstellen, um die arbeitende Bevölkerung auszuspionieren. Lidl benutzt Überwachungskameras, die Bahn überwacht den Mailverkehr und die Telekom überwacht die Telefongespräche. Könnte man das nicht bündeln? Die Stasi hat es doch vorgemacht, wie es geht...

Schon kurz nach der "Wende" erfand der Dresdner Kabarettist Uwe Steimle den Begriff Ostalgie und löste damit eine Art "Jetzt erst recht"-Stimmung aus. Es dauerte zwar eine Weile, aber inzwischen ist im Osten Deutschlands eine Art Gegenreaktion zu den ständigen Bevormundungen entstanden. Ostdeutsche Prominente wie Handball-Legende Stefan Kretschmar und andere machen sich mittlerweile einen Spaß daraus, ihre DDR-Vergangenheit nicht länger zu verleugnen. Da bleibt auch der eine oder andere Seitenhieb auf die üblichen Klischees nicht aus. Der gemeine Ossi lacht sich schlapp und der ehemalige BBKF* schaut ein wenig irritiert. Und der Satz "Wir hatten ja Nichts" taugt immer häufiger für eine Belustigung unter Gleichgesinnten.

Aber was ist nun wirklich übrig geblieben von der DDR? Eigentlich mehr als den lieben Brüdern und Schwestern jenseits der Demarkationslinie lieb sein dürfte.

War man zu DDR-Zeiten genervt, ständig im Parteilehrjahr die Theorien von Marx, Engels und Lenin studieren zu müssen, stellt man heute mit Erstaunen fest, wie richtig diese Lehren waren. Dumm nur, dass die wenigsten von uns damals richtig aufgepasst haben. Konnte ja schließlich keiner wissen, dass es mal wirklich so kommt wie vor 100 Jahren vorhergesagt. Alles was in den Büchern steht, trifft heute in Zeiten der Weltwirtschaftskrise treffend zu. Manche Optimisten sprechen sogar schon vom Untergang des Kapitalismus. Und "Das Kapital" von Karl Marx verkauft sich plötzlich wieder wie blöd. Falls also mal die Produktion ins Stocken kommen sollte, der Autor dieser Zeilen war clever und hat seine Exemplare von Damals nicht auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen, sondern aufbewahrt und stellt sie gerne zur Verfügung!

Aber wenn nun der Kapitalismus am Ende ist, was kommt danach? Etwa der Sozialismus schon wieder? Teile davon sind ja schon längst wieder da. Oder sagen wir besser, Teile der so hoch gelobten "ESG"*. Denn ohne es zu merken hat der Osten den Westen doch noch überholt ohne einzuholen.

Der ABV von damals nennt sich heute Kontaktbereichsbeamter. Allerdings ist er wie damals wohl nur ein Phantom, denn man bekommt ihn nie zu Gesicht. Hat man früher als junger Pionier Altstoffe (liebe westdeutsche Mitbürger und Mitbürgerinnen: Altstoffe waren keine alten Stoffe, sondern Papier, Britta Steffen, © SUPERillu Pappe sowie Flaschen und Gläser) zum Serohandel geschafft, übernimmt das heute praktischerweise die Müllabfuhr. So hat die junge Generation mehr Zeit, sich um wichtigere Dinge zu kümmern. Zum Beispiel, um Sport zu treiben. Früher wurden die besten Nachwuchssportler auf der KJS* gezüchtet, heute gibt es sportbetonte Schulen, wobei die Ansätze zwar richtig, die Erfolge aber noch nicht ganz die Gleichen sind. Allerdings, Spitzensportler haben auch heute noch merkwürdige Sponsoren. Früher waren "Dynamo" und die "ASK Vorwärts", also dem MdI bzw. dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellte Sportorganisationen, Forderer und Förderer von Hochleistungsathleten, heute sind es die Bundespolizei, der Zoll oder die Bundeswehr. Solange Erfolge dabei herausspringen, ist aber dagegen nichts einzuwenden!

Ostprodukte haben ebenfalls lange gebraucht, um die Herzen der Bürger zurück zu gewinnen. Aber mittlerweile sind einige "Ostprodukte" Marktführer in Gesamtdeutschland, andere haben völlig untypisch für die Gesamtentwicklung den Konkurrenten aus dem Westen einfach übernommen. Meist war es ja umgekehrt. Allerdings sind scheinbar einige Produkte für immer verloren: action-Jugendkosmetik, Ba-du-san (Schaumbäder), bon-Schokoriegel, Creck-Schokolade mit Sammelbildern, Mekorna, Frösi, Atze, NBI* u.v.a.

Wird man krank, und das kann in Zeiten wie diesen schnell passieren, geht man wieder in die Poliklinik, pardon, ins "Medizinische Versorgungszentrum", was aber nichts anderes als eine Poliklinik ist. Wer Glück hat, trifft sogar noch seinen früheren Arzt wieder.

Aus den Polytechnischen Oberschulen wurden erst Grund- oder Realschulen, später Gesamtschulen und neuerdings wieder Oberschulen. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, wann der Zusatz "Polytechnisch" neu erfunden wird.

Apropos neu erfinden: Schon mal was von Casting-Shows gehört? Gab es bei uns schon seit den 60er Jahren und hießen damals "Junge Talente". Über Kreis- und Bezirksausscheide qualifizierte man sich zum Heinz Quermann großen Finale. Heinz Quermann brachte dann die besten "Jungen Talente" ins Fernsehen, wo sie jedoch nicht von einer voreingenommenen Jury verbal auf Mindestmaß gekürzt wurden, sondern vielmehr motiviert. Egal wie schlecht man war, man war gut! Und aus den jungen Talenten von Damals wurden alte Haudegen, die immer noch auf der Bühne stehen und ganze Hallen füllen. Ob Puhdys, Karat oder City, man kriegt zwar schon Rente, aber man tobt sich immer noch aus. Und beweist nebenbei ein längeres Haltbarkeitsdatum als viele sogenannte Superstars von Heute, die nicht mal einen Sommer überleben.

Das Sandmännchen musste sogar wieder ins Fernsehprogramm aufgenommen werden, nachdem man es kurzeitig abwickelte und in den Ruhestand schickte. Als aber die Proteste der Eltern zunahmen, fragte man das Sandmännchen, ob es unter marktwirtschaftlichen Bedingungen gewillt ist, weiterhin seinen Traumsand zu verstreuen. Das Sandmännchen sagte Ja. Leider wurden dadurch westdeutsche Arbeitsplätze vernichtet, denn der West-Sandmann sowie "Wolf und Rüffel" mussten den bitteren Weg in die Arbeitslosigkeit gehen.

Man könnte die Aufzählungen beliebig fortführen, aber das würde viele Bürger ohne polytechnische Oberschulbildung nur unötig verunsichern. Außerdem würde man dem Image des "stasibehaftenen Jammerossis" (Zitat: Stefan Aust, ehem. Chefredakteur beim "Spiegel") nicht mehr gerecht werden. Und wir wollen doch nicht, dass die im Westen wirklich glauben, dass im Osten alles besser war. Denn dann müssten die sich mit unserer Geschichte ernsthaft auseinandersetzen und wir müssten ihnen erzählen, wie wir wirklich gelebt haben...

* Begriffersklärung:

BBKF = Bitterböser Klassenfeind
ESG = Entwickelte Sozialistische Gesellschaft
ABV = Abschnittsbevollmächtigter
KJS = Kinder- und Jugendsportschule
NBI = Neue Berliner Illustrierte


Leserbriefe/Letters to the editor

Klasse Artikel. Respekt!

Knechtel Family (Deutsche-Mugge)

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Letzte Änderung: 2009-12-15