Berliner Morgenpost 10.02.2007

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Kultur

Die wilde Tamara und der rote Elvis

Der DDR-Pop-Geschichte auf den Spuren: Musikerporträts sind im Panorama zu sehen

Von Jörg Peter Löblein

Dean Reeds mythologische Wiedereinbürgerung in den Westen steht immer noch aus. Vor geraumer Zeit bereits wurde annonciert, dass Tom Hanks das Leben des amerikanischen Sängers, Schauspielers und Sozialisten verfilmen werde, der 1973 in der DDR seine Wahlheimat gefunden hatte. Der Berliner Dokumentarfilmer Leopold Grün war schneller als Hollywood: Im Panorama zeigt er nun sein in jahrelanger Recherchearbeit entstandenes Porträt über den "roten Elvis", das neben allerlei aufschlussreichem Archivmaterial vor allem Zeitgenossen und Wegbegleiter zeigt, die versuchen, sich ein Bild zu machen von Dean Reed - jenseits der Legendenbildung, zu der auch die Umstände seines Ablebens beitrugen: Am 17. Juni 1986 wurde der damals 47-Jährige tot aus dem Zeuthener See bei Berlin gezogen.

Zu Wort kommen Reeds Bewunderer ebenso wie seine Kritiker: ein Radio-DJ aus Denver und Bergarbeiter aus Santiago, seine deutschen Ehefrauen und seine Geliebte, seine Regisseure und Egon Krenz. Das Bild vom sozialistischen Cowboy, vom Kämpfer für die Unterdrückten dieser Welt wird in diesem Stimmenarrangement freilich immer brüchiger, am Ende behält wohl Armin Mueller-Stahl Recht, der sich angesichts des amerikanischen Überläufers erboste: "Was will der hier? Hier ist er doch sofort wie ein Spielauto, das sich immer am Tisch so rumdreht und in alle Richtungen fährt, aber über die Kante nie hinaus."

Sollte hingegen irgendwann einmal ein Spielfilm über Tamara Danz gedreht werden, die ebenfalls früh verstorbene Sängerin der Ost-Berliner Rockgruppe Silly, dann dürfte eine hübsche Szene nicht fehlen, die ihr Gitarrist und Ehemann Uwe Hassbecker in Peter Kahanes Dokumentation "Tamara" überliefert: Man stelle sich vor, wie sie da mit ihrer riesigen Löwenmähne vor einem zugeknöpften DDR-Funktions- und Schlipsträger steht und nach einigen Worten an ihn herantritt, um ihm mit den Worten "Entspann dich doch mal" die Krawatte zu lockern. "Die haben geschwitzt, wenn Tamara in ihre Nähe kam", sagt Hassbecker.

Mit "Der rote Elvis" und "Tamara" ist das Panorama in diesem Jahr also zwei höchst gegensätzlichen Phänomenen der DDR-Popgeschichte auf der Spur: Hier Dean Reed als irrlichternd umherschweifende Agit-Prop-Gestalt von letztlich lächerlicher Traurigkeit, dort Tamara Danz als vorwiegend melancholisch gestimmte Kritikerin ihres Landes, als Fixstern, um den die Freunde gerne kreisen. Die Lücke, die die 43-jährig an Krebs gestorbene Sängerin hinterlassen hat, wird spürbar in jeder Minute dieses Films.

Zu den Porträts der beiden Verstorbenen gesellt sich im Panorama eine dritte Musikdokumentation aus Berlin: Uli M Schueppel - vom dem auch der zweifellos meistgesehene Film der Berlinale stammt, der Festivaltrailer nämlich - beobachtet in "BerlinSong", wie einige zugereiste junge Bohemiens aus aller Welt ihre Berlin-Gefühle in Lieder verwandeln. Es geht, wie immer in Berlin, um das Werden, das Fertiggestellte bleibt Illusion.

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