Nico Diener

Schluss mit dem Krieg!

Der Bundestag muss aufhören, die Bundeswehr in verfassungswidrige Kriege zu schicken.
APPELL von Jürgen Todenhöfer, Willy Wimmer vom 23.10.2019
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Nico Diener

Immer wieder kommt es mal vor, das Personen aus dem bürgerlichen Lager sich in Richtung fortschrittlich/links äußern oder sogar aktiv werden. Dazu fallen mir Martin Niemöller, Heiner Geisler, Manuela Schwesig, Erwin Sellerin, Regine Hildebrandt und Norbert Blüm ein. Obwohl sie keinen Klassenstandpunkt vertreten, stehen sie mit ihren Erkenntnissen nicht auf der Seite der Profitjäger und Kriegshetzer und ihren Marionetten in den Parlamenten. Das wir letztlich mit ihnen „Pferde stehlen können“ bezweifel ich. Ihre Erkenntnisse sind aber durchaus nützlich für uns und im Kampf gegen die Kriegstreiber sollten wir sie mit wachsamen Auge ernst nehmen.

Bundestagsdebatte am 24. Okt. 2019: Der Bundeswehreinsatz gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak wird fortgesetzt. Der Bundestag stimmte am Donnerstag für die Verlängerung des seit bald vier Jahren laufenden Mandats. Bild: YouTube screenshot

Nun meldeten sich, anlässlich der geplanten Verlängerung des Bundeswehrmandates für Syrien und den Irak der frühere verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Willy Wimmer und der frühere rüstungskontrollpolitische Sprecher der CDU/CSU Jürgen Todenhöfer mit einem Appell an die Bundesregierung zu Wort. Zwei, eigentlich konservative Politiker zeigen viel Wissen und fordern die Bundesregierung auf ihr verfassungswidriges Kriegstreiben umgehend zu beenden.

Todenhöfer ist schon für seinen Einsatz für einen gerechten Frieden in Nahost bekannt und bekämpft die Heuchelei des „Westens“.

Mich interessiert grundsätzlich nicht so sehr WER etwas sagt, sondern eher WAS wer sagt und WIE er es sagt. Aussagen aus dem arabischen Raum – den auch ich kenne (ich spreche ägypt. arabische Umgangssprache) – von Todenhöfer waren für mich bisher recht aufschlussreich und – soweit ich es beurteilen kann – zutreffend.“ Dies schrieb kürzlich der Publizist Wolfgang Honold in einem Kommentar, in dem es um die Glaubwürdigkeit konservativer Politiker ging.

Lasst uns also lesen, das die beiden uns zu sagen haben.
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„Schluss mit dem Krieg!

Der Bundestag muss aufhören, die Bundeswehr in verfassungswidrige Kriege zu schicken.
APPELL von Jürgen Todenhöfer, Willy Wimmer vom 23.10.2019

Sehr geehrte Frau Bundeskastlerin, sehr geehrte Bundestagskollegen, liebe Soldatinnen und Soldaten des betreffenden Aufklärungsgeschwaders, des Lufttransport-Kommandos und der betroffenen AWACS-Einsatzflugzeuge!

Bitte wehren Sie sich bei der Bundestagsdebatte am [24.10.2019] und erforderlichenfalls auch danach gegen den weiteren Einsatz der deutschen Bundeswehr in Syrien und im Irak!

DER BUNDESWEHREINSATZ IN SYRIEN UND IM IRAK IST VERFASSUNGSWIDRIG, UNSINNIG UND KONTRAPRODUKTIV.

Verfassungswidrig, weil es für diesen Einsatz kein Mandat des UN-Sicherheitsrats gibt. Das bestätigen nicht nur namhafte Völkerrechtler, sondern auch der Ex-Chef der Rechtsabteilung des BMVg Dieter Weingärtner.

Die Behauptung, man könne untergetauchte IS-Terroristen im Irak oder Syrien mit Flugzeugen finden, ist eine intellektuelle Beleidigung der deutschen Bevölkerung einschließlich unserer Soldaten. Viel wahrscheinlicher ist, dass es dem Westen –auch im Blick auf den Irankonflikt –darum geht, seine militärische Präsenz in Syrien und im Irak aufrecht zu erhalten.

Die Städte-Bombardements der Anti-IS-Koalition, für die die Bundeswehr die Aufklärung liefert, haben in der Vergangenheit bereits zigtausenden unschuldigen irakischen und syrischen Zivilisten das Leben gekostet. Etwa im irakischen Mossul, wo 20.000 Zivilisten getötet wurden, oder im syrischen Raqqa.

Noch Ende August 2019 wurden in der Provinz Idlib (!) bei einem US-Raketenangriff auf „Terroristen“ Zivilisten getötet. Deutschland trägt durch sein Mandat Mitverantwortung für jede dieser menschlichen Katastrophen.

Bomben auf Städte sind keine sinnvolle Terror-Bekämpfung. Viel wirkungsvoller wären die klassischen Strategien zur Terrorbekämpfung wie Unterwanderung, Geld oder Unterbindung der Waffenströme in Zusammenarbeit mit lokalen Antiterror-Einheiten.

Wir fordern die deutsche Bundeskanzlerin und die deutschen Abgeordneten auf, das verfassungswidrige Mandat nicht zu verlängern. Der Bundestag muss aufhören, sich bei Auslandseinsätzen das Grundgesetz „ZURECHT ZU BIEGEN“, wie der langjährige Leiter der Rechtsabteilung des BMVg, Dieter Weingärtner, das bitter genannt hat.

Für den Fall, dass der Bundestag das verfassungswidrige Mandat dennoch verlängert, bitten wir alle betroffenen Soldaten, ihr Gewissen sorgfältig zu überprüfen. Es kann nicht Aufgabe unserer Soldaten sein, das Grundgesetz zu brechen.

Sie würden dadurch gegen ihren Soldateneid verstoßen. Er lautet:„Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das RECHT und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

“Die Bundesregierung und die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten wissen, dass das Mandat der Bundeswehr für Syrien und den Irak verfassungswidrig ist. Unter früheren Bundesregierungen wäre es undenkbar gewesen, einen derart offenkundig verfassungswidrigen Krieg zu führen und dafür auch noch die Zustimmung des Bundestags zu erhalten.

Das Mandat widerspricht dem klaren Friedensgebot unseres Grundgesetzes.Wir sind ein Rechtsstaat. Ein Rechtsstaat darf keine verfassungswidrigen Kriege führen. Beenden Sie bitte unverzüglich diesen verfassungswidrigen Zustand!

Willy Wimmer, Jürgen Todenhöfer“

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Diesen Appell kommentierte Emil Brütsch, aus Bergisch Gladbach* wie folgt:
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„Und was macht der Deutsche Bundestag?

„Der Bundestag hat den Einsatz von‘Tornado‘-Aufklärungsjets und Tankflugzeugen im Rahmen derinternationalen Koalition gegen den ‘Islamischen Staat‘in Syrien und im Irakbis 31.03.2020 verlängert. 343 Abgeordnete stimmten dafür, 274 dagegen, drei enthielten sich.

Die Ausbildung von kurdischen Soldaten im Irak durch die Bundeswehr wurde um ein Jahr verlängert.{2}

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Grundsätzliches zum Gewaltverbot

Damit hat der Bundestagerneutgegen das Grundgesetz(GG), den Zwei-plus-vier-Vertrag unddie UN-Charta gestimmt. Denn:

Die Charta der Vereinten Nationen umfasst das in Art. 2 Abs. 4 verankerte Gewaltverbot, das den Staaten verbietet, Gewalt gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates anzudrohen oder anzuwenden. Sie beinhaltet auch ein Interventionsverbot, welchesdas Eingreifen in die inneren Angelegenheiten eines Staates untersagt. Einzige Ausnahmen des Gewaltverbots bzw. Interventionsverbots sind das Selbstverteidigungsrecht (Art. 51 UN-Charta) und die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nach vorangegangener Feststellung einer Bedrohung oder eines Bruchs des Weltfriedens durch den Sicherheitsrat.{3}

Das Gewaltverbot der UN-Charta gehört zum Völkerrecht und ist gemäß Artikel 25 GG unmittelbar geltendes Recht in der Bundesrepublik Deutschland.

In Artikel 26 Abs. 1 GGheißt es: Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenom-men werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.

Nach Art. 2 (Verbot des Angriffskrieges) des Zwei-plus-Vier-Vertrages vom 12.09.1990 über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland gilt mit Inkrafttreten am 15.03.1991: Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihre Erklärungen, dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird. Nach der Verfassung des vereinten Deutschlands sind Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zustören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar. Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erklären, dass das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen.

Der in Ausführung des Art. 26 GG erlassene § 80 StGB umfasst tatbestandsmäßig nur die Vorbereitung eines Angriffskriegs mitDeutschland als Teilnehmer, wenn die konkrete Gefahr eines solchen Krieges auch tatsächlich droht. Als einzige Ausnahme kann angesehen werden, wenn nach einer Resolution des UN-Sicherheitsrats gemäß Art. 42 oder Art. 53 der Charta der Vereinten Nationen, die eine Basis für das Völkerrecht ist, die Anwendung militärischer Gewalt unter deutscher Beteiligung beschlossen wird.“

Quellen:
{1} https://www.rubikon.news/artikel/schluss-mit-dem-krieg
{2} https://www.jungewelt.de/artikel/365412.tornado-einsatz-%C3%BCber-syrien-verl%C3%A4ngert.html
{3} https://www.humanrights.ch/de/internationale-menschenrechte/uno/sicherheitsrat/charta/

* = In: Aktuelles Flugblatt der Mahnwache für Weltfrieden
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