Rui Filipe Gutschmidt

Deutschlands Bildung – Veraltet und gefährlich

Rui Filipe Gutschmidt

Ein elitäres System aus dem 19. Jahrhundert, dass unsere Kinder schon früh in Schubladen steckt. In der 4. Klasse entscheidet sich weitestgehend das weitere Leben der Kinder in Deutschland. Gymnasium, Hauptschule, Real- oder Mittelschule… Auf die Kinder der Industriearbeiter wartet eine Karriere im Hartz IV Team. Die Eliten pressen ihren Nachwuchs in einen Leistungswettkampf.

Die Deutschen sind ein Volk, für die Fleiß, Effizienz, Ordnung und vor allem Leistung einen hohen Stellenwert hat. Doch die Zeiten, in denen man seiner Leistung entsprechend entlohnt wurde sind vorbei und arbeitsaufwendige Produktionsprozesse werden in Billiglohnländer ausgelagert. Auch wird immer mehr robotisiert und es gibt immer weniger Arbeit für wenig oder gar nicht qualifizierte Menschen. Dazu kommt eine alternde Bevölkerung, die immer später in Rente gehen sollen aber immer früher keine Arbeit mehr findet.

Die Zuwanderung von Fachkräften ist keine nachhaltige Lösung und resultiert in Konflikte die wiederum von Populisten geschürt und genutzt werden. Die meisten Menschen die nach Deutschland kommen fliehen vor Krieg, Hunger, Misere, haben keine Deutschkenntnisse und nur selten eine gute berufliche Qualifikation. Sie haben aber den Willen zu lernen! Ein Wille, der unseren Kindern und Jugendlichen oft im Laufe ihrer Schulzeit abhanden kommt. Doch warum ist das so?

Gymnasium am Moltkeplatz – Bild von Philipp Beckers, Flickr.com CC BY-SA 2.0

Deutschlands Bildungssystem ist obsolet. Es beginnt in der KITA, die sich nicht jeder leisten kann. Später, bei der Einschulung, werden manche Kinder Vorteile haben, da sie in einer privaten Vorschule schon lesen und schreiben gelernt haben und oft sogar schon Englischunterricht hatten. Andere, die bei Oma und Opa ihre frühe Kindheit verbrachten, werden nicht selten als „schlecht vorbereitet“ angesehen. Aber was ist eigentlich der richtige Weg für die Erziehung unserer Kinder? Von klein an in Kindergärten und Vorschulen stecken? Kinder müssen spielen. Steckt sie nicht von klein an in die Zwangsjacke eines perfiden Systems der „Leistung oder Misere“.

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Denn ja, die Armut ist gewollt. Hartz IV hält die Menschen in einem ständigen Kampf ums Überleben und im Versuch dieser Misere zu entkommen, akzeptiert man prekäre Arbeitsbedingungen und schluckt so manches, was man sonst nicht hinnehmen würde. Versteht sich von selbst, dass sich die Armut innerhalb der Familien hält und von Generation zu Generation weitergereicht wird. Denn es ist klar, dass vor allem auf die Kinder von Eltern mit geringer Schulbildung, wiederum die Hauptschule wartet. Eine Kariere in Deutschlands „Ein-Euro-Job“ AG oder riskieren beim Müll tauchen verhaftet zu werden. Pfanddosen und Flaschen sammeln sollte man den Senioren überlassen, einfach aus Respekt vor dem Alter…

Sarkasmus mal außen vor gelassen, sollten wir uns mal darauf besinnen, was wir für eine Gesellschaft wollen und wie die Erziehung, Bildung und die ständige Erwachsenenfort- und Weiterbildung aussehen muss, um die Gesellschaft der Zukunft zu erhalten, die unsere Kinder als wünschenswert ansehen. Die FFF-Bewegung zeigt gut, dass unsere Kinder mehr wollen als in einer robotisierten Welt aufs Abstellgleis gestellt zu werden, bevor sie überhaupt dazu kommen einen Beitrag zu einer besseren, sauberen und gerechteren Welt zu leisten. Die Mehrheit derer die im Dienst eines großen oder mittleren Konzerns stehen, sind moderne Sklaven, ohne Rechte, schlecht bezahlt und stets Gefahr laufend, durch einen Leiharbeiter ersetzt zu werden, wobei der Leiharbeiter stets Gefahr läuft, seinen Job an ein vollautomatisches Robotersystem zu verlieren.

Die Hauptschulabgänger haben keinen leichten Start ins „Arbeitsleben“. Lehrstellen werden ihnen von Abiturienten streitig gemacht, die Industrie wird ins Billiglohnausland verlagert und das Know-How an den meistbietenden verscherbelt. In der neoliberalen Welt gibt es keinen Platz für gering qualifiziertes Personal. Eine Abwärtsspirale vertieft den Graben zwischen Arm und Reich, erleichtert die Ausbeutung, fördert den Populismus und schafft den Nährboden für eine „Neue Rechte“ die sich innerhalb der Demokratie mit Lügen und Verschwörungstheorien breit macht. Und gerade da, wo das Bildungsniveau schwach ist, bekommt die AfD die meisten Stimmen.

Alles Nazis? Mit Nichten. Die Jugendlichen werden – gerade im Osten der Republik – nach Strich und Faden verarscht! Es beginnt in der Grundschule, wo man nicht nur gute Noten braucht um nach der vierten Klasse aufs Gymnasium zu kommen, sondern auch Eltern mit Geld für Nachhilfeunterricht, gutes Schulmaterial, PC, Laptop und Zubehör und dann natürlich eine standesgemäße Kleidung und dergleichen mehr. Mobbing ist ein Thema, Arme Kinder werden schnell ausgegrenzt. Also ist das Bildungssystem eine Form der Machterhaltung der Eliten in Deutschland? Zweifellos. Es scheint aber niemanden zu stören, dass der große Teil der Bevölkerung dabei verdummt oder zumindest einen Hass auf diese Gesellschaft entwickelt, der sich auf Kurz oder Lang bemerkbar macht.
Mehr dazu ein anderes Mal, aber die Diskussion ist eröffnet.


Erstveröffentlichung am 1. November 2019 in unserer Partnerzeitung INFO-WELT.

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