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März04
on 4. März 2017
Veröffentlicht in: Allgemein

Susan Bonath

Und die Profite sprudeln

Armutsbericht

Susan Bonath

Die Zahl der Armen in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Armut betrifft fast ein Sechstel der deutschen Bevölkerung: knapp 13 Millionen Menschen. Zu keiner Zeit seit der Einverleibung der DDR gab es so viele Abgehängte. Armut ist unübersehbar: Unter Berliner Brücken, in Frankfurter Bahnhöfen, in Hamburger Parks – zum Beispiel. Darum verwundert der neue Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes nicht. Er belegt nur eine Entwicklung, die seit langem bekannt ist; eine Tendenz, welche die Regierenden beharrlich gleichgültig ignorieren – und fördern.

Die Koalitionäre feiern in Berlin lieber die deutschen Exportüberschüsse. Die kletterten im vergangenen Jahr auf 253 Milliarden Euro. Das ist ein neuer Rekordwert seit dem Ende der DDR, und ein Achtel des gesamten Bruttoinlandsproduktes. Auch das steigt immer weiter: Mit 3,13 Billiarden Euro schufen Beschäftigte im Deutschland des Jahres 2016 doppelt so viele Werte wie 1991.

Zu verdanken ist das auch einem boomenden Niedriglohnsektor und den seit Jahren stagnierenden mittleren Einkommen. Und während die Wirtschaft brummt, wächst die Zahl derer, die von ihrer Arbeit nicht mehr leben können. »Unterbeschäftigt« nennt die Bundesagentur jene, die mit Hartz IV aufstocken müssen. Im Februar lebten mit 6,1 Millionen wieder mehr Menschen von dieser minimalen Grundsicherungsleistung.

Anstatt die Wirtschaft an die Kandare zu nehmen, dafür zu sorgen, dass alle vom Boom profitieren, lässt die Politik die Armen gängeln. Wer nicht bereit ist, billig für fremde Profite zu schuften, den sanktionieren Jobcenter bis auf null. Mittellose Familien aus dem EU-Ausland werden dieser Tage von Sozialämtern mit Bescheiden über die Einstellung von Leistungen drangsaliert. Mehr als 330.000 Stromsperren im vorigen Jahr belegen: So viele Menschen, wie in eine mittlere Großstadt passen, können sich keine Energie mehr leisten.

Armut, Foto: free CC0 Public

Noch größer ist die Zahl der Obdachlosen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hatte bis zum Ende dieses Jahres ihren Anstieg auf eine halbe Million prognostiziert – unter ihnen Zehntausende Minderjährige. Betroffene sammeln Flaschen, betteln an Bahnhöfen, schlafen in U-Bahn-Tunneln. Inmitten einer obszönen Dekadenz der Reichen wächst ein Stück »Dritte Welt« in Deutschland.

Doch es ist abzusehen, dass die Parteien, die sich christlich oder sozialdemokratisch nennen, die Schuld weiterhin den Armen anlasten werden. Die Betroffenen sollen gefälligst sehen, wo sie bleiben, seien es die Alleinerziehenden, die verarmten Rentner oder die ehemaligen Kohlekumpel im Ruhrgebiet. Hauptsache, die Profite sprudeln immer schneller in die Kassen der Konzerneigner und Investoren. Hauptsache, die deutsche Wirtschaft wächst. Vom Rechtsstaat wird nur gegängelt und verfolgt, wer zu schwach ist, beim Monopoly mitzuhalten.

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Erstveröffentlichung: Junge Welt, 24.02.2017. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Autorin
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└ Schlagwörter: Hartz IV
1 Kommentar
März03
on 3. März 2017
Veröffentlicht in: Allgemein

Hartmut Barth-Engelbart

Noch ein FriedensNobelPreisträger
gegen Trump: George W.Bush

Kommentare & Kritik erwünscht!

Hartmut Barth-Elgelbart

Noch ein FriedensNobelPreisträger gegen Trump: George W.Bush oder ist er als nächster nach Obama und Killary Clinton vorgeschlagen?
Meine Artikel über George W. Bush und seinen Clan, zu Soros und Trump werden zwar via Internet wöchentlich mehrtausendfach angeklickt und gelesen, aber es kommen höchst selten Kommentare & Kritik. Gerade aber darauf hoffe ich immer, wenn ich meine Artikel ins Internet stelle. Gerade jetzt wo es darauf ankommt präzise zu analysieren, in welche Richtungen die US- und EU-Kapital-Fraktionen marschieren und wie und ob sie Trump auf ihre Linie bringen und ihn wie einen domestzierten Stier am Nasenring durch die Arena zerren. Kann er seine Versprechen bezüglich der Deeskalation in Richtung russische Föderation einhalten, waren sie ernst gemeint, kippt er CETA und TTIP endgültig nach NAFTA & Co? Oder rüstet er auf für einen Krieg gegen Russland und die VR China in Fortsetzung der Obama-Killary-Politik inklusive der Kriege nach Innen?
Dies zu analysieren und daraus die Konsequenzen zu ziehen ist eine individuekll nicht zu lösende Aufgabe. Dies ist eine Einladung zum Crod-Analysing! :-O)))))
Nachdem der “Regime-Change”-Kritiker General Flynn schon am Rande der Anklage wegen Hochverrats stand und aus der Regierungsmannschaft Trumps herausgeschossen wurde … sind weitere solche Aktionen aus der CIA und der Ecke der Medien-Tycoone zu erwarten, gegen die ein Hugenberg ein Waisenknabe war. Und die Rüstungslobby droht mit Rache für jeden nicht geführten oder beendeten Krieg.
Noch ein Großangriff auf Trumps Wahlversprechen und deren Einhaltung ist zu verzeichen. Der Kriegsverbrecher und Ex CIA-Drogendealer George Bush jun. gibt sich jetzt die Ehre …
Es scheint auch so zu sein, dass nach der Niederlage des Sozial-Imperialisten Bernie Sanders ((nach innen sozial(er) nach außen imperial z.B. mit seiner Zustimmung zum Überfall auf Libyen usw…), der fälschlicherweise als demokratischer Sozialist gehandelt wird, jemand auftreten musste, der das Protestpotential gegen den Klassenkampf von Oben, die Mittelstandsversenkung und die Kriegspolitik der Obama-Clinton-Clique mit einem entsprechenden national-sozialen „Programm“ auffangen und kanalisieren konnte. Und die FRONTEX-Festung-Europa-Konstrukteure, Massenabschieber, Ukraine-Faschisten-Aufpäppler und EU-Kriegstreiber können jetzt mit Soros-Verstärkung gegen einen Mauer-Bauer wettern …. Am Aschermittwoch war eben nicht alles vorbei: Jetzt trommelt auch Bush gegen Trump.

Zu meinem Bog >>> barth-engelbart.de
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└ Schlagwörter: Allgemein
 Comment 
März02
on 2. März 2017
Veröffentlicht in: Allgemein

Redaktion

Der Krieg beginnt in Jagel – Der Widerstand auch

Mahnwache und andere Aktionen vor dem Tor zum Fliegerhorst Jagel bei Schleswig

 

Redaktion

Redaktion

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Heute erreichte uns der nachfolgende Aufruf der Initiative „Bundeswehr abschaffen“, mit der Bitte um Veröffentlichung.

„Tornados aus Jagel mischen im Krieg im Irak und in Syrien mit, Soldat*innen des Geschwaders aus Jagel steuern Drohnen vom Typ Heron1 in Afghanistan und Mali. Bildauswertung für die Erstellung von Zielkoordinaten findet auf dem Fliegerhorst Jagel statt – das Töten übernehmen dann andere.

Soldat*innen des Fliegerhorst Jagel (Schleswig-Holstein) sind bei fast jedem Krieg dabei

Das Jagdbombergeschwader vom Fliegerhorst Jagel ist Ausgangspunkt für die Kriegsbeteiligung der Bundeswehr.

Die Soldat*innen aus Jagel haben im Krieg im Kosovo mit ihren Tornados serbische Radarstationen ausgekundschaftet und zerstört. Sie haben für die anderen Verbündeten der NATO serbische Militärstellungen aus-spioniert, die dann bombardiert werden konnten. Seit 17 Jahren werden Bundeswehrangehörige im Kosovo eingesetzt.

Soldat*innen vom Fliegerhorst Jagel sind im Krieg in Afghanistan mit Tornados und der Aufklärungsdrohne Heron I eingesetzt. Auch in diesem Krieg haben sie die Gegner ausspioniert und dazu beigetragen, dass sie von den Soldat*innen der verbündeten NATO- Staaten bombardiert werden können. Auch der Krieg in Afghanistan ist noch nicht vorbei. Seit Januar 2016 nehmen die Soldat*innen vom Fliegerhorst Jagel am Krieg in Syrien und dem Irak teil. Sie helfen wieder mit, die Gegner aufzuspüren, damit sie erfolgreich bombardiert werden können.

Seit Herbst 2016 sind die Soldat*innen vom Fliegerhorst Jagel im Krieg in Mali dabei. Mit der Aufklärungsdrohne Heron I, die von Jagel aus gesteuert wird, unterstützen sie die ehemalige Kolonialmacht Frankreich bei deren militärischen und politischen Interessen in Mali.
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Kampfdrohnen kommen nach Jagel

Ab 2019 wird Jagel der einzige Standort der Bundeswehr sein, von dem aus die bewaffnungsfähige Großdrohne Heron TP aus gelenkt wird.

Wenn die Bundeswehr über diese sogenannten Kampfdrohnen verfügt, kann sie sich effektiver an Kriegen beteiligen. Die Großdrohne Heron TP hat die Fähigkeit, die Standorte der militärischen Gegner auszuspionieren und sie gleichzeitig zu bekämpfen.

Denn die Großdrohne Heron TP soll mit einem „Fire and Forget“ Waffensystemen wie HARM (Homing Anti-Radation Missle), ausgerüstet werden. Diese Waffensysteme können einmal abgefeuert selbständig ohne menschliche Steuerung ihre militärischen Ziele erreichen, erkennen und vernichten. Wenn sich das Waffensystem auf den Weg gemacht hat, sein Ziel zu finden, kann es nicht mehr gestoppt werden, auch dann nicht, wenn sich das Ziel als falsch heraus stellen sollte. Damit schreitet die Automatisierung der Kriegsführung weiter fort.
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Jagel ist der Standort für die ECR- Tornados, die Flugzeuge der Elektronischen Kampfführung

ECR, Electronic Combat Recce, steht für Elektronische Kampfführung und Aufklärung. Bei den hohen Geschwindigkeiten im Einsatzflug ist es kaum möglich, dass ein Pilot das Ziel erkennt und in Millisekunden entscheidet, dass die Rakete oder Lenkwaffe abgefeuert wird. Bei Elektronischer Kampfführung entscheidet das Computersystem vollautomatisch über den Tod. Das ELS, Emitter Locator System bestimmt die Position und verschiedene andere Parameter eines gegnerischen Radars und weist sie direkt (ohne Umweg über einen menschlichen Entscheidungsträger) dem HARM Suchkopf für die schnelle Bekämpfung zu.

Mit dieser Software kommandiert das Aufklärungssystem den Piloten, erteilt die Anweisung wohin er fliegen soll, wenn es die Signalwirkung empfängt. Das ist die Umkehr bisheriger Befehlsstrukturen: Das Aufklärungssystem befiehlt dem Piloten und nicht umgekehrt. Wenn der Pilot eines Tornado nur noch die Funktion eines Chaffeurs hat, ist er verzichtbar. Drohnen übernehmen die Arbeit der Tornados, ohne dass dafür ein Pilot nötig ist.
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Aufgaben für weitere Kriegseinsätze

Der Fliegerhorst Jagel ist seit 2009 als einziger Standort mit der Seekriegsführung aus der Luft beauftragt.

2013 ist der militärische Auftrag der Elektronischen Kampfführung aus der Luft dazu gekommen. Das Jageler Geschwader wurde aufgrund der Aufgabenausweitung umbenannt von Aufklärungsgeschwader in Taktisches Luftwaffengeschwader 51

Seit Herbst 2016 findet die Bildauswertung der militärischen Aufklärungsflüge hier statt. Die ausgewerteten Daten werden für die Planung weiterer Kriegseinsätze verwendet und auch anderen Verbündeten der NATO zur Verfügung gestellt.

Bislang hat die Ausbildung der Tornado-Piloten auch an atomarer Bewaffnung in Holoman in den USA stattgefunden, jetzt soll die gesamte Waffenausbildung der Tornado-Piloten in Jagel stattfinden.

Seit Mitte 2015 fanden vor dem Fliegerhorst Jagel regelmäßig, bisher 14 Mahnwachen gegen den Standort von Tornados und Drohnen statt. Der Fliegerhorst Jagel bildet zusammen mit der Elektronischen Kampfführung in Stadum und Bramstedtlund einen von bisher zwei Standorten für die hochtechnologische Aufrüstung der Bundeswehr für ihre Kriegseinsätze. Der andere ist Büchel mit Daun in der Eifel.
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Wir werden auch weiterhin gewaltfrei gegen die Kriegsbeteiligung des Fliegerhorstes Jagel mit Mahnwachen und Aktionen demonstrieren:

 

Weitere Aktionen:
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Samstag, 20. Mai 2017 ab 11.00 Uhr

Mahnwache vor dem Fliegerhorst Jagel

Am 20. Mai findet der Lauf zwischen den Meeren statt und die Läufer*innen laufen auch über die Flugbahn des Fliegerhorst Jagel. Deswegen findet am 20. Mai 2017 ab 10.00 Uhr eine Mahnwache am Fliegerhorst Jagel statt und friedensbewegte Läufer*innen nehmen am Lauf teil. Wer Lust hat, mitzulaufen, kann sich unter jan@bundeswehrabschaffen.de melden.
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15. bis 21. August 2017

Aktionskonzert „Lebenslaute“ in Jagel/Schleswig
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Wir laden herzlich dazu ein, an den Aktionen am Fliegerhorst Jagel teilzunehmen.
Infos unter: www.bundeswehrabschaffen.de
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März01
on 1. März 2017
Veröffentlicht in: Harry Popow

Harry Popow

Verdächtige gesucht

Buchtipp: Elias Davidsson »Psychologische Kriegsführung und gesellschaftliche Leugnung. Die Legende des 9/11 und die Fiktion der Terrorbedrohung«
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Harry Popow

Treibt die „Terrorfiktion“ immer neue Blüten? Denn dem Vernehmen nach sollen Teilnehmer der Demonstration gegen die Münchener Sicherheitskonferenz vom 17. bis 19. Februar 2017 wegen ihrer Forderung „Frieden statt NATO – Nein zum Krieg“ ab sofort unter den „Verdächtigen“ verortet werden. Herr Biedermann zum Beispiel, nennen wir ihn mal so, fiel bislang nicht als politischer Aktivist auf. Nun aber doch. Als Protestant! Schon ist er verdächtig. Und „ein Verdächtiger ist für den Ermittler bereits ein Feind“. Diese Feststellung trifft der Autor Elias Davidsson auf Seite 321 in seinem aufsehen erregenden Buch „Psychologische Kriegsführung und gesellschaftliche Leugnung. Die Legende des 9/11 und die Fiktion der Terrorbedrohung“.

Herr Biedermann, der bislang an die offizielle amerikanische Version eines Terroranschlags durch den Islam und den Gehirnwäsche betreibenden Leitmedien brav geglaubt hatte, wirft ebenso wie diese ebenso den Ungläubigen, den Wahrheitssuchenden, den Nachdenklichen, den Kritikern der 9/11-Legende an den Kopf, sie würden Verschwörungstheorien verbreiten, sie wären Spinner, Antisemiten, Antiamerikaner und dergleichen mehr.

Zu den Fakten: Der Autor zielt darauf ab, Aufklärung zu betreiben „zur Bewahrung des Rechtsstaates, des Friedens und für eine gerechtere Gesellschaftsordnung“. ( S. 21) Die Neubetrachtung des 15 Jahre zurückliegenden Ereignisses sei umso wichtiger, als es bis heute „unser Leben auf vielerlei, uns oft nicht bewusste Weise prägt“, zumal der damalige US-Präsident George W. Bush verkündete, dass dieser Kreuzzug gegen den Terror noch lange dauern werde. (S. 15)

Operation 9/11 unter die Lupe genommen

Zunächst nimmt Elias Davidsson auf 139 von insgesamt 534 Seiten den sachlichen Hergang des Anschlags unter die Lupe. Detailliert stellt er der offiziellen Darstellung die unbewiesenen Fakten beim Einsturz der Zwillingstürme des World Trade Centers (WTC) entgegen, was einer präzisen durchgeführten gerichtlichen Untersuchung gleichkommt. Es geht um die nicht bewiesene Täterschaft, um nicht gefundene Triebwerke, um unerkannte Typen der Flugzeuge, um Rätsel beim Einsturz der Türme, um unbeglaubigte Passagierlisten. Und, und, und…

Diesen inszenierten größten Massenmord in der Geschichte der USA, so der Autor, ist als logische Folge eines aggressiven Hegemoniestrebens zu verstehen. So verweist der Publizist mit vollem Recht auf die im Vorfeld des 9/11 Offenbarungen von Vertretern der Macht. Vor dem Hintergrund des Verschwindens der Sowjetunion eröffneten sich für die USA neue und verlockende Möglichkeiten, „um ihren globalen Einfluss zu stärken“. (S.35) Angeführt werden Äußerungen u.a. des Generals Alfred M. Gray: „Die wachsende Unzufriedenheit der unterentwickelten Welt über die Kluft zwischen reichen und armen Nationen wird einen fruchtbaren Nährboden für Aufstände erzeugen. Diese Aufstände haben das Potenzial, (…) unseren Zugang zu wichtigen wirtschaftlichen und militärischen Ressourcen zu gefährden.“ (S. 36) Ungewöhnlich offen auch diese Aussage von Thomas Friedman, ehemaliger Berater von Außenministerin Madeleine Albright: “(…) Die unsichtbare Hand des Marktes wird niemals ohne die versteckte Faust regieren…“ (S. 37)

Wenn der Autor auf die Vorherrschaftsbestrebungen der USA verweist als Ursache für die verstärkte Mobilisierung gegen den von den Eliten geschürten Terrorismus, dann kommt er nicht umhin, den Blick der Leser auf die langfristigen Interessen der Hochfinanz und der Wirtschaft zu lenken. (S. 291) Was die deutschen Machthaber betrifft, so zitiert Elias Davidsson Ulla Jelpke von der Linksfraktion des Deutschen Bundestages: Nicht die „Abwehr von Terroranschlägen, sondern die Niederschlagung sozialer Protestbewegungen in der Zukunft“ seien die wahren Gründe für neue Vorstöße zum Einsatz des Militärs im Inland. (S. 327) Auf Seite 207 resümiert der Autor, dass die sogenannte Terrorismusbekämpfung nur ein Vorwand ist für den Abbau der Demokratie, für massive Überwachung und Manipulation, für Militarisierung und globale Raubzüge, für „eine allmähliche Einführung einer neuen Art des Faschismus“. (S. 207)

Therapie mit dem Ziel: Aufklärung, Wahrheit, Transparenz

Elias Davidsson empfiehlt am Schluss seiner außerordentlich inhaltsschweren Analyse der Unhaltbarkeit der These von der Bedrohung der westlichen Wertegemeinschaft durch den islamistischen Terrorismus eine Therapie: Es geht ihm um Aufklärung, um Wahrheit, um Transparenz, um Forderungen an die Medien, an die Strafjustiz. (In den sechs Anhängen finden sich zum Beispiel eine Liste mit namentlich genannter Journalisten, die unbewiesene Behauptungen in Bezug auf 9/11 veröffentlicht haben.)

World Trade Center 11. Sept. 2001

Das Geflecht von Manipulation, unterlassener Berichterstattung bis zur Lüge, ausgehend vom Finanzkapital, über die Politik bis zur Justiz, zu den bürgerlichen Medien und der akademischen Elite jedoch nur anzuprangern, diese Institutionen mit Appellen an die Vernunft nur bitten will, sich zu korrigieren, dann kann man vergeblich auf Veränderungen hoffen. Dann klingt das wie ein Gebet, die da oben mögen eine Einsicht haben und ihr Marktgehabe um des Profits und um der imperialistischen Herrschaft willen einschränken und den Menschen endlich Frieden bescheren.

Der bislang nahezu unpolitische Herr Biedermann ist mehr für´s Handfeste. Für Streiks und friedliche Demonstrationen wie jüngst die in München. Es kann sein, dass er dabei in Kauf nimmt, zum „Verdächtigen, wenn nicht gar zum Gefährder“ gestempelt zu werden. Sollen auf diese fiese Art und Weise Aktivitäten gegen Krieg und Kriegsgeschrei im Keime erstickt werden, so mag sich Herr Biedermann fragen. Zuzustimmen ist deshalb auch der Mahnung auf Seite 19, der Marsch in den Untergang müsse gestoppt werden. „Dazu müssen alle Friedenskräfte und alle vom Imperialismus bedrohten Staaten zusammenarbeiten – für Frieden und Völkerverständigung in einer multipolaren Weltordnung, einer Welt von Gleichen.“

Im Übrigen: Nach der Drucklegung dieses Buches nahm in Übersee ein neuer Präsident das Steuer in die Hand und stiftet Verwirrung oder auch Hoffnung, je nach der jeweiligen politischen Sicht. Gehört auch er zu den Verdächtigen?

Krieg der multinationalen Konzerne besser verstehen

Nach dem Lesen schüttelt man entsetzt den Kopf. Was da der Publizist Elias Davidsson faktenreich zu Papier bringt, lässt für die Zukunft nichts Gutes erahnen. Anzuraten ist aus diesem Grunde diese gesellschaftskritische und für das aktuelle Geschehen hoch wichtige Lektüre für alle, die den Zusammenhang zwischen 9/11 und dem sich verstärkenden Krieg der multinationalen Konzerne gegen das Menschenrecht nach einer friedlichen Welt besser verstehen und danach handeln wollen. Der Autor wird so seinem Anliegen gerecht, darüber aufzuklären: Terroristen können keinen Staat besiegen und der Staat den Terrorismus nicht durch Kriege. Leider spricht der Autor in seinem Buch die zur Veränderung bereiten Schichten der Arbeiterklasse und zunehmend auch der Mittelschichten nicht direkt an. Herr Biedermann tut deshalb das Seine. Alles in allem: Ein herzliches Dankeschön an Elias Davidsson.

Elias Davidsson: Psychologische Kriegsführung und gesellschaftliche Leugnung. Die Legende des 9/11 und die Fiktion der Terrorbedrohung, Taschenbuch: 534 Seiten, Verlag: Zambon Verlag (18. Januar 2017), Sprache: Deutsch, ISBN-10: 3889752527, ISBN-13: 978-3889752529

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Weitere Empfehlungen der Redaktion:

  • American Rebel: Die 9/11 Verschwörung
  • Gesammelte Texte und Dokumente von Hartmuth Bart-Engelbath
  • Freiheitsliebe: 15 Jahre nach 9/11 – Eine Bilanz
  • FREITAG: Das Trauma bleibt
  • junge Welt: Gladio, die „Strategie der Spannung“ und 9/11
  • Neues Deutschland: Geheimpapiere zu 9/11 veröffentlicht
  • Arbeit Zukunft: Michael Moore, Fahrenheit 9/11 – auf den Bush geklopft
  • Neue Rheinische Zeitung: 9/11: Gegen die offizielle Lügenversion
  • Alles Schall und Rauch: 9/11 – Liste der vielen Zufälle
  • Telepolis: 9/11 Unser
  • Die Zeit online: War 9/11 ein Komplott der CIA?
  • Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek: 9/11: Neue Untersuchung gefordert

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 Comment 
Feb.28
on 28. Februar 2017
Veröffentlicht in: Allgemein

Perry Feth

Hartz IV der schlimmste Sozialraub nach Kriegsende

Linke greift Mekel an

Perry Feth

„Die Agenda 2010 ist die schlimmste Zerstörung des Sozialstaats in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands“, so Linken-Chef Bernd Riexinger.
„Hartz IV hat das Prinzip der Lebensstandardsicherung zerstört. Armut und prekäre Beschäftigung, Niedriglöhne und Ausgrenzung sind die Eckpfeiler der Agendapolitik.“

Merkel hatte sich am Samstag auf einem Parteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern in Stralsund zu den Reformen des früheren SPD-Kanzlers Gerhard Schröder geäußert. „Die Entwicklung unseres Landes seit 2005 ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte“, sagte Merkel. „Aber die Sozialdemokraten mögen sich bis heute zu dieser Erfolgsgeschichte nicht bekennen. Man hat manchmal den Eindruck, sie schämen sich sogar dafür.“

„Es ist ein Schlag ins Gesicht aller Erwerbslosen und prekär Beschäftigten, wenn Frau Merkel die Agenda als gut für das Land und Erfolgsgeschichte bezeichnet“, sagte Riexinger. Auslöser der Debatte sind Äußerungen des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, der Korrekturen an der Agenda 2010 gefordert hatte. Neben einer längeren Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I hatte Schulz für den Fall seines Wahlsiegs auch angekündigt, die Befristung von Arbeitsverhältnissen zu erschweren.

„Obwohl Schulz lediglich vage Andeutungen für soziale Reformen macht, schlagen Arbeitgeber und Union Alarm“, sagte Riexinger. „Die Äußerungen der Bundeskanzlerin machen deutlich, dass mit der Union keine Wiederherstellung des Sozialstaats und keine friedliche Politik möglich sind.“

Soziale Gerechtigkeit lasse sich nur gegen den Widerstand der Reichen durchsetzen, fügte der Linken-Chef hinzu. „Ich erwarte von Martin Schulz, jetzt standhaft zu bleiben und seinen Worten auch Taten folgen zu lassen. Im Übrigen könnte die Agenda 2010 schon morgen im Bundestag beerdigt werden – es gibt dafür eine linke Mehrheit.“

Die Agenda 2010 umfasste vor allem Arbeitsmarkt- und Sozialreformen, darunter die Einführung von Hartz IV. Das von Schröder auch gegen massiven Widerstand in den eigenen Reihen durchgesetzte Gesetzespaket führten zu einer Abspaltung von Teilen der SPD und letztlich auch zum Ende von Schröders von 1998 bis 2006 währender Amtszeit als Bundeskanzler.
Infolge der heftigen Debatte um die Reformen beantragte der SPD-Politiker vor zehn Jahren Neuwahlen, aus denen Merkel als Siegerin hervorging.

(Quelle: afp)
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└ Schlagwörter: Hartz IV
 Comment 
Feb.26
on 26. Februar 2017
Veröffentlicht in: Allgemein

Jürgen Eger

»FESTIVAL MUSIK UND POLITIK« – Zu feige für den richtigen Namen

Außensicht eines total-„freiheitlich“ VERBOTENEN. Diskurs über Verbote damals und heute erwünscht

Jürgen Eger

Ich war vorgestern bei dem Festival, auf dem ich AUFTRITTS- und MITSPRACHEVERBOT habe.
Die Podiumsdiskussion war wie immer: Anti-DDR. Diesmal ging es um die 1970er. Wie ich schon in meinem OFFENEN BRIEF vom Vorjahr ansprach – auf den selbstverständlich niemand geantwortet hat, es gab nur eine Reaktion eines Künstlers, der wissen wollte, wer hinter dem Pseudonym steckt – entsprechend dem, was ich auch schon vor 17 Jahren kritisierte: Living in the past. Auch hier wieder total DDR Verwältigung. Heute scheinen die Diskutanten weder Probleme zu haben, noch scheint es solche zu geben. Heile Welt. Wenn nur die DDR Phantomschmerzen nicht wären, die jedes Jahr wieder erzählend verstärkt werden.

Die Erzählweise ist ANTIDIALEKTISCH HERRSCHAFTSVORGEGEBEN und -UNTERGEBEN:

Hier WIR guten – dort DIE doofen, blöden, gemeinen, falschen usw. (Funktionäre), die wir hier und hier und da aus getrickst haben. WIR wollten das GUTE, die haben uns dabei immer nur behindert und die sind auch Schuld an den Folgen. Alljährlich die selbe Kirchenbotschaft.

WIR sind dabei nicht die DDR – Künstler, sondern nur DIE Künstler, die WIR mögen und mit denen wir befreundet sind. Und die die heutige Herrschaft als die guten und rechtgehabt habenden lehrt. Insbesondere Biermann. Alle anderen hat es NIE gegeben oder nur negativ. Insbesondere jene, die etwas anderes sagen. Die müssen heute erst gar keine Texte einreichen bei denen, wir werden gleich ausgegrenzt. Das ist der Unterschied.

Der Biermann hat auch in der diesjährigen Ausstellung wieder eine EHRENTAFEL. Biermann wird – wie immer – TOTALHERRSCHAFTSKONFORM. Ansonsten wie immer: 99% des DDR-Liedschaffens bestand aus Karls Enkel und 70% Stefan Körbel.

Wie ich neulich schon bemerkte, tun sie so, als sei der Name nicht von KARL MARX abgeleitet gewesen, sondern von KARL VALENTIN. Mal sehen, wann sie bei KARL MAY angekommen sind….

Auf dem Diskussionspodium hört man, wie Körbel sich müht, dass man seine glasigen Augen nicht hört. Er predigt, wie auch die anderen, einen „emanzipatorischen“ Sozialismus gegen ULBRICHT, FDJ, „Umklammerung“, die totale Gängelung, Textkritik, Textdiskussionen usw. Die DDR wird – wie auch im pfaffenfunk – erzählt als der absurde Ort, wo alles absurd war. Wo sich Funktionäre für Text- und also auch Liedaussagen interessiert haben. Man stelle sich das vor! Fnktionäre die mit Künstlern um Inhalte kämpfen!

Zugegeben, zuweilen mussten sie auch feilschen, gegen Ende der DDR immer mehr. Einer meiner HAUPTZENSOREN in der DDR hieß und heißt KIRCHENWITZ. Der ist für Kritik – selbstverständlich – TABU.

Als könnten die Kinderlein oder die Erwachsenen in der BRD-Kirche selbstbestimmen, was sie beim Gottesdienst singen und im Rundfunk hören! DDR-Lieder dürfen jedenfalls nicht gesungen und gesendet werden. Nicht als etwas ebenso normales wie die Beatnummern Standarts aus den 60ern und 70ern. Da wird nur gesungen, was in den Kirchenliederbüchern steht und der Pfaffe sagt an, was daraus…

das festival musik und politik präsentiert sich seit 2001 unter neuen Vorzeichen

Und den Plattenfirmen ist so viel Freiheit, dass gesellschaftliche, politische Inhalte fast völlig aus dem Öffentlich gespielten verschwunden sind. Wann hatten Körbel und Karls Enkel eigentlich und bei welcher Firma einen Plattenvertrag seit 1991? Wann und wie oft wurden sie und aus welchen Anlässen gesendet? Womöglich als Kunst? Und nicht lediglich aus Anti-DDR-Anlässen? Also auf politischem Ticket?

Die Podiumsdiskutanten bekennen sich vor allem im Präteritum: Sie waren mal „so naiv“, für den Sozialismus gewesen zu sein. Kerbel benutzt an dieser Stelle auch mal den Präsens: Er betet einen Kommunismus, den er nicht nur gewollt habe, sondern für den er immer noch sei. Allerdings gegen die DDR. Die war FALSCH. Später musste ich die glasigen Augen, die ich vom Podium herab gehört habe, auch sehen, zudem stark blutunterlaufen. Er stakte durchs Foyer wie der alte Mann meiner Ziehmutter vor 30 Jahren ungepflegt durch seinen alters Alkoholismus. Das sind HÖHEPUNKTE! Sein Anblick schmerzte mich – trotz alledem. Er demonstrierte (für mich auch, wenn ich auch hierin wieder nur der Einzige bin) sein persönliches Level wie auch das dieses Festivals. Klarheit und Vernunft: Längst abgesoffen.

Wieder wurden einige FDJ- und andere Funktionäre ghettoöffentlich DENUNZIERT. Ellen Brombacher wie schon voriges Jahr und etliche Male davor. Offenbar ist es selbstverständlicher Konsens, sie nicht einzuladen, da man sie dauernd an den Pranger stellt. Auch das wie im Pfaffen-TV: Mit den Privilegierten redet man, während man ÜBER die anderen redet, aber NIE MIT ihnen.

Bekanntlich wird diese spezielle Methode seit 1990 durchgehend praktiziert: MAN stellt die DDR an den DENUNZIATIONSPRANGER, um hundertmal DENUNZIATORISCHER zu sein, als man es von der DDR FALSCH ERZÄHLT. Ein ehemaliger Berliner FDJ Kulturfunktionär, der noch recht gut bei weg kam und anwesend war, meinte, sich rechtfertigen zu müssen und tat es am ende der VA.

Meine Demo gegen mein AUFTRITTSVERBOT erntete weit überwiegend Ignoranz bis Anfeindung, bei einigen Nachfrage. Solidarisierung – die es zu DDR Zeiten immer gegeben hat, auch und insbesondere für die korruptesten verlogensten Typen wie Biermann – gibt es dort auch weiterhin nicht.

Das berühmte herrlich-brachialromatische DDR- „Duo Sonnenschirm“ konterkarierte (sicher unabsichtlich) die DDR Abwichserei mit einer Anekdote: Sie waren nach der „Wende“ in den Westen eingeladen zu einer DDR „Opfer“ Messe. Ein veranstaltender Westler frage sie oder ihn, Wolf, wo sie/er gesessen habe (in der DDR haben alle oder – je nachdem – auch nur alle GUTEN gesessen, klar). Der habe geantwortet, sie hätten nicht gesessen. daraufhin meinte der Frager, er müsse jetzt mal die Texte sehen vor dem Auftritt. Sie hätten ihm die Texte gegeben. Null Protest, null „austricksen“, erzählt als etwas VÖLLIG ANDERES.

SO UNTERSCHIEDLICH kann das sein! Wenn es um Demark geht, ist das, was in der DDR böseböseböse war, etwas ganz normales. Jedenfalls habe ich keinen fundamentalkritischen Erzählton gehört, wie zuvor vom Podium herab.

Sie haben auch ein Lied gesungen, das sie KURT DEMMLER gewidmet haben. Hätten sie es dem Lebenden oder natürlich Gestorbenen gesungen, wäre es für mich i.o. gewesen. Dem im Merkel -Knast SUIZIDERTEN gesungen, empfand ich es als HINTERHERGETRETEN wegen der sexuellen Anspielungen. Die, die BLÖD Anklage bedienten. Hab ich dem Kollegen Beckert auch gesagt. Er hat mich nicht verstanden und er ist ja nicht der Einzige.

O fallada…!
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Feb.24
on 24. Februar 2017
Veröffentlicht in: Julius Jamal

Julius Jamal

Geschichte von unten – Wer baute das siebentorige Theben

Die Geschichte ist „die Geschichte von Klassenkämpfen“

Julius Jamal

Wer in der Schule die Weltgeschichte lernt, der lernt die Geschichte von Königen und Kaisern die siegten. Wir lernen nichts über Sklavenaufstände, nichts über Bauernproteste, ebenso wenig über die materiellen Bedingungen von geschichtlichen Veränderungen. Doch Veränderung ist auch immer eine Folge von wirtschaftlichen Veränderungen und Massenprotesten, auch, wenn wir nur die Namen von großen Männern lernen. Das neu erschienen dreiteiligen Buchs „Wer baute das siebentorige Theben“ verdeutlicht dies. Eine Besprechung des ersten Bandes.

Das Klassen und Hierarchien nicht immer Teil der Geschichte der Menschheit waren, wissen viele Menschen auf dieser Welt, doch warum es zur Veränderung kam ist weniger bekannt. „Die ersten Ackerbaugemeinschaften waren ohne Klassenspaltungen in Gegenden mit besonders fruchtbarem Boden ansässig geworden. Je mehr sie sich verbreiteten, hing ihr Überleben zunehmend davon ab, mit sehr viel schwierigeren Bedingungen zurechtzukommen – und das erforderte die Umgestaltung der gesellschaftlichen Beziehungen“, so Chris Harman. Diese neuen Beziehungen schufen die ersten Klassen, aufgeteilt zu Beginn in Aufseher und Arbeiter. Eine Spaltung, die mit den Jahrhunderten immer fester wurde und nicht nur am Beruf festgemacht wurde, sondern sich immer stärker auch vererbte. Könige und Pharonen entstanden in Folge dieser Spaltungen und statt der im sogenannten „Urkommunismus“ existierenden Gleichheit wurde Ausbeutung für die Mehrheit der Menschen zur Realität. Doch diese Entwicklung vollzog sich nicht ohne Widersprüche, denn die neuen Herrscher, die die ersten Reiche im Nahen Osten, Indien und China schufen, wollten ihren  Reichtum mehren, auf die Kosten von Produktivität und Bevölkerung. „Mit wachsender Macht und steigendem Wohlstand der herrschenden Klasse sank der Lebensstandard der Mehrheit der Menschen auf das Lebensnotwendige und manchmal noch tiefer.“ Doch diese akzeptierten dies nicht dauerhaft und so kam es schon vor über 3000 Jahren zum ersten dokumentierten Streik in der Geschichte der Menschheit.

Wider dem Eurozentrismus

Wer in deutschen Geschichtsbüchern blättert, der findet viel über die Geschichte Deutschlands, einiges über die Geschichte der europäischen Staaten und der USA, sowie kurze Teile zu Ägypten, doch der Rest der Welt scheint kaum zu existieren. Mit der realen Geschichte der Menschheit hat dies wenig zu tun, wie Harman in seinem Buch deutlich zeigt. „Kaufleute aus den großen islamischen Städten wie Kairo und Cordoba unternahmen vor tausend Jahren weite Reisen. Jeder, der auf seinem Weg zu den königlichen Höfer Nordeuropas kam, muss erschüttert gewesen sein über die dortigen Verhältnisse.“ Nach dem Niedergang des römischen Reichs, welches nicht wie immer behauptet war das bevölkerungsreichste der Antike war, herrschte in Europa das dunkele Zeitalter, erst Anfang des vergangenen Jahrtausend begann sich dies langsam zu ändern. „Sehr langsam, über mehrere Jahrhunderte hinweg, begannen sie Techniken zu übernehmen, die bereits in China, Indien, Ägypten, Mesopotamien und Südspanien bekannt waren.“ Eine Realität, die lange in Europa nicht anerkannt wurde und sogar bewusst widersprochen wurde, auch um die eigene Geschichte besser darzustellen und die Verbrechen, besonders im Kolonialismus begangenen Gräueltaten, die häufig auch mit „Unterentwicklung“ begründeten wurden, nicht zu thematisieren. In diesem Zusammenhang ist besonders ein Blick auf die Geschichte von Subsaharaafrika interessant, welches deutlich früher als Europa über Eisenschmelzen verfügte und an den Welthandel angebunden war. Harman entlarvt in seinem Buch die Lüge „das Europa die Wiege von Kultur und Fortschritt“ sei.

Reformation und neue Ordnung

Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?

Schon seit längerer Zeit wird diskutiert wie es dazu kam, dass Europa, obwohl technologisch und wissenschaftlich rückschrittlich, ab dem 15 Jahrhundert zur dominierenden Macht werden konnte. Harman beschreibt dies als eine Folge von verschiedenen Bedingungen, so war Europa, anders als Afrika, ein Gebiet mit annäherend ähnlichem Klima und somit ähnlichen Anbaumöglichkeiten. Ein weiterer Grund war die Zerstückelung Europas in Klein- und Kleinstnationen, die nicht durch einen zentralisierten und starren Staatsapparat gekennzeichnet waren, der hätte Entwicklungen effektiv hemmen können und für seine Beamten und Beschäftigten einen großen Teil der Ressourcen hätte aufbrauchen können. In Europa floßen diese Ressourcen stattdessen in neue Technologien und Wissenschaft, manchmal entgegen der Wünsche von Fürsten und Königen, manchmal mit deren Tolerierung, seltenst aber nur mit deren Unterstützung. Ein weiterer Grund war nach Harman die Entstehung von städtischen Mittelklassen, die sich mehr Autonomie wünschten und eine bessere Lebensperspektive, Wünsche, die den meisten Herrschern nicht passten, die sie aber kaum verhindern konnten. Auch in China, Indien und den arabischen Gebieten existierten diese Mittelklassen, doch waren sie meist in die starren Staatsapparate mit eingebunden. Eine Staatsbürokratie, in der sich Kaufleute einbringen mussten, wollten sie erfolgreich sein. Europas Aufstieg war somit keine Folge kultureller oder gar genetischer Überlegenheit, wie lange behauptet, sondern eine Folge von schwachen Staatsstrukturen, mangelnder Zentralisierung, Autonomie der Kaufleute und gute Anbindungen an weiter entwickelte Gebiete.

Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse

Karl Marx  schrieb im Vorwort der Kritik der politischen Ökonomie: „Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten…Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um.“ Harman beweist Marx hatte Recht mit seiner Analyse. Er zeigt deutlich auf, dass die Entwicklung von neuen Techniken, die Entstehung bestimmter Nationalgebilde, Siege in wirtschaftlichem Wettstreiten, auf Basis von sich veränderten Produktivkräften und revolutionären Veränderungen in den Gesellschaft geschah. „Große Männer“ haben Einfluss auf bestimmte geschlichte Ereignisse gehabt und Entwicklungen befördert oder gebremst, doch wäre dies keinem von ihnen möglich gewesen ohne die materiellen Bedingungen, die er vorfand. Harman verdeutlicht dies auch an der Entwicklung von Protesten und Revolten, die in seiner Geschichtsschreibung eine große Rolle einnehmen, wie auch die Lebensbedingungen der einfachen Arbeiterinnen und Arbeiter, Bauern und Bäuerinnen.

Wenn Brecht fragt: „Wer baute das siebentorige Theben?“ Dann verdeutlicht Harman das Könige großen Einfluss gehabt haben, doch in der Geschichte nie alles befehlen konnten und alle folgten, sondern die Geschichte eine „Geschichte von Klassenkämpfen“ ist. Harmans erster Band ist mehr als lesenswert, denn er zeigt deutlich auf, nicht Könige, Kaiser und Generäle machen die Geschichte allein. Es ist eine Geschichtsschreibung von unten, eine, die wir viel zu selten lesen können und die daher umso bedeutender ist.
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Erstveröffentlichung: https://diefreiheitsliebe.de, 19. Februar 2017. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.

  • Wer baute das siebentorige Theben – Wie Menschen ihre Geschichte machen. Band I: Frühzeit bis 17. Jahrhundert, Laika Verlag, ISBN: 978-3-944233-37-6
  • Wer baute das siebentorige Theben – Wie Menschen ihre Geschichte machen. Band II: Das 18. und 19. Jahrhundert, Laika Verlag, ISBN: 978-3-944233-51-2
  • Wer baute das siebentorige Theben – Wie Menschen ihre Geschichte machen. Band III: Das 20. Jahrhundert, Laika Verlag, ISBN: 978-3-944233-66-6

Chris Harman

Der Autor: Chris Harman, geboren 1942,
war aktives Mitglied der Socialist Workers Party
in Großbritannien und Herausgeber verschiedener Parteipublikationen.
Er verfasste eine Vielzahl von Büchern,
von denen auf Deutsch Die verlorene Revolution:
Deutschland 1918–23
, 1968 – Eine Welt in Aufruhr
und Der Irrsinn der Marktwirtschaft erschienen.
Er starb im Herbst 2009.
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1 Kommentar
Feb.23
on 23. Februar 2017
Veröffentlicht in: Allgemein

Nico Diener

Wie und warum starb der Asylbewerber Oury Jalloh in einer Gefängniszelle in Dessau?

Staatsanwaltschaft und Bundesministerium der Justiz mauern
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Nico Diener

„Der Fall Oury Jalloh lässt mich nicht in Ruhe“, schreibt die Berliner Journalistin Susan Bonath in einem Facebookpost. Und weiter: „Nach allem, was die Akten hergeben, ist ein Selbstmord ausgeschlossen und Polizeibeamte haben den gefesselten Gefangenen mit hoher Wahrscheinlichkeit im Polizeirevier verbrannt. Ich bin ratlos. Die folgenden Anfragen und die Antworten zeigen sehr deutlich, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein von Landes- und Bundesinstitutionen gedecktes Verbrechen des Staatsapparats handelt. Ich erspare mir weitere Worte, lest unten selbst.“

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Was geschah (Anmerkung der Redaktion):

Oury Jalloh, ein 37 jähriger Asylbewerber aus Kanala in Sierra Leone verbrannte in einer Gefängniszelle im

Oury Jalloh 2. Juni 1968 bis 7. Januar 2005

Keller des Dienstgebäudes Wolfgangstraße 25 des Polizeireviers in Dessau (Sachsen-Anhalt). Der in diesem Zusammenhang wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagte Dienstgruppenleiter des Polizeireviers und ein wegen fahrlässiger Tötung angeklagter Polizeibeamter, wurden am 8. Dezember 2008 vom Landgericht Dessau-Roßlau freigesprochen. Am 7. Januar 2010 wurde der Freispruch für den Dienstgruppenleiter vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Der Freispruch für den zweiten Polizisten war inzwischen rechtskräftig geworden. Am 12. Januar 2011 begann vor dem Landgericht Magdeburg die neue Hauptverhandlung. Am 13. Dezember 2012 wurde der Dienstgruppenleiter wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen in Höhe von 90 Euro (10.800 Euro) verurteilt.
Aufgrund eines im November 2013 auf private Initiative angefertigten Gutachtens, das die These der Selbstverbrennung durch Oury Jalloh in Frage stellt, hat die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau im April 2014 ein neues Ermittlungsverfahren zur Klärung der Todesursache eingeleitet.
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„Meine Anfrage an die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, die zugleich dem Bundes- und Landesjustizministerium übermittelt wurde. Ersteres hatte ich um Stellungnahme gebeten.

An die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, 15. Februar 2017
Ruststraße 5, 06844 Dessau – Roßlau
z. H. des Pressesprechers und Verfahrensführers StA Olaf Braun, dem BMJV und der Bundesanwaltschaft zur Information und mit der Bitte an Justizminister Heiko Maas um Stellungnahme zum geschilderten Sachverhalt

Verschleppung des Verfahrens zum Feuertod von Oury Jalloh

Sehr geehrter Herr Braun,

Ende 2013 informierte OStA Bittmann nach der Vorstellung eines privat finanzierten Gutachtens in Berlin, dass es ganz plötzlich nun doch dringenden Ermittlungsbedarf im Fall Oury Jalloh gebe. Anfang 2014 teilte ihre Behörde der Öffentlichkeit mit, sie habe ein Ermittlungsverfahren wegen Mordverdachts zum Nachteil Oury Jallohs eingeleitet.

Außerdem habe die StAW den Brandschutt (nach neuneinhalb Jahren) auf Brandbeschleuniger untersuchen lassen. Die Experten hätten nichts gefunden. Ihre Behörde suggerierte der Öffentlichkeit, dass damit die Verwendung von Brandbeschleuniger ausgeschlossen werden könne. Das ist nach Ansicht aller von mir befragten Experten falsch. In den drei Jahren darauf waren Sie kaum tätig.

Das LKA BaWü fand 2014 zusätzlich zur Feststellung der Gerichtsgutachterin Jana Schmechtig aus 2012, wonach im sehr mutmaßlich manipulierten Feuerzeugrest keine Textilspuren aus der Zelle (Matratze, Kleidung),dafür aber Fremdfasern eingeschmolzen waren, noch zwei Tierhaare sowie unbeschädigte Faserbröckchen auf verkohlten Fasern. Hinzu kommt ein Vorgutachten der Rechtsmedizin Würzburg aus 2015, das nach m.K. nicht weiter verfolgt wurde, obwohl es heikel ist. So legt es nahe, dass der wahrscheinliche Tathergang Drittverschulden voraussetzt.

Zudem wurde festgestellt, dass die Vernehmung des Zeugen Dirk N. (dass diese erfolgte, wurde mir seitens Ihrer Behörde schriftlich mitgeteilt) nicht in die Ermittlungsakten aufgenommen wurde. Der Zeuge hat einen bestimmten, mir bekannten Beamten beschuldigt.

Im August 2016 informierten Sie die Presse sehr unerwartet über einen Brandversuch in Dippoldiswalde/Schmiedeberg (Sachsen). Wie Sie wissen, war ich dabei. Deshalb und weil ich mich eingehend mit dem Fall befasst habe, kann ich sagen, dass der Versuchsaufbau dillentantischer nicht hätte sein können, dass die Umstände in vielen Parametern nichts mit dem Tatort zu tun hatten, und vor allen Dingen: Sie sind mir noch eine Antwort schuldig, wo denn dieses angebliche „Institut für Brand und Löschforschung“ registriert ist. Denn im Handelsregister ist diese private Unternehmung nicht eingetragen.

Und die Krönung ist, dass Sie am 18. August in Dippoldiswalde/Schmiedeberg gemeinsam mit den Gutachtern Herrn Kurt Zollinger und Herrn Thorsten Prein (der einen denkbar schlechten Ruf in Bergisch Gladbach hat), erklärten, in sechs bis acht Wochen würden Versuchsergebnisse vorliegen.

Tatsächlich liegen diese bis heute nicht vor. Und tatsächlich beantworten Sie mir meine Fragen zu einem öffentlichen (!!!) Brandversuch nicht oder ausweichend. Tatsächlich gaben Sie mir andere bzw. weit knappere Auskünfte im Dezember als der Mitteldeutschen Zeitung. Tatsächlich blockten Sie auch gegenüber der Freien Presse ab, wie diese am 6. Januar berichtete.

Nun kann man sagen, so eine genaue und umfassende Versuchsauswertung könne Zeit beanspruchen, auch wenn sämtliche von mir befragten Drittexperten der Meinung waren, dass selbst sechs bis acht Wochen angesichts von Ermittlungen wegen Mordverdachts untragbar lange seien.

Aber man kann nicht vermuten, dass die Auswertungen aus Gründen der Genauigkeit oder des Zeitaufwandes sechs (!!!) Monate dauern. Man muss sogar vermuten, dass es sich hier um eine Verfahrensverschleppung handelt. Wenn sich mir als Journalistin und Bürgerin ein solcher Verdacht aufdrängt, und zwar im Zuge von Ermittlungen, in denen es um nichts weniger, als den Verdacht geht, dass Polizisten einen gefesselten Menschen angezündet und getötet haben könnten, wäre es geradezu meine Pflicht, Anzeige gegen Sie und Ihre Behörde wegen des Verdachts auf Strafvereitelung im Amt zu stellen.

Darum, Herr Braun, verlange ich nun endlich gemäß des Informationsfreiheitsgesetzes und des Pressegesetzes LSA vernünftige Auskünfte von Ihnen, mindestens zu dem von Ihrer Behörde selbst öffentlich durchgeführten Brandversuch, der das Land Sachsen-Anhalt gemäß einer Antwort der Landesregierung immerhin 170.000 Euro kostet.

1. Wo ist das Institut für Brand- und Löschforschung (IBLF) Schmiedeberg registriert?

2. Aus welchen Gründen liegen nach sechs Monaten immer noch keine Ergebnisse des Versuchs vor?

3. Aus welchen Gründen zieht die StAW Dessau-Roßlau das Verfahren so in die Länge?

4. Aus welchen Gründen informiert die StAW die Anwältinnen der Opferfamilie auf Nachfragen ebenfalls nicht oder unzureichend?

5. Wann wird die StAW der Herkunft des Feuerzeugrests, das ganz offensichlich nicht in der Zelle verbrannt ist, nachgehen?

6. Wann wird die StAW endlich rechtsmedininische Erkenntnisse (fehlendes CO und Noradrenalin, Auffindesituation, die nicht zur öffentlich postullierten These vom Tod durch inhalativen Hitzeschock durch über die Flammen Beugen passt) in ihre Ermittlungen und Gutachten einbeziehen?
Diese Fragen zu beantworten, dürfte nicht Wochen dauern. Ich verweise noch einmal auf den Umstand, dass Sie diesen Brandversuch selbst öffentlich gegenüber der Presse vorführen ließen. Die Sachverhalte, die diesen betreffen, unterliegen also nicht der Geheimhaltung in einem laufenden Ermittlungsverfahren. Explizit erinnere ich daran, dass nicht geklärt ist, ob Polizeibeamte an einem Tötungsdelikt beteiligt waren oder nicht. Es gibt genügend Indizien dafür, die zugleich explizit gegen einen Selbstmord sprechen, das wissen Sie, Herr Braun. Allein aus diesen Gründen hat die Allgemeinheit ein Recht auf tatsächliche Aufklärungsarbeit.

Mit freundlichen Grüßen
Susann Bonath
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Antworten
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1. Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau (vorgeschickte Hilfssprecherin):

Sehr geehrte Frau Bonath,

Ihre Anfrage ist mir zuständigkeitshalber zugeleitet wurden. Wie ich Ihnen bereits am 31.01.2017 mitgeteilt habe, werden wir zu gegebener Zeit der Öffentlichkeit Ergebnisse präsentieren. Derzeit gibt es nichts mitzuteilen, insbesondere kein Datum einer solchen zu erwartenden Mitteilung.

Mit freundlichen Grüßen
Pieper Leiter der Pressestelle der Staatsanwaltschaft Dessau – Roßlau

 

2. Bundesjustizministerium:

Sehr geehrte Frau Bonath,

vielen Dank für Ihre Anfrage an Herrn Bundesminister Heiko Maas. Ich bitte jedoch um Verständnis, dass der Minister und auch das Ministerium sich nicht zu konkreten Ermittlungs- oder Strafverfahren, die in den Bundesländern geführt werden, äußern können. Das gebieten die föderale Struktur der Bundesrepublik wie auch der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Gewaltenteilung.

Mit freundlichen Grüßen
Juliane Baer-Henney Pressesprecherin Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz“

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Weitere Informationen: Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
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└ Schlagwörter: Allgemein
 Comment 
Feb.22
on 22. Februar 2017
Veröffentlicht in: Susanne Fiebig, Volkskorrespondez

Volkskorrespondenz

Susanne Fiebig

Der Gabenzaun

Scheinbar das Thema Nr. 1 hier in Hamburg
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Susanne Fiebig

Nun gut ein bisschen übertrieben, aber es scheint so, wenn man die dazugehörige Facebook Seite besucht und sich dort die Links mit den vielen Berichten anschaut. Das Interesse daran ist sehr groß und das finde ich natürlich gut.
Ich will auch gar nicht groß ausschweifen und über diesen Zaun berichten. Doch vorhin ist mir folgender Satz ganz tief ins Herz gegangen:
„Ein Projekt in der Nähe des Hamburger Hauptbahnhofes verwandelt eine Maßnahme zur Vertreibung von Obdachlosen zu einem Ort für mehr Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft.“ Was für ein Satz. WOW!
Denn was wäre wohl wenn die Presse nicht Notiz davon genommen hätte? Dann hätte die DB oder die Stadtreinigung klang heimlich die weißen Tüten von Zaun genommen und SO wäre ein warmen Pullover, der für jemanden Wärme und Schutz bedeuteten,“ ganz einfach im Müll gelandet.
„Eine Maßnahme zur Vertreibung von Obdachlosen“.
Wir vertreiben also wieder in Deutschland ? ( Ja, ok, das wusste ich, aber jetzt ist es scheinbar offiziell!)
Statt Verantwortung zu übernehmen, vertreibt man?

„Der Gabenzaun“ am Hamburger Hauptbahnhof

Der Hamburger Hauptbahnhof ist, wie jeder Hauptbahnhof, in jeder anderen Stadt auch, Dreh- und Angelpunkt für Reisende, Ankommende und Weiterreisende.
Ich sehe mein Leben auch wie eine Reise. Manchmal fühle ich mich, dem lieben Gott sei Dank, so, als sei ich angekommen. Aber manchmal eben auch nicht. Und das meistens dann, wenn ich die Welt um mich herum nicht verstehen kann. (Oh Gott allmächtiger, ihr müsst glauben, ich hab wirklich einen an der Klatsche, sorry). Also was verstehe ich schon wieder mal nicht? Warum wird so etwas wichtiges, wie der Schutz derer, die unseren Schutz bedürfen, erst dann als wichtig erachtet, wenn man dafür liken kann oder Selfies davor knipsen kann? Die, die mich kennen wissen ganz genau, dass ich alles andere als „rechts“ bin, geschweige noch etwas gegen den Schutz von Flüchtlingen habe.
Aber – und jetzt schweife ich doch ab…. shit. Ich glaube, ich kann all jene verstehen, irgendwie…, die jetzt Obdachlose als Propaganda nehmen um gegen Flüchtlinge zu hetzen. Das ist einfach und eine total gute Ausrede um gegen Flüchtlinge zu hetzen. Man hat ja etwas getan… sei es auch nur Hetze… Ja, ich meine das ehrlich. Ich selber habe das auch schon oft erlebt und schon unzählige Male gegen diskutiert… Und ein ganz, ganz kleines Stück weit denke ich auch so.
Ich bin natürlich froh darüber und total stolz auf all die ehrenamtlichen Helfer, die da ganze Arbeit geleistet haben als die großen Gruppen Menschen auf uns „zu gerollt“ sind…
Meine Tochter hat damals wochenlang jeden Tag am Hauptbahnhof geholfen Menschen von den Zügen abzuholen oder sie in die richtigen Züge zu setzen. Ich war megastolz und wollte ihr natürlich in nichts nachstehen. Also bin auch zum Hauptbahnhof. Meine erste Aufgabe war es, mit 2 anderen Helfern, große Einkaufswagen mit Wasserflaschen durch den Bahnhof und dann zu den Zügen zu bringen. „In 3 Minuten fährt der Zug, sie brauchen Wasser, der Fahrstuhl geht nicht….! Also bin ich mit den Wasserflaschen im Arm gelaufen, als ginge es um mein Leben. Habe sie einfach in den Zug geworfen und bin dann wieder hoch gehechtet, zwei Stufen auf einmal…. 4 Stiegen Wasser und runter… gleich schließen die Türen…“ Nach drei Minuten hab ich heulend da gestanden, meine Raucherlunge schien zu versagen… alles war so unreal… Horror! Absoluter Horror! Ich konnte kein zweites Mal hingehen… hab mich geschämt dafür… aber es ging nicht.
Aber zurück zum Thema – Ich kann also manchmal die Menschen verstehen die da schreien: „Wir haben genug Probleme, räumt erst mal bei uns auf!“
Ja, wir haben genug Probleme. Die Zahlen der obdachlosen Menschen steigt und die Voraussetzungen dafür werden immer …. ja wie sagt man das?… es geht viel schneller?
Beispiel Sozial Wohnungen (-s Abbau)! Beispiel Hatz 4! Beispiel Renten! DOCH für all diese Dinge kann kein Flüchtling etwas!
Der kleine Junge, der tot an den Strand gespült wurde, hat nicht beschlossen das 1000 Wohnungen in Hamburg aus der Sozialbindung fallen und die Mieten so steigen, dass sie nicht genug zum Leben übrig lassen. Die Mutter mit den kleinen Kindern, blutend und weinend auf ihrem Arm, hat nichts mit den Hartz 4-Gesetzen zu tun, die dafür sorgen das Menschen am absoluten Existenzminimum leben müssen! Und der junge Mann, der durch eine Bombe Auge und Bein verloren hat, hat nicht über „unsere“ Armut im Alter entschieden! Aber WIR die, die schimpfen und wettern und hetzen und uns für so klug halten, ja wir können etwas bewirken. Denn wir können wählen! Nicht nur wählen ob wir unseren Verstand und unser Herz einsetzen wenn wir über andere urteilen. Nein, wir können auch bei den Bundestagswahlen wählen! Nicht meckern wenn das Wahlergebnis fest steht… vorher aufstehen und Kreuzchen machen!
Nein, nicht bei der AfD, denn die ist keine Alternative sondern der Untergang unserer Demokratie. Und auch nicht bei der NPD, denn die hatten wir 1939 schon und da ist mal nichts außer mehr als 6 Millionen Toten raus gekommen. Etwas, dass wir nie niemals vergessen sollten! Und NEIN, die Ausrede: „Ich hab ja damals noch gar nicht gelebt und kann nix dafür. „zählt NICHT! Denn solange wie es Menschen gibt, die Trauer spüren durch dieses Verbrechen, so lange müssen wir daran erinnern! Und so lange wie es Menschen gibt, die diese Ideologien verherrlichen, sind wir in der Pflicht daran zu erinnern das mehr als 6 MILLIONEN Menschen auf Grund ihrer Religion sterben mussten! Wir haben doch alle Geschichte gehabt in der Schule und unsere Großeltern konnten uns tagelang schreckliche Erinnerungen erzählen. Warum lernen wir nicht!? Ich habe ich drei Kinder mit drei Nationalitäten, und für die einen bin ich die Schlampe, die drei Kinder von drei Männer hat… aber für meine Kinder bin ich die Mutter, die sie liebt. Und nur das zählt! Meine Kinder sind das, was ich hinterlasse wenn ich gehe. Mein Erbe an diese Welt! Und ich will nicht das sie sich schämen müssen weil sie in einem Land leben, in dem Braune-Nazi-Kacke in den Köpfen der Menschen mehr wiegt als Verstand, Mitgefühlt, Liebe und Vernunft . Niemand hat das Recht zu bestimmen das ein Mensch mehr wert ist als der andere! Denn wir alle sind bei der Geburt das gleiche wie beim sterben – Menschen! Egal ob von Gott erschaffen oder durch den Urknall entstanden, wir sind Menschen!
Ganz wichtig! Nicht vergessen“
Wir sind Menschen!
Lasst uns so leben und handeln!

 Comment 
Feb.21
on 21. Februar 2017
Veröffentlicht in: Fiete Jensen

Fiete Jensen

„Der ewige Bund zwischen Gott und dem jüdischen Volk“

Israel stellt territoriale Ansprüche, die von der ganzen Welt abgelehnt werden. Der Grund liegt im Zionismus.
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Fiete Jensen

Angestoßen von der aktuellen Diskussion in der Facebookgruppe von American Rebel zum Thema Palästina, habe ich mich an einen Artikel des Journalisten Knuth Mellenthin erinnert und auf die Suche gemacht. Ich habe ihn, sogar ohne Facebookhilfe, gefunden und gesehen das er unter dem Titel „Unantastbar unbegrenzt“ u. a., in leicht gekürzter Form, am 12. Juli 2011 in der Zeitung Junge Welt veröffentlicht wurde.
Mellenthins Aussage „Israel ist der einzige Staat der Welt, zu dessen Existenzrecht »Bekenntnisse abgelegt« werden“, hat bewirkt das ich mich an den Text erinnere. Mit der erneuten Veröffentlichung möchte ich ein Grundstein für weitere sachliche Diskussionen zu diesem Thema legen.

„Israel wurde am 14. Mai 1948, also vor über 60 Jahren, gegründet. Elf Minuten später war der junge Staat von den USA anerkannt, zwei Tage später auch von der Sowjetunion. Mittlerweile ist Israel militärisch so erstklassig ausgestattet, unter anderem auch mit über hundert Atomwaffen, dass ihm selbst ohne die zuverlässige Unterstützung der USA keine wirklichen Gefahren drohen. Seit dem 11. Mai 1949 ist Israel Mitglied der Vereinten Nationen – und damit länger als die meisten anderen heute bestehenden Staaten. Außer dem Iran, der Hamas und vielleicht noch der Hisbollah stellt niemand die Existenz Israels in Frage. Spätestens seit der einstimmigen Annahme des saudischen Friedensplans durch die Arabische Liga im März 2002 ist deutlich, dass deren 21 Mitgliedsländer grundsätzlich zur Anerkennung Israels bereit sind, sobald es sich aus den 1967 besetzten Gebieten zurückzieht. Ägypten hatte schon 1979, Jordanien 1994 Frieden mit dem Nachbarn geschlossen. 

Eine viel zu wenig beachtete Tatsache ist darüber hinaus: Die Palästinenser haben das Existenzrecht Israels schon vor bald 18 Jahren verbindlich anerkannt. Ein analoger Schritt der israelischen Seite, also die Anerkennung des Rechts der Palästinenser auf einen eigenen Staat, ist bis heute nicht erfolgt. In dem etwas irreführend als »gegenseitige Anerkennung« bezeichneten Briefwechsel vom 9. September 1993 bestätigte der PLO-Vorsitzende Jassir Arafat dem israelischen Premier Yitzhak Rabin: »Die PLO erkennt das Recht des Staates Israel an, in Frieden und Sicherheit zu existieren.« Im Schreiben Rabins stand dagegen lediglich: »Die Regierung Israels hat sich entschlossen, die PLO als Vertreterin des palästinensischen Volkes anzuerkennen und mit ihr Verhandlungen im Rahmen des Nahost-Friedensprozesses zu führen.«

»Ohne Wenn und Aber« 

Zurück zur Ausgangsfrage: Warum werden permanent und geradezu ritualisiert »Bekenntnisse« zum Existenzrecht Israels »abgelegt«, obwohl dieses weder real gefährdet ist noch in nennenswertem Ausmaß bestritten wird? Sachliche Gründe können dafür jedenfalls nicht ausschlaggebend sein.

Das Existenzrecht Israels wird zudem mit kraftvollen Attributen versehen, die eher der Welt des Glaubens als der Politik zuzuordnen sind. »Unantastbar« oder »ohne Wenn und Aber« stellen das absolute Minimum des tiefempfundenen Engagements dar. Wer ein bisschen mehr tun will, sagt, dass das Existenzrecht Israels »nach Auschwitz nicht mehr in Frage gestellt werden darf«, oder besser gleich, dass es »keinesfalls und niemals in Frage gestellt werden darf«. Die Formeln erinnern mit ihrer barocken Überladenheit ungewollt an Walter Ulbrichts Aussage vor dem 13. August 1961, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu errichten: Sie geben Anlass zu dem Verdacht, dass irgendetwas Unausgesprochenes verborgen werden soll. Sie künden zudem aber auch von der unbedingten Absicht, sich auf keinerlei Nachdenken über den Begriff einzulassen.

Israel ist der einzige Staat der Welt, zu dessen Existenzrecht »Bekenntnisse abgelegt« werden. Über das Existenzrecht Neuseelands, beispielsweise, zu sprechen, wäre eine offensichtliche Absurdität. Es ergibt sich ganz einfach aus der Tatsache, dass dieser Staat existiert und Mitglied der Vereinten Nationen ist. Warum reicht das im Falle Israels nicht aus? Die Existenz eines Staates zu akzeptieren, ist offensichtlich etwas anderes als die ausdrückliche Betonung und Anerkennung seines Existenzrechts. Das liegt daran, daß dieser Begriff nicht nur einen realen Sachverhalt konstatiert, sondern ihn zusätzlich politisch und ideologisch befrachtet, indem er dem konkret Existierenden eine darüber hinausgehende Legitimation zuspricht.

Wer zum Beispiel vom Existenzrecht Kosovos oder Abchasiens spräche – was praktisch außer­halb dieser Territorien niemand tut – würde zumindest implizit Zustimmung zur Entstehung ihrer staatlichen Unabhängigkeit und damit auch zu ihrer Sicht auf die Konfliktgeschichte ausdrücken. Selbst wenn es in mehr oder weniger ferner Zukunft zu diplomatischen Annäherungsprozessen kommen sollte, wird Georgien vielleicht die Existenz Abchasiens, aber noch lange nicht dessen Existenzrecht anerkennen. Das wird billigerweise auch niemand von der Regierung in Tbilissi verlangen, wie immer sie dann aussehen mag. Gleiches gilt für das Verhältnis zwischen Serbien und Kosovo. Die Bundesrepublik hat niemals das Existenzrecht der DDR anerkannt. Das kann man politisch sehr negativ kommentieren, aber es ist im Verhältnis zwischen Staaten dennoch ein legitimes und nicht einmal unübliches Verhalten.

Worauf gründet sich das Existenzrecht Israels – und auf welches Territorium bezieht es sich eigentlich? Der Staat Israel hat bis heute seine Grenzen nicht definiert. Seine territorialen Ansprüche stehen auf jeden Fall im Gegensatz zu den erklärten Positionen der gesamten internationalen Gemeinschaft, einschließlich der USA. Es ergibt sich die Absurdität, dass der einzige Staat der Welt, zu dessen Existenzrecht ständig feierliche »Bekenntnisse abgelegt« werden, auch der einzige Staat ist, der im Widerspruch zur UN-Charta und zu zahlreichen Beschlüssen der Vereinten Nationen gewaltsam erobertes Territorium nicht nur besetzt hält, sondern zudem teils offen, teils schleichend annektiert.

Im Land der Vorväter 

Israels territoriale Ansprüche und seine Weigerung, diese explizit und abschließend zu definieren, stehen in direktem, unlösbarem Zusammenhang mit dem politischen und ideologischen Hintergrund, aus dem es sein Existenzrecht herleitet. Premierminister Benjamin Netanjahu formulierte dies in einer außenpolitischen Grundsatzrede, die er am 14. Juni 2009 an der Bar-Ilan-Universität hielt, so:

»Die Verbindung des jüdischen Volkes mit diesem Land existiert seit über 3500 Jahren. Judäa und Samaria (Anm.: die offizielle israelische Bezeichnung für die besetzte Westbank), die Orte, an denen unsere Vorväter Abraham, Isaak und Jakob schritten, unsere Vorväter David, Salomo, Jesaja und Jeremia – dies ist kein fremdes Land, dies ist das Land unserer Vorväter.

Das Recht des jüdischen Volkes auf einen Staat im Lande Israel ergibt sich nicht aus der Abfolge von Katastrophen, die im Verlauf von 2000 Jahren über das jüdische Volk herein brachen: Verfolgungen, Vertreibungen, Pogrome, ›Ritualmord‹-Anschuldigungen, Morde, die im Holocaust ihren Höhepunkt erreichten, eine beispiellose Tragödie in der Geschichte der Nationen. (…) Das Recht, unseren souveränen Staat hier zu errichten, im Lande Israel, ergibt sich aus einer einfachen Tatsache: Eretz Israel ist die Geburtsstätte des jüdischen Volkes.«

Die Partei Die Linke will sich ihr Eintreten für das Existenzrecht Israels ins Parteiprogramm schreiben. Aber warum eigentlich, wenn man von taktischen, um nicht zu sagen opportunistischen Motiven einmal absieht?

Anders als die amtliche Bezeichnung »Medinat (Staat) Jisrael« ist »Eretz (Land) Jisrael« ein ideologisch aufgeladener Begriff, dessen Umfang noch unbestimmbarer ist als die ohnehin schon vagen territorialen Ansprüche des Staates. Der Begriff geht direkt auf die Erzählungen der Bibel von einem ewigen Bund zwischen Gott und dem jüdischen Volk zurück, der unter anderem das Versprechen auf den unwiderruflichen Besitz eines Gebietes »vom Flusse Ägyptens bis zum großen Fluß, dem Euphrat« (Genesis 15, 18) enthalten haben soll. In Wirklichkeit bieten jedoch nicht einmal die sagenhaften, historisch und archäologisch absolut unbelegten biblischen Geschichten über die Königreiche Davids und Salomos Anhaltspunkte, dass ein derart ausgedehntes Territorium jemals unter jüdischer Herrschaft stand, geschweige denn überwiegend von Juden bewohnt war.

Es handelt sich bei Netanjahus Berufung auf »das Land unserer Vorväter« keineswegs um eine extravagante Erfindung der von ihm geführten rechtesten Regierung, die Israel jemals hatte. Schon Israels erster Premierminister, der Sozialdemokrat Ben Gurion, der vor der Staatsgründung jahrelang die zionistische Bewegung geleitet hatte, sprach mit derselben unbestimmten Bestimmtheit vom Eretz Jisrael, von dem kein Zionist jemals einen Quadratkilometer preisgeben werde, aber dessen genaue Ausdehnung unter allen Umständen offengehalten werden mußte. Als konsequenter Pragmatiker argumentierte Ben Gurion zwar dafür, zeitweise auch eine Teilung des Landes – wie sie während der 1930er Jahre von der britischen Mandatsmacht und 1947 von der UNO vorgeschlagen wurde – zu akzeptieren, ohne aber jemals das weiterreichende strategische Ziel aufzugeben oder auch nur einen Moment lang aus den Augen zu verlieren.

Dynamische Grenzen 

Die territorialen Vorstellungen des Zionismus waren von Anfang an – und das bedeutet: seit Ende des 19. Jahrhunderts – auf ein dynamisches Wachstum im Laufe der Zeit und folglich auf weitestgehende Unbestimmtheit orientiert. Theodor Herzl, der nicht nur der Begründer der Idee vom Judenstaat war, sondern auch zwischen dem ersten Kongress in Basel 1897 und seinem frühen Tod 1904 an der Spitze der internationalen zionistischen Bewegung stand, ging ganz im Sinn der biblischen Verheißung von der Maximalvorstellung eines Territoriums aus, das »vom Bach Egyptens bis an den Euphrat« reichen sollte. So notierte Herzl es am 15. Oktober 1898 nach einem Gespräch mit einem anderen führenden Zionisten, Max Bodenheimer, in sein Tagebuch.

Dem deutschen Reichskanzler Chlodwig Fürst zu Hohenlohe antwortete Herzl auf die Frage, »welche Landstrecke wir haben wollen, ob schon Beyrut oder gar noch darüber hinaus«, ausweichend, aber gerade dadurch eindeutig: »Wir verlangen, was wir brauchen – je mehr Einwanderer, desto mehr Land.« (Tagebuch, 9. Oktober 1898) Dem Großwesir des Osmanischen Reiches, zu dem Palästina damals gehörte, hatte der Begründer des Zionismus zwei Jahre zuvor auf eine ähnliche Frage entgegnet: »Das werde sich mit den Vortheilen, die wir bieten, balanciren müssen. Für mehr Land werden wir größere Opfer bringen.« (Tagebuch, 19. Juni 1896)

Mit der britischen Regierung verhandelte Herzl 1902 und 1903 sogar über die Überlassung der Sinai-Halbinsel (bis zum Suezkanal) und Zyperns. Auf den Einwand von Kolonialminister Joseph Chamberlain, man könne die Bevölkerung der Insel doch nicht vertreiben und schon die öffentliche Behandlung dieses Themas würde einen »Sturm« auslösen, erwiderte Herzl, dass »man denn doch in der Politik nicht Alles öffentlich mache, nur die Resultate oder dasjenige, was man eben in der Discussion brauche«. Man müsse lediglich genug Geld einsetzen, und: »Die Mohamedaner ziehen weg, die Griechen verkaufen ihre Ländereien gern gut u. ziehen nach Athen oder Kreta.« (Tagebuch, 23. Oktober 1902) Schon bei den Vorarbeiten für sein Buch »Der Judenstaat« hatte Herzl notiert: »Die arme Bevölkerung trachten wir unbemerkt über die Grenze zu schaffen«, doch müsse die Vertreibung »mit Zartheit und Behutsamkeit erfolgen«. (Tagebuch, 12. Juni 1895)

Die Konzeption des jüdischen Staates als großräumiges dynamisches Projekt im Werden und Wachsen ergab sich geradezu zwangsläufig aus der strategischen Zielsetzung des Zionismus, im Laufe der Zeit die Juden aller Länder auf einem gemeinsamen Territorium zu versammeln. Herzl veranschlagte die jüdische Weltbevölkerung auf mindestens zehn Millionen. Für ihre Einwanderung und Ansiedlung konnte die Fläche Palästinas – damals nur ein ungefährer geographischer Begriff, aber keine Verwaltungseinheit – unmöglich ausreichen. Palästina hatte um 1900 etwa 600000 Einwohner; 1920 waren es rund 700000. Heute, bei sehr viel weiter entwickelten wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen, leben in diesem Gebiet (Israel, Westbank und Gaza) über elf Millionen Menschen, aber das lag zur Zeit des frühen Zionismus jenseits des Vorstellbaren.

Als Verbündeter Deutschlands gehörte das Osmanische Reich zu den Verlierern des ersten Weltkriegs (1914–1918) und wurde nach dessen Ende aufgelöst. Dadurch konnte über den Nahen Osten neu disponiert werden, wobei zunächst die Abgrenzung der Einflusssphären zwischen Großbritannien und Frankreich im Vordergrund stand. Die britische Regierung hatte den Zionisten schon 1917 die »Errichtung einer nationalen Heimstätte in Palästina« versprochen (Balfour-Deklaration), gleichzeitig aber auch arabischen Kräften Zusagen gemacht, die damit konkurrierten. Indessen bleibt festzuhalten, dass der zionistische Wunsch nach der ausdrücklichen Überlassung ganz Palästinas von den Briten nicht erfüllt worden war.

Auf den Friedenskonferenzen in Paris, die 1919 begannen, legte die Delegation der weltweiten Zionistischen Organisation präzise territoriale Vorstellungen vor. Das beanspruchte Territorium schloss über das eigentliche Palästina (heute: Israel plus Gaza und Westbank) hinaus auch den Südlibanon (bis in die Höhe von Sidon) und die (von Israel seit 1967 besetzten) syrischen Golanhöhen ein. Hintergrund dieser Forderungen war hauptsächlich der Wunsch, den gesamten Jordan samt seiner Quellflüsse zu beherrschen.

In dem Vorschlagpapier, mit dem die Zionisten zur Konferenz anreisten, war dieses Ziel absolut klar formuliert: »Das Wirtschaftsleben Palästinas, wie eines jeden anderen semi-ariden (halbtrockenen) Landes, hängt von der verfügbaren Wasserversorgung ab. Es ist daher von lebenswichtiger Bedeutung, sich nicht nur alle Wasserressourcen zu sichern, die jetzt schon das Land speisen, sondern auch in der Lage zu sein, diese an ihren Quellen zu bewahren und zu kontrollieren. Der Hermon (ein heute größtenteils in Syrien und im Libanon gelegenes, mit seinen Ausläufern aber bis zu den Golanhöhen reichendes Gebirge, K.M.) ist Palästinas wahrer ›Vater der Wasser‹ und kann nicht von ihm getrennt werden, ohne es direkt an den Wurzeln seines Wirtschaftslebens zu treffen.«

Ebenfalls aus Gründen der Wasserversorgung versuchten die Zionisten, sich auf den Pariser Friedenskonferenzen auch das (heute zu Jordanien gehörende) Ostufer des Jordan in seiner vollen Länge zu sichern. Das von ihnen beanspruchte Gebiet sollte bis an die Hedschas-Bahnlinie heranreichen, die in nord-südlicher Richtung ungefähr durch den Längengrad der jordanischen Hauptstadt Amman verläuft.

»Nur so« 

Tatsächlich trafen aber weder die Allianz der Siegerstaaten auf den Friedenskonferenzen noch später der Völkerbund verbindliche oder auch nur informelle Entscheidungen über den Umfang eines künftigen jüdischen Staates – auch wenn heute die zionistische Propaganda mit zunehmender Aggressivität das Gegenteil behauptet. Der Beschluss des Völkerbundrates vom 24. Juli 1922, mit dem »Palästina« der britischen Regierung als Mandat übertragen wurde, sah lediglich, in wörtlicher Übernahme der Balfour-Deklaration, die Schaffung einer jüdischen Heimstätte – das Wort ›Staat‹ wurde bewußt vermieden – »in« diesem Gebiet vor, ohne irgendetwas über deren Umfang und Grenzen auszusagen. Das Mandat schloss auch das spätere Jordanien mit ein, das aber historisch gesehen niemals zu Palästina gehört hatte. Schon vor der Verabschiedung der Ratsresolution war klar, dass die britische Regierung die beiden Teile des Mandatsgebietes voneinander trennen würde. Die Zustimmung des Völkerbundes zu diesem Schritt erfolgte am 16. September 1922 – und damit noch vor dem förmlichen Inkrafttreten des Mandats.

Die Trennung wurde jedoch vom sogenannten revisionistischen Flügel der zionistischen Weltbewegung, aus dem später Netanjahus Likud-Partei hervorging, ausdrücklich abgelehnt und bekämpft. Das Emblem der Revisionisten zeigte die Umrisse des ursprünglichen Mandatsgebiets – also unter Einschluss Jordaniens –, davor eine stilisierte Faust mit einem Gewehr und die hebräischen Worte »Raq Kach«, zu deutsch: »Nur so«.

Damit lagen die Revisionisten aber, trotz der radikalen Form, in der Sache gar nicht so weit vom zionistischen Mainstream entfernt, von dem sie sich 1935 abgespalten hatten. Als Großbritannien 1946 die Unabhängigkeit Jordaniens vorbereitete, protestierte die Jewish Agency, die damals die Juden des Mandatsgebiets vertrat und somit eine Art vorstaatliche Regierung darstellte. Ihrer Auffassung nach war Jordanien ein integraler Teil Palästinas, in dem das jüdische Volk legitime Interessen habe. Definitiv hat Israel erst im Friedensvertrag von 1994 anerkannt, daß der Jordan die Westgrenze Jordaniens bildet.

Zugleich soll der Fluss aber auch die Ostgrenze Israels sein. So steht es im Kapitel »Frieden und Sicherheit« des Programms der Likud-Partei von Netanjahu, das 1999 verabschiedet wurde und nach wie vor gültig ist. Damit wäre zumindest gesichert, dass ein künftiger palästinensischer Staat auf der Westbank keine Außengrenze hätte, sondern eine von israelischem Territorium eingeschlossene Enklave wäre. Das Likud-Programm geht allerdings gleich noch einen Schritt weiter, indem es glasklar postuliert: »Die Regierung Israels lehnt die Errichtung eines palästinensischen arabischen Staates westlich des Jordan rundum ab.«

Netanjahu behauptet zwar, er habe in seiner Bar-Ilan-Rede (14. Juni 2009) die Schaffung eines Palästinenserstaates grundsätzlich akzeptiert, und nun sei es endlich an der Gegenseite, Israel als »jüdischen Staat und Nationalstaat des jüdischen Volkes« anzuerkennen. Aber erstens stellt diese Rede keinen verbindlichen Rechtsakt dar. Zweitens verknüpft der israelische Regierungschef sein »schmerzliches Zugeständnis« mit so vielen Einschränkungen, dass von einem souveränen Staat absolut nicht mehr die Rede sein könnte: Israel soll die Kontrolle über sämtliche Außengrenzen dieses »Staates« einschließlich seines Luftraumes behalten. Es beansprucht darüber hinaus die gesamte westliche Seite des Jordantales einschließlich der angrenzenden Bergkette. Auch dabei geht es wieder um die Herrschaft über wichtige Wasserressourcen, und zwar nicht nur über die des Jordan, sondern auch über die Vorkommen in und unter der Bergkette. Das so definierte Jordantal macht rund ein Drittel der Westbank aus. Eine dauerhafte israelische Kontrolle über dieses Gebiet würde die Abhängigkeit der palästinensischen Wasserversorgung von Israel und voraussichtlich auch die derzeitige völlig ungleiche Aufteilung der Ressourcen zementieren.

»Weniger als ein Staat« 

Sind diese Vorstellungen innerhalb des politischen Spektrums Israels besonders extrem? Keineswegs. Der Sozialdemokrat Yitzhak Rabin beispielsweise, der als großer Friedenspolitiker galt und am 4. November 1995 von einem zionistischen Fanatiker ermordet wurde, vertrat im wesentlichen die gleichen Pläne wie heute Netanjahu. In der letzten Knesset-Rede vor seinem Tod (am 5. Oktober 1995) erklärte er ausdrücklich, dass das Jordantal »im weitesten Sinn dieses Begriffs« die »Sicherheitsgrenze« Israels bleiben müsse. Ebenso wie heute Netanjahu betonte auch Rabin, dass das »ungeteilte« Jerusalem Israels Hauptstadt sei. Er sagte außerdem, dass er eine künftige palästinensische »Einheit« anstrebe, die »weniger als ein Staat« sein werde.

Die Sachlage ist einfach und offensichtlich: Die maßgeblichen politischen Kräfte Israels wollen keinen souveränen, lebensfähigen Palästinenserstaat. Der sogenannte Friedensprozess dient als gefällige Dekoration des absoluten Stillstands und der Konservierung eines Status quo, der genau besehen keiner ist, weil Israel durch die Schaffung von »facts on the ground« die Zeit für sich arbeiten lässt. Vor diesem Hintergrund sollte man die Diskussion über die Perspektive eines binationalen jüdisch-palästinensischen Staates mit mehr Gelassenheit, Gründlichkeit und Genauigkeit führen. Denn die einzige realistische Alternative zu einem so konzipierten Staat scheint in einer neuerlichen Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung zu bestehen, um die »jüdische Mehrheit« im »Eretz Jisrael« zu retten.“
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