melodie und rhythmus 02/2007

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Die Rückkehr des roten Elvis

Dean Reeds frühe Songs werden erstmals auf CD veröffentlicht.

Als er mir zum ersten Mal begegnete, war ich noch Kind. Eines mit immerhin so viel (weiblicher) Intuition, um genau zu wissen: dieser Mann ist was Besonderes. Dean Reed war seinerzeit 30, als er nach turbulenten Stationen in seiner Heimat Colorado/USA, Chile, Argentinien, Spanien und Italien im November 1971 erstmals ostdeutschen Boden betrat. Alle Welt kannte ihn inzwischen und er kannte scheinbar die ganze Welt. Ihn als Allerweltskerl zu bezeichnen, verbietet sich jedoch allein schon deshalb, weil er sich stets der Zuneigung der einen und der Ablehnung der anderen sicher sein konnte, seit er eines Tages begann, mit eindeutig politischen Liedern Partei zu ergreifen, sich einzumischen in gesellschaftliche Auseinandersetzungen und so zum Berufsrevoluzzer avancierte. Nicht, weil es schick war, sondern aus Überzeugung. Doch der Reihe nach.

Am 22. September erblickte Dean Reed auf einer Ranch in Colorado das Licht der Welt. Er besuchte mit zehn die Kadettenschule und lernte Reiten, was ihm später während seiner Filmkarriere noch von Vorteil sein sollte. Ähnliches hat es mit dem Geschenk zu seinem zwölften Geburtstag auf sich: sein Vater legte stolz eine Gitarre auf den Gabentisch. Auch das war wegbegleitend für Reed. Die erste große Liebe im Jahr '54 brachte den ersten selbst geschriebenen Song mit sich, "Don't Let Her Go". Ein Studium der Meteorologie begann Dean Reed noch in den USA, verließ diese aber 1961 gen Chile und dachte dort über soziale Gegensätze nach. Schnell wurde der Aufmüpfige, der seine Zweifel am Regime nicht nach innen austrug, zum Staatsfeind. Sein Pass wurde eingezogen, als er gegen US-Kernwaffentests protestierte, und damit begann seine eigentliche, immer selbst finanzierte Reise durch die Welt. Mittlerweile Mitglied des Weltfriedensrates, landete er wie bereits erwähnt Anfang der 70er Jahre in der beschaulichen, kleinen DDR. Hier stolperte man beim Leipziger Dokumentarfilmfestival über den Mann, der das Land "in dem Milch und Honig fließen", in Richtung Osten verlassen hatte. Dean Reed wurde als Protestsänger in Leipzig, Ost-Berlin und Rostock umjubelt, wie selten ein Künstler zuvor. Die Liebe zu einer Berlinerin schließlich ließ ihn bleiben.

Der amerikanische Rebell, der in Italien Ende der 60er Jahre an der Seite von Yul Brunner und Anita Ekberg Westernfilme drehte, landete schnell und folgerichtig bei der DEFA. Blendend aussehend und mit einer Stimme gesegnet, die einem Gänsehaut bescherte, wurde ihm zunächst die Rolle des Romantikers angedacht: er spielte die Titelrolle in der Eichendorff-Adaption "Aus dem Leben eines Taugenichts". Obwohl er diese Rolle nur zum Teil ausleben konnte, füllte Reed die Kinos. Seine wirkliche schauspielerische Begabung konnte er dann in Jack-London-Verfilmungen und Indianerfilmen beweisen. In "Kit & Co." zum Beispiel versammelte sich neben Reed die gesamte DDR-Schauspielelite: Rolf Hoppe, Armin Mueller-Stahl, Manfred Krug und Renate Blume, die später seine Frau wurde. In "Blutsbrüder", einem Film, dessen Buch Reed selbst schrieb, war er ein ebenbürtiger Partner von Gojko Mitic und löste ihn vorübergehend sogar in der Beliebtheitsskala der Fans ab. Für das DDR-Fernsehen war Dean Reed mit dem Film "El Cantor", der dem Leben des chilenischen Freiheitssängers Victor Jara ein Denkmal setzt, erstmals Autor, Regisseur und Hauptdarsteller in einer Person. Er drehte jedoch auch eine künstlerische Katastrophe wie "Sing, Cowboy, sing" (1981), einen Westernklamauk, in dem auch der tschechoslowakische Schlagersänger Vaclav Neckar und der Bluesbarde Stefan Diestelmann mitspielten.

Wenn Dean Reed jedoch Prioritäten setzen musste, dann tat er das immer zugunsten von Konzerten. Seine Country- und Protestsongs trug er auf Tourneen so mitreißend vor, dass er zur Leitfigur einer ganzen Generation wurde. Die New York Times bezeichnete ihn als "Golden East Block Superstar", als den "Johnny Cash of Communism". Trotzdem wurde Reed mit den Jahren als Schauspieler wie auch als Musiker immer unbeliebter. Seine Popularität ließ gehörig nach, wohl auch weil er sich zu gut mit den Politikern verstand.

Zweifellos war Dean Reed ein Sozialist, vielleicht auch ein Kommunist. Er lehnte sich gegen das Unrecht auf, hatte aber gleichzeitig mit der Staatsspitze Freundschaft geschlossen und fragte nie nach den Rechten, die den Bürgern im Ostteil Deutschlands vorenthalten wurden. Die Anwesenheit Dean Reeds in der DDR war irgendwann zur Prestigefrage geworden - eine Situation, an der er schwer zu tragen hatte. War die Last zu schwer geworden? Am Ende seines Lebens bleibt ein Fragezeichen, denn an einem Junitag im Jahr 1986 verschwand Dean Reed spurlos. Kurz darauf hätte sein ambitioniertes Filmprojekt über das Indianer-Massaker am Wounded Knee starten sollen. Dean Reeds Leiche wurde im Zeuthener See bei Berlin gefunden.

Schon vor Jahren hat auch Hollywood den Stoff für sich entdeckt. Tom Hanks erwarb die Rechte an einer Verfilmung von Reeds Leben bereits 2001 und 2003 traf er sich zu Recherchezwecken sogar mit Egon Krenz. Ob und wann der Film tatsächlich realisiert wird, ist jedoch derzeit unklar. Außerdem startet im Februar der Dokumentarfilm "Dean Reed - Der Rote Elvis", welcher Aufstieg und Fall des Amerikaners darstellt, der im "Arbeiterparadies" DDR (Zitat Denver Post) eine zweite Heimat fand.

Einen Soundtrack zum Phänomen Dean Reed gibt es schon jetzt. Auf der CD "The Red Elvis!" werden Reeds Aufnahmen beim US-Label Capitol aus den Jahren 1959 bis 1961 versammelt. Diese reichen vom spanischen Revolutionärssong bis zum typischen Reed'schen Country-Leckerbissen, von "Pistolero" bis "Ave Maria". Es ist kein Abgesang, sondern wie eine Neuentdeckung. Eine Neuentdeckung vor allem deshalb, weil diese Lieder erstmals auf CD vorliegen. Auch erschienen sie in der DDR nie auf Schallplatten.

Obwohl Dean Reed als Sänger nie einen großen Hit landen konnte, war er in der DDR nicht nur ein Exot, sondern sogar ein echter Star. Als singender Rebell wird er in Erinnerung bleiben.

Text: Karin Paul
Fotos: Archiv, Bear Family


Dean Reed | Aktuell

"The Red Elvis!"
Bear Family Records
www.bear-family.de

In Denver/Colorado geboren, siedelte der bekennde Sozialist Dean Reed 1973 in der DDR über. Als Sänger und auch Schauspieler wurde er schnell prominet, seine stets linientreue Haltung gegenüber der DDR-Politik brachte ihm jedoch auch einen Ruf als Anpasser ein. Dean Reed wurde zunehmend depressiv und ertrank 1986 in einem See bei Berlin. Die CD "The Red Elvis!" kompiliert erstmals seine frühen US-Aufnahmen.

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Letzte Änderung: 2007-09-17