Die Arbeit wird die Sonne unseres Lebens sein

Stimmungsbild | RoterMorgen 2025

Redaktion – 11. Mai 2025

Unter kapitalistischen Bedingungen ist die Arbeit nicht die Sonne unseres Lebens. Dem arbeitenden Menschen steht eine schädliche, zunehmend psychisch und physisch einseitige, krankmachende und entfremdete Arbeit bevor. Der Arbeiter arbeitet lediglich, um sich als Arbeiter zu reproduzieren – und dabei, wie Engels sagt, unproduktive Schmarotzertiere reich zu machen. Am Monatsende ist dem Arbeiter das Geld für seinen Unterhalt ausgegangen, während der Kapitalist aus seiner Arbeitskraft einen Mehrwert blutgesaugt hat und nun monatlich wachsende Geldsummen auf seinem fetten Konto anhäuft.

Seitdem der Mensch technisch und physisch in der Lage ist, mehr zu produzieren, als er für den Erhalt seines Lebens konsumierend verbraucht, kommt es – aufgrund des privaten Eigentums an Produktionsmitteln – zur Überproduktion. Der Absatz stockt, Arbeiter werden entlassen und verlieren ihr tägliches Brot. In der Arbeitslosigkeit bildet sich eine industrielle Reservearmee – ein Vorgang, den Engels bereits 1845 in seinem Buch Die Lage der arbeitenden Klasse in England beschrieb. Diese Arbeitslosenarmee drückt den Lohn. Unter kapitalistischen Bedingungen schlägt das Arbeitsmittel dem Arbeiter das Lebensmittel aus der Hand.

Schon der idealistisch-methodisch vorgehende Dialektiker Hegel definierte 1806 die Arbeit durchaus tiefsinnig als „gehemmte Begierde, aufgehaltenes Verschwinden oder sie bildet.“¹ Während des Arbeitsprozesses kann der Mensch nicht essen – eine „gehemmte Begierde“ –, während der Schmarotzer jederzeit konsumieren kann. Im Konsumtionsprozess wird das Verschwinden eines Lebensmittels im Mund nicht aufgehalten, sondern das Lebensmittel verschwindet – dem Lohnherren bildet sich nichts. Der Konsument bildet sich im Gegensatz zum Produzenten nicht weiter; letzterer durchläuft hingegen nach Hegel im Arbeitsprozess einen Bildungsprozess, reichert Wissen an und wird dem Lohnherren überlegen. Doch Hegel nimmt dem Schmarotzer nicht die Produktionsmittel aus der Hand und kollektiviert sie nicht – der Produzent bleibt so ein angeblich gebildeter Mensch, jedoch weiter nur ein Malocher. Im Idealismus vollzieht sich Emanzipation durch Wissen.

Schon die französischen, beziehungsweise französisch schreibenden utopischen Sozialisten Fourier und Saint-Simon sowie der englisch schreibende Waliser Robert Owen erkannten: Arbeit ist unter dem Kapital eine Last. Im Gegensatz zu Hegel forderte der ebenfalls dialektisch brillant denkende Fourier, dass Arbeit aus einer Last im Kapitalismus zu einer Lust im Sozialismus werden müsse. Engels greift dieses Wortspiel in seinem Anti-Dühring (1878) auf – seither ist es ein geflügeltes Wort im wissenschaftlichen Sozialismus. Insbesondere Marx, anknüpfend an die richtigen Ansätze der utopischen Sozialisten, zeigt den Arbeitermassen, dass nur durch eine soziale Revolution Arbeit von der Last zur Lust werden kann.

In der Antirepressionsbewegung – etwa im gi (Gefangenen-Info) – wird gefordert: Kein Arbeitszwang in den Gefängnissen. So einfach ist das Leben jedoch nicht, wie es sich insbesondere die Anti-Autoritären vorstellen. Diese Forderung gerät unmittelbar in Widerspruch zur Forderung im Kommunistischen Manifest: „Gleicher Arbeitszwang für alle …“² Umso schlimmer ist es, dass die Redaktion des Gefangenen-Info auf den Fehler hingewiesen wurde – denn die Forderung müsste korrekt lauten: Kein profitorientierter Arbeitszwang, aber freiwillige, nicht profitorientierte Arbeit. Man gerät in die Bredouille, wenn man nachlässig mit dem wissenschaftlichen Sozialismus umgeht. Frei nach Goethes Faust: „Verachte nur Vernunft und Wissenschaft, des Menschen allerhöchste Gaben – du hast dich dem Satan ergeben und musst zugrunde gehen.“

Nicht nur Karten kloppen im Knast – es kommt der Überdruss, und ein Gefangener oder eine Gefangene verspürt den Wunsch, kreativ zu sein. Und sei es nur, dass ein stabiler Hampelmann für einen Kindergarten gebastelt wird, den etwa die Ehefrau des Gefangenen im Garten vorbeibringt. Das ist doch eine gute Sache – und bringt mehr ein als schnöder Mammon: Die Kinder freuen sich, und auch der Produzent hinter Gittern empfindet ein Wohlbefinden. Auch aus dem Gefängnis heraus kann man kleinen wie großen Mitmenschen eine Freude machen – das tut auch der angeschlagenen Seele im Knast gut.

Seit der technischen Industriellen Revolution um 1770 zeigt die Geschichte eine mächtige Tendenz, Arbeit von einer Last in eine durchgängige Lust zu transformieren. Die Technik ist heute größtenteils so weit. Ohne diese Revolution wäre das gar nicht möglich gewesen. Der Leibeigene war gezwungen, einen Teil seiner Arbeit auf dem Gut des Herrn sinnentleert zu verrichten – für diesen und für sich selbst. Oben war von der Bredouille die Rede: Auch die Frauenemanzipation wäre ohne diese große Revolution von 1770 nicht denkbar gewesen – eine Revolution, die für Marx und Engels bedeutender war als die klassisch-bürgerliche von 1789. Engels weist darauf hin, dass Damen der gehobenen Klassen, die sich prostituieren, um nicht in der Fabrik zu arbeiten, der wirklichen Arbeit entfremdet sind – ihnen steigen skurrile, feministische Ideen in den Kopf. Nur eine Frau der Maloche – in der Fabrik oder auf dem Land – erkennt im Mann der Maloche ihren Kampfgenossen, mit dem es real in einer Front zu kämpfen gilt. Hier bildet sich eine gemeinsame Front – und Hegel scheint auf den ersten Blick Recht zu haben: Arbeit bildet.

Spartakus führte die Sklaven gegen die Asozialen an. Dem französischen Adel war es vor der Revolution von 1789 untersagt, überhaupt handwerklich tätig zu werden. Sollen heutige Gefangene in dieser antiken und französischen Tradition stehen oder darin stecken bleiben – und den Schulterschluss mit diesen verweigern? In der Antike war Arbeit durch die Sklavenarbeit geächtet – die Freien arbeiteten nicht. Als Sklavenarbeit ökonomisch unmöglich wurde, verweigerten die Freien aus „moralischen“ Gründen die Tätigkeit.³ Engels sagt: Die Freien ohne Arbeit verlumpten, weil sie Arbeit als etwas Sklavisches verachteten. Sollen die Gefangenen, nach ihrer Entlassung und nachdem sie wieder den Himmel ohne Gitter sehen, dem Lumpenproletariat anheimfallen?

  1. Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Phänomenologie des Geistes, Felix Meiner Verlag, Hamburg, 1980, Seite 115
  2. Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 481
  3. Vergleiche Friedrich Engels: Über den Ursprung der Familie, des Staates und des Privateigentums, in: Marx, Engels; Ausgewählte Werke, Progress Verlag, Moskau, 1975, Seite 586

 

Dieser Artikel fußt auf eine Vorlage von Heinz Ahlreip. Eine Weiterveröffentlichung des Textes ist gemäß einer Creative Commons 4.0 International Lizenz ausdrücklich erwünscht. (Unter gleichen Bedingungen: unkommerziell, Nennung der verlinkten Quelle (»Der Weg zur Partei«) mit Erscheinungsdatum).
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