Fiete Jensen

‚#aufstehen‘ – Wagenknechts Irrweg, ist nichts Neues

Autor Fiete Jensen

Fiete Jensen

Was sich da als angebliches „Gegengewicht“ zum gegenwärtigen Rechtsruck durch AfD und anderem rechten Gesindel, sowie zur Politik der Partei „Die Linke formiert“, ist nicht anderes als „aufgewärmter Kaffee“. Wie so eine Querfront zwischen Links und Rechts funktioniert, konnte man bereits vor vier Jahren auf zahlreichen Plätzen in deutschen Städten beobachten. Bereits 2014 fand sich ein Teil der heutigen Unterstützer/innen von „#aufstehen“ in einer „Sammlungsbewegung“ zusammen. Die sogenannten „Montagsmahnwachen für den Frieden“ waren für jeden aufmerksamen Beobachter schnell als neurechtes Querfront-Projekt zu erkennen, dessen Strukturen in den Händen von politisch mehr als dubiosen Typen lag.

Die sog. „Mahnwachen“, heute noch in Hamburg präsent, waren als basisdemokratisches Friedensprojekt angekündigt, wurden aber schnell zur bundesweiten Bühne für Neurechte, Verschwörungsideologen und offene Rechtsextreme, die vor einem ziemlich gemischten Publikum aus bürgerlichen Politverdrossenen und frustrierten Alt-Linken quasi ungestört ihre brauen Inhalte unters „Volk“ bringen konnten: Verkürzte Kapitalismuskritik, ideologisierten Antiamerikanismus, rückhaltlose Putin-Solidarität, antidemokratische Verschwörungstheorien, „Eliten-Kritik“ bis hin zu offenem Antisemitismus. „Compact“, „KenFM“ und „dieBandbreite“ verdanken ihre heutige Bekanntheit vor allem ihren Auftritten in diesem dubiosen rechten Dunstkreis.

‚Montagsmahnwache für Frieden‘,
München, 25. August 2014

Aber nicht nur Propagandagrößen der Neuen Rechten und politisch Unbedarfte kamen dort zum gemeinsamen „mahnwachen“, sondern auch einige linke Persönlichkeiten. Sahra Wagenkecht selbst unterschrieb den Aufruf zum neurechten „Friedenswinter“ und sagte einen geplanten persönlichen Auftritt dort aus „terminlichen“, nicht etwa aus inhaltlichen Gründen ab. Sevim Dağdelen, ebenfalls Unterzeichnerin, war sich nicht einmal zu schade, sich auf einer „Friedensveranstaltungen“ lächelnd Arm in Arm mit „dieBandbreite“ ablichten zu lassen, einer Band, die damals schon Applaus von der NPD bekam und heute für die AfD Wahlkampf macht. Dieter Dehm, der Produzent des Titelsongs von „Aufstehen“, war als Redner persönlich auf „Mahnwachen“-Bühnen zu finden. Die „Nachdenkseiten“, heute eifernde Unterstützer der Sammelbewegung, haben sich im „Mahnwachen“-Kontext ins verschwörungsideologische Spektrum radikalisiert. Oskar Lafontaine sprach auf einer „Friedensdemo“ davon, dass hinter jeder Regierung schattenhafte Mächte stünden und diese kontrollieren würden. Antje Vollmer rückte sich mit ihrer Beteiligung am Aufruf „Nie wieder Krieg in Europa“ und kritikloser Putin-Solidarität selbst in den Applaus der neurechten „Mahnwachler“.

Die „Montagsmahnwachen“ waren eindeutig ein Testlauf für rechte Propaganda in breiterer Öffentlichkeit und haben den brutalen Rechtsruck der letzten Jahre mit vorbereitet und gefördert. Die offensichtliche Lehre, dass man mit rechts-anschlussfähigem Linkspopulismus keine linke Schlagkraft gewinnt, sondern rechte Hetze befeuert und legitimiert, hat bis zu Wagenknecht selbst offenbar keiner der damals beteiligten Linken gezogen.

Was diese „Sammlungsbewegung“ bewirken wird, ist vor allem eine Spaltung der „Partei Die Linke“ und eine Verwirrung von veränderungswilligen Bürgern, denen eine proletarische Kampferfahrung fehlt.

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Quellen: Eigene Erfahrungen und Diskussionsergebnisse bei den MfdF in Kiel-Hbh, rechtsaussen.berlin, wikipedia_org, Der Freitag, Arbeit-Zukunft.de, Nachdenkseiten, Klasse gegen Klasse, Verein für Protest- und Bewegungsforschung an der TU Berlin.
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