Volkskorrespondent Rui Filipe Gutschmidt

Portugal vor neuem Lockdown – COVID-19 und Kälte bringen den Tod

Rui Filipe Gutschmidt

Experten erwarten 14.000 neue Fälle und 150 Tote täglich in den nächsten Wochen. Dabei basieren die Berechnungen auf ein Szenarium, dass dem Lockdown im März 2020 ähnelt. Alles deutet auf einen neuen Lockdown hin, bei dem die Schulen zunächst offen bleiben. Portugals Gesundheitssystem ist am Limit und die ungewöhnlich lang andauernde Kältewelle sorgt zusätzlich für Krankheiten und Unfälle. Mit 2021 kam der Tod nach Portugal.

Die Schulen werden wohl zunächst geöffnet bleiben, wobei dies noch nicht beschlossen wurde und auch jederzeit geändert werden kann. Die Schulen haben sich als relativ sichere Orte ausgezeichnet, da in der kontrollierten Umgebung die Hygieneregeln viel besser eingehallten werden. Im Gespräch ist die regelmäßige Durchführung von Schnelltests an den Schulen und die Lehrer haben den Wunsch geäußert in der Prioritätenliste für die Impfung nach vorne zu rutschen.

Bei allen Bedenken, die ein strenger Lockdown hervorruft, muss allen klar sein, dass Portugal nicht um diesen herumkommt, wenn ein Kollaps des Gesundheitssystems verhindert werden soll. Die Kosten eines weiteren Lockdowns, der dem vom letzten März ähnelt, rechtfertigen sich angesichts der Menschenleben und der möglichen Langzeitschäden und Spätfolgen für die Gesundheit bei den Menschen die sich anderenfalls mit dem Covid-19 Virus infizieren…  

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Nicht nur Covid-19 tötet

Noch nie, seit dem es Aufzeichnungen zu den Todesfällen gibt, starben so viele Menschen in Portugal. Die Behörden registrierten 3.800 Tote innerhalb einer Woche, wodurch das 10 Millionen Einwohner Land erstmals einen Durchschnitt von über 500 Toten täglich verzeichnen musste. Covid-19 ist dabei für etwa 1/3 der Fälle verantwortlich.

Doch auch die Folgen eines überlasteten Gesundheitssystems für alle Nicht-Covid Patienten müssen in Betracht gezogen werden. Gerade jetzt, da eine ungewöhnlich langanhaltende Kältewelle Portugal heimsucht, verzeichnen die Behörden nie dagewesene Zahlen an Todesfällen. Die Gründe dafür sind vielseitig..
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Beihilfe zur Stromrechnung

Die Regierung kündigt Hilfen für die frierende Bevölkerung an. Dabei übernimmt der Staat zunächst 10 Prozent der Stromrechnung aller Haushalte ab Januar 2021 bis Ende des aktuellen Lockdowns. Die Regierung Costa hat 20 bis 25 Millionen Euro für diese Maßnahme bereitgestellt.

Seit dem Ende der Troika-Herrschaft und dem Linksruck 2015 haben finanzschwache Haushalte einen Sozialtarif bei den Strom- und Gasrechnungen. Für alle die bereits diesen eher geringen Preisnachlass haben, kann die jetzt beschlossene staatliche Hilfe bis zu 40 Prozent der Stromrechnung ausmachen.

Seit Beginn der Kältewelle verzeichnet die „EDP-Distribuição“ (für die Verteilung der Energie verantwortliches Unternehmen) mehrere Stromausfälle, die auf den stark gestiegenen Konsum in dieser Kältewelle und der vermehrten Heimarbeit zurückzuführen sind. Das ehemals staatliche und jetzt privatisierte Unternehmen hat eine Aufstockung der Technikerteams angekündigt, um mit dem aktuellem Mehrbedarf an Energie fertig zu werden.

Portugal hat eine schwere Zeit vor sich. Mitten im Wahlkampf für die Präsidentschaft kommt dieser erneute Lockdown Leuten wie dem Rechtspopulisten André Ventura gerade recht. Doch ich werde diesem Rassisten keine Bühne bieten und belasse es dabei ihn als Schandfleck für Portugals Demokratie zu bezeichnen, der außer Hetze gegen Minderheiten nichts konstruktives beizutragen hat.

Verschiedene Maßnahmen werden von den Kandidaten kritisiert, wobei aber ein breiter Konsens zur Notwendigkeit des Notstands an sich besteht. Die Weihnachtszeit ist auch in Portugal traditionell ein Familienfest und die Regierung wird meiner Meinung nach zurecht dafür kritisiert, dass die Einschränkungen zu lasch gehandhabt wurden. Das „Big Business“ ging vor und auch die Unvernunft vieler Portugiesen, die meinten doch mal ein Risiko eingehen zu dürfen, sind für den extremen Anstieg der Infektionszahlen weitestgehend mitverantwortlich.

Wenn sich die Mentalität der Menschen nicht wieder einpendelt, wird auch die seit 28. Dezember 2020 angefahrene Impfkampagne so schnell an der prekären Lage nichts ändern. Durchhalten und den Schutz des Staates einfordern ist jetzt angesagt. Schließlich bezahlen wir die Steuern nicht dafür, dass sich Spekulanten, Bankster und Populisten auf unsere Kosten bereichern.

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Erstveröffentlichung heute in unserer Partnerzeitung INFO-WELT.
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