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Forum zur Förderung der Einheit der Marxisten-Leninisten
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Seit einigen Jahren bemühen sich verschiedene ML-Parteien und Organisationen um die Einheit aller Marxisten-Leninisten in einer Partei. Der Weg dorthin ist schwer. Reformistische, revisionistische und allerlei skurrile Ideologien haben sich in vielen Teilen der deutschen Genossen und Genossinnen eingenistet und versperren den Weg zur Einheit. Doch:

*Unser Ziel der Sozialismus und später der Kommunismus kann nur auf der Grundlage der wissenschaftlichen Weltanschauung der Arbeiterklasse, dem Marxismus-Leninismus erreicht werden.
*Die Erlangung der Macht der Arbeiterklasse und die Errichtung der Diktatur des Proletariats mit ihren natürlichen Verbündeten, kann nur auf revolutionärem Wege erreicht werden.
*Die Ursache für die Spaltung der Kommunistischen Parteien nach dem XX. Parteitag der KPdSU war der Verrat der revisionistischen Chruschtschowclique und ihren Nachfolgern, die auch für die Restauration des Kapitalismus in der UdSSR verantwortlich sind.
*Die Hauptursache für die Zerstörung und Beseitigung des Sozialismus auf deutschem Boden war der Revisionismus. Er ist noch heute, in seinen verschiedenen Facetten, der Grund für die Spaltung der Marxisten-Leninisten in Deutschland.

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on 16. Oktober 2018
Veröffentlicht in: Andreas Grünwald, Martin Emko

Martin Emko

242.000 Leute demonstrierten am Sonntag nach Veranstalter-Angaben in Berlin unter der sie einigenden Kurzformel #unteilbar.

Martin Emko

Dass sehr viele Menschen aus ehrlichen Beweggründen gegen den Rassismus von AfD & Co. auf die Straße gingen, ist gut. Dass Klassenpositionen dort aber deutlich zu vermissen waren, ist schmerzlich und führte von Beliebigkeit über Unklarheiten über den Adressaten bishin zum unhinterfragten Auftreten der terroristischen „syrischen“ „Opposition“. Und es führte auch dazu, dass mit Andrea Nahles und Heiko Maas Leute diese Demo unterstützten, deren Partei selbst mitverantwortlich ist für die soziale Zuspitzung im Land – und damit auch den zunehmenden Rassismus.

Es war die SPD-Vorsitzende Nahles selbst, die im Mai 2018 tönte: „Wir können nicht alle bei uns aufnehmen„. Dieser Satz scheint für BRD-Bürger – oberflächlich angehört – fast „selbstverständlich“ und wird häufig zitiert. Doch ist er bei genauerer Betrachtung rechts und nicht links, sondern nur link und hinterhältig. Dazu möge z.B. genügen: In der Klassengesellschaft der BRD gibt es kein „wir / uns“ – allein mit diesen zwei Pronomen wird bereits ausgespielt, „wir“ gegen andere, gegen die da, „alle“. Also „alle“? Dieses Wort ist in seiner Tendenziösität geeignet, Angst und Abwehr zu erzeugen: Ende des Jahres 2017 waren 68,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Sie „alle“ wollen also in die BRD? Solch vernebelnder Unfug treibt Leute nach rechts; ein andermal mehr dazu.

Wichtig sollte uns sein, auf der Basis von Klassenpositionen auf Leute zuzugehen und mit ihnen zu diskutieren. Als ersten Baustein hierzu sei ein Artikel empfohlen, in dem Andreas Grünwald untersucht, welche Positionen die marxistischen Klassiker zur Migration vertraten. Der Artikel läuft auf folgende Zusammenfassung hinaus:

1. Migration, Aus- und Einwanderung sind unter imperialistischen Bedingungen ein Prozess zu dem die Migranten durch die imperialistische Herrschaft und die verschärfte Ausbeutung der abhängigen Länder gezwungen sind. Er vollzieht sich unabhängig vom Willen des Einzelnen.

2. Die Bourgeoisie in den kapitalistischen Kernländern nutzt die Migration, um die Löhne, die sozialen Standards, das allgemeine Niveau des Lebens weiter zu senken, also um auch die bisherigen Arbeitskräfte im eigenen Land noch besser auszubeuten.

3. Sie befördert damit und mit entsprechenden Ideologien gleichzeitig die Spaltung der Arbeiterklasse auch in den kapitalistischen Kernländern und mindert so auch dort ihre Kampfkraft.

4. Sozialisten können auf diesen Prozess nicht in der Weise reagieren, in dem sie sich ihrerseits zu Fürsprechern möglicher Einwanderungsbeschränkungen machen. Warum nicht: weil sie sich damit selbst der Ideologie der Herrschenden ausliefern.

5. Internationale Solidarität mit den Migranten muss vor allem darin bestehen, für eine Verbesserung der Arbeits- und Kampfbedingungen in den jeweiligen Herkunftsländern einzutreten und diesen Kampf, der dort in der Form ein nationaler Kampf ist, solidarisch durch internationale Aktion zu unterstützen. Das ist die eine Seite der Internationalen Solidarität. Die andere besteht darin, in den kapitalistischen Kernländern selbst Kolonalisierung politisch zu bekämpfen.

6. Um im eigenen Land wirksam zu kämpfen, um demokratische Reformen, ökonomische Kämpfe erfolgreich zu bestehen, um Prozesse der sozialen Revolution einzuleiten, muss alles dafür getan werden, dass auch die eingewanderten Arbeiter gleiche Rechte haben. Für den eigenen Kampf müssen sie als gleichberechtigter Teil in den Formierungsprozess gewerkschaftlicher und politischer Bewegungen einbezogen werden.

7. Die Kapitalisten versuchten, die immigrierten Arbeiter zum Drücken der Löhne und zur Spaltung der Arbeiterklasse zu benutzen. Aber für Sozialisten ist das nicht als „Schwäche“ des „kulturell minderwertigen immigrierenden Arbeiters“ hinzustellen, sondern als objektive Funktion, die die Bourgeoisie ihnen zudenkt. Dies kann nur durchkreuzt werden, wenn auch das inländische Proletariat den Kampf um gleiche Rechte für die ausländischen Arbeiter mit aufnimmt und sich mit ihnen verbindet.

Zum Artikel »

Andreas Grünwald

Migration, Ein- und Zuwanderung bei Marx, Engels, Lenin …

Andreas Grünwald

Eine durchaus berechtigte Angst, weshalb eine offene Debatte dazu dringend erforderlich ist. Die geschieht nicht zum Selbstzweck, sondern natürlich mit dem Ziel die eigene Handlungsfähigkeit nach Möglichkeit zu optimieren.

Für mich als Marxisten gehört dazu auch (nicht nur!) der Blick in die Klassiker, denn Flucht, Migration und Einwanderung sind keine neuen Erscheinungen, sondern im Kapitalismus ein sich immer wieder wiederholendes Phänomen. Diesen Blick will ich hier ein wenig entwickeln.

Es ist das Verdienst von Karl Marx, Friedrich Engels und anderer Theoretiker des wissenschaftlichen Sozialismus in einer Vielzahl von Werken die objektiven Entwicklungsgesetze der kapitalistischen Gesellschaft aufzuzeigen. Dazu gehört auch die Migration. Zunächst die vom Land in die Stadt, die in der Phase der Herausbildung der kapitalistischen Gesellschaft schon vor 200 oder 300 Jahren eine besondere Rolle spielte. Aus der Sicht des Kapitals ein notwendiger Prozess um freie Lohnsklaven den neuen Ausbeutungsbedingungen zu unterwerfen.

Migration befördert zudem die Bildung Industrieller Reservearmeen. Diese entstehen zuallererst aus dem Ablauf des Kapitalverwertungsprozesses selbst, der in Zeiten der Überproduktion immer wieder Millionen bisher erwerbstätiger Menschen in eine erwerbslose Reservearmee verwandelt. Durch die Migration wird dieser Prozess befeuert. Die Reserven entstehen dauerhafter und stabiler. Die objektive Funktion solche Reservearmeen besteht immer darin, noch intensivere Formen der Ausbeutung – vor allem durch die Senkung der Lohnkosten – durch das Kapital durchzusetzen.

Menschen migrieren, wandern aus. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Auch die Art der Migration – von saisonal bis dauerhaft – weist viele Varianten auf. Gemeinsam ist allen diesen Migrationsbewegungen freilich, dass sie zu einer Stärkung solcher Reservearmeen für den Ausbeutungsprozess im Kapitalismus beitragen. Sie verändern damit zugleich die ökonomische Basis einer kapitalistischen Gesellschaft, und vermittelt darüber natürlich auch das jeweilige Alltagsbewusstsein. Auch und gerade das der abhängig Beschäftigten.

Friedrich Engels hat dies an Hand der Migrationsbewegungen die Mitte des 19. Jahrhunderts auftraten, mehrfach beschrieben. Millionen von Menschen wanderten damals von Europa und Asien nach Amerika aus:

„Die Zahl der amerikanischen Geldfürsten ist [dort] noch weit größer [als in Deutschland]. Und diese fabelhafte Reichtums-Akkumulation wird durch die enorme Einwanderung in Amerika noch von Tag zu Tag gesteigert. Denn direkt und indirekt kommt dieselbe in erster Linie den Kapitalmagnaten zugute. Direkt, indem sie die Ursache einer rapiden Steigerung der Bodenpreise ist, indirekt, indem die Mehrzahl der Einwanderer den Lebensstand der amerikanischen Arbeiter herabdrückt. Schon jetzt finden wir in den zahllosen Streikberichten, welche unsere amerikanischen Bruderorgane melden, einen immer größeren Prozentsatz von Streiks zur Abwehr von Lohnreduktionen, und die meisten auf Lohnerhöhung abzielenden Streiks sind im Grunde auch nichts anderes, denn sie sind entweder hervorgerufen durch die enorme Steigerung der Preise oder durch das Ausbleiben der sonst im Frühjahr üblichen Lohnerhöhungen.“

Trotzdem spricht sich Friedrich Engels in der damaligen Zeit strikt dagegen aus sich an Restriktionsdebatten zu beteiligen. Er begründet dies Mitte des 19., Jahrhunderts damit, dass …

„auf diese Weise … der Auswandererstrom, den Europa jetzt jährlich nach Amerika entsendet, nur dazu bei [trage], die kapitalistische Wirtschaft mit all ihren Folgen auf die Spitze zu treiben, so daß über kurz oder lang ein kolossaler Krach drüben unvermeidlich wird.“

Dann aber werde der …

„Auswandererstrom stocken oder vielleicht gar seinen Lauf zurücknehmen, d.h. der Moment gekommen sein, wo der europäische, speziell der deutsche Arbeiter vor der Alternative steht: Hungertod oder Revolution!“

Und weiter:

„Darum, so sehr wir auch mit der ‘New Yorker Volkszeitung’ die Auswanderung aus Deutschland bedauern, so sehr wir überzeugt sind, daß dieselbe zunächst eine wesentliche Verschlechterung der Lage der amerikanischen Arbeiter im Gefolge haben wird, und so sehr wir ferner mit ihr wünschten, daß die deutschen Arbeiter ihr ganzes Augenmerk ausschließlich auf die Verbesserung ihrer Lage in Deutschland richteten, so können wir ihren Pessimismus doch nicht teilen. Wir müssen eben mit den Verhältnissen rechnen, und – da dieselben, dank der Kurzsichtigkeit und Habgier unserer Gegner, eine Entwicklung im wirklich reformatorischen Sinne immer mehr ausschließen – unsere Aufgabe darin suchen, die Geister allen Angstmeiern zum Trotz, vorzubereiten auf den revolutionären Gang der Ereignisse.“

Und weiter:

„Für den Konflikt: Riesenhafte Konzentration des Kapitals einerseits und wachsendes Massenelend andererseits, gibt es nur eine Lösung: Die soziale Revolution!“ (Geschrieben am 3. Mai 1882 – Friedrich Engels, „Über die Konzentration des Kapitals in den Vereinigten Staaten“, MEW, Bd. 19, S. 307)

Engels argumentiert grundsätzlich (an der Migration selbst lasse sich nichts ändern) und dann strategisch (soziale Revolution), woraus sich für ihn auf der taktisch-politischen Ebene ergibt von jeglicher restriktiven Debatte seitens der Arbeiterbewegung abzusehen.

Doch heute wissen wir: dieses Ereignis – sozialen Revolution befeuert durch Migration – trat nicht ein, denn die moderne kapitalistische Gesellschaft, die Gesellschaft des sich Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts heraus bildenden Imperialismus sowie des staatsmonopolistischen Kapitalismus, verfügt über gewaltigere ökonomische, vor allem aber auch politisch-ideologische Regulierungsmethoden, wie dies Friedrich Engels in seiner Zeit hätte voraussehen können. Große Wirtschaftskrisen – und seien sie auch begleitet durch eine enorme Armut – führen allein noch lange nicht zum Ende dieses Systems.

Dies hervorzuheben, ist mir wichtig, denn mit Zitaten, die aus dem Zusammenhang eines vollständigen Gedankengangs und seiner Prämissen und Voraussetzungen gerissen werden, wird bekanntlich auch viel Unsinn begründet.

Welche unmittelbare Wirkung Masseneinwanderung für die Arbeiterklasse eines Landes haben kann, schildert Friedrich Engels indes mit sehr deutlichen und drastischen Worten im Abschnitt „Die irische Einwanderung“ seines Buchs „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“, das 1845 heraus kam. Diesen Abschnitt hier zu zitieren, wäre zu umfangreich, aber ich rate allen da mal rein zu lesen, vor allem jenen, die häufig auch eine Scheu davor haben kulturelle Gegensätze und Spannungen, die im Zusammenhang mit Migration auftreten, offen anzusprechen. Zumindest Friedrich Engels hatte da geringere Probleme, wenn er diesem Abschnitt beispielsweise mit den Worten schloss:

„Denn wenn fast in jeder großen Stadt ein Fünftel oder ein Viertel der Arbeiter Irländer oder in irischem Schmutz aufgewachsene Kinder von Irländern sind, so wird man sich nicht darüber wundern, daß das Leben der ganzen Arbeiterklasse, ihre Sitten, ihre intellektuelle und moralische Stellung, ihr ganzer Charakter einen bedeutenden Teil von diesem irischen Wesen angenommen hat, so wird man begreifen können, wie die schon durch die moderne Industrie und ihre nächsten Folgen hervorgerufene indignierende Lage der englischen Arbeiter auf eine hohe Stufe der Entwürdigung gesteigert werden konnte (1892) … indignierende Lage der englischen Arbeiter noch entwürdigender gemacht werden konnte.“

Aber lest selber:
»http://www.mlwerke.de/me/me02/me02_…

Die Wirkung solcher Migrationsbewegungen analysierte auch Karl Marx. Ebenfalls am Beispiel der nach England einwandernden irischen Arbeiter:

„Zweitens hat die englische Bourgeoisie das irische Elend nicht nur ausgenutzt, um durch die erzwungene Einwanderung der armen Iren die Lage der Arbeiterklasse in England zu verschlechtern, sondern sie hat überdies das Proletariat in zwei feindliche Lager gespalten. Das revolutionäre Feuer des keltischen Arbeiters vereinigt sich nicht mit der soliden, aber langsamen Natur des angelsächsischen Arbeiters. Im Gegenteil, es herrscht in allen großen Industriezentren Englands ein tiefer Antagonismus zwischen dem irischen und englischen Proletarier. Der gewöhnliche englische Arbeiter haßt den irischen als einen Konkurrenten, der die Löhne und den standard of life (Lebensstandard) herabdrückt. Er empfindet ihm gegenüber nationale und religiöse Antipathien. Er betrachtet ihn fast mit denselben Augen, wie die Poor whites (armen Weißen) der Südstaaten Nordamerikas die schwarzen Sklaven betrachteten. Dieser Antagonismus zwischen den Proletariern in England selbst wird von der Bourgeoisie künstlich geschürt und wachgehalten. Sie weiß, daß diese Spaltung das wahre Geheimnis der Erhaltung ihrer Macht ist.“ (Karl Marx, „Resolutionsentwurf des Generalrats über das Verhalten der britischen Regierung in der irischen Amnestiefrage“, Januar 1870, MEW, Bd. 16, S. 388)

Marx betont hier also einen anderen Zusammenhang. Die Kampfbedingungen der englischen Arbeiter verschlechtern sich. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf kulturelle Gegensätze. Diese sind vorhanden, also nichts künstliches, sie werden freilich durch die Bourgeoisie noch weiter vertieft.

Wie tief die kulturellen Spannungen in der Arbeiterklasse sein können, tritt Massenmigration auf, hatte ich zuvor schon am Beispiel des Textes aus dem Buch von Friedrich Engels zur Entwicklung der Arbeiterklasse in England verdeutlicht.
Diese – durchaus nicht widerspruchsfreien Kernpunkte – finden sich mehr oder weniger in allen Aussagen von Marx und Engels zur Migration wieder:

  1. Migration, als ein ein objektiver unaufhaltsamer Prozess des Kapitalismus. Unabhängig von dem Willen des einzelnen werden Millionen in diesen Prozess einbezogen.
  2. Die Folge ist eine verschärfte Ausbeutung und Unterdrückung vor allem der Arbeitsmigranten, aber auch eine Verschlechterung der Lage der einheimischen Lohnarbeiter.
  3. Migranten und einheimische Arbeiter finden von allein nicht zusammen. Kulturelle und nationale Unterschiede behindern diesen Prozess.
  4. Die Bourgeoisie optimiert diese Spaltung durch nationalen Chauvinismus, der die Spaltungsprozesse in der Gesellschaft, vor allem auch die Spaltung unter den Proleten weiter vertieft und somit den demokratischen wie den revolutionären Prozess behindert.

Migration im Imperialismus
Lenin stand vor der Aufgabe diesen Prozess für die imperialistische Phase des Kapitalismus noch genauer zu analysieren, denn bereits zu seinen Zeiten hat sich die Migration nun zu einem weltweiten Phänomen fortentwickelt. Die imperialistischen Staaten ziehen alle Länder der Welt n das Getriebe des Finanzkapitals. Die kolonialisierten, abhängigen oder unterdrückten Länder, in der die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung lebt, werden in vollkommen neuer Qualität ausgepresst und ausgebeutet. Die Folge sind riesige Migrationsbewegungen, wie etwa die der mexikanischen Landarbeiter, der nordafrikanischen Vertragsarbeiter oder der Wanderarbeiter in Südafrika. Jüngere Bewegungen dieser Art bezogen sich zum Beispiel auch auf philippinische oder indische Bauern, die als Arbeiter in die arabischen Golfstaaten zogen. Und auch zum Ende des 20. Jahrhunderts waren Millionen von Menschen durch Armut, Hunger und Not dazu gezwungen sich in tausende von Kilometer entfernt liegende Länder transportieren zu lassen, um dort ihre Arbeitskraft anzubieten. In den Ländern, in die sie immigrierten, waren sie häufig die am stärksten Ausgebeuteten und Unterdrückten, häufig die ersten, die in der Krise die Knute der Arbeitslosigkeit und des Elends traf.

Wie sich solche Wanderungsbewegungen in der imperialistischen Phase der kapitalistischen Gesellschaftsordnung vollziehen, untersuchte Lenin in Reihe von Artikeln und Aufsätzen:

„Zu den mit dem geschilderten Erscheinungskomplex verknüpften Besonderheiten des Imperialismus gehört die abnehmende Abwanderung aus den imperialistischen Ländern und die zunehmende Einwanderung (Zustrom von Arbeitern und Übersiedlung) in diese Länder aus rückständigen Ländern mit niedrigen Arbeitslöhnen.“ (Lenin, „Der Imperialismus das höchste Stadium des Kapitalismus“, LW, Bd. 23, S. 287)

Für die Entwicklung in Deutschland führte Lenin seinerzeit aus:

„Deutschland, das mit Amerika mehr oder weniger Schritt hält, verwandelt sich aus einem Land, das Arbeiter abgegeben hat, in ein Land, das fremde Arbeiter heranzieht.“ (LW, Bd.19, S. 449)

In seinem Artikel „Kapitalismus und ArbeiterImmigration“ präzisiert Lenin die Gründe für diesen Entwicklungsprozess wie folgt:

„Der Kapitalismus hat eine besondere Art der Völkerwanderung entwickelt. Die sich industriell rasch entwickelnden Länder, die mehr Maschinen anwenden und die zurückgebliebenen Länder vom Weltmarkt verdrängen, erhöhen die Arbeitslöhne über den Durchschnitt und locken die Lohnarbeiter aus den zurückgebliebenen Ländern an.

Hunderttausende von Arbeitern werden auf diese Weise Hunderte und Tausende Werst weit verschlagen. Der fortgeschrittene Kapitalismus zieht sie gewaltsam in seinen Kreislauf hinein, reißt sie aus ihrem Krähwinkel heraus, macht sie zu Teilnehmern an einer weltgeschichtlichen Bewegung, stellt sie der mächtigen, vereinigten, internationalen Klasse der Industriellen von Angesicht zu Angesicht gegenüber …

Es besteht kein Zweifel, daß nur äußerstes Elend die Menschen veranlaßt, die Heimat zu verlassen, und daß die Kapitalisten die eingewanderten Arbeiter in gewissenlosester Weise ausbeuten. Doch nur Reaktionäre können vor der fortschrittlichen Bedeutung dieser modernen Völkerwanderung die Augen verschließen. Eine Erlösung vom Joch des Kapitals ohne weitere Entwicklung des Kapitalismus, ohne den auf dieser Basis geführten Klassenkampf gibt es nicht und kann es nicht geben. Und gerade in diesen Kampf zieht der Kapitalismus die werktätigen Massen der ganzen Welt hinein, indem er die Muffigkeit und Zurückgebliebenheit des lokalen Lebens durchbricht, die nationalen Schranken und Vorurteile zerstört und Arbeiter aller Länder in den großen Fabriken und Gruben Amerikas, Deutschlands, usw. miteinander vereinigt …

Die Bourgeoisie hetzt die Arbeiter der einen Nation gegen die der anderen auf und sucht sie zu trennen. Die klassenbewußten Arbeiter, die begreifen, daß die Zerstörung aller nationalen Schranken durch den Kapitalismus unumgänglich und fortschrittlich ist, bemühen sich, die Aufklärung und Organisierung ihrer Genossen aus den zurückgebliebenen Ländern zu unterstützen.“ (Lenin, „Kapitalismus und Arbeiterimmigration“, Oktober 1913, LW, Bd. 19, S. 447-450)

Wie dieser Artikel zeigt, analysiert Lenin umfassend die Migration als ein Merkmal in der Entwicklung des Imperialismus. Sie wird angestoßen durch die besondere Form der Ausbeutung der abhängigen Länder, aber auch durch Extra-Profite in den imperialistischen Hauptländern, die es gestatten dort höhere Löhne zu zahlen.

Wenn Lenin in diesem Artikel sagt, daß die auswandernden künftigen Arbeiter „aus ihren Krähenwinkeln“ gerissen werden und so zu Teilnehmenden einer weltgeschichtlichen Bewegung werden, so muss freilich auch dies in einem geschichtlichen Rahmen gesehen werden, denn seit Lenin hat hat sich der Imperialismus inzwischen auf dem ganzen Globus ausgedehnt, und mit der informellen Durchdringung in der Form elektronischer Medien sowie der Herausbildung einer Arbeiterklasse auch in den Ländern Asiens und Afrikas, haben sich natürlich auch diese „Krähenwinkel“ verändert.

Die von Lenin benannte „fortschrittliche Bedeutung dieser modernen Völkerwanderung“ und sein Verweis darauf, dass nur „Reaktionäre davor die Augen verschließen können“, muss ebenfalls in diesem Kontext betrachtet werden: Lenin führt aus, dass es eine „Erlösung vom Joch des Kapitalismus“ nicht „ohne weitere Entwicklung des Kapitalismus, ohne den auf dieser Basis geführten Klassenkampf“ geben könne. Zu Zeiten Lenins vollzog sich dies vor allem durch die Konzentration der Arbeiterheere in den wenigen hoch entwickelten Ländern Europas und Amerikas. Doch heute hat sich die moderne kapitalistische Produktionsweise mehr oder weniger auf den ganzen Globus ausgedehnt, so dass durchaus veränderte Bedingungen vorliegen.

Lenin nahm zu seiner Zeit an, dass durch Konzentration von immer mehr Migranten in den hoch entwickelten kapitalistischen Ländern selbst, die Möglichkeit zum Niederreißens der religiösen, nationalen und sonstigen Schranken im Rahmen eines revolutionären Prozesses leichter macht. Doch was dabei nicht vergessen werden darf, das ist der Umstand, dass dies kein gesetzmäßiger sich selbst vollziehender Prozess sein kann, sondern einer, der daran gebunden ist innerhalb dieser Länder die ideologische Vorherrschaft der imperialistischen Bourgeoisie durch politische Aufklärung starker sozialistischer Bewegungen aktiv zu durchbrechen.

Sind die Einwanderer freilich einmal im Land oder stehen sie als Reservearmee den Herrschenden unmittelbar zur Verfügung, so ergeben sich für diese aus Lenins Sicht dann die folgenden Anforderungen, die er im Zusammenhang mit einer Diskussion über die Revision des Parteiprogramms der SDAPR (B) (Sozialdemokratische Arbeiterpartei Rußlands/Bolschewiki) (1917) diskutierte:

Lenin forderte in diesem Zusammenhang eine Ergänzung ein, die auf die zunehmende Verwendung der „Arbeit ungelernter aus rückständigen Ländern importierter Arbeiter“ hinweist. Die besonders brutale Ausbeutung der eingewanderten Arbeiter und ihre vollkommene Rechtlosigkeit in den Einwanderungsländern sei mit dem „Parasitismus dieser Länder“ verknüpft und der auch dadurch ermöglichten besseren Stellung eines Teils der „einheimischen Arbeiter“:

„Gerade für den Imperialismus ist eine solche Ausbeutung der Arbeit schlechter bezahlter Arbeiter aus rückständigen Ländern besonders charakteristisch. Gerade darauf basiert in einem gewissen Grade der Parasitismus der reichen imperialistischen Länder, die auch einen Teil ihrer eigenen Arbeiter durch eine höhere Bezahlung bestechen, während sie gleichzeitig die Arbeit der ‘billigen’ ausländischen Arbeiter maßlos und schamlos ausbeuten. Die Worte ‘schlechter bezahlten’ müßten hinzugefügt werden, ebenso wie die Worte ‘und oft rechtlosen’, denn die Ausbeuter der ‘zivilisierten’ Länder machen sich immer den Umstand zunutze, daß die importierten ausländischen Arbeiter rechtlos sind.“ (LW, Bd. 26, S. 155)

Lenin sieht also einen elementaren Zusammenhang zwischen der Herausbildung einer Arbeiteraristokratie, die den demokratischen, wie auch den revolutionären Prozess behindert und der Instrumentalisierung solcher Migrationsbewegungen durch das Kapital. Er fordert daher:

„Gleichstellung der ausländischen Arbeiter mit den einheimischen (besonders wichtig für imperialistische Länder, die fremde Arbeiter in steigender Zahl, wie z.B. die Schweiz schamlos ausbeuten und rechtlos machen)…“ (LW, Bd. 23, S. 81)

Diese Forderung von Lenin durchzieht dann auch die gesamte weitere Debatte in der sozialistischen und kommunistischen Bewegung.

Allerdings soll hier auch auf einige Feinheiten dieses Diskussionsprozesses hingewiesen werden: Schon Marx und Engels traten dafür ein, dass es eine besondere Aufgabe der Internationalen Arbeiterassoziationen sein müsse, den

„Intrigen der Kapitalisten entgegenzutreten, die stets bereit sind, in Fällen von Arbeitseinstellungen und Ausschlüssen die Arbeiter fremder Länder als Werkzeuge zur Vereitlung der Ansprüche der Arbeiter ihrer eigenen Länder zu mißbrauchen. Es ist [daher] einer der größten Zwecke der Assoziation, daß die Arbeiter verschiedener Länder sich nicht allein wie Brüder fühlen, sondern auch als vereinte Teile der Emanzipations-Armee zu handeln wissen.“(„Der Vorbote“, Nummer 10/1866)

Konkret bezog sich diese Forderung vor allem auf die Situation in England, wo die englischen Kapitalisten Arbeiter des Kontinents zum Streikbrechen herangezogen hatten.

Ein Jahr später wird im Aufruf des Generalrates zur Einberufung des Lausanner Kongresses 1867 auf die Internationalisierung der Ausbeutung und verschärfte Konkurrenz zwischen den Arbeiter der verschiedenen Länder verwiesen und als einzige mögliche Antwort der internationale der Zusammenschluss der Arbeiter propagiert:

„… allein das Kapital sieht vermöge neuer industrieller Erfindungen seine Kraft tatsächlich wachsen, wodurch eine große Anzahl nationaler Genossenschaften in eine ohnmächtige Lage geraten, die Kämpfe der englischen Arbeiterklasse studierend, gewahrt man wie die Fabrikherren, um ihren Arbeitern zu widerstehen, sowohl fremde Arbeiter kommen, als auch die Waren dort anfertigen lassen, wo die Arbeitslöhne billiger stehen. Gegenüber dieser Sachlage muß die Arbeiterklasse, wenn sie ihren Kampf mit einiger Aussicht auf Erfolg fortsetzen will, ihre nationale Associationen in internationale umgestalten“. („Der Vorbote“, Nr.8/1867)

In dem Bericht des Generalrats der I. Internationale an den Kongress von Lausanne 1867 wird entsprechend Bilanz gezogen:

„Die zahlreichen Dienste, welche die Internationale Arbeiterassoziation in den mannigfachen Kämpfen zwischen Kapital und Arbeit in den verschiedenen Ländern erwiesen hat, zeigen deutlich die Notwendigkeit einer derartigen Organisation. Wenn die Arbeiter die willkürlichen Bedingungen der Kapitalisten in England zurückwiesen drohten diese, sie durch ‘Hände’ vom Kontinent zu ersetzen. Die Möglichkeit einer solchen Importation hat in mehreren Fällen genügt, die Arbeiter zum Nachgeben zu veranlassen. Die Wirksamkeit des Generalrats verhinderte, daß solche Drohungen zutage traten wie ehedem. So oft derartiges vorkommt, genügt ein Wink, um die Pläne der Kapitalisten zum Scheitern zu bringen. Bricht ein Streik oder eine Aussperrung unter den Vereinen aus, die zur Internationalen Arbeiterassoziation gehören, dann werden sofort die Arbeiter aller Länder von der Sachlage unterrichtet und vor den Werbeagenten der Kapitalisten gewarnt. Diese Wirksamkeit des Generalrats beschränkt sich übrigens nicht bloß auf die Vereine der Internationalen Arbeiterassoziation die Unterstützung der Assoziation wird allen zuteil die sie anrufen. Vor allem half die Internationale den englischen Arbeitern dadurch, daß sie die gewerkschaftliche Organisation allenthalben außerhalb Englands aufs lebhafteste förderte.“
(„Die Neue Zeit“, 1906-1907, Bd 2 S. 51 /52)

Was heißt das? Die dargestellten Überlegungen der Klassiker verweisen deutlich darauf, dass der Prozess der Migration durch Marx und Engels zwar als ein objektiver Prozess betrachtet wird, der sich aus den Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus selbst ergibt, dass aber andererseits die vom Kapital im Rahmen von Arbeitskämpfen instrumentalisierte Migration, um Arbeitslöhne in den kapitalistischen Kernländern zu drücken, vor allem damit beantwortet werden sollte, den Kampf um eine Verbesserung der sozialen Lage in diesen Herkunftsländern selbst zu führen und sich dafür im Rahmen internationale Assoziation abzusprechen und zu stützen, so dass also zumindest in diesem Zusammenhang Migration nicht mehr instrumentalisiert werden kann.

In der Sache, in seinem Inhalt ist der Arbeiterkampf ein internationaler Kampf. Entsprechend auch der Orientierung des Kommunistischen Manifests „Proletarier aller Länder vereinigt euch!“. In seiner konkreten Form bezieht er sich freilich zuallererst auf den jeweiligen nationalen Rahmen, der wiederum durch internationale Solidarität besser abgesichert wird.

Von vielen wird in diesem Zusammenhang leider immer wieder auch wieder auch vergessen, dass mit zu zitieren, was vor und nach jenem berühmten Satz des Manifest steht „Proletarier aller Länder vereinigt euch!“:

„Obgleich nicht dem Inhalt, ist der Form nach der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie zunächst ein nationaler. Das Proletariat eines jeden Landes muß natürlich zuerst mit seiner eigenen Bourgeoisie fertig werden. (…)
das Proletariat [müsse} zunächst .. die politische Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben, sich selbst als Nation konstituieren ..,[Es ist ] selbst noch national, wenn auch keineswegs im Sinne der Bourgeoisie. (…)
Mit einem Wort, die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände. In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigentumsfrage, welche mehr oder minder entwickelte Form sie auch angenommen haben möge, als die Grundfrage der Bewegung hervor. Die Kommunisten arbeiten endlich überall an der Verbindung und Verständigung der demokratischen Parteien aller Länder.
(…) Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“
(»Kommunistisches Manifest)

Mit der „Vereinigung der Proletarier aller Länder“ ist also nicht erster Linie gemeint, dass sich die Arbeiter in einem Land vereinigen, etwa durch Migration, sondern gemeint ist vorrangig die internationale Klassensolidarität aller Länder – gegen ihr nationales Kapital und ebenso gegen das international agierende imperiale Kapital der kapitalistischen Hauptländer!

Zum Verständnis des Marxismus ist es ebenfalls erforderlich, die Begriffe Kapital, Arbeiterklasse, Arbeiter, Proletariat richtig zu verstehen. Diese Begriffe beschreiben das Verhältnis der Arbeiterklasse und des Kapitals zu den Produktionsmitteln. Es handelt sich um Begriffe der politischen Ökonomie und es geht dabei darum, wer die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel besitzt. „Arbeiter“ ist also keineswegs ein Substitutionsbegriff für „Mensch“ oder „Bürger“ im Allgemeinen, sondern beschreibt ein ökonomisches Verhältnis. Der Satz „Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht nehmen, was sie nicht haben“ beschreibt ergo das die einzelnen Nationen übergreifende Verhältnis von Kapital und Arbeit zu den Produktionsmitteln, welches objektiv die gemeinsame Situation und Interessen der ökonomischen Klassen definiert.

Ähnliche Überlegungen finden wir auch in den Debatten des Stuttgarter Kongresses der 2. Internationale 1907. In der Zeitschrift „Die Neue Zeit“ werden in Vorbereitung des Stuttgarter Kongresses der II. Internationale und des vierzehn Tage nach diesem stattfindenden Essener Parteitages der SPD viele Artikel zu dieser Frage abgedruckt. In diesen Debatten zeigt sich nun noch eine präzisere Forderung:

„‘Dem beständigen Geschrei der britischen Kapitalisten, daß die längere Arbeitszeit und die geringeren Löhne der kontinentalen Arbeiter eine Lohnherabsetzung unvermeidlich machten, kann man nur durch das Streben erfolgreich begegnen, die Arbeitszeit und Lohnhöhe durch ganz Europa auf das gleiche Niveau zu bringen. Das ist eine der Aufgaben der Internationalen Arbeiterassoziation’.

Also nicht Einwanderungserschwerungen für freie Arbeiter , nichts von alledem forderte der Generalrat, also auch Marx, zum Schutze der englischen hohen Löhne und kurzen Arbeitszeiten, sondern das Erringen derselben Löhne und derselben Arbeitszeiten durch Gewerkschaften und Arbeiterschutz in allen kapitalistischen Ländern.

Das ist in der Tat die einzige Methode, die Errungenschaften günstiger gestellter Teile des internationalen Proletariats sicherzustellen. …Wo es unter dem Einfluß kurzsichtiger Zünftlerei der letzteren Methode verfällt, macht sie früher oder später bankrott und wird sie von vorneherein eines der verderblichsten Mittel zur Lähmung des proletarischen Emanzipationskampfes“. („Die Neue Zeit“, 1906/907, Bd 2 , S. 51l- 512)

Worin besteht dieser neue Gedanke?
Erstmalig tritt hier jetzt ganz klar die Forderung auf, sich keineswegs für Einwanderungserschwerungen stark zu machen! Stattdessen soll alles dafür getan werden Arbeitszeit und Lohnhöhe für alle Länder, Nationen und Völker auf das gleiche Niveau zu bringen.

Doch der Kongress wendet sich explizit auch gegen die „Ausschließung bestimmter Nationen und Rassen von der Einwanderung“, auf die seinerzeit vor allem auch die Delegation der Sozialistischen Partei Amerikas drängte. Der Kongress forderte stattdessen, die

„Abschaffung aller Beschränkungen welche bestimmte Nationalitäten oder Rassen vom Aufenthalt in einem Lande und den sozialen politischen und ökonomischen Rechten der Einheimischen ausschließen oder sie ihnen erschweren“.

Lenin schätzt die Debatte auf dem Kongreß in dem Artikel „Der internationale Sozialistenkongreß so ein:

„Über die Resolution zur Aus- und Einwanderungsfrage wollen wir nur einige Worte sagen. Auch hier wurde in der Kommission versucht, zünftlerisch beschränkte Anschauungen zu verfechten, ein Verbot der Einwanderung von Arbeitern aus den rückständigen Ländern (Kulis aus China usw.) durchzubringen. Das ist derselbe Geist des Aristokratismus unter den Proletariern einiger „zivilisierter“ Länder, die aus ihrer privilegierten Lage gewisse Vorteile ziehen und daher geneigt sind, die Forderungen internationaler Klassensolidarität zu vergessen. Auf dem Kongreß selbst fanden sich keine Verfechter dieser zünftlerischen und spießbürgerlichen Beschränktheit. Die Resolution entspricht durchaus den Forderungen der revolutionären Sozialdemokratie.“ (Lenin, „Der internationale Sozialistenkongreß in Stuttgart“, LW, Bd. 13, S. 77)

An dieser Stelle wird Lenin also sehr prinzipiell! Es sei eine Frage der Klassensolidarität sich solchen arbeiteraristokratischen Forderungen zu verweigern. Um diese sehr prinzipielle Haltung Lenins richtig einzuordnen, muss man freilich auch wissen, dass die Debatte zu den Einwanderungsfragen auf dem Kongress selbst eher ein Randthema war. Voranging ging es um Fragen der Kolonalisierung, in der einige reformistische Vertreter sehr chauvinistische Positionen einbrachten. Dass es prinzipiell mit sozialistischen Positionen nicht vereinbar ist Kriege gegen andere Länder zu führen bzw. diese zu unterdrücken, war das Hauptergebnis dieses Kongresses, bei dem sich freilich auch schon die Spaltung zwischen der späteren Sozialdemokratie und der kommunistischen Bewegung abzeichnete. Die zusätzliche Debatte zur Einwanderungsfrage ergab sich vor allem in diesem Kontext.

Entsprechend auch die Bewertung dieser Debatte durch Clara Zetkin:

„Die fünf Gegenstände, auf die sich der Stuttgarter Kongreß in seinen Verhandlungen beschränkt hat, waren: die Kolonialpolitik, der Militarismus, das Verhältnis von Partei und Gewerkschaften, die Ein- und Auswanderung und das Frauenwahlrecht. In allen diesen Fragen kam ein Gegensatz der prinzipiellen und der opportunistischen Auffassung zum Ausdruck, und der Meinungskampf in den einzelnen Kommissionen sowie im Plenum des Kongresses war ein treues Spiegelbild des Widerstreits der verschiedenen Tendenzen, der das Innere der modernen Arbeiterbewegung in allen Ländern aufwühlt, zur Selbstkritik und zur Vertiefung der sozialistischen Auffassung führt. … Ein nahe verwandtes Problem hatte die Frage der Ein- und Auswanderung aufgerollt. Auch hier entstand der unbedingten Klassensolidarität der Proletarier aller Länder und Rassen eine Gegnerin in der kurzsichtigen Politik, die Lohninteressen organisierter Arbeiter in den Einwanderungsländern, wie Amerika und Australien, durch Einwanderungsverbote gegen rückständige, angeblich ‘nicht organisationsfähige’ Proletarier aus China und Japan schützen wollte. Es sprach aus dieser letzteren Tendenz derselbe Geist der Ausschließung und des Egoismus, der die alten englischen Trade Unions als eine Arbeiteraristokratie in Gegensatz zu der großen Masse der vom Kapitalismus am brutalsten ausgebeuteten und herabgedrückten Klassengenossen gebracht hatte. Der Kongreß hat hier, im Sinne und Geiste der deutschen Gewerkschaften und ihrer Praxis entsprechend, die Solidarität der Klasse als eines großen Weltbundes des Proletariats aller Rassen und Nationen hochgehalten, wie er in der Kolonialfrage den großen Weltbund der gleichen und verbrüderten Menschheit aller Kulturstufen und Weltteile zum Triumph geführt hat“. (Clara Zetkin, „Der Internationale Sozialistenkongreß zu Stuttgart“, Artikel in der Zeitschrift „Die Gleichheit“, Bd. 1, S. 360-362)

Ähnlich auch Karl Liebknecht, der in seiner Rede auf dem folgenden SPD Parteitag die Bedeutung der Resolution des Stuttgarter Kongresses zur Ein- und Auswanderung konkret für die Bedingungen Deutschlands unterstrich. Er wendet sich gegen jegliche die Migranten diskriminierenden Ausnahmegesetze:

„lch habe mich zum Worte gemeldet, um einige Ausführungen über die Frage der Ein- und Auswanderung zu machen, die in der Diskussion etwas kurz weggekommen ist. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die eminente Wichtigkeit dieser Frage lenken. Ich habe viel Gelegenheit, die Misere der Einwanderer in Deutschland und insbesondere ihre Abhängigkeit von der Polizei zu beobachten, und ich weiß, mit welchen Schwierigkeiten diese Leute zu kämpfen haben. Ihre Vogelfreiheit sollte gerade uns deutsche Sozialdemokraten besonders veranlassen, uns mit der Regelung des Fremdenrechtes, besonders der Beseitigung der Ausweisungsschmach schleunigst und energisch zu beschäftigen. Es ist ja bekannt, daß die gewerkschaftlich organisierten Ausländer mit Vorliebe ausgewiesen werden. . .

… Die Kongreßresolution fordert also die völlige Gleichstellung der Ausländer mit den Inländern auch in bezug auf das Recht zum Aufenthalt im Inlande. Fort mit dem Damoklesschwert der Ausweisung! Das ist die erste Voraussetzung dafür, daß die Ausländer aufhören, die prädestinierten Lohndrücker und Streikbrecher zu sein. Die Beschäftigung mit der Wanderungsfrage ist ein Ruhmesblatt für den Internationalen Kongreß.“ (Liebknecht, Bd. 2, S. 72-73)

Die wesentlichen Argumente in der internationalen Diskussion der sozialistischen Weltbewegung zu diesen Fragen lassen sich knapp also so zusammenfassen:

  • Sozialisten sollten auf die Instrumentalisierung von Migranten durch das Kapital keineswegs so reagieren, dass sie ihrerseits Einwanderungsbeschränkungen fordern, da dies dem Prinzipien internationaler Solidarität widerspricht, indes dieses dazu beiträgt den gemeinsamen Kampf der Arbeiterklasse innerhalb eines Landes und international zu erschweren.
  • Sie sollten sich solchem Denken auch deshalb verweigern, weil es ein Eigentor in Richtung chauvinistischer Bestrebungen ist.
  • Kampf gegen jegliche Diskriminierung der bereits eingewanderten Arbeiter und demokratischer Kampf um rechtliche Gleichstellung.
  • Aufklärung und Organisierung auch des immigrierten Teils der Arbeiterschaft.
  • Den Schwerpunkt sehen die Klassiker freilich aber auch nicht darin, diese durch das Kapital bewirkten Migrationsbewegungen auch noch anzuheizen, sondern eindeutig darin durch Internationale Assoziationen den jeweils nationalen Kampf in den einzelnen Ländern für eine Verbesserung der dortigen Lage zu führen.

Lenin geht in einem Kommentar zu diesem Kongress so ein:

„In unserem Kampf für wahren Internationalismus und gegen ‘Jingo Sozialismus’ (als ‘Jingo-Pseudosozialisten’ bezeichnet Lenin die ‘Sozialisten’, die 1915 im 1.Weltkrieg für den „Verteidigungskrieg“ eintraten, siehe LW, Bd. 21, S. 433) verweisen wir in unserer Presse stets auf die opportunistischen Führer der SP in Amerika, die dafür eintreten, daß die Einwanderung chinesischer und japanischer Arbeiter beschränkt wird (besonders nach dem Stuttgarter Kongreß von 1907 und entgegen seinen Beschlüssen). Wir denken, daß niemand Internationalist sein und zugleich für derartige Beschränkungen eintreten kann. Und wir behaupten, daß Sozialisten in Amerika, besonders englische Sozialisten, die der herrschenden, also einer unterdrückenden Nation angehören, wenn sie sich nicht gegen jedwede Einwanderungsbeschränkung und gegen die Besitzergreifung von Kolonien (Hawaiinseln) wenden, wenn sie nicht für die volle Unabhängigkeit der letzteren eintreten, daß solche Sozialisten in Wirklichkeit ‘Jingos’ sind.“ (Lenin, „An den Sekretär der ‘Liga’ für sozialistische Propaganda“, LW, Bd. 21, S. 435)

Lenin argumentiert hier als auch deshalb sehr grundsätzlich, weil ein Abweichen und das Eingehen auf restriktive Verfahren politisch und ideologisch dazu beiträgt den Geist des Opportunismus und Arbeiteraristokratie in den jeweiligen Ländern selbst zu stärken, was wiederum die Entfaltung demokratischer und revolutionärer Bestrebungen bremst.

Fassen wir diese Dinge noch einmal zusammen:

  1. Migration, Aus- und Einwanderung sind unter imperialistischen Bedingungen ein Prozess zu dem die Migranten durch die imperialistische Herrschaft und die verschärfte Ausbeutung der abhängigen Länder gezwungen sind. Er vollzieht sich unabhängig vom Willen des Einzelnen.
  2. Die Bourgeoisie in den kapitalistischen Kernländern nutzt die Migration um die Löhne, die sozialen Standards, das allgemeine Niveau des Lebens weiter zu senken, also um auch die bisherigen Arbeitskräfte im eigenen Land noch besser auszubeuten.
  3. Sie befördert damit und mit entsprechenden Ideologien gleichzeitig die Spaltung der Arbeiterklasse auch in den kapitalistischen Kernländern und mindert so auch dort ihre Kampfkraft.
  4. Sozialisten können auf diesen Prozess nicht in der Weise reagieren, in dem sie sich ihrerseits zu Fürsprechern möglicher Einwanderungsbeschränkungen machen. Warum nicht: weil sie sich damit selbst der Ideologie der Herrschenden ausliefern.
  5. Internationale Solidarität mit den Migranten muss vor allem darin bestehen für eine Verbesserung der Arbeits- und Kampfbedingungen in den jeweiligen Herkunftsländern einzutreten und diesen Kampf, der dort in der Form ein nationaler Kampf ist, solidarisch durch internationale Aktion zu unterstützen. Das ist die eine Seite der Internationalen Solidarität. Die andere besteht darin in den kapitalistischen Kernländern selbst Kolonalisierung politisch zu bekämpfen.
  6. Um im eigenen Land wirksam zu kämpfen, um demokratische Reformen, ökonomische Kämpfe erfolgreich zu bestehen, um Prozesse der sozialen Revolution einzuleiten, muss alles dafür getan werden, dass auch die eingewanderten Arbeiter gleiche Rechte haben. Für den eigenen Kampf müssen sie als gleichberechtigter Teil in den Formierungsprozess gewerkschaftlicher und politischer Bewegungen einbezogen werden.
  7. Die Kapitalisten versuchten, die immigrierten Arbeiter zum Drücken der Löhne und zur Spaltung der Arbeiterklasse zu benutzen. Aber für Sozialisten ist das nicht als „Schwäche“ des „kulturell minderwertigen immigrierenden Arbeiters“ hinzustellen, sondern als objektive Funktion, die die Bourgeoisie ihnen zudenkt. Dies kann nur durchkreuzt werden, wenn auch das inländische Proletariat den Kampf um gleiche Rechte für die ausländischen Arbeiter mit aufnimmt und sich mit ihnen verbindet.

—
Soweit einige Klassiker.
—

Abschließend einige Fragen, die sich für die heutige Situation ergeben, und die mich auch vor dem Hintergrund des ausgeführten beschäftigen:

Marx, Engels, Lenin und viele andere Theoretiker diskutieren die Frage der Migration unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsmigration, ausgelöst durch Armut und Elend in den Herkunftsländern, die wiederum ihre Ursache in imperialer Unterdrückung hat. Was bei Ihnen noch keine so große Rolle spielt, was aber heutzutage für Migration eine erhebliche Bedeutung hat, das ist die Migration die durch Kriege ausgelöst wird und die auch Millionen zur Flucht veranlasst. In diesem Fall auch Menschen, die zu einem Teil auch aus Ländern kommen, die erst durch diese Kriege in einen so erbarmungswürdigen Zustand des Elends gestoßen wurden (beispielsweise Syrien). Damit ergibt sich aber eine ganz andere soziale Zusammensetzung der Flüchtlinge. Aus Syrien kommen z.B. viele Menschen mit sehr entwickelter Ausbildung. Wie ist dann aber der Zusammenhang zur Frage der industriellen Reservearmee in den Kernländern zu beantworten? Für die Klassiker bildeten die Migranten eine natürliche Quelle für die industrielle Reservearmee. Heute kann es indes auch passieren, dass gar nicht so sehr die Migranten dann der Quell der Reserve sind, sondern ein Teil der bisher Beschäftigten in den kapitalistischen Kernländern diese Rolle dann einnimmt. Lassen sich die von den Klassikern benannten Instrumente zur Organisierung des Proletariats dann ebenfalls noch so umsetzen?

Marx und Engels, wie auch an die anderen Theoretiker des Sozialismus diskutieren die Frage der Migration unter dem Gesichtspunkt des Kolonialismus in der Weise, dass die Migration eine Folge verschärfter Ausbeutung dieser Länder ist. Angesichts der heutigen Vorkommnisse muss man aber auch die Frage diskutieren, inwieweit nicht auch die Migration selbst, also konkret die Steuerung dieser Migration durch kriegerische und ökonomische Instrumente, ein zentrales Instrument für die Re-Kolonialisierung solcher Länder ist? Also ob und inwieweit nicht gerade auch durch Migration bisher national unabhängige Länder für eine Übernahme im Rahmen des Kapitalexports (Verschuldung) mit sturmreif geschossen werden?

Die Theoretiker diskutieren politische Strategien vor allem unter dem Gesichtspunkt dafür zu kämpfen, dass sich auch in den Herkunftsländern bessere Lohnbedingungen und bessere Kampfbedingungen für die dortige Arbeiterklasse ergeben. Wenn Migration im Einzelfall aber mit dazu beiträgt die dortigen Lebensbedingungen weiter zu verschlechtern, was ergibt sich daraus dann für unsere eigenen Strategien?

Das eine ist die klassische Armutsmigration. Man denke etwa an viele Länder Afrikas oder Asiens. Und auch die Einwanderer aus Spanien oder Griechenland, die in den letzten Monaten nach Deutschland zogen, fliehen nicht weil es hier so schön ist aus ihren Herkunftsländern, sondern weil sie in ihren eigenen Ländern keine soziale Perspektive mehr haben. Aber es gibt einiges in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, was durchaus neu ist: Aus Spanien und aus Griechenland kommen vor allem Menschen mit einer sehr guten Ausbildung, also gar nicht so sehr die Ärmsten der Armen, die hier überhaupt keinen Anschluss finden würden. Diese intellektuellen Potentiale werden den dortigen Ländern durch die Migration aber dauerhaft entzogen, was den ökonomischen Schaden in den betroffenen Ländern eher noch potenziert und sie noch stärker in die Abhängigkeit zu den imperialistischen Zentralen führt.

Schließlich: Die Marx’sche Kapitalismuskritik basiert auch auf dem folgenden Satz:

„Der Arbeitslohn ist also nicht ein Anteil des Arbeiters an der von ihm produzierten Ware. Der Arbeitslohn ist der Teil schon vorhandener Ware, womit der Kapitalist eine bestimmte Summe produktiver Arbeitskraft an sich kauft.“ (Karl Marx, »Lohnarbeit und Kapital, Lohn, Preis und Profit, Dietz Verlag, Berlin, 1998, S. 20)

Somit hat Marx das Wesen des Kapitalismus erfasst, das den Arbeiter zum Feilbieten seiner Arbeitskraft zwingt und ihn zum Lohnsklaven degradiert. Der Imperialismus und die darauf basierende neue Qualität von Migration haben diesen Vorgang globalisiert. Marx und Engels schreiben dazu im Manifest:

„Die Bourgeoisie reisst durch die rasche Verbesserung aller Produktionsinstrumente, durch die unendlich erleichterten Kommunikationen alle, auch die barbarischsten Nationen in die Zivilisation. Die wohlfeilen Preise ihrer Waren sind die schwere Artillerie, mit der sie alle chinesischen Mauern in den Grund schiesst, mit der sie den hartnäckigsten Fremdenhass der Barbaren zur Kapitulation zwingt. Sie zwingt alle Nationen, die Produktionsweise der Bourgeoisie sich anzueignen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollen; sie zwingt sie, die so genannte Zivilisation bei sich selbst einzuführen, d.h. Bourgeois zu werden.“

Und dann weiter:

„Die nationalen Absonderungen und Gegensätze der Völker verschwinden mehr und mehr schon mit der Entwicklung der Bourgeoisie, mit der Handelsfreiheit, dem Weltmarkt, der Gleichförmigkeit der industriellen Revolution und der ihr entsprechenden Lebensverhältnisse.“
(»Kommunistisches Manifest)

So wird die Arbeiterschaft weltumspannend von einer Besitztumsklasse ausgebeutet.
Ist es insofern dann aber nicht besser für eine Renationalisierung der Entscheidungsgewalt staatlicher Institutionen auf die nationale oder regionale Ebene zu plädieren, um somit das wieder durchzusetzen, was häufiger als „Primat der Politik“ bezeichnet wird respektive die Interventionsmöglichkeiten der politischen Arbeiterbewegung selbst zu erhöhen? Die Klassiker geben uns prinzipielle Hinweise unter dem Druck der jetzigen Ereignisse wichtige Erkenntnisse unseres Kampfes um soziale Befreiung nicht aufzugeben.

Das betrifft vor allem die Frage sich nicht auf ein typisch sozialdemokratisches Zunftdenken, schon gar nicht auf Nationalismus bzw. Chauvinismus einzulassen. Das ist sehr wichtig!
Aber sie geben uns noch keine fertige politische Strategie, wie wir als Sozialisten mit den heutigen Problemen umgehen können. Die müssen wir uns immer wieder selbst erarbeiten.

Quellenangaben:

  • Zahlreiche der benannten Zitate sind Online hier zu finden: »http://www.mlwerke.de/
  • Andere Textstellen habe ich einer guten Sammlung zu dem Problem der Migration entnommen, die von der Gruppe „Trotz Alledem“ veröffentlicht wurde. Dort wird zudem auch dargestellt, wie die Frage der Migration konkret auch in der kommunistischen Bewegung der 20er und 30er Jahre in Deutschland diskutiert wurde: »http://trotzalledem.cwahi.net/zeitungen/15/ml.html

© Andreas Grünwald


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2 Kommentare
on 6. Oktober 2018
Veröffentlicht in: DDR, Hosteni

Hosteni

7. Oktober 1949: Gründung der Deutschen Demokratischen Republik

Hosteni

„Ehemalige DDR-Bürger fühlen sich so ohnmächtig wie unter der SED, nur die Unterdrücker haben gewechselt: Statt der Funktionäre der Staatspartei nun Arbeitgeber, Grundstückeigentümer, überhebliche Westpolitiker“. (SPIEGEL, 22/1992.)

Und diese Ohnmacht, die sie in der DDR erfuhren, war auch ein Grund das sie den Kapitalismus als Fortschritt ansahen. 1990 war das Ende der DDR: die Bevölkerung leistet nur geringen Widerstand und hatte große Illusionen in dem Beitritt.

In ihren letzten Lebenstagen sträubte sich die DDR Führung gegen den Einfluß der dekadenten Gorbatschowideen, deren reaktionärer Charakter für fast jeden Ochs und jeden Esel erkennbar waren, konnte sich aber gegen ihren Sog letztendlich nicht mehr wehren.
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Die verhängnisvolle Vorgeschichte

1956 kam es zu einer Wende in der Politik des „Großen Bruders“ der DDR durch Chruschtschow auf dem XX. Parteitag, Stalin galt auf einmal als Verbrecher und die DDR machte diese Wendung mit.

Die ganzen Jahrzehnte nach Stalins Tod sehen wir im östlichen Sozialismus immer wieder in der Wirtschaft Versuche, Elemente der Marktwirtschaft in den Plan zu integrieren. Das Konzept hierzu hatte der sowjetische Ökonom Liberman entwickelt.

So wurde die Position der Fabrikdirektoren gestärkt, die über ein gewisses Budget verfügten, mit dem sie Waren einkaufen konnten.

Auch in der DDR wurden diesbezüglich 1962 „Libermansche“ Versuche unternommen, man sprach von dem NÖSPL (Neuen Ökonomischen System der Planung und Leitung). In diesen so genannten Reformen steckte der Teufel im Detail, in der Kleinproduktion. Die NEP und die Neo NEPS förderten die Kleinproduktion, die zu Resultaten führte,  die Bourgeoisie im restaurativen Sinne brauchte. Die Bourgeoisie hat schon die halbe Miete, wenn nur ordentlich eine Eigentümeratmosphäre entsteht. Es ist der Kleinproduzent, der die bürgerliche Restauration vorbereitet. Kleinproduktion aber erzeugt unausgesetzt, täglich, stündlich, elementar und im Massenumfang Kapitalismus und Bourgeoisie. (Lenin)

Als ein grundsätzliches Problem des untergegangenen Sozialismus ist der materielle Anreiz zu sehen. Um die Produktion zu steigern, wurden für besondere Leistungen Sondervergütungen vergeben. Hat das nicht Konkurrenzdenken und kleinbürgerliche Denk- und Verhaltensweisen gefördert? Kader können gelockt durch materielle Anreize dann ein Privilegiensystem aufbauen, wenn nicht politisch ideologisch ein Korrektiv erfolgt, denn trotz einer sozialistischen Planwirtschaft kann das Bewusstsein der Produzenten immer noch ein asozialistisches bzw. asoziales sein. Es bildete sich eine kleinbürgerliche Verhaltensweise des Organisierens von begehrten Luxusgütern heraus, eine Schattenwirtschaft und eine Nischengesellschaft. „Ich reiße an mich, was ich kann, alles andere ist mir Schnuppe“, in diesem Satz spiegelt sich nach Lenin die kleinbürgerliche Mentalität wider. Die DDR hatte zudem den Nachteil, eine Westgrenze mit einem konkurrierenden Wirtschaftssystem zu haben, in dem die selbe Sprache gesprochen und verwandtschaftliche Beziehungen bestanden, es bildete sich eine falsche Vorstellung von einem „Goldenen Westen“ heraus.

Es gab zu wenig Sozialismus in den Köpfen, das „sozialistische Bewusstsein der Arbeitermassen“ ist die einzige Grundlage, “die uns den Sieg verbürgen kann.“

Vor welcher Aufgabe standen die Ökonomen in der DDR? Kurz geantwortet, über zwei Entwicklungsphasen ZUSAMMEN MIT DEN VOLKSMASSEN den Kommunismus zu verwirklichen.
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Zusammen mit den Volksmassen – das ist das Entscheidende, um einer Bürokratisierung entgegenzuwirken.

Dieses Ziel kann man nicht administrativ erreichen, sondern setzt ein hohes Maß an kommunistischem Bewusstseins und strengste Disziplin voraus. Die DDR, ja mehr noch, der Sozialismus ist neben der primären ökonomischen Fehlentwicklung auch gescheitert, weil zu wenig Kommunismus in den Köpfen der Parteimitglieder war.

Nach 1956 öffnete sich die UdSSR dem Westen und es gab eine Intensivierung der Handelsbeziehungen. Geriet man dadurch in die Abhängigkeit vom Westen? „Sobald Dinge aber einmal im auswärtigen, werden sie auch rückschlagend im innern Gemeinleben zu Waren.“

Walter Ulbricht und Nikita Chruschtschow

Die revisionistischen Kräfte in der KPdSU mit Chruschtschow an der Spitze erreichten eine Abkehr vom Kommunismus getarnt als ein „Neues Kommunistisches Manifest des XX. Jahrhunderts“. Es erwies sich als ein Konterrevolutionäres Programm. Die SED Führer verheimlichten die Auseinandersetzungen in der Arbeiterbewegung und Polemiken darüber. Die SED vertrat die Positionen der Chruschtschowianer.
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Albanische Literatur wurde verboten, ML-Kritiker wurden verfolgt, eingeschüchtert oder wie ich eingesperrt.

Enver Hoxha (1908-1985)

Was aber der albanische Arbeiterführer Enver Hoxha von Anfang an festgestellt und öffentlich erklärt hat, dass nämlich die Machtübernahme durch die Revisionisten zu einer Entartung des Sozialismus und einer Wiederherstellung des Kapitalismus in der Sowjetunion führen würde, ist eingetreten. Der „real existierende Sozialismus“ entpuppte sich also als eine ÜBERGANGSPHASE von der staatsmonopolistischen Form besonderen Typs z u r privaten Form des klassischen Kapitalismus.

Die DDR ist kampflos untergegangen. Auch das widerspricht der marxistischen Militärdoktrin, wenn man bedenkt, dass Marx die Niederlage des gewaltsamen Pariser Kommuneaufstandes dahin wertete, dass die Niederlage eines bewaffneten Aufstandes nicht so schlimm sei als die kampflose Aufgabe, die Demoralisation für die Arbeiterbewegung sei dann viel schlimmer. Die DDR ist nicht proletarisch heldenhaft untergegangen, sondern in einem kleinbürgerlichen Katzenjammer und man ist geneigt, die Ausführungen von Marx und Engels im Kommunistischen Manifest zur Erklärung dieses Versagens zu Rate zu ziehen:
„In Deutschland bildet das vom 16. Jahrhundert her überlieferte und seit der Zeit in verschiedener Form hier immer neu wiederauftauchende Kleinbürgertum die eigentliche gesellschaftliche Grundlage der bestehenden Zustände. Seine Erhaltung ist die Erhaltung der bestehenden deutschen Zustände.“  Offensichtlich hat die SED daran wenig gerührt.

Ohne Zweifel hat der kampflose Zusammenbruch der DDR die deutsche und internationale Arbeiterbewegung zurückgeworfen. Der Verlust des Ansehens des Sozialismus ist tragisch zu nennen, bedenkt man, dass Engels in seiner Schrift „Die Umwandlung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“ einen bereits von Saint-Simon angedachten Gesellschaftszustand ausmalte, in dem die Herrschaft über Personen ersetzt wird durch die Verwaltung von Sachen und Leitung von Produktionsprozessen.

Indes: der gleiche Engels sagt: hat man einmal verloren, so muss man wieder von vorn beginnen.

In der Niederlage liegen die Keime zukünftiger Siege. Gerade Niederlagen sind die besten Lehrmeister und erteilen eine Lektion in geschichtlicher Dialektik, gerade geschlagene Armeen lernen gut. Die Weltgeschichte geht nicht glatt und gleichmäßig vor sich, „…ohne manchmal Riesenschritte rückwärts zu machen.“ Riesenschritte rückwärts – man darf die Dialektik eben nicht nur als Vorwärts- bzw. Höherentwicklung denken.

An seinem Lebensende, im Jahr 1895, weist Engels sogar auf die Notwendigkeit des Fehlermachens hin, wenn man sich mit Tagesgeschichte befasst, man wird nicht imstande sein, „bis auf die LETZTEN (kursiv von Engels) ökonomischen Ursachen“ (Friedrich Engels, Einleitung zu den Klassenkämpfen in Frankreich) zurückgehen zu können, und darin liegt eine unvermeidliche Fehlerquelle. „Für die Politik und für die Parteien gilt – mit entsprechenden Änderungen – dasselbe, was für einzelne Personen gilt. Klug ist nicht, wer keine Fehler macht. Solche Menschen gibt es nicht und kann es nicht geben. Klug ist, wer keine allzu wesentlichen Fehler macht und es versteht, sie leicht und rasch zu korrigieren.“ (Lenin, Der „linke Radikalismus“)

„Proletarische Revolutionen… kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihrem eignen Lauf, kommen auf das scheinbar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen, verhöhnen grausam-gründlich die Halbheiten, Schwächen und Erbärmlichkeiten ihrer ersten Versuche, scheinen ihren Gegner nur niederzuwerfen, damit er neue Kräfte aus der Erde sauge und sich riesenhafter ihnen gegenüber wieder aufrichte, schrecken stets von neuem zurück von der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eignen Zwecke, bis die Situation geschaffen ist, die jede Umkehr unmöglich macht.“ (Marx, „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“)

Umfangreiches Studienmaterial über Sozialismus, Kommunismus, über die Gesellschaften in den ehemals sozialistischen Ländern, über die DDR usw.:

http://www.kpd-ml.org/doc/partei/studienmaterial_ddr.pdf
http://www.kpd-ml.org/doc/partei/studienmaterial_ddr_2.pdf

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 Comment 
on 17. Mai 2018
Veröffentlicht in: Arbeoit Zukunft, Einheit

Organisation für den Aufbau einer kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands

Anmerkungen zur «Kollektiven Austrittserklärung von 80 Genossen» aus SDAJ und DKP
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Im November 2017 traten 80 GenossInnen aus der DKP und der SDAJ aus. Sie veröffentlichten eine Austrittserklärung. Dazu haben wir eine Stellungnahme ausgearbeitet, die wir hier veröffentlichen. Die GenossInnen haben wir zu einer offenen Diskussion eingeladen, von der beide Seiten gewinnen können. Wir laden auch alle anderen revolutionären und marxistisch-leninistischen Kräfte zu dieser Diskussion ein.

Hier unsere Stellungnahme:

Vor einiger Zeit wurde auf der Homepage „wieweiter.net“ Eure Austrittserklärung aus SDAJ und DKP veröffentlicht. In der Erklärung übt Ihr heftige Kritik an der politischen Linie von SDAJ und DKP, aber auch an deren dogmatischen und undemokratischen Vorgehen gegen Kritik und Vorschläge aus den eigenen Reihen. Wir meinen, zu Recht.

„Wir sind in der Mehrheit langjährige Mitglieder, die in allen Gliederungsebenen des Jugendverbandes – vom Gruppen- bis zum Bundesvorstandsmitglied – und in Grundorganisationen der Partei auf einen Bruch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen hinwirkten. Weil wir diesem Ziel treu bleiben wollen, müssen wir die Treue mit beiden Organisationen brechen. Die Klärung wichtigster Grundsatzfragen innerhalb der Organisationen und die Entwicklung einer revolutionären Praxis war zu unserem großen Bedauern nicht mehr möglich.“

So sehr Euer konsequenter Schritt zu begrüßen ist, gibt es in politisch-ideologischer Hinsicht von uns aus gesehen doch auch einige Differenzen.

Ihr erklärt, dass „ein gutes Vierteljahrhundert nach dem Sieg der Konterrevolution in Europa, nach der Zerstörung einer Reihe kommunistischer Parteien durch den rechten Opportunismus, wir uns in einer Phase des Rückgangs kommunistischer Organisierung in der BRD und in einer tiefen ideologischen Krise“ befinden.

Erstens hat die Konterrevolution nicht vor einem „guten Vierteljahrhundert“ gesiegt (gemeint ist der Zusammenbruch der DDR, der Sowjetunion und der osteuropäischen Staaten), sondern schon mit dem Machtantritt des Revisionismus in diesen Ländern. Wie kann es einen Sozialismus geben, bei dem Feinde des Sozialismus, die Revisionisten, an der Macht sind? Wir sehen das Ende des Sozialismus zu dem Zeitpunkt, als die Revisionisten vom Schlage Chruschtschows und Ulbrichts die Macht in Partei und Staat an sich gerissen haben.

Dabei stellt Ihr selbst fest, dass Lenin zurecht die Frage der Staatsmacht als die Grundlage der sozialistischen Revolution bezeichnet hat. Wer die Staatsmacht innehat, bestimmt den Weg der Entwicklung – auch im Sozialismus.

hier geht es weiter »

Dazu hatten wir bei unserem Seminar „Wie kam es zum Revisionismus und wie wirkte er sich aus?“ im Oktober 2013, bei dem unter anderem auch Genossen der KI Gera 2010, KPD, DKP Vorträge zum Thema gehalten haben, folgendes gesagt:

„Was wird aber aus der Macht, aus der Diktatur des Proletariats, wenn Revisionisten die Macht in der Partei und im Staat übernehmen? Handelt es sich wirklich noch um eine Diktatur des Proletariats, um einen sozialistischen Staat, wenn Leute an der Macht sind, die die Entwicklung des Sozialismus bremsen und zurück zum Kapitalismus wollen? Dabei ist nicht entscheidend, ob sie das bewusst wollen, sondern ob ihr Handeln in diese Richtung wirkt. Einzelne können in diesem Prozess das Bewusstsein haben, sie kämpften für den Sozialismus, wenn sie in Wirklichkeit für den Erhalt überflüssig gewordener Privilegien kämpfen oder mehr Marktmechanismen als Ausweg aus Problemen der Planwirtschaft propagieren.

Aus unserer Sicht ist das kein sozialistischer Staat, keine Diktatur des Proletariats mehr, wenn solche Elemente die Führung in Partei und Staat haben.

In der Realität ging dieser Übergang auch nicht „friedlich“ ab. Es war ein gewaltsamer Umsturz, als Chruschtschow an die Macht kam.
Dafür einige Beispiele:

• Mittlerweile sprechen viele Tatsachen dafür, dass Stalin ermordet wurde, damit andere Kräfte die Macht ergreifen können.
• Gegner Chruschtschows wie Berija wurden ermordet und aus dem Weg geräumt. Welche Position Berija einnahm, ist heute schwer nachzuvollziehen. Aber er war wohl für Chruschtschow auf dem Weg zur Macht ein Hindernis.

• Auch andere Gegner wie Malenkow, Molotow, Kaganowitsch wurden beseitigt, ohne dass sie ermordet wurden. Es fand also sichtbar ein Machtkampf statt.

• Der Generalsekretär der KP Griechenlands, Nikos Zachariadis, der dort mit vielen tausenden griechischen Kommunisten nach dem Bürgerkrieg in Griechenland im Exil lebte, wurde von Chruschtschow und seiner Clique mit Tricks wie einem gefälschten Parteitag abgesetzt, weil er offen zum Widerstand gegen den Chruschtschow-Revisionismus aufrief. Schließlich wurde er in ein Lager nach Sibirien verbannt und dort 1973 umgebracht. Mit ihm verschwanden zahlreiche griechische Partisanen in den Lagern Chruschtschows und starben dort.

• Oder nehmen wir die Ereignisse in Georgien, wo es vom 5. März 1956 bis zum 11. März 1956 einen Aufstand gegen die neue Linie Chruschtschows und seine Geheimrede vom 25. Februar 1956 beim 20. Parteitag der KPdSU gab. Arbeiter und Studenten zogen durch Tiflis und viele andere Städte Georgien, Fabriken wurden bestreikt. Die Demonstranten forderten Lenin und Stalin zu verteidigen. Unter großem Beifall meinte ein Redner: „Diejenigen, die entschieden haben, Stalin und das Andenken an ihn zu beschmutzen, sollen wissen, dass das georgische Volk ihnen niemals vergeben wird. Jegliche Revision von Stalin ist eine Revision des Marxismus und sie werden dafür mit ihrem Blut bezahlen.“ ein Vertreter Moskauer Studenten sprach dort: „So wie das georgische Volk sind auch wir wütend über den Brief des Zentralkomitees gegen unseren Führer Stalin. Er wurde geschrieben, um die Freundschaft der Völker zu zerstören und die Uhr der Geschichte zurückzudrehen. Niemand wird erlaubt werden, die Errungenschaften des großen Stalin – des Führers des Weltproletariats – herabzusetzen. Nur Feinde des Volkes revidieren den Marxismus.“ Am 9. März stand in Tiflis, der Hauptstadt Georgiens alles still. Nirgendwo wurde mehr gearbeitet. Die ganze Stadt war überfüllt mit Demonstranten, die Stalin verteidigten und den Chruschtschow-Revisionismus verurteilten. Die örtlichen Vertreter des Chruschtschow-Revisionismus setzten, um ihre Macht zu retten, Panzer und Maschinengewehre gegen die Menschen auf den Straßen von Tiflis ein. Auch in den anderen Städten Georgiens fuhren Panzer und Militär auf, um alles wieder in den Griff zu bekommen und das Volk zu unterdrücken. Die Zahl der Opfer dieses Aufstandes ist nicht bekannt.

Ist das eine „Diktatur des Proletariats“, ein „sozialistischer Staat, wo Marxisten-Leninisten ermordet werden, wo siegreich ein Machtkampf für bürgerliche Interessen stattfindet? Ich denke, es wäre grotesk, davon auszugehen, dass mit Chruschtschow an der Spitze die Arbeiterklasse die Macht in Partei und Staat ausübte. Im Gegenteil, sie wurde systematisch von der Macht verdrängt. Natürlich geschieht das in so einem riesigen Land wie der UdSSR nicht auf einen Schlag. Es gab Machtkämpfe, was natürlich auch zeigt, dass es beträchtlichen Widerstand gegen den verräterischen Kurs Chruschtschows gab. Das ist gut und zeigt, welche tiefen Wurzeln der Marxismus-Leninismus und der Sozialismus bereits hatten. Aber die Revisionisten waren mit ihrem Putsch siegreich und haben die bestehenden Überreste des Sozialismus, die sie nicht auf einen Schlag beseitigen konnten oder wollten, Schritt für Schritt zerstört, bis alles so kaputt war, dass Leute wie Gorbatschow offen für den Kapitalismus auftreten konnten.“

Wir sind jederzeit bereit, mit Euch über diese Fragen ernsthaft zu diskutieren und Eure Argumente sachlich abzuwägen.

Zweitens kann man von einem Rückgang von kommunistischer Organisierung in der BRD nur sprechen, wenn man die revisionistischen Parteien (DKP u. andere) zu den kommunistischen Organisationen zählt. Und von einer tiefen ideologischen Krise kann man auch nicht generell sprechen, sondern vor allem bei den revisionistischen Organisationen. In dem oben Gesagten steckt natürlich schon auch ein wahrer Kern: dass mit dem Scheitern der ehemals sozialistischen Staaten und deren offenem Übergang zum Kapitalismus/Imperialismus, eine tiefe ideologische Krise bei den Genossen, die an eine sozialistisch Zukunft in diesen Staaten geglaubt haben, eingetreten ist und folglich auch die Organisierung in den revisionistischen Parteien und Organisationen zurückging, aber das ist nicht, wie es oben heißt, ein „Rückgang kommunistischer Organisierung“. Allerdings habt Ihr auch insofern recht, dass der Zusammenbruch der ehemals sozialistischen Staaten sich auf die gesamte Arbeiterbewegung ausgewirkt und ihr in großem Umfang eine Alternative zum Kapitalismus geraubt hat. Und das macht es auch für Marxisten-Leninisten real schwierig, wieder eine wahre KP aufzubauen und wirksam in die Kämpfe der Arbeiterklasse einzugreifen. Chruschtschow, Breschnew, Gorbatschow usw. haben nie für ihre Zerstörungsarbeit die Verantwortung übernehmen müssen. Während wir als Marxisten-Leninisten für deren Verbrechen am Sozialismus bitter bezahlen und zugleich alle Fehler und Mängel aufarbeiten und der Arbeiterklasse wieder eine Perspektive erarbeiten und anbieten müssen. Die Revisionisten drücken sich; wir nicht!

Recht habt Ihr, wenn Ihr schreibt: „Wir sind der Auffassung, dass in dieser Phase ein politischer Klärungsprozess in Verbindung mit der Entwicklung einer politischen Praxis, die an der Lage und am Interesse der Arbeiterklasse ausgerichtet ist, nicht nur dringend notwendig ist, um zu einer Bewegung mit Masseneinfluss zu erstarken, sondern geradezu eine Überlebensnotwendigkeit für die kommunistische Bewegung darstellt. Am Ende dieses Prozesses muss ein Programm stehen, in dem eine revolutionäre, den heutigen Verhältnissen angemessene Strategie als Grundlage des Aufbaus der kommunistischen Partei in Deutschland dargelegt ist.“ Genau das meinen wir auch!

Ihr werft der SDAJ/DKP vor, dass grundsätzliche Diskussionen innerhalb dieser Organisationen nicht gewünscht sind bzw. sogar unterbunden werden. „Die Weigerung, die notwendigen grundsätzlichen Diskussionen strukturiert zu führen, wie wir es in beiden Organisationen erleben, kann nicht länger akzeptiert werden. Ein blindes Festhalten an alten Konzepten, ein traditionalistisches Nachahmen überholter Orientierungen und eine unsachgemäße Überschätzung der eigenen Relevanz darf es im Wiederaufbau der kommunistischen Bewegung nicht geben.“ oder: „Die Weigerung zur kritischen Überprüfung der antimonopolistischen Strategie ist keinesfalls auf die Parteirechten beschränkt – es ist die Mehrheit der Partei und ihr Parteivorstand, die sich dieser Notwendigkeit verwehren. Dies wurde im August vorgelegten Leitantrag zum XXII. Parteitag noch einmal besonders deutlich…“
Dass Ihr aus der Haltung der SDAJ/DKP Euch und den von Euch vorgebrachten Kritiken gegenüber die Konsequenz zieht, aus diesen Organisationen auszutreten, können wir gut verstehen.

Inhaltlicher Dissens besteht Eurer Meinung nach insbesondere in folgenden Punkten:

• in der Strategie- und Machtfrage (Staatsverständnis) und ihrer Praxisrelevanz,
• in der Einschätzung der Zusammensetzung und des Bewusstseins der Arbeiterklasse und wie man unter diesen Bedingungen agitiert,
• in der angemessenen Organisationsform zur Überwindung dieser Verhältnisse,
• im Verständnis und Zugang zur eigenen Geschichte,
• in den Einschätzungen des Imperialismus und der
• Positionierung innerhalb der kommunistischen Weltbewegung.
Die praktische Perspektive seht Ihr in einem „bundesweiten Klärungsprozess“, mit dem die „Voraussetzungen für die Gründung einer revolutionären Kommunistischen Partei und ihrer Massenorganisationen geschaffen werden“ sollen.

Unter „I. Entscheidende Fragestellungen in Theorie und Praxis“ werden folgende Themen behandelt:

1. Die revolutionäre Strategie und das Staatsverständnis
2. Die Analyse der Arbeiterklasse in Deutschland
3. Agitation unter Bedingungen der ideologischen Schwäche der Arbeiterklasse
4. Die revolutionäre Agitationsform
5. Eine kritische Aneignung der eigenen Geschichte
6. Der heutige Imperialismus
7. Internationalismus – Positionierung in der kommunistischen Weltbewegung

Zu 1. :
„Strategie bedeutet für uns Kommunistinnen und Kommunisten die Klärung der Frage, mit wem (revolutionäres Subjekt: Arbeiterklasse und ihre Verbündeten), über welchen Weg (Reform und/oder Revolution) und welches Ziel (Sozialismus/Kommunismus) erreicht werden soll. Damit stellt sie die Grundlage und den „roten Faden“ unseres politischen Handels und Willens dar und sollte allen Teilen unserer Bewegung bekannt sein.“ „Wir kritisieren hier vorrangig die strategische Ausrichtung der Partei, meinen damit aber auch die der SDAJ.“ Weiter: „Die DKP verfolgt in ihrem Programm von 2006 unserer Ansicht nach eine fatale reformistische Strategie zum Sozialismus. Sie folgt der Vorstellung, dass eine „Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt“ (S.9 )1 schon im Kapitalismus, vor dem Sieg der proletarischen Revolution möglich und notwendig ist.“ und „Der Eintritt der kommunistischen Partei in eine „antimonopolistische“ Koalitionsregierung auf dem Boden des bürgerlichen Staates wird damit zum Bestandteil des Wegs zum Sozialismus erklärt.“

Dazu erklärt Ihr: „Die theoretische Grundlage für diese Vorstellungen liefert die Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus. Deutlicher könnten die Vorstellung eines friedlichen Übergangs zum Sozialismus im Rahmen der bestehenden bürgerlichen Institutionen und die Vorstellung einer Zwischenphase zwischen Kapitalismus und Sozialismus („antimonopolistisch-demokratische Staatsmacht“) nicht formuliert sein… Eine solche Vorstellung widerspricht unseren Erkenntnissen über den Kapitalismus bzw. Imperialismus, den bürgerlichen Staat und die sozialistische Revolution.“

Ihr stellt fest, dass Lenin zurecht die Frage der Staatsmacht als die Grundlage der sozialistischen Revolution bezeichnet hat, „die Frage, von der abhängt, ob eine Strategie revolutionär ist oder nicht“. In der DKP und SDAJ sei nie eine ernsthafte Debatte zur Klärung der Strategiefrage geführt worden.

Weiter bemerkt Ihr: „Die falsche Analyse und Strategie schlägt sich systematisch in einer falschen Praxis nieder… Sie schlägt sich nieder in einer verengten Priorisierung von Institutionen, die im Kern bürgerlich sind – wie die Gewerkschaften, betriebliche Interessenvertretung, Schülervertretung usw. – und die nicht ohne Grund in der bürgerlichen Demokratie erlaubt sind: Sie resultieren in Einbindung, halten die Illusion der Mitbestimmung aufrecht…“

Mit der Behauptung, dass die Gewerkschaften „Institutionen, die im Kern bürgerlich sind“ wären, schießt Ihr unserer Meinung nach übers Ziel hinaus. Auch wenn die Führungen der Gewerkschaften eine opportunistische, klassenversöhnlerische Politik betreiben, die dem Kapital nützt, sind „die Gewerkschaften“ immer noch Organisationen der Arbeiterklasse. Hier ist es nötig, zwischen den einfachen Gewerkschaftsmitgliedern, die kämpfen wollen und den Gewerkschaftsführungen, die diesen Kampf sabotieren, zu unterscheiden.

Ihr stellt jedoch fest, dass dem nicht entgegensteht, in diesen Organisationen zu arbeiten. „Es geht also nicht um einen Austritt aus den Gewerkschaften, wie uns manche vorwerfen, sondern um eine andere Art der Arbeit in ihnen.“, aber: „Gleichzeitig halten wir diese Institutionen als Kampforgane der Arbeiterklasse für unzureichend.“ „Das Festhalten an Bündnissen mit anderen „fortschrittlichen“ oder „demokratischen“ Kräften behindert eine konsequente Kritik und Bekämpfung dieser Kräfte, die in Wirklichkeit jeder emanzipatorischen Bestrebung der Arbeiterklasse feindlich gegenüber stehen. Es schafft Illusionen in den Charakter dieser Kräfte.“

Wen Ihr mit „fortschrittlichen“ und „demokratischen“ Kräften in „“ meint, ist allerdings nicht klar. Wir halten Bündnisse mit fortschrittlichen und demokratischen Kräften im Kampf gegen Kapital und Reaktion durchaus für erstrebenswert und notwendig. Euer Standpunkt bedarf der Klärung, sonst wäre er sektiererisch.

zu 3.:
Ihr kritisiert: „Öffentliche Materialien von SDAJ und DKP tendieren dazu, Forderungen aufzustellen, die im Kapitalismus nicht realisierbar sind und schüren damit Illusionen in die Reformierbarkeit des kapitalistischen Staates und verkennen seinen Charakter.“ Ihr macht das am Sofortprogramm der DKP zur Bundestagswahl 2017 fest, wo z.B. die Forderung „Erhöhung der Spitzensteuer für höchste Einkommen von Personen und Unternehmen – Wiedereinführung der Vermögens- und Erbschaftssteuer“ erhoben werde. Ihr halten das für einen Ausdruck des „Staatsidealismus“ in der DKP.

Wir halten solche Forderungen schon für richtig und nicht für illusorisch, denn sie sind im Kapitalismus je nach den Kräfteverhältnissen zumindest teilweise durchsetzbar. Das bedeutet nicht, Illusionen in den bürgerlichen Staat zu schüren.

Man gewinnt den Eindruck, dass Ihr meint, Kommunisten dürfen nur Forderungen stellen, die im Sozialismus erfüllt werden können.

Sehr pessimistisch liest sich die Bemerkung: „Wir alle verzweifeln manchmal im Angesicht des kaum vorhandenen Klassenbewusstseins, der ausgeprägten Staatsgläubigkeit und dem Nationalismus der großen Mehrheit der Arbeiterklasse in Deutschland.“ Leider ist aber das mangelnde Klassenbewusstsein, die Staatsgläubigkeit usw. eine Folge des jahrzehntelangen (oder gar jahrhundertlangen) Einflusses der Sozialdemokratie und des Revisionismus auf die Arbeiterbewegung.

zu 5.:
Sehr vorsichtig nähert Ihr Euch der eigenen Vergangenheit, d.h. den Ansichten z.B. über den Revisionismus und die DDR, die Ihr als Mitglieder von SDAJ und DKP selbst nach außen vertreten habt: „Schon die Gründung und die Entwicklung von DKP und SDAJ sind aus unserer Sicht Produkt taktischer Überlegungen in der kommunistischen Weltbewegung und somit auch stark von dem dort grassierenden Revisionismus geprägt gewesen.“ Wobei es ja aus unserer Sicht nicht die „kommunistische Weltbewegung“ war, welche DKP und SDAJ aus der Taufe hoben (KPdSU und SED waren damals schon längst revisionistisch entartet), sondern revisionistische und opportunistische Kräfte aus der alten KPD und aus der SED.

Bemerkenswert ist, dass Ihr auch die Ergebnisse des VII Weltkongresses der Komintern und die Volksfrontpolitik in Frage stellt: „Da die Aufarbeitung der Geschichte unter uns ungenügend kollektiv diskutiert wurde, wollen wir nur erwähnen, an welchen Bezugspunkten wir mindestens zweifeln: Unverrückbarer Bezugspunkt der DKP-Mehrheit ist der VII. Weltkongress der Komintern und die darauf beschlossenen „Lehren“ aus dem Faschismus, die Volksfrontpolitik und die sogenannte Dimitroff-These…“

Ihr werft der DKP und der SDAJ, zumindest unter diesem Punkt, aber weniger deren Opportunismus und Revisionismus vor – letzteren habt Ihr ja auch mit vertreten – als vielmehr „ein dogmatisches Wissenschaftsverständnis“.

Zu 6.:
Ihr kritisiert: „Nach einer Lesart, die auch in der SDAJ und DKP vorherrscht, ist der Imperialismus vor allem als politökonomische Dominanz einer relativ kleinen Gruppe westlicher Staaten zu verstehen, die sich den Großteil der restlichen Welt unterwerfen.“ „Vielen Vertretern dieser Deutung gelten die Rivalen der USA und EU, hauptsächlich Russland und China, nicht als imperialistisch. Im aktuellen Leitantrag der DKP werden sie sogar als objektiv antiimperialistisch und friedensfördernd charakterisiert…“

Hier sind wir auch eindeutig der Ansicht, dass Russland und China imperialistische Mächte sind, die zwar im Augenblick nicht so stark sind, wie die imperialistische USA oder die EU, die aber genauso wie diese nach wirtschaftlicher, politischer und militärischer Vorherrschaft streben und deshalb auch nicht weniger gefährlich sind als diese.

zu 7:
„Wir glauben, dass es in der Verantwortung jeder kommunistischen Partei liegt, sich unabhängig von ihrer Größe und ihrem Einfluss in die Grundsatzdiskussionen auf internationaler Ebene einzubringen.“ „In der sehr geschwächten Weltbewegung stehen sich derzeit zwei Lager gegenüber, die um die richtige Einschätzung der Weltlage und des Entwicklungsstadiums und der entsprechenden Strategie streiten. Die DKP sucht gleichzeitig gute Beziehungen zu beiden Lagern.“

Diese beiden Lager werden im Anschluss benannt: Es sind die „politisch plurale“ WBDJ (Weltbund der demokratischen Jugend) – die von der SDAJ priorisiert wird – und die „kommunistische Austauschplattform MECYO“ (Meeting of European Communist Youth Organisations).“ Eine marxistisch-leninistische internationale Organisation wie die Internationale Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen (IKMLPO) wird von Euch nicht erwähnt.

Unter „IV. Wie weiter?“ entwickelt Ihr einige Vorstellungen, wie es mit nach Eurem Austritt weiter gehen könnte: „Selbstverständlich beginnt für uns mit unserem Austritt ein neues Kapitel kommunistischer Organisierung. Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren eine inhaltliche Klärung forcieren und neue Formen revolutionärer Praxis entwickeln. Beides sind Voraussetzungen für das Ziel, eine kommunistische Partei in Deutschland aufzubauen…“ Das ist schon mal eine klare Absage, in eine bestehende marxistisch-leninistische Organisationen einzutreten oder mit ihr zusammen den Aufbau zu fördern, auch nicht mit unserer. Die Begründung folgt umgehend: „Wir sind uns voll bewusst, dass wir nicht die ersten sind, die mit einem solchen Anspruch antreten; dass wir allerdings die ersten wären, die Erfolg hätten. Deshalb werden wir bei der Kritik der Praxis von SDAJ und DKP nicht stehen bleiben, sondern uns ebenfalls kritisch mit den Erfahrungen der diversen gescheiterten Aufbauprozesse, von den K-Gruppen bis zu den diversen „roten“ autonomen und linksintellektuellen Gruppen beschäftigen. Ihre Fehler zu wiederholen liegt nicht in unserem Interesse – einen Austausch zu organisieren aber wohl.“ Das lässt zumindest die Möglichkeit offen, mit Euch ins Gespräch zu kommen. Wir wären gern bereit, Euch unsere Einschätzung vorzustellen, warum die KPD/ML, aus der viele von uns stammen, gescheitert ist. Wir haben das unter uns diskutiert, um aus den Fehlern und Erfolgen der Vergangenheit zu lernen und es besser zu machen. Vielleicht kann das Euch und uns helfen und von Nutzen sein.

Zu Eurem künftigen Verhältnis zu DKP und SDAJ meint Ihr: „Wir gehen zwar davon aus, dass nach dem Ausscheiden des größten Teils der Linksopposition die opportunistische Entwicklung von DKP und SDAJ sich nicht abschwächen, sondern nach einem kurzen verbalradikalen Aufbäumen verschlimmern wird. Dennoch sehen wir nach wie vor Gemeinsamkeiten in weltanschaulichen und konkreten politischen Fragen.“ Worin diese Gemeinsamkeiten konkret bestehen, erläutert Ihr jedoch nicht. Abschließend bemerken Ihr noch: „Wir wollen nicht die unselige Tradition der K-Gruppen fortsetzen, die einen Großteil ihrer Energie auf die Kritik am Revisionismus verwandten.“ Die Bezeichnung „K-Gruppen“ ist sehr pauschal. Darunter kann man ehemalige Parteien wie die KPD/ML-KPD, bestehende wie die MLPD und auch diverse rechts- und linksopportunistische Gruppierungen verstehen. Die Kritik am Revisionismus, die von unseren Vorgängerorganisationen KPD/ML und KPD geleistet wurde, war – bei allen Fehlern, die diese gemacht haben, – richtig und notwendig.

Schließlich stellt Ihr fest: „Wir sind überzeugt, dass ideologischer und praktischer Wiederaufbau der kommunistischen Bewegung in Deutschland noch am Anfang stehen, aber dass es einen neuen Anfang braucht.“
Dieser Überzeugung sind wir auch!

Mai 2018


Zur Austrittserklärung >>>

 

 

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 Comment 
on 14. Mai 2018
Veröffentlicht in: Allgemein

Gerd Pehl

Segensbringer „Zahlenspiel“

Kommentar zum Artikel: „Kämpfen mit Fakten: Wie viele Opfer forderte Stalins Terror wirklich?“ erschienen am 13. Mai 2018 auf RT DEUTSCH
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Gerd Pehl

Der Artikel ist sehr interessant und lesenswert. Aber vermisst wird, dass der im Artikel verwendete Ausdruck Stalins „Große Säuberung“ – auch wenn die Worte Große Säuberung in Anführungszeichen gesetzt wurden und als Eigenname aufgefasst werden soll – sich nur mit den in der Bevölkerung herumgegeisterten oder noch immer herumgeisternden Zahlen und mit den angegebenen Zahlen vom Mitbegründer und Vorsitzende der Organisation Memorial Arsenij Roginskij erschöpfen, ohne dass sich Arsenij Roginskij zu dem Eigennamen äußert. Dem aufmerksamen Leser drängt sich am Ende dieses Beitrags die Frage auf, was Arsenij Roginskij unter dem Ausdruck Stalins „Große Säuberung“ versteht?

Der Eigenname ist eine eigene Schöpfung der opportunistischen und zutiefst imperialistisch-gesinnten Kräfte des insbesondere europäischen Westens. Sie brauchten diesen Begriff um gegen die Sowjetunion während des Kalten Krieges zu hetzen. Damit machten sie sich den Jargon der Faschisten wie beispielsweise Rosenberg und Albrecht zu Eigen. Sie waren damals die größten Hetzer gegen die UdSSR. Um „die Säuberungen der 1930er Jahre“ wie der Sozialwissenschaftler Sergej Kara-Murza die Zeit bezeichnet, richtig zu verstehen, ist es notwendig diese Zeit von 1917 bis zu den 1930er Jahren und die 1930er Jahre historisch richtig zu durchdenken.

Die junge Sowjetrepublik wurde 1918 bis 1921 von insbesondere deutschen und französischen Militaristen mit zaristischen Militärs in den Bürgerkrieg getrieben. Diese junge Republik hatte gleichzeitig den Kampf gegen die Sozialrevolutionäre, die Volkstümmler, die Menschewiki und auch dem zaristischen Überbleibsel zu führen. Sinowjew, Kameni, Trotzki, Bucharin, Rykow und andere führten einen erbitterten Kampf gegen die 1922 gegründete Sowjetunion mit dem Ziel, die KPdSU(B) zu spalten und die Macht der UdSSR zu übernehmen, um die Geschichte zurückdrehen zu können. Somit war KPdSU vor der Frage gestellt: Wer Wen? Auch der sozialistische Staat ist ein Machtinstrument der herrschenden Klasse – hier der Arbeiterklasse – zur Durchsetzung ihrer Interessen und zur Niederhaltung der anderen Klasse, folglich ein Herrschaftsapparat zur Ausübung der Diktatur einer Klasse über eine andere Klasse. Das ist in den Ausbeutergesellschaften nicht anders. Auch unter Stalin erfolgte keine Säuberung in der UdSSR, sondern die Kommunistische Partei mit Stalin an der Spitze hat das Notwendige zur Erhaltung und Festigung der Sowjetmacht konsequent durchgesetzt. Es gibt keine nachweisbaren Zahlen über tatsächlich ungerechtfertigte Inhaftierungen in der Sowjetunion und auch nicht in der Stalin-Zeit. Sie sind auch nicht den Zahlen von Arsenij Roginskij zu entnehmen. Diese Zahlen zu ermitteln würde bedeuten, die Strafakten der in der Stalin-Zeit Inhaftierten wie immer gut formuliert wird, unvoreingenommen durchzuarbeiten – auf das Adjektiv unvoreingenommen kommt es an. Kann das die Bürgerrechtsorganisation Memorial? Hat sie es versucht? Im Artikel finden diese Fragen keine Antwort. Diese Fragen jeweils mit einem Ja zu beantworten, wäre dilettantisch.

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2 Kommentare
on 25. April 2018
Veröffentlicht in: Lothar Häupt

Lothar Häupl

Das gibt mir immer wieder zu denken!

Lothar Häupl

Die Jahre 1932/33 – worüber müssen wir nachdenken?

1. Die bürgerliche Mitte (Sozialdemokraten) glaubten, sie könnten die Macht behaupten und distanzierten sich von Kommunisten wie halbherzig von den NAZI’s.

2. Die ganz Rechten (NSDAP) betrieben eine demagogische und faschistoide Politik. Ziel war Rassismus, Deutschland über alles und Krieg … gen Osten und Westen. Jeder weiß, was danach kam!

3. Die Kommunisten, mit ihrem Kandidaten Thälmann, hatten es geschafft, das die Mächtigen Angst bekamen. Schade nur und verhängnisvoll, dass die Sozialdemokraten nicht wussten, was sie danach erwartet.

Ja es ist lange her! Die Bürgerlichen haben auch aus der Niederlage von 1945 gelernt und Lehren gezogen.

Die o.g. Situation ist nicht die Gleiche aber die gleiche Politik heute führt wieder in den Krieg!

Keiner soll über die Zeit von 1932/33 sagen: „Wer hat uns verraten ….“

Das könnt ihr alle Tun, wenn ihr eine bessere und erfolgreichere Politik organisieren würdet, als damals Ernst Thälmann und die Kommunisten!

Die AfD gibt derzeit vor, sie würde die Bürgerlichen aus dem Parlament treiben.

Die Sozialisten und Kommunisten, auch nicht die Friedensbewegung finden sich im Ziel zusammen, den Kriegstreibern und NATO-Ost-Rittern den Gar aus zu bescheren?

Wo sind die Erfahrungsträger von einst?

Allein der Protest von diesem oder jenen Grüppchen erschüttert die OBEREN nicht. Sie lachen uns aus, wenn wir hier von Revolutionen oder Sturz des Imperialismus schwafeln!

Karl Liebknecht sagte 1915: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ Und meinte damit die Rüstungsindustrie und Ost-Ritter!

Willy Brandt (nicht unbedingt in jedem Fall mein Vorbild!) sagte: „FRIEDEN ist nicht alles, aber ohne FRIEDEN ist alles nichts!

Wer nichts damit anzufangen weiß, der sieht sich die Blutspur und Spur der Trümmer von Belgrad bis nach Aleppo und Donezk an! Ekelhaft diese Spur der NATO und Kriegsverbrecher.

Ich bin wie ich bin! Ja ich habe hier und in meinen Umfeld nicht nur Freunde! Das was ich in den letzten Jahren versucht habe zu bewegen, fand am wenigsten echte Zustimmung von den „Gleichgesinnten“!

Ja, ich habe bei mir und im Umfeld auch finanziellen und gesundheitlichen Schindluder getrieben. Die Grenzen sind fasst erreicht.

Nun werden sich viele oder einige fragen: Was nun oder tun?

* SAMMELN der gleichgesinnten Kräfte und den Widerstand real organisieren!

* SAMMELN der gleichgesinnten Kräfte und den Widerstand real organisieren!

* SAMMELN der gleichgesinnten Kräfte und den Widerstand real organisieren!

Gelingt dies, so könnt ihr leider nur mit einer einzigen Realität beglückt werden!

+++ FRIEDEN ohne NATO;
+++ FRIEDEN ohne NATO;
+++ FRIEDEN ohne NATO;
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Häupl Lothar; Aktionseinheit@t-online.de; vkp_iAaaF_haeupl@web.de
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1 Kommentar
on 18. April 2018
Veröffentlicht in: Andreas Habicht

Andreas Habicht

Mit Antikommunisten diskutieren und siegen lernen…

Andreas Habicht

Der Artikel hatte offenbar den “Fehler”, dass er mit dem Klischee des “Massenmörders” aufräumen wollte und sich mit Tatsachen beschäftigte, die man natürlich nicht (bzw. nur ganz selten) in den Medien der veröffentlichten Meinung findet. Daraufhin erlebte ich den reinsten “Shitsturm.”

Interessant war an den Kommentaren, dass eigentlich kein Einziger auf den geposteten Artikel einging. Ansonsten verbrachten die Kommentatoren ihre vermeintlich kostbare Zeit damit, sich auf ein “Che” (und Kommunisten)- Bashing zu beschränken, wie man es nahezu wortwörtlich in der Presse der Bourgeoisie nachlesen kann. Hätten die Leute den besagten Artikel gelesen, hätten sie sicherlich ein weitaus differenziertes Bild von “Che”, als sie es in ihren Kommentaren zum Ausdruck brachten. Eigentlich war ich bisher immer der Ansicht, dass das Nichtlesen und trotzdem etwas sagen, nur, um etwas gesagt zu haben, auch, wenn es letztendlich der größte Unsinn ist, Ultrarechten vorbehalten ist.

Che – Bild von Flickr.com CC BY 2.0

Interessanterweise waren es grade Leute in einer Gruppe gegen Rechts, die die schärfsten Töne gegen Guevara und somit die kubanische Revolution an sich schossen. Natürlich forderte die kubanische Revolution, genauso, wie übrigens auch die französische Revolution oder die große sozialistische Oktoberrevolution in Russland, Todesopfer. Die vorgebrachten (in meinen Augen) Scheinargumente gingen von “Massenmörder” über “Stalinist” bis hin, dass eine Diktatur (nämlich die von Fulgencio Batista) durch eine vermeintlich andere ersetzt wurde. Im Prinzip kam das gesamte, ultrareaktionäre, Vokabular zur Sprache, wie man es der Presse des Großkapitals, nahezu tagtäglich, entnehmen kann. Das gerade diese Medien bekannt dafür sind, die Tatsachen über Revolutionen und Befreiungsbewegungen zu verdrehen, dürfte zumindest kritischen Menschen, einleuchten.

Natürlich kann, darf und sollte man auch die Person “Che” kritisch betrachten, denn er war ja schließlich, wie wir alle, auch “nur” ein Mensch, mit Fehlern und Schwächen- allerdings verwehre ich mich, als überzeugter Guevarist (ja, diesen Begriff gibt es bei uns im spanischen Sprachraum tatsächlich und bezeichnet eine Form des Sozialismus / Kommunismus, die sich in verstärktem Masse gegen Kolonialismus und Neokolonialismus einsetzt), dass (vermeintlich) “Linke” sich reaktionärer Phrasen bedienen, wie man sie in bürgerlichen “Kampfblättern” nachlesen kann.

Interessant dabei ist, dass man, wenn man gerade diese Leute darauf anspricht, sie über Diktatoren vom Schlage Batista (Cuba), Somoza (Nicaragua), Stroessner (Paraguay), Videla (Argentinien) oder Pinochet (Chile) nichts, bis ganz wenig zu sagen haben. Hier hat die reaktionäre Presse sicherlich ganz bewusst eine “Bildungslücke” gelassen, denn unter diesen “Herrschaften” fühlte sich das Großkapital ja besonders wohl und Staaten und Konzerne der kapitalistischen Länder arbeiteten gerne mit diesen Despoten zusammen.

Allerdings bin ich persönlich auch dagegen, “Che” zur “Popikone” zu stilisieren, wobei gerade diejenigen das “große Geld” machen, die für sein Wirken und seinen Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit, nicht nur in Kuba, nichts bis wenig übrig haben.

Mein Fazit zu dieser Diskussion, die ich gleich an drei “Fronten” führte, ist, dass der (teilweise primitivste) Antikommunismus bis weit in (vermeintlich) linke Kreise hineinreicht und man offenbar den Leuten über die Massenmedien nahezu alles erzählen kann. Dass man die Zustände in Mitteleuropa nicht unbedingt mit denen bei uns in Südeuropa oder gar Lateinamerika vergleichen kann, lassen sie einfach außen vor.

An den Kommentaren wird allerdings sehr deutlich, wie leicht sich Leute manipulieren lassen und dadurch die Sprache einer Klasse reden, zu der sie nicht gehören und die in Wahrheit auch nichts mit ihnen zu tun haben möchte (außer sie natürlich zu beherrschen). Genau dies ist das Problem, dass sie letztendlich bei Wahlen auch Parteien wählen, die die Interessen des Kapitals und der Industrie vertreten und für den arbeitenden Menschen letztendlich nichts anderes übrig haben, als allenfalls Allmosen. Hier wird eigentlich sehr deutlich, wie Karl Marx im Kommunistischen Manifest bereits vor 170 Jahren richtig feststellte, dass ein Teil der Bourgeoisie den sozialen Missständen abhelfen möchte, um den Bestand der bürgerlichen Gesellschaft zu sichern (vgl. Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der kommunistischen Partei, der konservative oder Bourgeoisiesozialismus). In diesem Sinne: “Proletarier aller Länder, vereinigt euch”.

Wer den besagten Artikel lesen möchte, findet ihn hier
.

Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizensiert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen darf es weiter verbreitet und vervielfältigt werden.

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4 Kommentare
on 23. März 2018
Veröffentlicht in: Allgemein

Hartmut Heck

Edith Gossweiler ist verstorben

Hartmut Heck

Edith Gossweiler lernte ich als Ehefrau von Kurt Gossweiler kennen. Sie selbst lernte ihren späteren Ehemann Kurt schon in der Karl-Marx-Schule in Berlin-Neukölln kennen und lieben. Getrennt waren von da an die späteren Eheleute Gossweiler nur in der Kriegszeit. 1943 lief Kurt zur Roten Armee über. 1947 ging Kurt und Edith in die DDR. Hier hatten sie ihre politische Heimat und heirateten. Fortan waren sie nicht mehr getrennt.

Edith Gossweiler 2017,
Foto: Hartmut Heck

Edith nahm Kurt viel Organisatorisches ab, hielt ihm, für seine politischen und wissenschaftlichen Arbeiten, im Alltag den Rücken frei. So manches Manuskript Kurts wissenschaftlicher Arbeiten tippte Edith ins Reine. – Als Kurt an seinem später berühmten Buch „DIE TAUBENFUSS-CHRONIK“ schrieb, war Edith die Vertraute, die die tiefgreifenden Untersuchungen und Erkenntnisse als erste zu lesen bekam.

Beim Aufbau und Werden der DDR hatten beide ihren Platz. Doch Edith stellte auch persönliche Belange hinter der geschichtlichen Bedeutung von Kurts wissenschaftlichen Arbeiten zurück und beide führten die Anforderungen der Zeit noch näher zusammen.

Der Verlust der DDR war für beide eine Zäsur, die auch Auswirkungen auf beider Gesundheit hatte. Kurt arbeitete nach der Konterrevolution intensiv. Er schrieb aufklärende Aufsätze, wissenschaftliche Beiträge für Zeitschriften, schrieb Reden, arbeitete an verschieden Projekten mit (z.B. offen-siv u.a.). Er brachte wichtige Bücher heraus wie z. B. „Die Taubenfuß-Chronik“ und „Wider den Revisionismus“. Kurt sagte geradeweg, ohne die klaglose Unterstützung seiner Frau Edith hätte er dies Pensum nicht bewältigen können.

Auch als beide Gossweilers, nach einem Herzinfarkt von Kurt in ein Berliner Seniorenheim zogen, wohnten beide Zimmer an Zimmer und führten ihre Gespräche.

Bei unseren Besuchen dort, erzählte Edith z. B., als Kurt 1973 den Vaterländischen Verdienstorden bekam, heftete Kurt ihr zu Hause den Orden an und sagte: „Eigentlich hätten wir zwei davon bekommen sollen“.

Kurt Gossweiler war als Kommunist immer bescheiden. Und Edith mochte große Auftritte gar nicht.

Im hohen Alter war es Edith vorderster Wunsch, nicht vor ihrem Kurt zu gehen. Es ist ihr gelungen ihrem Ehemann bis zuletzt liebevoll zur Seite zu sein. Und Kurt erzählte ihr noch mit fast hundert Jahren von seiner Liebe zu ihr.

Besuche von Genossen und Freunden waren Gossweilers immer ein Höhepunkt. Die Neugierde am Lauf der Kämpfe für unsere Sache ermüdete sie nie.

2017 feierten beide Gossweilers Ediths 100. Geburtstag. Kurt konnte seiner Frau den 100. Geburtstag nicht nachmachen, er starb im gleichen Jahr, mit 99 Jahren.

Kommunisten steht ein hohes Lebensalter gut. „Der Imperialismus ist mächtig, aber wir sind stärker“ sagte Kurt mit nachhaltigen Lächeln.

Bis wenige Tage vor Kurt Gossweilers Tod waren die Gespräche mit ihm und Edith anregend, heiter und mit kämpferischer Zuversicht geladen.

Kurt Gossweiler sah in der vorläufigen Niederlage des Sozialismus einen bitteren Rückschlag zwar, aber nicht das Ende der Geschichte. Edith war fest überzeugt, die Aufklärung die Kurts Arbeiten leisten, werden jetzigen und künftigen Kämpfen Instrument und Erkenntnisgewinn sein. Es war beeindruckend, wenn Edith in ihrer Betagtheit auf die Wucht von Kurts Arbeit ruhig und freundlich, aber in Überzeugtheit verwies.

Edith und Kurt Gossweiler in jungen Jahren, Foto: Archiv Gossweiler

Edith hatte zwar, mehr als Kurt, Skepsis ob der Trägheit der Menschen nach der Konterrevolution sich Erkenntnisgewinn zu verschaffen, aber mit Kurts Arbeiten liegt viel vor, darin war sie sicher. Ihre Erfahrung war: Kurt hatte durchweg recht mit dem was er schrieb.

Ediths Wunsch an alle war: Lest Kurts Arbeiten!

Bei unseren Besuchen hatten wir zusammen, trotz der derzeit üblen gesellschaftlichen Verhältnisse, manches zu lachen. Jede Begegnung mit den beiden Gossweilers war uns eine Bereicherung. Unser junger Sohn machte mit Edith und Kurt manche Späße. Kurt nannte unseren Sohn seinen jüngsten Freund. Edith und Kurt waren neugierig zu erfahren, welche Themen ein Kindergartenkind, dann einen gerade Eingeschulter, dann den Viertklässler, bewegen. Und sie hatten dem jungen Zuhörer manch heitere Episode ihrer Jugend zu erzählen. Und die heitere, gelöste Verschmitztheit bei diesen Gesprächen war die einer Menschenfreundlichkeit wie sie bei Kommunisten so ohne Anstrengung ist, selbst im Alter von 1oo Jahren.

Edith und Kurt sahen in der Jugend den Keim für eine bessere Welt, eine ohne Imperialismus.

Nun ist Edith Gossweiler, im Februar, kurz vor ihrem 101. Geburtstag, gestorben.

Wir behalten beide Gossweilers, die kämpferisch und zuversichtlich bis an ihr Lebensende für die lichte Sache der Menschheit standen, in lebendiger Erinnerung!

Tschüss Edith!

Sozialismus statt Barbarei!

 

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2 Kommentare
on 16. März 2018
Veröffentlicht in: Stalin

Sascha

Warum ist sozialistische Planwirtschaft besser
als das wirtschaftliche Chaos des Kapitalismus?

Sascha

Zunächst: Auch der Kapitalismus kommt nicht ohne Planung aus; die funktioniert allerdings nur sehr begrenzt. Doch gehen wir der Reihe nach vor. Wir befinden uns nach wie vor in einer Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus. (Auch wenn einige das nicht hören wollen, auch wenn der Sozialismus nach der Konterrevolution einen herben Rückschlag erlitt und es eine Weile dauern wird, bis sich die Ideen von Marx, Engels, Lenin und Stalin wieder durchsetzen werden.) Denn der Kapitalismus – irreführend auch „Marktwirtschaft“ genannt – ist am Ende seines Lateins. Und die Idee und die Überzeugung von einer gerechten Gesellschaft ist unsterblich. Alle bisherigen Rezepte zur Reformierung der Gesellschaft haben nicht funktioniert. Und selbst die scheinbar so „neuen Ideen“ sind völlig wirkungslos. Die heute herrschende Klasse hat kein Konzept…

…dies sind die Ruinen kapitalistischer Misswirtschaft!

Planwirtschaft allerdings ist erst im Sozialismus möglich. Sie steht im krassen Gegensatz zur kapitalistischen Misswirtschaft, im Kontrast zur irrsinnigen Verschwendung von Ressourcen, zur menschenverachtenden Ausbeutung ganzer Generationen, zur immer schlimmer werdenden Verschmutzung der Umwelt. Das alles kann man kurz gesagt darauf zurückführen, dass der Kapitalismus gezwungen ist, zu produzieren und zu produzieren, um immer neue Profite zu erwirtschaften, was bekanntermaßen immer neue Probleme und Krisen heraufbeschwört und im schlimmsten Fall sogar zu neuen Kriegen führt. Es wird also nicht zum Wohle und im Interesse der Menschen gewirtschaftet, sondern nur im Interesse des Profits.
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Eine verfahrene Situation

Die Hauptursache dieser Situation ist das Privateigentum an den Produktionsmitteln, das unweigerlich mit der Ausbeutung und Unterdrückung der arbeitenden Klassen verbunden ist. Doch solange die davon am meisten betroffene Klasse der Werktätigen, das Proletariat, das Joch ihrer Entmündigung nicht abschüttelt und die parasitäre Klasse der Besitzer der Produktionsmittel, die Bourgeoisie, enteignet und davonjagt, wird sich daran auch nichts ändern. Das ist aber nur möglich, wenn man die Ursachen und Zusammenhänge erkannt hat.
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Gibt es einen Ausweg?

Die einzige Möglichkeit ist der Weg zum Sozialismus. Doch das ist nicht einfach, weil die Besitzer der so einträglichen Produktionsmittel sowie deren sämtliche Nutznießer,  die Aktionäre, die Beamten, die gut verdienenden Manager, Politiker und deren Fußvolk, schließlich aber auch die gesamte Arbeiteraristokratie kein Interesse an einer Veränderung haben. Und so bleibt eben alles, wie es ist. Das Schlimme daran ist, dass vor allem diejenigen, die am meisten unter dieser Erpressung, der Ausbeutung und Unterdrückung zu leiden haben, nicht wissen wie man das ändern kann. Ihnen fehlt ganz einfach dazu das Wissen. Sie wurden schon in der Schule zum Haß gegen den Sozialismus erzogen. Es bedarf also der Aufklärung und am Ende der Gewalt, um die Kapitalisten davon zu jagen und ihnen nach und nach sämtliche Produktionsmittel zu entreißen.
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Was kommt danach?

Der Staatsapparat der Bourgeoisie muß zerschlagen werden, die Arbeiterklasse muss ihren Ausbeutern so nach und nach alle Produktionsmittel entreißen, ihre Herrschaft festigen und für den Aufbau einer gerechten, sozialistischen Gesellschaft Sorge tragen. Es ist auch klar, daß sich der Klassenkampf in dieser Übergangsperiode verstärken wird. Die folgende Periode der Diktatur des Proletariats ist unumgänglich, denn man muss die bisherigen Besitzer der Produktionsmittel daran hindern, alle Veränderungen wieder rückgängig zu machen – wir nennen das eine Konterrevolution. Das geschah 1990 in fast allen sozialistischen Ländern. Nun ist es allerdings so, dass natürlich die Muttermale der alten Gesellschaft nicht von heute auf morgen verschwinden werden.

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Der zweite Schritt

Nun kommt der zweite Schritt, die Planwirtschaft, der weitaus schwierigere: Wie soll das geschehen? Es ist klar, dass eine „staatliche Kommandowirtschaft“ auf Dauer schon deshalb nicht funktionieren kann, da niemand über alle Bedürfnisse der Menschen und über Möglichkeiten ihrer Befriedigung einen Überblick haben kann. Zudem würde eine staatliche Bevormundung jeglicher Kreativität den Wind aus den Segeln nehmen.
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Das wirtschaftliche Chaos beseitigen

Der Sinn dieser Sache ist also der, dass das kapitalistische Chaos verschwindet. Doch dazu bedarf es der schöpferischen Arbeit aller Werktätigen. Anders ist Planwirtschaft nicht zu verwirklichen. Die sozialistische Planwirtschaft ist ein wesentlicher Vorzug der sozialistischen Gesellschaftsordnung. Das Ziel der sozialistischen Planwirtschaft ist die immer bessere Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen. Die zentrale staatliche Planung und Leitung des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses ist verbunden mit der „Eigenverantwortung der Betriebe“. Sie beruht auf dem Prinzip des demokratischen Zentralismus. Dabei gilt es, die vorhandenen Ware-Geld-Beziehungen so auszunutzen, dass die Vorzüge des Sozialismus zur Geltung kommen.
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Was ist eigentlich sozialistische Planwirtschaft?

Planwirtschaft (und zwar eine sozialistische Planwirtschaft!) ist erst dann möglich, wenn die Arbeiterklasse im Bündnis mit den Bauern und anderen Werktätigen die Macht erobert hat und sich die entscheidenden Produktionsmittel in den Händen des Volkes befinden. Wir sprechen hier von der Diktatur des Proletariats. Hier lenkt der sozialistische Staat die Wirtschaft mit Hilfe eines einheitlichen Planes. Dieser Plan wird auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus und unter der Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei entwickelt. Denn nur mit Hilfe einer wissenschaftlichen Weltanschauung ist es möglich, die objektiven Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung zu erkennen und bewusst zu nutzen.
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Wie soll es richtig laufen?

Durch eine wissenschaftlich begründete Planung wird die effektivste Variante der volkswirtschaftlichen Entwicklung unter Berücksichtigung der realen Bedingungen ausgearbeitet. Sie ist danach konsequent umzusetzen. Die Funktionsfähigkeit der sozialistischen Planwirtschaft ist die entscheidende Voraussetzung für den Aufbau der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Die langfristigen Pläne, Fünfjährpläne und Jahrespläne müssen gut vorbreitet und wissenschaftlich fundiert sein. Sie werden mit Hilfe der wirtschaftlichen Rechnungsführung kontrolliert und abgerechnet. Die Einbeziehung der Wissenschaft in den Reproduktionsprozess, die Wechselbeziehungen zwischen Volkswirtschaft, Bildungswesen, Kultur und anderen gesellschaftlichen Bereichen führen dazu, dass die Pläne nicht nur die Volkswirtschaft zum Gegenstand haben, sondern mit ihnen die Entwicklung der gesamten Gesellschaft gelenkt wird. Die sozialistische Planwirtschaft entspricht den Interessen der sozialistischen Gesellschaft. In der Praxis beweist sich hier die Überlegenheit des Sozialismus gegenüber dem kapitalistischen Wirtschaftssystem. Und nur so kann aus historischer Sicht die Grundfrage „Wer-wen?“ zugunsten des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus entschieden werden.

(Anmerkung: 1967 schrieb man noch, dass „die zentrale Planung von Grundfragen der ökonomischen Entwicklung organisch mit der eigenverantwortlichen Planung der Betriebe“ verbunden werden müsse. Welch ein Unterschied!)
Siehe: Kleines Politisches Wörterbuch, Dietz Verlag, Berlin, 1967, S.494 – bzw. in einer späteren Auflage 1986, S.876f.
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Die Übergangsperiode

Stalin hatte ausführlich auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die mit einer „Neuen ökonomischen Politik“ verbunden sind. Er erklärt, warum die NÖP „eine unvermeidliche Phase der sozialistischen Revolution“ ist. In seiner Rede im Juli 1928 sagte er:

Die NÖP ist die Politik der proletarischen Diktatur, die gerichtet ist auf die Überwindung der kapitalistischen Elemente und den Aufbau der sozialistischen Wirtschaft durch Ausnutzung des Marktes, vermittels des Marktes, nicht aber durch direkten Produktenaustausch, ohne Markt, unter Ausschluss des Marktes. Können die kapitalistischen Länder, zumindest die entwickeltesten von ihnen, beim Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus ohne die NÖP auskommen? Ich denke, sie können das nicht. In diesem oder jenem Grade ist die Neue Ökonomische Politik mit ihren Marktbeziehungen und der Ausnutzung dieser Marktbeziehungen in der Periode der Diktatur des Proletariats für jedes kapitalistische Land absolut unerlässlich.

Bei uns gibt es Genossen, die diese These in Abrede stellen. Was bedeutet es aber, diese These in Abrede zu stellen?
Das bedeutet erstens, davon auszugehen, dass wir unmittelbar nach Machtantritt des Proletariats bereits über hundertprozentig fertige, den Austausch zwischen Stadt und Land, zwischen Industrie und Kleinproduktion vermittelnde Verteilungs- und Versorgungsapparate verfügen würden, die es ermöglichen, sofort einen direkten Produktenaustausch ohne Markt, ohne Warenumsatz, ohne Geldwirtschaft herzustellen. Man braucht diese Frage nur zu stellen, um zu begreifen, wie absurd eine solche Annahme wäre.

Das bedeutet zweitens, davon auszugehen, dass die proletarische Revolution nach der Machtergreifung durch das Proletariat den Weg der Expropriation der mittleren und kleinen Bourgeoisie beschreiten und sich die ungeheuerliche Last aufbürden müsse, den künstlich geschaffenen Millionen neuer Arbeitslosen Arbeit zu beschaffen und für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Man braucht diese Frage nur zu stellen, um zu begreifen, wie unsinnig und töricht eine solche Politik der proletarischen Diktatur wäre. Ein Vorzug der NÖP ist es unter anderem gerade, daß sie die proletarische Diktatur von diesen und ähnlichen Schwierigkeiten befreit.

Hieraus aber folgt, daß die NÖP in allen Ländern eine unvermeidliche Phase der sozialistischen Revolution bildet.

(J.Stalin, Werke Bd.11, S.128f)


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Erstveröffentlichung am 12. März 2018, Sascha‘s Welt

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1 Kommentar
on 14. März 2018
Veröffentlicht in: Engels, Marx

Max Morlock

Vor 135 Jahren verstarb Karl Marx

Die Grabrede von Friedrich Engels
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Max Morlock

Heute ist Karl Marx 135 Todestag.
Gedenken wir seinem Leben und Werken
das unsere Gesellschaft bis heute prägt und
mit und an denen sich die Theorie und Praxis
der Revolutionäre der Welt bis heute Wandelt.

Die Grabrede seine Freundes und ständigenbegleiters Friedrich Engels.

„Am 14. März, nachmittags ein Viertel vor drei, hat der größte lebende Denker aufgehört zu denken. Kaum zwei Minuten allein gelassen, fanden wir ihn beim Eintreten in seinem Sessel ruhig entschlummert – aber für immer.

Was das streitbare europäische und amerikanische Proletariat, was die historische Wissenschaft an diesem Mann verloren haben, das ist gar nicht zu ermessen. Bald genug wird sich die Lücke fühlbar machen, die der Tod dieses Gewaltigen gerissen hat.
Wie Darwin das Gesetz der Entwicklung der organischen Natur, so entdeckte Marx das Entwicklungsgesetz der menschlichen Geschichte: die bisher unter ideologischen Überwucherungen verdeckte einfache Tatsache, daß die Menschen vor allen Dingen zuerst essen, trinken, wohnen und sich kleiden müssen, ehe sie Politik, Wissenschaft, Kunst, Religion usw. treiben können; daß also die Produktion der unmittelbaren materiellen Lebensmittel und damit die jedesmalige ökonomische Entwicklungsstufe eines Volkes oder eines Zeitabschnitts die Grundlage bildet, aus der sich die Staatseinrichtungen, die Rechtsanschauungen, die Kunst und selbst die religiösen Vorstellungen der betreffenden Menschen entwickelt haben, und aus der sie daher auch erklärt werden müssen – nicht, wie bisher geschehen, umgekehrt.

Damit nicht genug. Marx entdeckte auch das spezielle Bewegungsgesetz der heutigen kapitalistischen Produktionsweise und der von ihr erzeugten bürgerlichen Gesellschaft. Mit der Entdeckung des Mehrwerts war hier plötzlich Licht geschaffen, während alle früheren Untersuchungen, sowohl der bürgerlichen Ökonomen wie der sozialistischen Kritiker, im Dunkel sich verirrt hatten.
Zwei solche Entdeckungen sollten für ein Leben genügen. Glücklich schon der, dem es vergönnt ist, nur eine solche zu machen. Aber auf jedem einzelnen Gebiet, das Marx der Untersuchung unterwarf, und dieser Gebiete waren sehr viele und keines hat er bloß flüchtig berührt – auf jedem, selbst auf dem der Mathematik, hat er selbständige Entdeckungen gemacht.
So war der Mann der Wissenschaft. Aber das war noch lange nicht der halbe Mann. Die Wissenschaft war für Marx eine geschichtlich bewegende, eine revolutionäre Kraft. So reine Freude er haben konnte an einer neuen Entdeckung in irgendeiner theoretischen Wissenschaft, deren praktische Anwendung vielleicht noch gar nicht abzusehen – eine ganz andere Freude empfand er, wenn es sich um eine Entdeckung handelte, die sofort revolutionär eingriff in die Industrie, in die geschichtliche Entwicklung überhaupt. So hat er die Entwicklung der Entdeckungen auf dem Gebiet der Elektrizität, und zuletzt noch die von Marc Deprez, genau verfolgt.

Denn Marx war vor allem Revolutionär. Mitzuwirken, in dieser oder jener Weise, am Sturz der kapitalistischen Gesellschaft und der durch sie geschaffenen Staatseinrichtungen, mitzuwirken an der Befreiung des modernen Proletariats, dem er zuerst das Bewußtsein seiner eigenen Lage und seiner Bedürfnisse, das Bewußtsein der Bedingungen seiner Emanzipation gegeben hatte – das war sein wirklicher Lebensberuf. Der Kampf war sein Element. Und er hat gekämpft mit einer Leidenschaft, einer Zähigkeit, einem Erfolg wie wenige. Erste ‚Rheinische Zeitung‘ 1842, Pariser ‚Vorwärts‘ 1844, ‚Brüsseler Deutsche Zeitung‘ 1847, ‚Neue Rheinische Zeitung‘ 1848-1849, ‚New-York Tribüne‘ 1852-1861 – dazu Kampfbroschüren die Menge, Arbeit in Vereinen in Paris, Brüssel und London, bis endlich die große Internationale Arbeiterassoziation als Krönung des Ganzen entstand – wahrlich, das war wieder ein Resultat, worauf sein Urheber stolz sein konnte, hätte er sonst auch nichts geleistet.

Und deswegen war Marx der bestgehaßte und bestverleumdete Mann seiner Zeit. Regierungen, absolute wie republikanische, wiesen ihn aus, Bourgeois, konservative wie extrem-demokratische, logen ihm um die Wette Verlästerungen nach. Er schob das alles beiseite wie Spinnweb, achtete dessen nicht, antwortete nur, wenn äußerster Zwang da war. Und er ist gestorben, verehrt, geliebt, betrauert von Millionen revolutionärer Mitarbeiter, die von den sibirischen Bergwerken an über ganz Europa und Amerika bis Kalifornien hin wohnen, und ich kann es kühn sagen: Er mochte noch manchen Gegner haben, aber kaum noch einen persönlichen Feind.

Sein Name wird durch die Jahrhunderte fortleben und so auch sein Werk!“
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Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizensiert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen darf es weiter verbreitet und vervielfältigt werden.

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on 13. März 2018
Veröffentlicht in: Diethard Möller, Einheit, Einheit & Kampf

Diethard Möller

„Einheit & Kampf“ Nr. 35 erschienen

Zeitschrift der internationalen Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen (IKMLPO)
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Diethard Möller

Nr. 35 von „Einheit & Kampf“ enthält wieder wichtige Beiträge von marxistisch-leninistischen Organisationen und Parteien aus aller Welt. So spiegelt der Beitrag aus der Dominikanischen Republik für die Befreiung Haitis aus der jahrzehntelangen imperialistischen Unterdrückung und Ausplünderung eine tiefe internationalistische und solidarische Haltung wieder. Der Beitrag aus Italien macht deutlich, wie die EU sich diktatorischer Regimes bedient, um Flüchtlinge von Europa fernzuhalten.

Arbeit & Kampf Nr. 35

Aus einer anderen Perspektive betrachtet der Beitrag der Revolutionären Kommunistischen Partei der Elfenbeinküste die neokoloniale Politik der EU und insbesondere Frankreichs, die zu Armut, elend und Flucht führt. Einen Einblick in die katastrophale ökonomische Situation gibt der Beitrag der Revolutionären Kommunistischen Partei Brasiliens, die das aktuelle neoliberale Arbeitsgesetz analysiert. Wer den Beitrag liest, fühlt sich sofort an die Hartz-Reformen erinnert. Aus Mexiko wird über den Kampf der Arbeiterklasse und des Volkes gegen die neoliberale Politik und die Schaffung einer breiten Front durch die Genossen der Kommunistischen Partei Mexikos (Marxisten-Leninisten) berichtet. Die Arbeiterpartei Tunesiens stellt ihren Weg zu einer breiten Widerstandsfront gegen das herrschende reaktionäre Regime dar. Von besonderer Bedeutung ist der Beitrag von EMEP (Partei der Arbeit Türkei) über „Die Aktualität von ‚Das Kapital‘ im 150. Jahr“, in dem sehr detailliert die Geschichte und die Bedeutung von „Das Kapital“ dargestellt wird.

Mit all diesen Beiträgen leistet „Einheit & Kampf“ wieder einen wichtigen Beitrag zur Verteidigung des Marxismus-Leninismus, aber auch zur Entwicklung einer konkreten Taktik im Rahmen unserer revolutionären Strategie. Gerade in Deutschland mit seiner noch schwachen revolutionären und marxistisch-leninistischen Bewegung können wir viel daraus lernen, um auf unserem Weg zur Schaffung einer starken und in der Arbeiterklasse fest verankerten Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands voranzukommen.

„Einheit & Kampf“ Nr.35, 48 Seiten, 4 Euro
Bestellungen an: Verlag AZ, Postfach 401051, 70410 Stuttgart – oder per Mail: info@arbeit-zukunft.de
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