Lob der Theorie

Das Marx-Engels-Denkmal auf dem Marx-Engels-Forum in Berlin | Bronzeplastik von Ludwig Engelhardt, 1986

Gruppe RoterMorgen, nach einer Vorlage von Heinz Ahlreip

Keine Arbeiterin, kein Arbeiter soll, wenn es nach den Herrschenden geht, Hegel und die Klassiker des Marxismus-Leninismus studieren. Der Kahlschlag der US-Kulturbarbaren hat ganze Arbeit geleistet, die wenigen Intellektuellen in Deutschland, die noch Traditionsbewusstsein haben studieren die bürgerliche und proletarische Klassik, wälzen dicke Bücher hin und her, vertiefen sich in die ach so schwierigen Passagen. Das Proletariat wird weiter gezielt in Unkenntnis über die Erkenntnisse unserer Vordenker gehalten. Da gehen 20Tausend Kolleginnen und Kollegen in ein Fußballstadion, um ihren Idolen zu huldigen und nicht eine/r davon hat je »das Kapital1« in Händen gehalten, schweige dann gelesen.

Die revolutionäre deutsche Arbeiterbewegung, Berufsverboten. ist auf Schritt und Tritt den wieder ins Haus stehenden Berufsverbote ausgesetzt.2 Polizeiwillkür bei Demonstrationen, des Nachts Fußtritte gegen die auf den Stühlen der großen Bundesbahnhöfen Eingeschlafenen, dieser Faschismus wird offen zur Schau gestellt, Gerichtsvollziehern … usw. Diese Bewegung kommt derzeit nur langsam, und dann auch nur mit Rückfällen vom Fleck. Ihre Stimme ist leise, sie hat nur wenige publizistische Organe und die Inflation als Schrecken des Hungers lässt nicht gerade einen in naher Zukunft sich lostretenden reißenden Absatz vermuten. Man kann aber diese Misere nicht ausschließlich ökonomistisch erklären, aus der Basis der wirtschaftlichen Verhältnisse heraus.

Den Klassenfeinden, den Bossen und Aktionären der Banken und Fabriken, ist ein entscheidender Einbruch, ja ein entscheidender Sieg auf dem Gebiet des Überbaus3, auf dem Gebiet der Theorie gelungen. Friedrich Engels hat im Sommer 1850 in London in seinem Werk ‘Der Deutsche Bauernkrieg‘ geschrieben das ein Vorteil des deutschen Proletariats darin bestehe, dass es dem theoretischsten Volk Europas angehört und dass es sich den theoretischen Sinn bewahrt habe, der den sogenannten “Gebildeten“ so gänzlich abhandengekommen ist.4 Das war bereits in der Phase geschrieben, in der die deutsche Bourgeoisie sich noch bemühte, eine historisch progressive Rolle zu übernehmen, war auch diese durch den Schreck der französischen Juni-Insurrektion in Paris 1848 schon sehr zusammengeschrumpft. Und in der Tat. Ab dem Wendepunkt um 1900 vom klassischen Konkurrenzkapitalismus zum vom Finanzkapital dominierten monopolistischen Imperialismus hat die Bourgeoisie gigantische Heere von Industriesoldaten und zugleich gigantische Heere von Feldsoldaten für zwei Weltkriege produziert.  

Nach Ende des zweiten Weltkrieges ereignete sich in Westdeutschland etwas Ungeheuerliches: Die Mehrheit der deutschen “Gebildeten“ kuschelten ab 1945 mit dem anglo-amerikanischen Kriegsgewinnlerpack unter einer Decke. Beide wussten, worauf es ankam: Nachdem der Hitlerismus den klassischen theoretischen Sinn des deutschen Volkes schon an den Rand des Todes gebracht hat, ja ihn förmlich pervertierte, die noch röchelnde Gefahr der Dialektik, die besonders in den KZs überlebt hatte, endgültig den Todesstoß zu versetzen. Die deutsche Kultur wurde in der BRD regelrecht amerikanisiert, so dass von einem kulturellen US-Imperialismus gesprochen werden musste und heute noch muss. Dieser hat heute den Sieg davongetragen und lähmt und quält das intellektuelle Leben in ganz Deutschland.

Dass die „katholische Konterrevolution“ aus Angst vor Sowjetrussland, ein Lieblingsausdruck von Adenauer, dem Haupt der volksfeindlichen Verschwörung, und aus Angst vor inneren Unruhen die Jugend mit Primitivmusik angloamerikanischer Provenienz Herkunft bewusst verblödete, versteht sich von selbst. Aber auch der Pseudogenosse und Volksfeind Willy Brandt führte einen Wahlkampf nach dem Muster Kennedys. Die dekadente Musik hatte den Drogenkonsum im Gefolge, sexuelle Ausschweifung und Pornografie. Viele Genossinnen und Genossen wollen den Zusammenhang von Musik, Drogen und Ausschweifung nicht begreifen und geben sich schon vor Erreichung des Kommunismus dem Dionysischen hin. ‘Let‘s live for today‘ (Lass uns für heute leben)! Sie dürfen sich nicht Leninistinnen und Leninisten nennen, denn sie spucken Lenin direkt ins Gesicht. ‘Let’s live for today‘ war 1968 das Leitmotiv der reaktionären Hippies, der romantischen Blumenkinder auf dem High Ashbury in San Franzisco. Ich erinnere mich noch an Angela Davis, die auf einem Campus einer US-amerikanischen Universität eine Rede hielt und den nebenan feiernden Studentinnen und Studenten zurief: `Was gibt es da zu feiern, wenn in Vietnam unsere Brüder fallen?‘ Was gibt es heute zu feiern, wenn die Imperialisten aller Länder gegen die arbeitende Menschheit mit Hochdruck einen Weltkrieg vorbereiten?

Wir wissen, wie brüsk Robespierre und Lenin Pornografie, musikalische und sexuelle Ausschweifungen zurückwiesen. Solche Zügelosigkeit ist vielleicht die raffinierteste Variante psychologischer Kriegführung, der Wehrkraftzersetzung der Jugend. Die US-Imperialisten müssen aus ihrer bornierten Weltsicht heraus in Jugendlichen anderer Nationen ein Feindpotential erblicken. LSD zur lebensgefährlichen Bewusstseinserweiterung statt Marx-Engels-Werke als Schnee von gestern, so lebt es sich leichter. So wurden durchaus erhebliche Teile einer Generation nach der anderen unter der Fahne von Sex, Drugs and Rock ’n‘ Roll zur höheren wissenschaftlichen Weiterbildung untauglich gemacht. So mancher Kandidat für einen Nobelpreis verendete und verendet in einer psychiatrischen Horroranstalt. Zunichte alle Arbeit und Anstrengungen der Pädagogen. In der Bundesrepublik gibt es knapp unter 7 Millionen Analphabeten. Da liegt das wissenschaftliche Kapital brach, das wir zur Lösung der imperialistischen Weltkrisen so dringend benötigen. Hier Abhilfe zu schaffen, da lässt man die Zügel schleifen. Wir müssen die bürgerlichen Bildungsindustriellen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf die Anklagebank bringen. Es liegt ein bewusstes und gewolltes Dummhalten des Volkes vor.

Die heute üblichen Quizz-Sendungen im Fernsehen sind das Allerübelste. Sie verblöden unter dem Baldachin einer Horizont-Erweiterung. Zusammenhänge werden auseinandergerissen, und kein Quizmaster kümmert sich um den inneren Zusammenhang von Weltprozessen. Alles wird zerhackt, verdreht, durcheinanderwirbelt, von jedem Wissensgebiet einen kleinen Happen, wie der Würfel fällt, wie der Zufallsgenerator tickt, immer fix, starr, wortwörtlich greifbar, die Wahrheit erscheint als eine ausgeprägte Münze. Die Wahrheit kann aber nur als Prozess ihrer Findung, ihrer unablässigen Findung zu ihr selbst erfasst werden. Niemals ist in der Wissenschaft die Wahrheit eine sich instantan einstellende, eine sofort einstreichbare oder gleich vorgefundene. Ohne Forschung kommt Wissenschaft nicht aus und bleibt ergebnislos. Es dauert, mitunter durch Zickzackbewegungen, ehe Begriff und Gegenstand in eine relativ gültige Übereinstimmung kommen.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel, 27. August 1770 – 14. November 1831

Der Fehler Hegels und der Tod seines philosophischen Systems lagen darin, dass er von einer absoluten Identität ausging, also vom Ende der Weltgeschichte und der Weltweisheit, deren Krönung eben sein System sei. Dass diese Identität für ihn schon von Anfang an teleologisch vorgegeben war, degradiert letztendlich seine genial-dialektische Wahrheitsfindungsprozedur, die Geburt der idealistischen Dialektik, über Umschlag von Quantität in Qualität, Einheit und Kampf der Gegensätze und Negation der Negation, salopp formuliert, zu einer Art Show. Aber bei Hegel ging es immer um die wissenschaftliche Wahrheit, bei den Quizshows im profitorientierten Fernsehen kann es immer nur um folgendes gehen: Lüge, Lüge, Lüge und mit ihr um Volksverdummung. Dass diese angesichts der sich auftürmenden Weltkrisen hochgefährlich ist, leuchtet ein: Mit mechanisch akkumulierten Quizwissen bekommt man nicht mal einen Krisenzipfel in den Griff.

“Ohne Vorausgang der deutschen Philosophie“, schreibt Engels weiter, “namentlich Hegels, wäre der deutsche wissenschaftliche Sozialismus – der einzige wissenschaftliche Sozialismus, der je existiert hat – nie zustande gekommen“.5 Darum geht es an der ideologischen Front. Keine Arbeiterin, kein Arbeiter soll Hegel und die Klassiker studieren, der Kahlschlag der US-Kulturbarbaren hat ganze Arbeit geleistet, die Intellektuellen in Deutschland, die noch Traditionsbewusstsein haben, und es sind wenige, studieren die bürgerliche und proletarische Klassik, wälzen dicke Bücher hin und her, vertiefen sich in die ach so schwierigen Passagen,  zermartern sich die Köpfe bis in die Morgenstunde, während die oberflächlichen US-BRD-Barbaren, man denke nur an Axel Cäsar Springer,  auf ihre Art helle sind, sie sichern sich das Monopol über die Massenmedien und reiten  ein ganzes Volk in die finsteren Zeiten der Voraufklärung. Der Irrationalismus feiert in den Massenmedien wahre Jubelorgien. Tiefer und tiefer dringt der Stachel des Irrationalismus in das Gehirn des Volkes ein. “Ohne theoretischen Sinn unter den Arbeitern wäre dieser wissenschaftliche Sozialismus nie so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, wie dies der Fall ist“.6 Das schreibt Engels 1850, heute, in Zeiten des Imperialismus, muss es heißen: wie dies der Fall war. Er schrieb 1850 auch von der verheerenden Gleichgültigkeit der englischen Arbeiterbewegung gegen alle Theorie, und wie nachteilig das für sie ist. Auch durch Montgomerys Kulturbarbaren wurde das deutsche Volk in die kulturelle Wüste geschickt. Wer einmal englische Industriestädte besucht hat und in den Arbeitervierten mit Arbeiterinnen und Arbeitern ins Gespräch kam, der musste schockiert sein über ihre Ungebildetheit, über den schmutzigen Slang, die Verhunzung der Sprache. Man spürte die enge Affinität des Royalismus zu einer vulgären Elementarbildung, nachdem die industrielle Revolution die Affinität des Royalismus zum mittelalterlichen Analphabetismus teilweise abbrechen musste. Noch heute hat Großbritannien mehr Analphabeten unter den jungen Menschen als jedes andere Land Europas.7

Revisionisten aller Couleur bestimmen heute die Linien der sich links nennenden Parteien und Organisationen. Bleiben wir bei den klassischen Fundamenten. Auf den Werken von Marx, Engels, Lenin und Stalin muss das theoretische Fundament der bäuerlich-proletarischen Revolution gelegt werden.  Nur durch das Studium des Marxismus-Leninismus, das als Anleitung zum bewussten politisch-revolutionären Handeln zu betreiben ist, brechen heute ein paar Sonnenstrahlen in die kulturelle Nacht, die über Deutschland nach 1945, nach 1991 hereingebrochen ist. Die DDR wird heute aus allen politischen Himmelsrichtungen kritisiert, unbestritten ist, dass die Werke von Marx, Engels und Lenin zu erschwinglichen Preisen öffentlich vorlagen, unbestritten ist aber auch, dass die Werke Stalins auf dem Gebiet der Theorie fehlten. Da liegt der Hase im Pfeffer, die Nazis verbrannten Bücher öffentlich, in der DDR geschah das dezenter. Vertreiben wir die Wolken der imperialistischen Irrtümer, holen wir die Bonzen bürgerlichen Ideologie hinter ihren Kathedern hervor, reißen wir den Himmel der Wahrheit des Marxismus-Leninismus auf, damit Licht, Aufklärung und Sonne in unser aller Leben eindringen, damit nicht länger die Produzentinnen und Produzenten, die Landfrauen, die den Kindern des Volkes Milch geben, unter einer Bewegung leiden, “die uns unter den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen allerdings nur als eine fremde Macht erscheinen kann, obwohl sie schließlich nur unsere eigne Bewegung ist“.8 Das der arbeitenden Menschheit durch parasitäre Ausbeutung Fremde durch gewaltsame Aufhebung der Parasiten zu ihrem Eigenen zu transformieren, das ist der Grundzug, zugleich tiefere Sinn der sozialistischen Umgestaltung. Das ist der springende Punkt!

 

  1. Das Kapital – Kritik der politischen Ökonomie, ist eines der Hauptwerke von Karl Marx und eine Analyse und Kritik der kapitalistischen Gesellschaft.
  2. Martin Hornung in Junge Welt vom 01.09.2022: »Potsdam bereitet Berufsverbote vor, Brandenburg: Landesregierung beschließt Gesetzentwurf für »Verfassungstreuecheck«.
  3. Als Überbau bezeichnet Marx …. Bitte verständlich erklären Werner, danke
  4. Friedrich Engels, »Der deutsche Bauernkrieg«, Dietz Verlag Berlin, 1951, Seite 26.
  5. a.O. Seite 26f.
  6. a.O. Seite 27.
  7. Alexander Menden, in SZ vom 21.08.2016: »Großbritannien Abschreckendes Beispiel«.
  8. Friedrich Engels, »Der deutsche Bauernkrieg«, Dietz Verlag Berlin, 1951, Seite 180f.

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Dieser Artikel fußt auf einer Vorlage von Heinz Ahlreip. Eine Weiterveröffentlichung des Textes ist gemäß einer Creative Commons 4.0 International Lizenz ausdrücklich erwünscht. (Unter gleichen Bedingungen: unkommerziell, Nennung der verlinkten Quelle (»Der Weg zur Partei«) mit Erscheinungsdatum).
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