Ina Möller

Eine »Ikone zum anfassen« für Bartolomeo Vanzetti
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Ina Möller

Schon im Mai dieses Jahres wurde Barttolomeo Vanzetti mit einer «Ikone zum Anfassen« geehrt. So nennt der Grafiker mit dem Künstlernamen „Zersetzer“ sein Werk. Das Werk reiht sich ein, in über 50 «Ikonen zum Anfassen« die der Künstler bekannten Rebellen gewidmet hat.

 

Aber ich bin überzeugt, dass ich im Recht bin, und wenn Sie mich zweimal hinrichten könnten, und wenn ich zwei weitere Male geboren werden könnte, dann würde ich wieder das tun, was ich getan habe.*

Originaltext von der Seite des Künstlers: „Der Setzer Andrea Salsedo sprang am 3. Mai 1920 aus dem 14. Stock des Polizeireviers von New York, nachdem er zuvor stundenlang verhört und gefoltert worden war. Salsedo war italienischer Einwanderer und Anarchist und bei umfangreichen Razzien seitens der US-Regierung in einer Druckerei in Brooklyn festgenommen worden. Dieser Fall war Ausdruck des politischen Klimas [Red Scare] zu jener Zeit, als auch der Fischverkäufer und Anarchist Bartolomeo Vanzetti am 5. Mai 1920 verhaftet wurde.

Die Angst vor einer Revolte im wirtschaftlich in der Depression befindlichen Amerika mit hoher Arbeitslosigkeit wurde geschürt und seitens herrschender Kreise genutzt, um gegen politisch organisierte Arbeiter*innen und Einwander*innen Stimmung zu machen.


Vanzetti war 1908, genau wie sein ebenfalls verhafteter Genosse Nicola Sacco, in die USA ausgewandert, um dort nach Arbeit zu suchen. Beide stammten aus ärmlichen Verhältnissen in Italien.

1917 lernten sie sich auf der Flucht nach Mexiko kennen. Beide versuchten zusammen mit weiteren Anarchisten der Zwangsverpflichtung zum Wehrdienst zur Teilnahme am I. Weltkrieg in den USA zu entgehen.

Nach wenigen Monaten kehrten sie jedoch unter Verwendung falscher Namen in die USA zurück. In der aufgeheizten Stimmung gegen radikale Linke, gegen organisierte Arbeiter*innen und gegen Eingewanderte, wurde beiden ein doppelter Raubmord vorgeworfen.

Im anschließenden Prozess wurden sie 1921 zum Tode durch den elektrischen Stuhl verurteilt. Es gab weder Beweise, noch stichhaltige Indizien, dafür aber einen rassistischen, konservativen Staatsanwalt, einen ebensolchen Richter und eine entsprechend sozial-politische Zusammensetzung der Geschworenen.

Als eingewanderte Italiener – zudem Anarchisten – hatten sie keine Chance gegen die herrschende Klassenjustiz. Mehrere juristische Versuche, das Verfahren neu auf zu rollen oder aber die Todesstrafe fallen zu lassen, scheiterten. Ein ins Leben gerufenes Verteidigungskomitee machte den Fall ab 1920 international bekannt.

Die Internationale Rote Hilfe startete faktisch eine den Globus umspannende Soli­daritätskampagne für Sacco und Vanzetti. Als am 9. April 1927 das Todesurteil endgültig verkündet wurde, kam es weltweit zu Massendemonstrationen für das Leben der beiden Anarchisten.
Trotz internationaler Proteste, zahlreicher Petitionen und Gnadengesuche bis weit in das bürgerliche Lager hinein, wurden beide am 23. August 1927 auf dem elektrischen Stuhl in Charlestown/Massachusetts hingerichtet.

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