Fiete Jensen

Karlsruhe: Über 4.000 protestierten gegen Neonazis

zum Naziaufmarsch in Karsruhe-Durlach am 3. Juni
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Fiete Jensen

Statt der angekündigten tausend Neonazis kamen nur 250, höchstens 300 am 3. Juni nach Karlsruhe. Dagegen folgten über 4000 Nazi-GegnerInnen dem Aufruf des breiten Aktionsbündnisses und protestierten gegen den Aufmarsch der Rechten. Einziger Wermutstropfen: Über 100 DemonstrantInnen wurden von der Polizei durch Pfefferspray, Schlagstockeinsatz oder Tritte  verletzt – und die Presse wurde immer wieder behindert. Ganz nach dem Motto eines Polizisten in Aktion gegenüber einem Mitarbeiter der Beobachter News: „Pressefreiheit ist mir scheißegal“. Für den 2. Juni 2018 kündigte die Neonazi-Szene trotz des Flops erneut einen „Tag der deutschen Zukunft“ in Goslar an.

Diesen Beitrag habe ich inhaltlich „Arbeit Zukunft online“ vom 3. Juni, entnommen und danke für die hervorragende Berichterstattung.

„Für den 3. Juni hatte die Partei „Die Rechte“ in Karlsruhe eine Demonstration unter dem Motto „Tag der deutschen Zukunft“ angemeldet und verkündet, dass sie rund 900 Teilnehmer erwarte.
Die Stadt Karlsruhe verzichtete auf ein Verbot, obwohl Vertreter dieser Partei die Morde in Auschwitz und Buchenwald offen verherrlichen und feiern. Viele Vertreter dieser Partei und ihres Umfeldes sind wegen Gewalt gegen Ausländer, Linke u. a. vorbestraft.

Der Protest gegen diese Herrschaften, der frühzeitig organisiert und in Bündnissen gestärkt wurde, stieg von Tag zu Tag. Auch wir waren an den Vorbereitungen beteiligt.

Karlsruhe-Durlach: Nazis kommen unter Pfiffen am Bahnhof an

Die Polizei und die Stadt Karlsruhe warnten die Bevölkerung vor den „gewalttätigen Linken“ und sorgten so dafür, dass am Pfingstsamstag, dem 3.6.17, zahlreiche Geschäfte in der Innenstadt von Durlach geschlossen waren. Es war schwierig an Essen und – bei der brütenden Hitze – an Getränke zu kommen. Erfreulicherweise hatten einige Gastwirtschaften und ein Geschäft dem Druck widerstanden. An einer Gastwirtschaft hing ein großes Transparent „Kein Bier für Nazis!“, während Antifaschist/innen gern bedient wurden. Fast überall hingen Transparente und Plakate gegen die Nazis.
Der 3.6. war dann der Tag der Bilanz:

  • Der Staatsapparat ließ rund 3.000 Polizisten auffahren. Große Teile der Innenstadt von Durlach waren komplett abgeriegelt. Reiter blockierten die Straßen. Polizisten kontrollierten. Nur Anwohner mit Ausweis durften passieren. Man tat alles, damit die Nazis ungestört demonstrieren konnten und sie nichts vom Protest zu sehen und zu hören bekamen. Doch das klappte nicht perfekt. Am Bahnhof wurden die Nazis, die vom Polizei eskortiert wurden, von einem Pfeif- und Brüllkonzert empfangen. Und als sie am Hengstplatz ihre Kundgebung abhalten wollen, übertönt laute Rockmusik aus einer Wohnung ihre dumpfen Parolen. Auch hier greift die Polizei ein – zugunsten der Nazis, dringt in die Wohnung ein und beendet die Musik.
    Bei Blockadeaktionen werden rund 100 Demonstranten von der Polizei verletzt, die mit ihren schwarz gekleideten und vermummten „Marsmenschen“ hart dagegen vorgeht.
  • Entgegen ihrer Ankündigung kamen nur ca. 250 zu der Neonazi-Demo. Eine erfreuliche Niederlage dieser Kräfte, die nur dank Polizeischutz agieren können.
  • Bei der Gegendemonstration sind über 4.000 Menschen gekommen, die in vielfältiger Weise Flagge gegen die Nazis zeigen. Es wird jedoch deutlich, dass die Aktion gespalten ist. Auf der einen Seite die offizielle Kundgebung, wo der Oberbürgermeister und Vertreter alle Parteien einschließlich der CDU die Menschen mit ihren Wahlkampfreden langweilen. Als ein Vertreter der Gewerkschaftsjugend betont, dass sie alle Formen des Widerstandes auch den militanten begrüßen, geht es auf dem Podium hektisch zu. Seine Rede wird beendet und ein Vertreter des offiziellen Bündnisses distanziert sich von ihm.
    Fast die gesamte Durlacher Innenstadt – bis auf die von der Polizei für die Nazis besetzten Zonen – ist in der Hand der Antifaschisten. Von überall strömen Menschen aus der Bevölkerung herbei. Hier stehen Menschen für eine Welt ohne Hass, Nationalismus und Krieg.

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Arbeit Zukunft veröffentlichte zuvor ein Flugblatt, das auch auf der Demo verteilt wurde:

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Kolleginnen und Kollegen! Stellen wir uns am 3. Juni den Nazis in den Weg, verhindern wir ihre Hetze!

Für den 3. Juni 2017 rufen die Naziszene und die Nazipartei „Die Rechte“ bundesweit zur „Großdemo“ nach Karlsruhe-Durlach. Dreist rufen sie einen „Tag der deutschen Zukunft“ aus! Bis zu 1000 Nazis sollen Karlsruhe und Durlach terrorisieren.
Tag der deutschen Zukunft! – Was für eine Zukunft meinen die? Alle, die die Augen offen halten, wissen es: Hass gegen Geflüchtete und Zugewanderte, Anschläge auf ihre Unterkünfte und Häuser, in Kauf genommen Tote, brutale Angriffe auf Antifaschist/innen, solidarische Menschen, engagierte Christ/innen, aber auch auf Verarmte und Obdachlose. Etwa 300 oft ungeklärte Nazimorde seit 1990 – das ist ihre Blutspur. So wollen sie Deutschland wieder „groß“ machen. Wir sagen: Ein Großdeutschland hat gereicht!
Ihre Parolen ähneln denen der alten Nazis: Zugewanderte und Migranten raus! Kritische Journalist/innen und die demokratische Öffentlichkeit werden zum Schweigen gebracht, auch mit Gewalt! Gewerkschaften, die internationale Solidarität üben, gelten als Landesverräter! Zügellose rassistisch-faschistische Hetze in Medien und Internet, ungestrafte Mordaufrufe, bewusst provozierte Gewalt, eine Justiz, die diese Hetzern immer wieder Freiraum gewährt bzw. die Straßen für sie freiprügeln lässt. Ist das ihre „Zukunft für Deutschland“?
Mitbürgerinnen, Mitbürger, wollen wir, wollen Sie das?

Nationalismus zerstört unsere Klassensolidarität, und das betrifft alle: arbeitende, werktätige, lohnabhängige, verarmte und arbeitslose Menschen, Rentner, Schüler, Studenten.
Es ist bekannt: Die Regierungen aus CDU, SPD, FDP oder Grünen sowie die Chefs der Banken und des Kapitals rauben uns seit Jahrzehnten ein soziales oder politisches Recht nach dem anderen. Hartz IV und all das! Sie machen uns arm! Armut betrifft im Deutschland der Reichen offiziell schon ca. 13 Mio. Menschen! Trotzdem versuchen die Nazis gezielt, uns von genau diesen Verantwortlichen abzulenken und uns statt dessen „gegen Ausländer“ oder „gegen Flüchtlinge“ zu hetzen. Sie jammern von angeblicher „Überfremdung“, vergießen Krokodilstränen gegen angebliche „Masseneinwanderung“. „Ausländer“ nähmen uns die Arbeitsplätze weg, nicht die Konzernbosse, welche zehntausende feuern! „Ausländer“ werden wahllos als „Sozialschmarotzer“ diffamiert, obwohl viele von Ihnen Milliarden in Steuer- und Sozialkassen einzahlen. „Flüchtlinge“ würden laut diesen Nazis „unser Geld verprassen“, nicht die mit Milliarden Steuergeldern gefütterten Banken, nicht die Reichen, die kaum Erbschafts- und keine Vermögenssteuer zahlen, nicht die Bundeswehr mit immer lebensgefährlicheren, Milliarden-teuren Auslandseinsätzen und Aufrüstungsrunden, die bekanntlich noch um skandalöse 70% wachsen sollen. Haben die Nazis eigentlich etwas gegen diese Merkel-Kriege, gegen Kriegshetze, gegen von der Leyens Rüstungsprogramme? Nein, sie haben sich selbst längst in der Armee eingenistet, wie zahllose Skandale der letzten Wochen beweisen. Da sind sie voll dabei!

Nation wichtiger als unsere Klassensolidarität?
Nein und nochmals Nein! Gut, dass Gewerkschaften und zahllose Gewerkschafter/innen in Durlach mit antreten gegen die Nazibanden! Verhindern wir, auch im Betrieb, solidarisch die Nazihetze gegen zugewanderte Kolleg/innen! Seit Jahren leben, arbeiten, kämpfen wir hier gemeinsam, kamen aus zig Ländern, wurden Arbeiter und Angestellte der kapitalistischen Unternehmen. Wann immer wir uns einig waren, konnten wir viel erkämpfen: 35 Stunden Woche, viele Lohnerhöhungen! Ungezählte Arbeitsplätze haben wir verteidigt. Vereint schlugen wir die Angriffe von Kapital und Regierung auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zurück, die vor 51 Jahren mit den größten Streiks der deutschen Geschichte erkämpft wurde.
Unsere Herkunft, Nationalität, unterschiedliche Kultur und Religion, unsere bunten Traditionen, unterschiedliche politische Überzeugungen haben wir für unsere Solidarität und Einheit gegenseitig respektiert, oft auch bewusst zurückgestellt. Wir lernten, in Betrieben, Büros und Kantinen; in Stadtteilen und Sportvereinen, uns über alle Schwierigkeiten hinweg die Hände zu reichen! Das ist unsere Stärke, unsere Macht in dieser kapitalistischen Gesellschaft! Das Recht, uns in Gewerkschaften zu organisieren, ist uns heilig! Nur solidarisch, selbstbewusst, kämpferisch bilden wir diese internationale Arbeiterklasse, die all den Mehrwert schafft, aus dem die Eigentümer des Kapitals, der Fabriken und Unternehmen ihre Profite absahnen. Aber alle Räder stehen still, wenn wir das wollen – und das löst bei „Ihnen“ immer noch Panik aus!
Deshalb. Schluss mit der Hetze gegen Zugewanderte, also gegen Kolleg/innen! „Illegale rigoros abschieben?“ – wie die Nazis im Verein mit der Merkel-Regierung (ja wirklich!) schreien? Wir fragen: Die ärmsten Schlucker sollen unsere Feinde sein, nicht die steinreichen Typen, die uns ausbeuten? Neben mir stehen meine Schwester, mein Bruder, egal woher – die fetten Bonzen steh’n auf der anderen Seite. Lassen wir uns nie von der rechten Brut bequatschen, dass deutsche Arbeiter auf deutsches Kapital und deutsche Kapitalisten setzen sollten, und dafür unsere zugewanderten Kolleg/innen verraten. Dabei können wir nur verlieren.

Schluss auch mit der deutschen imperialistischen Politik !
Wer hat eigentlich die Heimat all der Geflüchteten in Krieg, Chaos und Verwüstung gestürzt? Das waren die USA, die NATO. Deutschland war immer mit dabei! Wer verelendet ganze Länder mit den berüchtigten Freihandelsabkommen? Immer dieselben Mächte, zu denen auch Deutschland zählt! Aber wir sollen uns gegen Bruder und Schwester stellen? Spaltung, Hetze, widerwärtiges Treten nach unten macht uns nur schwach. Erst trifft es die anderen – dann bist Du an der Reihe! Deshalb keinen Fußbreit den Nazis und Faschisten!

Schluss mit der menschenfeindlichen Politik der deutschen Regierungen!
Willkommenskultur war gestern! Heute setzt es harte Forderungen gegen die „Neuen“ und Abschiebung gegen Unerwünschte! Wir begrüßen, wenn es im Ortschaftsrat Durlach und in Karlsruhe Aufrufe gegen die Nazidemo gibt, die von Freiheit, Toleranz, Solidarität und Menschenrechten und ihrer Verteidigung schwärmen – aber gerade die Unterzeichner/innen fragen wir auch: Wie könnt Ihr Euren Aufruf ernst meinen, wenn Eure Parteien, wo sie regieren, abschieben, ständige Verschärfungen gegen Geflüchtete und Migranten durchziehen. Wenige Meter von Durlach entfernt liegt die Erstaufnahmestelle (LEA) für Migranten, über die die Nazis Lügen verbreiten: „Karlsruhe bildet mit seiner LEA einen zentralen Punkt in Baden-Württemberg, wo die Überfremdung besonders gefördert wird“. Nein, hinter den Mauern der LEA werden Geflüchtete und Migranten mit Wissen Eurer Parteien schikaniert! Einschüchterung pur! Ganze Familien werden von da wie aus anderen Städten bei Nacht- und Nebel zurückgeschoben in den unmenschlichen Krieg nach Afghanistan, in das Roma-Elend der Balkanstaaten, in alle möglichen Staaten, die wider besseres Wissen für sicher erklärt werden. Genau so wollen das die Nazis! Protestiert selbst öffentlich gegen diese menschenfeindlichen und spalterischen Praktiken des Staates!

Wir fordern und rufen auf, das zu unterstützen:
Nur ein soziales, antikapitalistisches Programm der Arbeiter/innen und Angestellten, der Verarmten und Entrechteten kann den Nazi-Demagogen die Stirn bieten!
* Schluss mit der Kriegspolitik, mit Aufrüstung und ökonomischer Verwüstung der abhängigen Länder!
* Weg mit TTIP!
* Waffenexporte verbieten, Bundeswehr nach Hause, raus aus EU und NATO!
* Hände weg von allen Kriegs- und Krisenherden!
* Hohe Besteuerung der Profite und Spekulationsgewinne, hohe Erbschafts- und Vermögenssteuer für Reiche, Steuersenkung für Arbeiter/innen, Angestellte!
* Öffentliche Bauprogramme für mindestens 800.000 erschwingliche Sozialwohnungen für alle Bedürftigen, gemeinsam für Obdachlose, Erwerbslose wie für Flüchtlinge und Zugewanderte!
* Weg mit Hartz IV, auskömmliche Jobs für alle, egal ob Deutsche oder Zugewanderte!
* Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstunden auf Kosten des Kapitals und der Reichen, damit alle eine Chance auf Arbeit haben!
* Mindestlohn für alle verteidigen und auf mindestens 10 Euro erhöhen!
Dafür steht Arbeit Zukunft: Frieden, Arbeit, Wohnung, Auskommen und gleiche Rechte für alle! Wir bekämpfen das Kapital, nicht seine Opfer! Für den Sozialismus, für eine sozialistische Gesellschaft solidarisch arbeitender Menschen!“

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