Nico Diener

Verboten – verbrannt – vergessen?

Lesemarathon zum Gedenken an die Bücherverbrennungen
vor 86 Jahren in Hamburg-Eimsbüttel
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Nico Diener

Heute, am 8. Mai, jährt sich nicht nur der Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, sondern auch der Tag der Bücherverbrennungen durch die Nationalsozialisten. Schon drei Monate nach der Machtübernahme begannen die Nazis mit Einschüchterungen und Terror. Und bereits im März 1933 kam es in vielen deutschen Städten zu ersten Bücherverbrennungen.

Aufruf der Studentenschaft der Universität Würzburg, die privaten Bibliotheken von „undeutschem Schrifttum“ zu reinigen. (Flugblatt vom April 1933), Quelle: Bundesarchiv

In dieser Phase wurden sie hauptsächlich als Mittel der Einschüchterung gegen die politischen Gegner verwendet. So kam es dann auch nach Plünderungen, Durchsuchungen und Verhaftungen an einigen Orten zu spontanen Bücherverbrennungen.

Rund um den 10, Mai 1933 kam es zum Höhepunkt der Bücherverbrennungen. In einer reichsweiten Aktion Namens „Aktion wider den undeutschen Geist“ der sog. „Deutschen Studentenschaft“, wurden sogenannte schwarze Listen erstellt und Zehntausende Bücher in über 20 Städten auf Scheiterhaufen verbrannt. Die Listen waren in folgende Sachgebiete unterteilt:
• Schöne Literatur (zunächst 71, dann 127 Schriftsteller und 4 Anthologien)
• Geschichte (51 Autoren und 4 Anthologien)
• Kunst (8 Werke und 5 Monographien)
• Politik und Staatswissenschaften (121 Namen und 5 Werke ohne Verfasser)
• Literaturgeschichte (9 Verfassernamen)
• Religion, Philosophie, Pädagogik

Mit dabei waren Werke von Franz Mehring, Stefan Zweig,  Lion Feuchtwanger, Egon Erwin Kisch, Joachim Ringelnatz, Anna Seghers, Upton Sincair, Erst Toller, Henri Barbusse, Johannes R. Becher, Ernest Hemingway, Ludwig Renn,  F. C. Weiskopf, Stefan Zweig, Jossif W. Stalin,  Otto Dix, Henri Barbusse, Ferdinand Lassalle, Bertha von Suttner, Walther Rathenau, Max Hoelz, Karl Marx, Bertold Brecht, Heinrich Mann, B. Traven, Ernst Glaeser, Franz Mehring, Erich Kaestner, Friedrich Engels, Friedrich Wilhelm Foerster, George Grosz, Sigmund Freud, Rosa Luxemburg, Emil Ludwig, Lenin, Werner Hegemann, Arnold Zeiwg, Theodor Wolff, Jack London, Georg Bernhard, Rudolf Braune, Erich Maria Remarque, Heinrich Mann, Alfred Kerr, Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky und Egon Erwin Kisch.

Die AmericanRebel-Leserin Nicola Hofediener liest einen Text über die kommunistische Widerstandskämpferin Paula Mielke.

Würdiges Gedenken

An diesen tiefbraunen Teil der deutschen Geschichte erinnerte heute in Hamburg-Eimsbüttel der „Arbeitskreis „Bücherverbrennung – nie wieder!“ mit einem Lesemarathon von 11 bis 18 Uhr. Der Arbeitskreis, unterstützt von zahlreichen Hamburger Organisationen rief die Hamburger Bürger/innen auf „Kommt und lest!“ Bei relativ schönen Wetter traten dann auch viel Menschen an und lasen ohne Pausen Texte aus den sog. „Verbrannten Büchern“. Darunter Esther Bejarano, eine überlebende der Konzentrationslager Auschwitz und Ravensbrück, die auch die Veranstaltung eröffnete und die bekannte Gerichtsreporterin Peggy Parnas. Mit dabei waren auch Schülerinnen und Schüler aus Hamburger Schulen, ja sogar ganze Schulklassen. Rund 800 Besucher/innen hörten im Laufe des Tages den Rezitatoren/-innen zu und machten ihnen Mut. AmericanRebel war dabei und machte die Fotos für diesen Artikel. Wir freuten uns besonders das unsere Leserin Nicola Hofediener die Veranstaltung mit einem Beitrag unterstützte. Sie las einen Text über die kommunistische Widerstandskämpferin Paula Mielke, die wegen Hochverrat von der Nazijustiz zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde.

Der Ort des Lesemarathons war gut gewählt. Es war genau der Ort wo am 15. Mai 1933 NS-Studentenorganisationen und Burschenschaftler Bücher verbrannten, der heutige »Platz der Bücherverbrennungen« am Isebek-Kanal in Hamburg-Eimsbüttel.

Carl von Ossietzky

Sigmund Freund

Rosa Luxemb.g

Stefan Zweig

Bertha v. Suttner

Karl Marx.

George Grosz

Anna Seghers

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