Fiete Jensen

Über die Arbeit der Roten Hilfe e.V.

Erneut über 39-Tausend Euro ausgezahlt

Autor Fiete Jensen

Fiete Jensen

„„Der Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. teilte mit das er auf seiner letzten Sitzung im April 2018 über 65 Anträge auf Unterstützung, durch die Übernahme von Kosten wegen politischer Verfolgung, entschieden hat.

Die Rote Hilfe wurde 1924 gegründet, wurde in der Zeit der faschistischen Diktatur verboten und verfolgt. Sie wurde 1975 wiedergegründet. Sie ist eine Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum unterstützt. Sie konzentriert sich auf politisch Verfolgte aus der BRD, bezieht aber auch nach Kräften Verfolgte aus anderen Ländern ein. Die Unterstützung gilt allen, die als Linke wegen ihres politischen Handelns, z.B. wegen presserechtlicher Verantwortlichkeit für staatsverunglimpfende Schriften, wegen Teilnahme an spontanen Streiks oder wegen Widerstand gegen polizeiliche Übergriffe ihren Arbeitsplatz verlieren, vor Gericht gestellt und verurteilt werden. Ebenso denen, die in einem anderen Staat verfolgt werden und denen hier politisches Asyl verweigert wird.

„In 44 Fällen wurde die Übernahme nach dem Regelsatz von 50 Prozent der anfallenden Kosten be­schlossen und in sieben Fällen mussten wir leider die beantragten Rechtsanwalts­kosten auf den Pflichtverteidigersatz kür­zen. In fünf Fällen bestätigte der Bundes­vorstand die Übernahme der gesamten Kosten, in einem weiteren Fall wurden Anträge auf Restkosten positiv beschlos­sen. Bei zwei Anträgen auf Unterstützung warten wir auf fehlende Unterlagen der Genoss*innen und drei Fälle mussten zu­rückgestellt werden, da die Dokumenta­tion der Anträge nicht ausreichte. Eben­ falls in drei Fällen mussten wir leider eine Unterstützung ablehnen.“ Berichte der Bundesvorstand unter der Rubrick „In eigener Sache“ in der Zeitung »DIE ROTE HILFE 3/18«.

Anschließend einige Beispiele wie die Gelder der über 8000 Mitglieder verwendet werden.

Für die Partei!
Ein Genosse verteilte auf dem Uni­versitätsplatz Flyer und warb Unterschrif­ten für die Wahlzulassung einer Partei. Dies missfiel einem rechtsgerichteten Hausmeister, der den Genossen auffor­derte, dies zu unterlassen. Als dieser der Aufforderung nicht nach kam, rief der Hausmeister die Polizei und erstattete gemeinsam mit dem Dekan Anzeige we­gen vermeintlichen Hausfriedensbruchs. Das daraus resultierende Ermittlungs­verfahren wurde nach Intervention eines Rechtsanwalts eingestellt. Die Rote Hilfe e.V. unterstützt den Genossen mit der Übernahme der Hälfte der Anwaltsrech­nung von 560,49 Euro.

Untenlassen!
Die antragstellende Genossin ket­tete sich mit zwei weiteren Aktivistinnen am Förderband 7 des Tagebaus Nochten (Sachsen) fest. Zusätzlich befestigten sie in 60 Metern Höhe ein Transparent mit der Aufschrift „Wann begreift ihr, dass man Kohle nicht essen kann?“. Die Po­lizei und Vattenfalls Betriebsfeuerwehr rückten an, schnitten die Genossinnen los und nahmen sie in Gewahrsam. Aus dieser Protestaktion resultierte ein Ver­fahren wegen Hausfriedensbruchs, wel­ches mit Hilfe einer Anwältin eingestellt wurde. So entstanden lediglich Rechtsan­waltskosten in der Höhe von 344,65 Eu­ro, welche die Rote Hilfe e.V. vollständig übernimmt, da die Antragstellerin über kein festes Einkommen verfügt.

Zerbrochene Fenster
„Eines Morgens weckte die Polizei einen Aktivisten unliebsam und durch­ suchte seine Wohnung. Dabei stellte sich heraus dass ihm vorgeworfen wurde, eine Gaststätte in Nürnberg (Bayern), die der AfD Raum für eine Veranstaltung bot, angegriffen und beschädigt zu haben. Das Verfahren wegen Sachbeschädigung konnte mit Hilfe eines Rechtsanwalts eingestellt werden. Die entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 575,96 Euro werden dem Genossen von der Roten Hilfe e.V. zur Hälfte erstattet.

Refugees welcome
Der „March for Freedom“ sollte auf die Rechte von Geflüchteten und den unmenschlichen Umgang der europäischen Staaten mit Geflüchteten aufmerksam ma­chen. Dabei marschierten Aktivist*innen von Strasbourg durch Deutschland und Luxemburg nach Brüssel. In Luxemburg kam es zu Übergriffen der Polizei, bei denen 13 Aktivist*innen festgenommen wurden. Ihnen wurde das Verfahren wegen des Tatbestands der „Rebellion“ gemacht. So auch dem Antragsteller. Im folgenden Prozess wurde er zu sechs Monaten auf Bewährung und 1.500 Euro Strafzahlung verurteilt. Dazu kamen noch Gerichtskos­ten von 56,72 Euro. Die Rote Hilfe e.V. unterstützt den Aktivisten mit der gesam­ten Summe von 1.556,72 Euro.

Ziviler Ungehorsam
Im Rahmen von Protesten gegen ei­ ne AfD­-Wahlveranstaltung im April 2017 in Düsseldorf (Nordrhein­Westfalen) leis­tete ein Genosse zivilen Ungehorsam, indem er sich an einer Sitzblockade be­teiligte. Da er von der Polizei weggetra­gen werden musste, wurde ihm im Nach­ hinein ein Verfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angehängt. In der Verhandlung erklärte der Aktivist, dass er die Blockade als Akt des zivilen Ungehorsams verstehe und angesichts der zunehmenden rechtspopulistischen Provokationen ein Anrecht auf diesen Un­ gehorsam habe, um sich dagegen effektiv zur Wehr setzen zu können. Die Rote Hilfe e.V. begrüßt diese in unseren Augen po­litische Prozessführung und übernimmt gern die von anderen Strukturen nicht zu deckende restliche Summe der insgesamt anfallenden Repressionskosten in der Hö­he von 1.847,36 Euro.

Kostenumverteilung
Die Räumung des in der Oberen Austraße in Mainz (RheinlandPfalz) für drei Wochen erfolgreich besetzten Hau­ses im August 2012 kostete die örtlichen Behörden offenbar sehr viel Geld. Um diese Summe zu tilgen und die beteilig­ten Aktivist*innen zu bestrafen, sollten die Kosten in Form von Ordnungsgel­dern eingetrieben werden. Der Vorwurf lautete auf „Widersetzung gegen poli­zeiliche Maßnahmen“. Dagegen führten zwei Betroffene Musterverfahren, in de­nen die verhängten Strafen jeweils um etwa die Hälfte reduziert werden konn­ten. Gern unterstützen wir die betroffe­nen Aktivist*innen und übernehmen 50 Prozent der jeweils anfallenden Kosten.

No camera – No problem!
Eine antifaschistische Demonstra­tion gegen einen Aufmarsch der neona­zistischen Kleinstpartei der „III. Weg“ in Nürnberg wurde von der Polizei mit Kameras massiv dokumentiert. Ein Akti­vist wollte sich dagegen zur Wehr setzen und fragte einen filmenden Polizisten nach der Grundlage dieser provozieren­ den Maßnahme und Einschränkung des Versammlungsrechts. Der Polizist hatte darauf keine Antwort, gab sich unver­ständig und erklärte, dass er „nix verste­hen“ würde. Erzürnt durch diese unqua­lifizierte Antwort soll der Genosse den Polizisten daraufhin angeblich beleidigt haben. Nach der Demonstration wurde er wiedererkannt und festgenommen. Ihm wurde ein Strafbefehl über 1.500 Euro zugeschickt, den er akzeptierte. Die Rote Hilfe e.V. unterstützt ihn mit 750 Euro.

Contre le racisme
Der Antragsteller ist Rapper und trat auf einem Straßenfest auf, das die ras­sistischen Kontrollen von Geflüchteten im Hamburger Hafen kritisiert, um auch seine Stimme gegen den institutionellen Rassismus zu erheben. Der Auftritt kam beim Staat nicht gut an, er überzog den Genossen mit einem Strafverfahren wegen einer angeblichen Beleidigung. In der ersten Instanz wurde der Antragsteller zu 90 Tagessätzen verurteilt. Gegen die­ses unverschämte Urteil wurden Rechtsmittel eingelegt, so dass sein Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Dennoch möchte die Verteidigerin für die bishe­rigen Dienste schon einmal bezahlt wer­den, da die Dauer des Verfahrens nicht absehbar ist. In der Regel unterstützt die Rote Hilfe e.V. erst nach Abschluss des Verfahrens. Hier machen wir jedoch eine Ausnahme und erstatten nach Regelsatz die Hälfte der Rechtsanwältinnenkosten von 1.073,38 Euro.

FCK NPD
Bei Protesten gegen einen Aufmarsch der saarländischen NPD ver­mummte sich ein Antifaschist, um sich vor einem Nazifotographen zu schüt­zen. Die Polizei wertete dies als Ver­stoß gegen das Versammlungsgesetz und eröffnete ein Ermittlungsverfahren. Schnell mussten die Repressionsorgane feststellen, dass die Vorwürfe keinen Bestand haben und das Verfahren wur­de durch Wirken eines Rechtsanwalts eingestellt. Es entstanden lediglich Verteidigungskosten, die leider nicht nach dem Pflichtverteidigersatz abge­rechnet wurden. Dementsprechend sa­hen wir uns leider gezwungen, die Un­terstützungsleistung auf die Hälfte des Pflichtverteidigersatzes zu kürzen. Die Rote Hilfe e.V. überweist dem Genossen daher 275,48 Euro.

Gegen Staat und Kapital – der Widerstand, der wird global!
Der antragstellende Genosse betei­ligte sich an den Protesten gegen die Eröffnung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main (Hessen), um ein Zeichen gegen das Symbol deutscher He­gemonie und das autoritäre Krisenmana­gement in Europa zu setzen. Dabei soll er auf das Gelände der EZB vorgedrungen sein. In der Folge erhielt er einen Strafbe­fehl wegen vermeintlichen Hausfriedens­bruchs. Ein solidarischer Anwalt erreich­te die Einstellung des Verfahrens gegen eine Zahlung von 500 Euro, so dass mit seinen Gebühren Kosten von insgesamt 1.300,03 Euro entstanden, wovon die Rote Hilfe e.V. die Hälfte trägt.

Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt!
Im Rahmen der Proteste gegen die Sicherheitskonferenz in München (Bay­ern) soll eine Genossin einen Polizisten in Zivil und einen in Uniform mit den Worten „Scheißzivi“ und „Drecksbulle“ beleidigt haben, woraufhin sie von sel­bigen festgenommen wurde. Daraufhin flatterte ein Strafbefehl über 90 Tagessät­zen ins Haus, den sie akzeptierte. Da sie schon vorher durch politische Aktionen ins Visier der Repressionsorgane geraten war, verrechnete das Gericht die 90 Ta­gessätze mit der Strafe aus einem ande­ren Verfahren zu einer Gesamtstrafe von 150 Tagessätzen. Da die Genossin prekär lebt, trägt die Rote Hilfe e.V. die gesamte Summe von 2.328,50 Euro.

Soli Friedel 54
Im Rahmen der Proteste gegen die Räumung des Stadtteilladens Friedel 54 in Berlin soll ein Genosse Solidaritätsbe­kundungen im umliegenden Kiez an die Wand gesprüht haben. Daraus erwuchs ein Strafverfahren wegen vermeintlicher Sachbeschädigung in 18 Fällen. In 17 Fällen wurde der Genosse freigesprochen, in einem Fall verurteilte ihn das Gericht. Die Geldstrafe wurde in Sozialstunden umgewandelt. So bleiben nur Rechtsanwaltskosten in Höhe von 429,22 Euro, von denen die Rote Hilfe e.V. die Hälfte übernimmt.

Investor*innenträume platzen lassen!
Der Genosse beteiligte sich an der Demonstration „Freiräume verteidigen! Investor*innenträume platzen lassen!“ in Berlin, um seinen Unmut über die Teilräumung der Rigaer 94 und den damit verbundenem Polizeiterror im Kiez zu zeigen. Dabei soll er die Staatsgewalt mit Steinen beworfen und den Helm eines Polizisten getroffen haben. Er wur­de festgenommen und vier Monate in Untersuchungshaft gehalten. Weiterhin resultierte daraus ein Strafverfahren mit den Vorwürfen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, des Landfriedens­bruchs, der gefährlichen Körperverlet­zung, einer Sachbeschädigung und der Vermummung. Dieses bunte Potpourri von Vorwürfen führte zu einer Verurtei­lung von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung. Wir unterstützen den Genossen in Regelsatzhöhe und überneh­men 1.100,27 Euro.

Hier mussten wir leider ablehnen
„Der antragstellenden Genossin wird vorgeworfen, die Solidaritätsbe­kundung „Rigaer 94 bleibt“ an eine Hauswand gesprüht zu haben. Daraus entstand ein Verfahren wegen Sach­beschädigung. Während der Hauptver­handlung forderte die Richterin eine Reuebekundung von der Genossin ein, um das Verfahren einzustellen. Die Genossin kam dem leider nach und zeigte Reue. Das ist eine klare Distan­zierung von ihrer politischen Aktion, den Unterstützungsantrag mussten wir deswegen ablehnen.


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