Siegfried None

Rüstungsindustrie: „Schub aus Berlin“ und Belegschafts-“Vertretung“

Siegfried None

Unter dem Titel „Schub aus Berlin“ berichtet die „Augsburger Allgemeine“ am 13. Februar über den gemeinsam von Deutschland und Frankreich entwickelten europäischen Kampfjet FCAS. Anlass dafür war die Genehmigung der zweiten Stufe des milliardenschweren Großprojekts durch den Bundestag. Damit sind 155 Millionen Euro, von denen Deutschland 77,5 Millionen beisteuert, für Forschungs- und Technologieaktivitäten freigegeben. Nur für Forschung und Entwicklung für diesen Kampfjet, der ab 2040 einsatzfähig sein soll, 77,5 Millionen Euro – dafür könnte man etliche Schulen, Kindergärten und Sozialbau-Wohnungen bauen!

Beschrieben wird das Kampfflugzeug wie folgt: „…ein bemanntes Mehrzweckkampfflugzeug, das von einem Drohnenschwarm begleitet wird, sogenannten „remote carriers“. Sogar Satelliten kann FCAS steuern. Wichtiges Element des gesamten Systems ist eine „Air Combat Cloud“, die mit künstlicher Intelligenz sehr viele Daten sehr schnell verarbeiten kann. Ein künftiger Missionskommandeur bekommt dabei alle Informationen in Echtzeit zur Verfügung gestellt.“ Also ein echter „Schub aus Berlin“ für mehr und bessere Waffen, mehr Militarisierung und mehr Kriegsvorbereitung!
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Modell des FCAS in Le Bourges, Foto: wikipedia, CC-Lizenz, John Newton8

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Die Freude beim Journalisten S. Küpper scheint groß, dass von dem Rüstungsprojekt ein hübscher Anteil auf den Standort Manching des Rüstungskonzerns Airbus-Defence-&-Space fällt, wo bisher schon unter anderem der Eurofighter endmontiert wird. Das Werk Manching bei Ingolstadt ist bereits heute das „europäische Zentrum für die militärische Kampfflugzeug- und Drohnenentwicklung“, wie das Unternehmen angibt. Es gibt hier auch schon ein FCAS-Team und jetzt sollen für die anlaufende „Demophase“ 100 weitere Stellen geschaffen werden. In den Folgejahren könnte, so Küpper, diese Zahl aber „signifikant“ steigen. Auch die Zuliefer-Industrie und in der Folge z.B. IT-Dienstleister würden profitieren. Insgesamt könnten in den nächsten zehn Jahren durch FCAS mehrere tausend Stellen entstehen. Diese wunderbare Stellenvermehrung im Rüstungskonzern – das ist mit dem „Schub aus Berlin“ in erster Linie gemeint.

Mehr Geld und Jobs für Rüstung, während auf der anderen Seite gerade in der Metall- und Autoindustrie massenweise Stellen gestrichen werden! Den Gesamtbetriebsrat von Airbus-Defence-&-Space ficht das nicht an. Im Zeitungsbericht heißt es: „Auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende … Thomas Pretzl begrüßte im Gespräch mit unserer Redaktion den „Startschuss“. Die Entscheidung sei „enorm wichtig“ für Manching.“ und „Für uns aber ist sehr bedeutsam, dass die Parlamentarier nun entschieden haben, dass deutsche Steuergelder an deutschen Standorten zur Technologieförderung eingesetzt werden.“

„Technologieförderung“ – ein schönes Wort für die Entwicklung und den Bau von Hightech-Tötungsmaschinen!

Und wo die Entscheidung aus Berlin beim Konzern und der Belegschafts-“Vertretung“ solchen Jubel auslöst, dürfen auch die Politiker nicht fehlen. Zitiert wird der „mit dem Projekt vertraute“ CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl aus Ingolstadt, Mitglied im Verteidigungs- und Haushaltsausschuss des Bundestags: „Das ist ein Riesenschritt für die Zukunftsfähigkeit des Standorts Manching. Es geht bei diesem Auftrag um die Entwicklung eines komplett neuen Systems, das im besten Fall dort in den nächsten 40 Jahren Beschäftigung sichert.“

Rundum anscheinend eitel Freude, denn auch Autor Küpper stellt fest: „Gute Nachrichten also, die Airbus-Defence-&-Space in schwierigen Zeiten erreichen.“ Und warum die Zeiten „schwierig“ sind? Der Konzern will in der Rüstungssparte massiv einsparen. Aus dem Mund von Dirk Hoke, dem Chef von Airbus-Defence-&-Space klingt das so: „Wir haben heute den Dialog mit den Arbeitnehmervertretern aufgenommen, um mögliche Schritte zur Verbesserung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und künftigen Positionierung der Division zu erörtern.“ Gut, er hat es nicht gesagt, die Beschäftigten bekamen es schriftlich mitgeteilt. Gründe für den Sparkurs gäbe es einige, unter anderem mangelnder Auftragseingang, verzögerte Bestellungen aus europäischen Ländern, verzögerte Exportaufträge und nicht zuletzt „Auswirkungen des Ausfuhrverbots nach Saudi-Arabien“.

In Manching arbeiten zur Zeit 5.500 Angestellte. „Mit Spannung“, so heißt es, warten sie und Betriebsrats-Chef Pretzl auf die Bilanz-Pressekonferenz des Airbus-Konzerns in Toulouse (der inzwischen stattgefunden hat). Pretzl erhoffe sich neue Informationen zum Sparkurs. Darüber gibt sich der Konzern bedeckt. „Ein Unternehmenssprecher von Airbus wollte sich auf Anfrage nicht zum Sparplan äußern.“

Jetzt könnte nur noch helfen – wieder blickt man hoffnungsvoll auf Berlin – dass der Bundestag entscheiden würde, künftig 80 Bundeswehr-Tornados durch Eurofighter zu ersetzen, die ja auch in Manching endmontiert werden. Wieder „gute Nachrichten aus Berlin“.

Wir wollen keine Hightech-Angriffswaffen für imperialistische Kriege – und keine Belegschafts-“Vertreter“, die mit der Standortlogik den Rüstungs-Bossen in die Hände arbeiten!
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Erstveröffentlichung heute oder vor wenigen Tagen in Arbeit Zukunft online. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
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