Wochenpost 26/1986 vom 27. Juni 1986 (Wochenzeitung)

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Zum Tode von Dean Reed     22. September 1938 - 13. Juni 1986

Der Cowboy mit der dünnen Haut

Das haben wir doch wieder und wieder erlebt: daß dieser Bursche auf die Bühne springt, seine Lieder singt, leidenschaftlich oder behutsam, eindringlich oder agitatorisch, und die Zuhörer in seinen Bann schlägt mit jungenhaftem Charme. Es ist erst ein paar Wochen her, daß wir uns im Verlagsgebäude trafen. Im Aufzug zwischen Erdgeschoß und 10. Etage sprach er von seiner neuen Fernsehshow, "Der Mann aus Colorado 4", scherzte, lachte und - "Tschüß!" Leichthin. Zum letzten Mal.

Es war zunächst die tätige Solidarität mit dem chilenischen Volk, es war immer wieder das Bemühen, dem Aufruf zum Frieden Nachdruck und weithin Widerhall zu schaffen, was den Künstler auch mit uns, den Journalisten, zusammenführte. Wer ihn kennenlernte, wird einen Wesenszug vor allem in Erinnerung behalten: seine Freundlichkeit. Freundschaft, die er anbot. Freundschaft, die er - fern von zu Hause - suchte.

In einem "Wochenpost"-Beitrag verwies er 1979 auf Paton Price, Hollywoods besten und auch seinen Schauspiellehrer. "Er vertrat zwei Prinzipien: Man kann kein guter Künstler sein, wenn man nicht zugleich ein guter Mensch ist. Und man soll immer die Wahrheit suchen, ihr selbst auf den Grund gehen, sie verbreiten und verteidigen mit äußerster Konsequenz."

Als Dean Reed als Rock'n'Roll- und Countrysänger Anfang der 60'er Jahre nach Südamerika kam, ließ er sich nicht nur feiern, er nahm auch wahr, in welch unvorstellbarer Armut Millionen lebten. Hier begriff er, daß gesellschaftliche Probleme von "guten Menschen" nicht allein, daß sie gesellschaftlich gelöst werden müssen. Und folgte dieser Einsicht - bestärkt von Künstlern und Schriftstellern wie Konstantin Simonow, Pablo Neruda, David Alfaro Siqueiros, mit denen gemeinsam er in der Weltfriedensbewegung aktiv wurde, tief beeindruckt von den sowjetischen Menschen, denen er 1966 auf einer ersten UdSSR-Tournee begegnete.

1972 nahm Dean Reed seinen Wohnsitz in der DDR. Hier muß nicht aufgezählt werden, womit - hier braucht nur festgestellt zu werden, daß der Mann aus Colorado in der Unterhaltungskunst unseres Landes seine Spur zog: als einer, in dem Musikantentum, menschlicher Anstand und Einsatz für den gesellschaftlichen Fortschritt eins waren. Die DEFA bot ihm weite Betätigungsfelder, die er, strauchelnd mitunter, ausschritt: vom romantischen "Aus dem Leben eines Taugenichts" über "Sing, Cowboy, sing" bis zum bekenntnishaften Film "El Cantor", dem chilenischen Sänger Victor Jara gewidmet. "Das andere Amerika" - einer von denen, die uns diesen Begriff mit Leben erfüllten, war Dean Reed.

Darin wohl auch sah er seine Mission, wenn er in den Nahen Osten, nach Südamerika, nach Nikaragua reiste, wo sein Lied die Kämpfenden zusammenführte und bestärkte.

Dean Reed ist einen Weg gegangen, der ihm die Achtung vieler fortschrittlicher Menschen einbrachte, Ehrungen auch, der auf Höhen künstlerischen Erfolgs führte. Doch Leichtfüßigkeit gehörte nur zu seiner äußeren Erscheinung. Wer Dean näher kam, der spürte auch: Es gab für ihn keine "zweite Heimat". Es konnte ihn nicht beirren, aber es hat ihn geschmerzt, nur bei seiner Mutter, nicht bei seinem Vater, seinen Brüdern Verständnis zu finden. Der Cowboy hatte eine dünne Haut. Wie anders wäre auch die Leidenschaft seines Engagements zu erklären!

Vor wenigen Wochen ist sein Buch "Aus meinem Leben" in einer Neuauflage erschienen. Schallplatten bewahren uns seine Lieder. Dean Reed wird uns lange noch in Erinnerung sein als einer, dessen Freundlichkeit in Menschenfreundlichkeit hinüberwuchs und der den Mut und die Kraft aufbrachte, ihr Raum schaffen zu helfen - "mit äußerster Konsequenz".

Bernhard Hönig

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Letzte Änderung: 2007-05-23