Zu viele Napoleons verderben den ukrainischen Brei

Bekanntlich lautete einer der berühmtesten Aussprüche Napoleons: “Ich bin auf dem Schlachtfeld 100 000 Mann wert“. Solche Napoleons kann das Proletariat nicht gebrauchen, das in seinem finalen Emanzipationskampf eine Assoziation anstrebt, worin “die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“.1

Interessanter wird für das Proletariat schon seine Devise, wie auf dem Schlachtfeld aufzutreten sei: ‘On s‘ engage et puis on voit‘ (Man engagiert sich und dann wird man sehen. Freier übersetzt: Alles weitere wird sich finden. Kein Geringerer als Lenin hat diesen Satz so übersetzt: “Zuerst stürzt man sich ins Gefecht, das weitere wird sich finden“, um nach dieser Übersetzung wie folgt fortzufahren: “Auch wir haben uns im Oktober 1917 zuerst ins Gefecht gestürzt …“2

Man braucht heute nur den Lap top einzuschalten, ins Internet gehen, und aus allen Himmelsrichtungen des Monitors bekommt man das Neueste vom Neuen, den dernier cri des Krieges. In jeder Ecke sitzen Napoleons. Blendwerk, Oberflächlichkeiten, Verwirrung, Schwachsinn allenthalben, denn es wird nur das Chaotische des Krieges kopiert und weitergegeben. Es wimmelt heute nur so von Militärexperten, dabei sollte halbwegs gebildeten Menschen klar sein, wie extrem schwierig es ist, einen Krieg richtig zu lesen. Diese Experten haben aus dem Ausgang des Vietnamkrieges nichts gelernt. Zu Beginn dieses Krieges hielten 90 % der Militärexperten einen Sieg des Vietcongs für völlig absurd, doch sie haben sich geirrt.

Wie haben sich nun Marxisten-Leninisten in diesem Krieg zu positionieren, zu engagieren, in welche Richtung haben sie auf diesen Krieg einzuwirken, der ein imperialistischer Krieg von beiden Seiten ist. Das ist unbestritten und nur fraglich für Menschen, die sich morgens die Unterhose mit einem Flaschenzug anziehen.

Das Hauptinteresse der Marxisten-Leninisten in ihrem Krieg gegen den imperialistischen Krieg, der die Politik des internationalen Finanzkapitals ist, ist zunächst primär die Niederringung des gefährlichsten, des aggressivsten, des menschenverachtendsten Imperialismus Nr. 1: der US-Imperialismus mit dem Trio Biden, Blinken und Austin an der Spitze, der weltweit von allen Kontinenten vertrieben werden muss.

Ob nun der russische oder der chinesische Imperialismus der zweitstärkste ist, braucht uns hier nicht zu interessieren, situationsbedingt ist, dass wir in der gegenwärtigen weltimperialistischen Kriegskonstellation mit dem russischen Imperialismus gegen den US-amerikanischen Imperialismus uns zu engagieren haben, ohne auch nur im Geringsten den verbrecherischen Charakter der Politbande um Putin zu verschweigen, der beim orthodoxen Osterfest so schön eine rote Kerze in der Hand gehalten hat. Da stehen mir ja die Haare zu Berge, mag da die Vorsitzende der MLPD Gabi Fechner und ihr politischer Ziehvater Stefan Engel denken: Marxisten-Leninisten sind unisono Anti-Imperialisten. Aber so einfach ist die Sache nicht, Lenin schreibt in seinem Brief an die amerikanischen Arbeiter, dass er keine Sekunde schwanken wird, “ein ‘Übereinkommen‘ mit den deutschen, imperialistischen Räubern zu schließen, wenn ein Angriff englisch-französischer Truppen auf Russland, das erforderte“.3 Wenn der US-Imperialismus in Europa zusammen mit dem Tölpel Olaf Scholz, mit dem smarten Macron, dem irren Johnson … usw. den Sack zumachen will, dürfen wir keinen Augenblick schwanken, ‘Übereinkommen‘ mit den russischen imperialistischen Räubern zu schließen.

Damit schwimmen wir Marxisten-Leninisten wie so oft gegen die Strömung, gegen die derzeitige widerwärtige profaschistische-ukrainische Strömung an, die mit ihrem spießbürgerlichen Mief fast ganz Westeuropa erstickt. Es gibt Zeitgenossen, die in ihrem Kopf alles wohl abwägen, Rationalisten gar, Realisten, denen das “et puis on voit“ viel zu riskant ist, die so eine Unkalkulierbarkeit für eine Fieberphantasie halten. Für eine Fieberphantasie hielt auch Plechanow Lenins Aprilthesen, deren historische Stichhaltigkeit ein halbes Jahr später durch die Oktoberrevolution belegt wurde.

Um nun noch die Gemüter von dem widerwärtigen imperialistischen Zahlenbrei zu lösen, der unsere Gehirne verkleistert, denn sie jonglieren mit Milliarden und Milliarden Euros und Dollars, mit Raketen, Panzern und Gewehren, mit Summen, dass einem nur schwindlig werden kann. Worin liegt die Garantie, dass nicht die imperialistische Waffennarretei den Sieg davonträgt, sondern die Revolution und die arbeitende Menschheit? Weil sich auf den Kontinenten Milliarden und Milliarden ausgebeutete Menschen in Bewegung setzen, ihre angeschwollenen und zerschundenen Hände und ihre vor Gram zermarterten Gesichter erheben, die auf der südlichen Erdhalbkugel für eine Handvoll schäbiger Dollars ihre Seele verkaufen müssen. Diese sich heute aus dem Halbdunkel veralteter Ideologie erhebenden Milliarden werden sich dem wissenschaftlichen Sozialismus zuwenden und eine Frische in die Weltgeschichte bringen, gegen die die imperialistische Wüstenei der Dollarimperialisten mit ihrer Trockenlegung ganzer Landstriche nicht bestehen kann. Sie werden hinweggefegt werden und in der Unterwelt der Weltgeschichte schmoren.
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1 Karl Marx, Fridrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 482.
2 Lenin, Über unsere Revolution, in: Lenin, Ausgewählte Werke, Progress Verlag Moskau, 1975, Seite766.
3
Lenin, Brief an die amerikanischen Arbeiter, in: Lenin, Über den Kampf um den Frieden, Dietz Verlag, Berlin, 1956, Seite 207. und Lenin, Über den Kampf um den Frieden, »Der Weg zur Partei« 1/2022, Seite 87.

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