Von der Verbrüderung zur nuklearen Weltkatastrophe

Die „Werte“ des Kaiserreichs wie Nationalismus, Militarismus und Obrigkeitsgehorsam verschwanden keineswegs mit seinem Ende.

Heinz Ahlreip – 1. November 2022

Heinz Ahlreip

Hat die bürgerliche “Wissenschaft“ den Klassenauftrag, den zwangsläufig in einer Diktatur des Proletariats endenden gesellschaftlichen Klassenkampfzusammenhang weg zu manipulieren, so hat die bürgerliche Politik darauf aufzupassen, dass der Zusammenhalt der ausgebeuteten Klassen nicht zu eng wird, stets in Spaltung begriffen ist. Ohne Verrat der Opportunisten wäre eine Herrschaft der Kapitalistenklasse über die Arbeiterklasse gar nicht aufrecht zu erhalten.  

Beide, bürgerliche Politik und bürgerliche “Wissenschaft“ haben dafür Sorge zu tragen, dass Freiheit nur als individuelle, an Eigentum gebundene Sinn haben kann. Die bürgerliche Gesellschaft “schafft sich eine Welt nach ihrem eigenen Bilde“.1 Immer ist individualistisch geprägte bürgerliche Ideologie destruktiv gegenüber Solidaritäten und Kollektivität, zulässig ist eine Verbrüderung nur im Klasseninteresse der Bourgeoisie und das ist ausschließlich in ihrer antifeudalen Revolution der Fall. 1789 betrug der Anteil der Bourgeoisie nur 8 % an der Gesamtbevölkerung Frankreichs, zu wenig für eine allumfassende nationale Revolution. Also hetzten bürgerliche Ideologen die Bauermassen zur Brandschatzung und Plünderung adeliger Schlösser und katholischer Klöster auf. Im Kern war die französische Revolution eine Bauernrevolution, der Plebs hatte die schmutzige Arbeit zu verrichten, die Früchte heimsten 8 % ein. Und so wurde die Bauernrevolution durch bürgerliche Schreiberlinge um ideologisiert und erscheint in den Schulbüchern als Große Französische Revolution. In klassischer Weise ging das Stück 1789 über die Bühne. Die deutsche Bourgeoisie kam 1848 nicht mehr dazu, sich zu solidarisieren, denn im Juni wurde sie von der Insurrektion Pariser Arbeiter geschockt, durch die die Trikolore blutgetaucht zur roten Fahne wurde. Dieses Ereignis zeigte ihr, was sie zu erwarten habe. Sie warf sich dem deutschen Feudaladel und seinem Militärapparat an den Hals.   

Ausschnitt aus „Die Freiheit führt das Volk“ von Eugène Delacroix (1830). Öl auf Leinwand, Foto: Louvre / Hilke Maunder

Diese Zeiten sind längst vorbei, nach der Pariser Commune sieht sich die Bourgeoisie als Nachfolger des ehemaligen Feudalherrn an.2 Diese Ausführung von Marx gehört zu den vergessenen oder verdrängten in der Theoriegeschichte des Marxismus, denn sie würde die Revisionisten und die Opportunisten an die Pflichten der Revolutionsvorbereitung mahnen, auf das Verhältnis der gewaltsamen Revolution zum bürgerlichen Staat einzugehen. “Die Waffen, womit die Bourgeoisie den Feudalismus zu Boden geschlagen hat, richten sich gegen die Bourgeoisie selbst“.3 In der imperialistischen Phase des Kapitalismus ist die Bourgeoisie vollends reaktionär geworden, der letzte Gedanke an Freiheit ist entfleucht und mitunter eine faschistische Herrschaftsform ihr letztes Auskunftsmittel. In der spätbürgerlichen Gesellschaft, in der Millionen und Abermillionen Menschen nur ein verpfuschtes Leben führen können, an ihrem Lebensende feststellen müssen, nur für eine Statistik gelebt zu haben, ist immer eine Latenz zum Faschismus vorhanden, sieht auch in ihm ein nicht kleiner Teil der Massen ohne ausgebildetes Klassenbewusstsein einen Verzweiflungsausweg. Schon während der Pariser Commune war zu beobachten, dass ein Teil der Pariser Arbeiterinnen und Arbeiter zu den Versaillern, zu den Weißen überging.  

Der Faschismus intendiert, die Bewegung der bürgerlichen Gesellschaft, die unter kapitalistischen Verhältnissen als eine den Produzenten fremde erscheint, auf ewig zu zementieren und an die Stelle der internationalen Vereinigung der Arbeiterklasse auf der Grundlage der despotische Züge tragenden Vergesellschaftung des Privateigentums an Produktionsmittel  eine national ausgerichtete Volksgemeinschaft zu setzen, die den Antagonismus zwischen Lohnarbeit und Finanzkapital unter Liquidierung der politischen Partei  der Arbeiterklasse propagandistisch weg lügt. Liquidierung der richtigen Widerspiegelung der Wirklichkeit und das faschistische Surrogat bedingen sich gegenseitig. Die verlogene Volksfeindschaft der Faschisten wird deutlich im Nerobefehl Hitlers, der weit über den Marshall-Plan hinausging. Gegen Ende des Krieges gab es drei Alternativen für die weitere Entwicklung des in den Fabriken geschundenen, in den Schützengräben vom Finanzkapital verheizten und von den Alliierten zerbombten deutschen Volk. Eine war sozialistisch: Die Hitlers kommen und gehen, das deutsche Volk aber wird nicht untergehen. Zwei waren imperialistisch: Deutschland wird ein reines Agrarland und drittens: Hitlers Nerobefehl, in Deutschland alle Lebensquellen zu vernichten, damit das deutsche Volk, das sich im Krieg als das schwächere erwiesen habe, nicht mehr lebensfähig sein wird. In diesem Nerobefehl, der heute nur noch Spezialisten des zweiten Weltkrieges bekannt ist, auch diese Verdrängung hat ihren guten imperialistischen Grund, kulminiert die perverse Entwicklung der Bourgeoisie zum einen, die in Frankreich 1789 von Brüderlichkeit schwärmte und 1945 durch einen perversen Agenten des Finanzkapitals ein ganzes Volk von der Landkarte wegwischen, es in den tiefen Abgrund der Geschichte wegwerfen wollte. Durch den Nerobefehl bekommt der Satz von Liebknecht: `Der Hauptfeind steht im eigenen Land‘ ein absolutes Recht. Dem Nerobefehl, der Theorie blieb, kann zum anderen der an Menschenverachtung gleiche Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki an die Seite gestellt werden. Der Rüstungsminister Albert Speer konnte vor dem Kriegsverbrecherprozess in Nürnberg glaubwürdig darstellen, dass er den Befehl Hitlers sabotiert habe. Einen Kriegsverbrecherprozess gegen die Trumanclique hat es nie gegeben.

Im heraufziehenden dritten Weltkrieg, der unvermeidbar ist, denn das sterbende Kapital kämpft um sein Überleben, sehen die Faschisten wiederum ihre Chance. Ein weiterer Nerobefehl ist denkbar, sei es ein nationaler, sei es ein globalatomarer. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass der globalatomare Nerobefehl in Washington gegeben werden wird. Das ist der vom Finanzkapital angerichtete Zustand der Welt. Es ist wiederum das deutsche Volk, über dem das Damoklesschwert eines Nerobefehls baumelt. Auf Grund ihrer in demokratischer Hinsicht verkrüppelten Geschichte haben viele Deutsche einen Hang zur inneren Haltlosigkeit.4 Es gibt im politischen Spektrum der bürgerlichen Parteien einen Kandidaten, der als Hauptfeind des deutschen Volkes zu einem erneuten deutschen Nerobefehl in der Lage ist. Es war der Sozialdemokrat Gustav Noske, der in der Weimarer Republik eiskalt aus Flugzeugen Bomben werfen ließ, damals noch mit der Hand, und zwar auf aufständische Arbeiterviertel in Berlin, ein Unterfangen, vor dem selbst der konservative preußische Innenminister noch zurückbebte. Es war die Ausführung eines Nerobefehls und eines Hiroshima im Kleinformat. Es war dieser Bürgerkriegsverbrecher, der sich während der Weimarer Republik mit dem Satz hervortat: Deutschland müsse bestgerüstet dastehen. Die Nazis haben Noske immer gemocht. Der Noskist Olaf Scholz ist in dessen Fußstapfen getreten, 100 Milliarden € Sondervermögen, die Bundeswehr soll zur besten Armee Europas ausgebaut werden.  Das war auch die Absicht des tausendjährigen Reiches gewesen. Durch das faschistische Gehabe von Olaf Scholz, dazu gehört auch das Händeschütteln mit dem sich von Faschisten umgebenden Selenskyj, bekommt der Satz von Stalin: ‘Die Sozialdemokraten sind der gemäßigte Flügel des Faschismus‘ absolutes Recht.

Die Proletarier aller Länder dürfen sich nicht zur Brüderlichkeit vereinigen. Keine Verbrüderung in den Schützengräben, das ist Hochverrat! Tag und Nacht arbeiten die bürgerlichen, terroristisch ausgerichteten sogenannten Sicherheitsorgane der Bourgeoisie gegen den Schlusssatz des Kommunistischen Manifestes: Proletarier aller Länder, vereinigt Euch! Dies vor allem muss verhindert werden. Um einen dritten Weltkrieg zu verhindern, gibt es folglich nur den Weg von Marx und Engels:

PROLETARIER ALLER LÄNDER, VEREINIGT EUCH!

Und den Weg von Liebknecht:

DER HAUPTFEIND STEHT IM EIGENEN LAND!

Alles andere ist brauner Kaffee!

 

  1. Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, in: Ausgewählte Werke, Progress Verlag, Moskau, 1975, Seite 321.
  2. Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 466.
  3. Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 468.
  4. Friedrich Engels, Zur Geschichte des Bundes der Kommunisten, in: Karl Marx, Friedrich Engels: Ausgewählte Werke, Progress Verlag, Moskau, 1975, Seite 458.

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Über den Autor:

Heinz Ahlreip, geb. am 28.2.1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse. Ahlreip arbeitete als Lagerarbeiter u. a. beim Continental in Hannover und bis zum Rentenbeginn als Gärtner für Museumsstätten und Friedhöfe.

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