Heinz Michael Vilsmeier

Die Pervertierung
linker Ziele im Zuge nationalistischer Selbstfindung
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Heinz Michael Vilsmeier

Immer häufiger lese ich, „das Leben“ lasse „sich nicht in links oder rechts aufteilen“… Es ist schwer, der zitierten Aussage zu widersprechen, da sie, auf „das Leben“ angewandt, ohnehin schlichtweg grotesk ist. – „Links“ und „rechts“ sind politische Kategorien, deren Leugnung im Zuge einer politischen Positionierung sogar gefährlich ist. Wer sie negiert, verdunkelt die Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse zwischen denen da oben (rechts) und denen da unten (links).

In der Vergangenheit waren es Nazis und Neonazis, die links und rechts in der Zielsetzung ihrer faschistisch-völkischen Ideologie für obsolet erklärten. Von 2014 an wurde die These, es gebe weder links noch rechts, vor allem in Kreisen der sog. #Mahnwachen für den Frieden vertreten, die reklamierten, in der Tradition der #Montagsmahnwachen der DDR („Wir sind das Volk!“) zu stehen. – Gegenwärtig ist das Statement, es gebe weder links noch rechts in der Wagenknecht’schen „Bewegung“ Aufstehen erneut zu vernehmen.

Wie es aussieht, könnte sich die Negation von links und rechts als kleinster gemeinsamer Nenner von #Aufstehen, #Mahnwachen und #Völkischen erweisen. In diesem Fall stünde der Entstehung einer rechts offenen Querfront nichts mehr im Wege. Der nächste Schritt wäre die Hinwendung zum ideologischen Konstrukt „Volk“. – Durch Forderungen wie „Stoppt die Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme!“ und „Deutschland muss seine Fachkräfte selbst ausbilden!“, werden die Ziele der linken Agenda skandalöser Weise in Privilegien für das „völkische Kollektiv“ transformiert.

Offensichtlich geht es darum, die Hungernden von dem, in den Industrieländern durch jahrhundertelange Ausplünderung ganzer Kontinente angehäuften Reichtum auszuschließen, um Alles für sich zu behalten. Es ist klar, derartige, den verbreiteten Egoismus bedienende Positionierungen, müssen bei den Ausgebeuteten auf fruchtbaren Boden fallen. – Wagenknecht hat das Erfolgsgeheimnis der Demagogie verstanden: es liegt in der Behauptung des Wir gegen die Anderen! – Man fragt sich, von wem sie mehr gelernt hat: waren es Mélenchon, Corbyn, Lafontaine – oder waren es vielleicht doch eher Seehofer, Gauland und Marine Le Pen. – Die Unterschiede zwischen ihnen, was die Forderungen zum Umgang mit Migranten und Flüchtlingen anbelangt, sind immer weniger zu erkennen.

Das größte Problem besteht darin, dass Demagogie unschön aufstoßen und ethisch integre Menschen abschrecken kann: Die propagierte Abschottung sollte also möglichst in einem altruistischen Licht erscheinen. Auch das hat Wagenknecht erkannt. Aus diesem Grund versteckt sie ihre Demagogie hinter zynisch vorgeschobenen Argumenten: die Herkunftsländer der Migranten und Geflüchteten bräuchten „ihre Fachkräfte“ selbst. – Dabei weiß jeder: die wenigen Ärzte und anderen Fachkräfte, die es schaffen ihre Länder zu verlassen und nach Deutschland zu kommen, können, angesichts der in ihren Ländern herrschenden Zustände, so gut wie nichts bewirken.
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