Hartmut Barth-Elgelbart

Ganz unvermummt!

5000 NS-Kriegsverbrecher singen unbehelligt das Horst-Wessel-Lied
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Hartmut Barth-Elgelbart

Tatort: Der Friedhof von Ludwigsburg – Beerdigung des SS-Oberst-Gruppenführers Josef (Sepp) Dietrich. Doch nicht ganz unvermummt: Acht der von Paris Match abgelichteten tragen Sonnenbrillen. Einer dieser Sonnenbebrillten ist von besonderem Interesse. Wenn er es wirklich ist, dann hat den die Badische Landeskirche besonders ins Herz geschlossen.

Zunächst aber zu Sepp Dietrich-Moninger: Josef Dietrich im Rang eines SS-Oberst-Gruppenführers bei der Verleihung der Brillanten zum Ritterkreuz (1944). Dietrich mit seiner zweiten Ehefrau Ursula, geborene Moninger (1942).

Josef Dietrich im Rang eines SS-Oberst-Gruppenführers bei der Verleihung der Brillanten zum Ritterkreuz (1944)

Da der Name des Hitler-Vertrauten und SS-Leibstandartenführers Dietrich für die Brauerei Moninger nach 1945 sich doch etwas geschäftsschädigend hätte auswirken können und Sepp trotz alle dem Schlussstrichmachens etwas länger einsitzen musste, trennte sich die Ursula Moninger, die Ex-SS-Brenner-Gattin um 1955 von ihrem 1942 angetrauten ranghöheren SS-Goldfasan Josef-Sepp Dietrich, legte den Namen ab, der aber den Kindern blieb, zumindest einem Sohn, der dann ein evangelisches-musisches Gymnasium in Mannheim-Neckarau besuchte und dort im Internat, dem Ott-Heinrich-Stift untergebracht wurde. Ex-Schüler dieser Anstalt “zur Erziehung einer evangelischen Elite” berichteten dem Autor, Sepp Dietrich-Moninger sei eine hohe Hausnummer in Elternbeirat und im Kreis der Sponsoren gewesen. Weiter berichten sie, dass der Leiter des Internates und später auch des evangelischen Bach-Gymnasiums Offizier in der Leibstandarte Adolf Hitler gewesen sei. Selbstverständlich auch “Deutscher Christ”, promovierter Theologe (Doktorarbeit zum Thema “Jesus war ein Arier”).

Wer erkennt wen auf diesem schon 51 Jahre alten Bild ? Die über 5000 Trauergäste singen am Grabe gerade das Horst-Wessel-Lied

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Manche erzählen auch von dessen (noch nicht gesicherten) Teilnahme an der Beerdigung Dietrichs 1966 in Ludwigsburg und verweisen auf die Fotos in Paris-Match, wo er mit Sonnenbrille im Zentrum des Bildes zu sehen sei.

Die Teilnehmer dieses “Trösterchens” dürften mittlerweile bereits das Zeitliche gesegnet haben. Der  Ex-Leiter des Mannheimer Internats und des Gymnasiums, der von 1945 bis 1958 nach einem quasi-Persilschein-Urteil der Spruchkammer Predigtverbot hatte, wurde von der Badischen Landeskirche vor Ablauf des Predigt-Verbotes im Eberbach am Neckar zunächst als “nichtpredigender” Konfirmanden-Lehrer eingestellt, dann aber nach Beschwerden der Eltern wegen angeblicher Missbrauchsvorfälle von dort nach Mannheim-Neckarau versetzt, wo er ab 1960 das Internat des Bach-Gymnasiums leitete. Auch er ist schon seit Langem beerdigt.

Man könnte jetzt sagen: “Friede seiner Asche!” – aber sein “pädagogisches” und politisches Wirken hat Nachwirkungen – so wie das der 4999 anderen SS-ler, die Ludwigsburg versammelt waren …
Diesen Nachwirkungen müssen wir nachforschen, man muss sie bearbeiten… u. a. die Traumatisierungen der Missbrauchsopfer dieses Internates. Die badische Landeskirche hat es abgelehnt, für die dort geschehenen Missbräuche öffentlich um Entschuldigung zu bitten. Sie hat es abgelehnt, die Therapien finanziell zu unterstützen. Sie hat es abgelehnt, Schmerzensgelder zu zahlen …

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Hartmut Barth-Engelbart – alias HaBE, geboren 1947 in Michelstadt/Odw, 1961 Schulverweis aus politischen Gründen, 1964 Schulverweis wg. Unterstützung mit Liedern des Streiks für Lohnfortzahlung bei Krankheit, IG-Metall-Ehrenmitglied seit 1964, Zeitsoldat (Z2), Reserveoffiziersanwärter, Kriegsdienstverweigerung in der Bundeswehr, Unteroffiziersausbilder, Umtextung des Bundeswehr-Gesangbuches, Singer-Songwriter bei DREAMS & Black Angels, Zivildienst, Knast, Bauarbeiter, Landschaftsgärtner, Grafiker, Schriftsteller, Leiter des SDS-Bundesvorstandsbüros, Bundesvorstand des AUSS, Studium der Psychologie, Pädagogik, Ethnologie, Geschichte, Soziologie, Doktorand bei Prof. Heydorn, Streikleiter beim GEW-Streik der Lehrbeauftragten 1972, Grundschullehrer, Berufsverbot, Lagerarbeiter, Tarifeur, Nahverkehrskutscher, Chemiearbeiter, Personalrats-Co-Vorsitzender, GEW-LaVo-Mitglied Hessen, 1978 GEW-Ausschluss wg. Unvereinbarkeitsbeschluss, KBW-Mitglied ab 1974 bis zum Austritt 1978, Umschülervertreter & Umschullehrer, Sanitärmontagehelfer, IHK-Ausbilder für Verkehrsfachwirte, Betriebsratsvorsitzender, Fernfahrer-Streikleitungsmitglied, Musikschullehrer, wieder Grundschullehrer ab 1991, Chorleiter, Streetworker, Jugendzentrumsleiter, Kommunalpolitiker, Schriftsteller, Musiker und Historiker.
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