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Medien Mosaik

– Wolfgang Jacobsen: Erich Pommer – Filmproduzent zwischen Kunst, Industrie und Unterhaltung
– Hans Weingartner (Regie): „303“

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Im Zeichen des 100. Ufa-Jubiläums hat Wolfgang Jacobsen einen schmalen Band über einen der großen deutschen Filmmogule des 20. Jahrhunderts vorgelegt. Erich Pommer (1889-1966) aus einer jüdischen Hildesheimer Händlerfamilie ging nach einer kaufmännischen Ausbildung vor dem Ersten Weltkrieg zum Film, lernte bei Verleih und Produktion. Er musste in den Krieg, wo er wie, auch später immer wieder, antisemitischen Vorbehalten ausgesetzt war. Im Feld grassierte das Wort von der „jüdischen Drückebergerei“.
Als Chef der Filmfirma DECLA führte Pommer diese nach dem Krieg in die Ufa, deren Direktor er für einige Jahre wurde. Ihn zeichnete thematische Risikobereitschaft aus, auch formal. „Kinematografie ist Bewegung“ war sein Crédo, und er legte Wert darauf, die Kameraarbeit weiterzuentwickeln. Unter seiner Direktion entstanden Meisterwerke wie „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1919), „Der letzte Mann“ (1924), „Metropolis“ (1926/27), „Der blaue Engel“ (1930) und Tonfilmoperetten wie „Die 3 von der Tankstelle“ (1930) sowie „Der Kongress tanzt“ (1931). Pommer arbeitete unter anderem auch in Frankreich und England und wurde mit Beginn der Tonfilmzeit um 1930 ein Wegbereiter internationaler Co-Produktionen. Als er aufgrund seiner jüdischen Abstammung 1933 aus der Ufa hinausgeworfen wurde, konnte er aufgrund seiner Kontakte einige Filme im europäischen Ausland drehen. In den USA hatte er weniger Erfolg, zeichnete sich aber dadurch aus, dass er Dorothy Arzner als einer der wenigen Regisseurinnen ein Stück Weges ebnete.
Als amerikanischer Filmoffizier kehrte Pommer nach Kriegsende nach Deutschland zurück. Es war für ihn schwierig, mit einstigen Tätern zusammenzutreffen, denen er einst kollegial verbunden war, wie dem Nazi-Mitläufer Emil Jannings.
Jacobsen konnte Pommers Korrespondenz auswerten und wartet mit interessanten Zitaten auf, die viel von Pommers Haltungen offenbaren.

Wolfgang Jacobsen: Erich Pommer – Filmproduzent zwischen Kunst, Industrie und Unterhaltung, Jüdische Miniaturen Band 208, Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2017, 82 Seiten, 8,90 Euro.
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Anton Spieker und Mala Emde als Jan und Jule in Hans Weingartners Film „303“ © Alamode Film

Ob der kleine (aber nicht kurze) Film „303“ von Hans Weingartner das Zeug zum Klassiker hat, muss sich noch herausstellen. Es ist ein sympathisches Road-Movie, in dem die Studentin Jule (Mala Emde) den gleichaltrigen Studenten Jan (Anton Spieker) mit ihrem Wohnmobil von Berlin zur iberischen Halbinsel mitnimmt. Sie kannten sich vorher nicht und kommen sich natürlich näher, näher als sie vorhatten. Weingartner (bekannt durch „Die fetten Jahre sind vorbei“) hat ihnen ins Philosophische zielende lange Gespräche geschrieben, die in der ersten Filmhälfte manchmal hörspielartig bleiben. Die jungen Schauspieler meistern dies, und als nicht ganz anspruchsloser Zuschauer ist man froh, einem Meinungsaustausch in einem Mercedes 303 (daher der Titel!) beizuwohnen, der sich mit dem Charakter des Kapitalismus und dem Wettbewerb der Systeme beschäftigt und nicht im pubertären Geschwafel über den Sinn des Lebens steckenbleibt.

„303“, Regie: Hans Weingartner. Derzeit in ausgewählten Kinos.
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Dieser Artikel erschien vor ein paar Tagen in  Das Blättchen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Bilder, Videos und Bildunterschriften wurden von der Redaktion AmericanRebel hinzugefügt.
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