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Medien Mosaik

– Dok-Film: „Rhinland. Fontane“, Regie Bernhard Sallmann
– Ausstellung:
„Stets erlebe ich das Falsche“. Der alternative Künstlerreport von „Harald Kretzschmar.

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Der österreichische in Berlin lebende Regisseur Bernhard Sallmann machte sich schon vor viei Jahren im Strudengau auf Spurensuche von August Strindberg.

Der Österreicher Bernhard Sallmann ist Wahlberliner und erkundet seine neue erweiterte Heimat seit Jahren filmisch. Er war in der sächsischen und brandenburgischen Lausitz und hat nach „Oderland. Fontane“ nun mit „Rhinland. Fontane“ seinen zweiten Film über die Mark Brandenburg als sein eigener Kameramann gedreht. Er führt unter anderem nach Rheinsberg, Menz und Meseberg, zeigt aber keine Reiseführerbilder. Sallmann will seine Zuschauer entschleunigen, baut lange Einstellungen, die nachdenklich werden lassen.
Im neuen Film korrespondieren die Landschaftsbilder mit Auszügen aus Theodor Fontanes erstem Band der „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Man erfährt über die Akkord-Arbeit von Torfstechern, wird an den dreißigjährigen Krieg erinnert, hört Berichte einer Feuersbrunst und über Prinz Heinrichs „Günstling“, dessen Verhältnis mit seinem Bruder Friedrich II. beendet sehen wollte.

Alles mit der Stimme von Judica Albrecht (die auch in Sallmanns erstem Fontane-Film sprach). Hier stutzt der Rezensent. Ist es eine Geschmacksfrage, dass er mit ihr nicht warm werden kann? Obzwar die Sprecherin über eine reife Stimme und weitgehend fehlerfreie Aussprache verfügt, so wäre eine warme, angeraute Männerstimme den Fontane-Texten doch angemessener gewesen. Man stellt sich vor, welchen Eindruck etwa Eberhard Mellies oder Udo Kroschwald hervorgerufen hätten! Aber Frau Albrecht hat nichts falsch gemacht, und so bleibt es wohl eine Sache des persönlichen Hinhörens.
Schließlich gibt es auch Pausen, in denen allein die Bilder wirken, und das tun sie denn auch ohne Kommentar! Bloß schade, dass das Geld nur für 67 Minuten reichte und der Film recht abrupt endet.

„Rhinland. Fontane“, Regie Bernhard Sallmann, ab 12. April in ausgewählten Kinos.
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Harald Kretzschmar sieht sich – kann man es ihm verdenken? – lieber analog als digital gelesen. Darum ist der frühere Blättchen-Autor hier leider nicht mehr zu erleben. Und obwohl er in halb Deutschland (vielleicht in der besseren Hälfte?) als Karikaturist weit bekannt und hochgeschätzt ist, wissen vielleicht nur nd-Leser wirklich, dass er auch ein geschichtskundiger Autor von philosophischen Graden ist. Nach „Treff der Originale“ (siehe Blättchen 11/2016) hat er nun im Quintus-Verlag ein ebenso schönes Buch vorgelegt. Der Band „Stets erlebe ich das Falsche“ hätte auch „Vorbildner“ heißen können, beschreibt er doch aus individueller Sicht Menschen, die ihn in frühester Jugend bildeten, und Zeichner, die vor oder neben ihm tätig waren und ihm etwas bedeuteten: e.o.plauen (Erich Ohser), Josef Hegenbarth, Carl Holtz, Carl Sturtzkopf, Herbert Sandberg.
Der Dresdner Junge Kretzschmar war nach seiner Studienzeit seit den fünfziger Jahren ein gefragter Pressezeichner, dessen treffende Porträtstudien im Eulenspiegel ihm durchaus Popularität einbrachten. In diesem Band lässt er auch hinter die Kulissen der Satirefabrik der DDR blicken, beschreibt die Arbeit von Kollegen wie Erich Schmitt, Karl Schrader, Henry Büttner, Heinz Behling, Barbara Henniger oder dem „Deutsch-Spanier“ Willy Moese kunstverständig und mit gesellschaftlichen Akzenten, Hintergründen, die unbekannt sind.
Als exzellenter Zeichner wurde er (in kleinem Rahmen) Karikaturen-Funktionär und hatte Begegnungen mit Boris Jefimow, Tomi Ungerer, Loriot oder Herluf Bidstrup, deren Wirken er nicht nur in ihrer politischen Dimension beschreibt. Auch seine eigenen Feigheiten und Irrtümer nimmt er nicht aus, ohne sich unbotmäßig Asche aufs Haupt zu streuen. Immerhin kam er auch Polit-Größen wie Erich Honecker halbwegs nahe. Dessen Porträt beschließt den Band, der mehr als fünf Dutzend  ganzseitige Porträtkarikaturen derer enthält, von denen Kretzschmar aufschlussreich und unterhaltsam zu erzählen weiß.

Harald Kretzschmar: Stets erlebe ich das Falsche. Der alternative Künstlerreport, Quintus-Verlag, Berlin 2017, 240 Seiten, 20,00 Euro.
„Harald Kretzschmar. Zeichner und Sammler“, Ausstellung im Wilhelm Busch-Museum Hannover, 14. April – 1. Juli 2018.
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Aus Das Blättchen vom 9. April 2018, mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Bilder, Videos und Bildunterschriften wurden von der Redaktion AmericanRebel hinzugefügt.
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