Harry Popow

Gefragter Visionär

Buchtipp: „Staatsfeind bis heute“ von Gunter Pirntke
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Harry Popow

Wir sind ja so frei in unserem Land unter dem Motto „Weiter so“. Die Große Koalition verspricht keinen dauerhaften Frieden, plant höhere Rüstungsausgaben und gedenkt, das Volk wie einst in zwei Kriegen, wieder einmal zur Schlachtbank zu führen. Ja, wir sind so frei, dass jeder seine Meinung sagen darf, nicht nur die AFD, sondern auch die Publizisten im Bildband „Auf den Spuren GROSSER DEUTSCHER“ vom Verlag Wolfgang Kunth GmbH & Co KG. München. Dort prangt in großen Lettern auf Seite 188 der berühmte Satz: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“

Angesichts von Gefahren, weltweit, tut es Not, auf das Wort Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse allerhöchsten Wert zu legen sowie auf das Wort Ursachen von Kriegen und Faschismus. Es sind die beiden Erkenntnisse gewinnenden Wörter, die den Gegenwärtigen nicht mehr von den Lippen kommen, desto größer das weltweite Bedürfnis nach Alternativen.

Einer, dem dies am Herzen liegt, ist Gunter Pirntke mit seinem 2017 veröffentlichten Buch „STAATSFEIND BIS HEUTE“. Auf dem Cover das Bildnis von Karl Marx.

Mit einem sehr verständlichem Schreibstil und gut lesbarer Schrift spannt der Autor den Bogen von der Frage, was Kapitalismus sei, über die Jagd der preußischen Geheimpolizei auf Marx und Engels, über die Bedeutung der Industriealisierung Englands für das Wachsen des Proletariats, über den schwierigen und aufopferungsvollen Erkenntnisweg von Marx und Engels, über die Frage von Bündnissen und zur marxschen Theorie, über die Behandlung der Klassiker in der DDR bis zu Denkanstößen für die Weiterentwicklung der weltverändernden Theorie. Dieses Buch – das sei vorausgesagt – ist ein Geschichts- und Philosophieabriss allererster Güte mit entsprechendem Tiefgang.
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Strukturen hinter dem Augenschein

Bereits auf Seite 5 trifft der Autor eine überaus wesentliche Feststellung, die aktueller nicht sein kann: „Marx´ Interesse galt den Strukturen hinter dem Augenschein. Er wollte von der `Erscheinungsform` zum ´Wesen der Dinge´ durchdringen. Betont wird auf Seite 43, Marx und Engels betrachteten die menschliche Geschichte nicht als Entwicklungsgang des Geistes, sondern „als Geschichte menschlicher Praxis und der sozialen Beziehungen. Daraus folgernd sei die Grundlage für das Denken und Handeln der Menschen die Produktion der „unmittelbaren materiellen Lebensmittel und damit die jedesmalige ökonomische Entwicklungsstufe…“ (S. 114) Fundamental diese Erkenntnis von Marx, der „tief in das Getriebe der kapitalistischen Waren-Gesellschaft“ blickte, siehe Seite 157: „Das Privateigentum an Produktionsmitteln ist nach Marx dabei die Quelle allen Übels. Sie führt zur sogenannten Klassengesellschaft und schafft nur dem Besitzer einen Mehrwert, von dem der Arbeiter nichts hat.“

Was sei aus dem Werk der Klassiker geworden, aus dem Kapital, das alles erklären könnte, in dem aber nicht steht, dies und jenes müsst ihr tun, und so wird sie sein, „die künftige bessere Welt“. (S. 150) Doch Gunter Pirntke stellt nach dem folgenschweren Niedergang des sozialistischen Systems und der Absage an die Idee des Kommunismus auf Seite 154 beruhigend fest, dass diese Idee wieder für eine „neue Generation von Philosophen, Künstlern und politischen Aktivisten wieder interessant“ geworden sei. „Sie suchen Antworten, ob es eine Alternative zum Kapitalismus gibt, seit die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/2009 das Bankensystem an den Rand des Zusammenbruchs geführt hat“.

Wenn festgestellt wurde, dass die kapitalistischen Produktionsverhältnisse, als das Privateigentum an Produktionsmitteln, das Ausschlaggebende waren und sind für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft, dann darf es nicht verwundern, dass das Kapital gegen das „Verbrechen der DDR“ und der gesamten einstigen Welt des Sozialismus mit Lügen und Diffamierungen bis in die Gegenwart mit zunehmender kriegerischer Schärfe zu Felde zieht. „Der Kapitalist tut, was er tut, um zu bleiben, was er ist. Er bleibt sozial das Geschöpf der Verhältnisse, ´sosehr er sich subjektiv auch über sie erheben mag´.“ (Seite 105)
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Fundgrube für Generationen

Das Werk der Klassiker des Marxismus, so lesen wir auf Seite 99, sei eine Fundgrube für Generationen, von dem eine gewaltige Sprengkraft ausgeht, so heißt es an anderer Stelle. Das betrifft die notwendige – bislang ungenügend weiterentwickelte Theorie des Marxismus anhand der strengen ökonomischen und politischen Analyse des Zustandes der Welt als auch die Organisierung der widerständigen Kräfte, nicht nur der Arbeiterklasse.

So gesehen ist dieses Buch von Gunter Pirntke ebenfalls eine Fundgrube, um nicht nur den Zustand unserer zerrissenen Welt tief gedanklich auszuloten, sondern auch für eigenes Handeln Schlussfolgerungen zu ziehen. Da möge jeder tun, was er kann, wobei die Sucht nach Erkenntnisgewinn wie bei Marx und Engels durchaus als Antrieb eigenen Strebens dienen möge. Von der Erscheinung in die Tiefe dringen, darum geht es. Es ist das, was der Kapitalelite und ihrer politischen Marionetten nie in den Sinn kommen wird. Bei Strafe des eigenen Untergangs, der ohnehin unvermeidlich sein wird. Der heute lebende Marx stünde längst unter Beobachtung des Bundesverfassungsschutzes, seine Werke aber werden leben müssen – ebenfalls bei Strafe des Unterganges, aber nicht nur der obersten Herrscherkaste.

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Autor Gunter Printke

Gunter Pirntke: „Staatsfeind bis Heute“,
Taschenbuch: 160 Seiten, Verlag: Independently published (10. Oktober 2017),
Sprache: Deutsch, ISBN-10: 1549939351, ISBN-13: 978-1549939358,
Größe: 14 x 1 x 21,6 cm,
Preis: 7,50 Euro

Über Gunter Printke: Studierter Staats- Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler.
Seit 2000 auch Autor. Dozent an den Universitäten und Hochschulen des Freistaates Sachsen.
Mit seinen Büchern mehrfach in den Bestsellerlisten.
Inhaber des BROKATBOOK Verlag
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