MAZ 22.09.1998

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Der Junge aus Colorado

Der Sänger Dean Reed wäre heute 60 geworden/Sein Tod ist immer noch mysteriös

von Siegfied Skoluda

"Bloody Heart", der Indianerfilm über die Ereignisse von Wounded Knee, wurde nicht gedreht. Am 24. Juni 1986, als auf der Krim die Aufnahmen für "Gefährliche Nähe" (so der deutsche Titel) beginnen sollten, gab man in Berlin dem freiwillig aus dem Leben geschiedenen Dean Reed, dem Autor, Regisseur und Hauptdarsteller dieses Stoffes, die letzte Ehre. Viele Künstler und Verehrer, junge Mädchen und alte Frauen saßen blass und stumm und lauschten ergriffen dem wehmütigen Gesang über die Lautsprecheranlage. Man musste diesen großen Jungen aus Colorado einfach gern haben.

Ein "tragischer Unglücksfall"

Traurig gingen alle. Traurig und mit bangen Fragen jene, die nichts anderes lasen und hörten als "tragischer Unglücksfall", der sich bereits am 13. jenes Monats ereignete. Warum gab es nur diese zusammengezimmerte Meldung? Warum begegnete man nicht jenen Flüsterparolen, Reed sei ein KGB- bzw. CIA-Agent, er sei rauschgiftsüchtig, ja, er sei ermordet worden?

Vor 60 Jahren - am 22. September 1938 - wurde Dean Reed in Colorado, USA, geboren. Bereits mit 19 Jahren erhielt er einen Siebenjahresvertrag als Sänger von Liedern, die er selbst komponierte. Sein Schlager: "Summerromance" wurde ein Hit. In Südamerika wurde er in allen Rundfunkstationen mehrmals tälich abgespielt. Dies verführte Reed dazu, immer dort zu sein, wo er gerade am populärsten war. Schwand seine Popularität, zog er weiter. Chile, Argentinien, Italien, DDR. Recht früh erkannte er: Singen allein genügt nicht. Man braucht ein Image. Er fand seins schnell: politischer Rebell! Das war 1969, als er in Chile symbolisch die amerikanische Flagge wusch und damit Allende zum Wahlsieg mit verhalf.

Auf der Helsinkifriedenskonferenz - Reed war Mitglied der argentinischen Delegation - entdeckte er seine Liebe zur Sowjetunion. Er wollte fortan ein Johnny Cash des Kommunismus werden, wurde aber zunächst Italo-Western-Held in acht Filmen und reiste nur zu einem Kurzgastspiel nach Moskau. Reed: "Damals war ich im Ostblock schon ein großer Star, war also in der Sowjetunion, in Prag und Warschau. Nur die DDR hatte mich noch nicht reingelassen." Dies geschah 1971 zu einem Filmfestival, 1972 kommt er dann mit Angela Davis, bleibt und spielt die Hauptrolle in Celino Bleiweiß' Defa-Film "Aus dem Leben eines Taugenichts". Gerade dies nahmen ihm nicht wenige Fans bereits übel. Zudem hätte man lieber einen Frank Schöbel als Taugenichts gesehen oder gehört, einen der deutsches Liedgut ohne angelsächsischen Akzent singt.

Mit der Mentalität hatte Reed fortan Probleme. Nur wenn er die Gitarre nahm und "We shall overcome" sang, entfesselte er einen Choral, in den alle Zuhörer einstimmten. Die kalte Schulter boten sie ihm immer deutlicher, wenn er den Friedenskämpfer rauskehrte und sich dazu noch beklagte, er habe immer weniger zu kämpfen und setze Speck an.

Stimme und Gitarre als Waffe zu wenig

Er sei als Revolutionär geboren, das Image vom einstigen Cowboy in der DDR zöge nicht, und schließlich seien Stimme und Gitarre als Waffe zuwenig. Seine Freunde Che Guevara und Allende tot - da blieb nur noch Yasser Arafat, den er 1973 in der DDR kennenlernte und gelegentlich in Beirut besuchte. So verließ er jährlich einmal heimlich sein Häuschen vor den Toren Berlins, reiste in den Libanon, ging zur PLO und vertauschte seine Gitarre mit der Kalaschnikow.

In der DDR war Reed ein reicher Mann. Aber mit dem Ostgeld konnte er sich kaum eine Reise in die USA-Heimat leisten. Und reiste er und rebellierte, geriet er hinter Gitter, seltsamerweise immer nur für eine Nacht. Eine Nacht, so vermutete man angeblich in Stasi- und KGB-Kreisen, die ausreichte, um gesammelte Informationen unbemerkt an den CIA weiterzugeben.

Darauf hier im Lande angesprochen, reagierte er recht ungehalten und zeigte allen die vom CIA über ihn geführten Dossiers. Das reichte manchem nicht, eine gewisse Skepsis blieb fortan und hält sich noch bis heute. Es ließ sich gut leben als Revolutionär in der DDR, im Vorruhestand. Nur: Der geschmückte Weg mit rotem Teppich und klatschenden Fans wurde enger und enger.

Zum Pfingsttreffen der FDJ in Berlin 1986 wurde er nicht mal mehr eingeladen. Die in der ČSSR zuletzt produzierte LP fand keinen Käufer. So saß er oft und lange in seinem Arbeitszimmer im Häuschen am See, schrieb das Szenarium und dann das Drehbuch für Bloody Heart. Und hatte viel Zeit, über seinen sinkenden Stern nachzudenken und zu grübeln. Eigentlich wäre es längst an der Zeit, das Land DDR zu verlassen und dorthin zu ziehen, wo es mehr Fans gab.

Doch die Behörden in der UdSSR gaben sich betont bürokratisch. Man müsste es durch eine Hintertür versuchen - eben durch eine Co-Produktion zwischen der Defa und dem Rigaer Filmstudio. Ob aber seine Frau solche Pläne guthieß, ist kaum vorstellbar.

Am späten Abend des 12. Juni 1986 rief Dean Reed den Produktionschef seines Films an. Er wollte mit ihm noch einige Details beraten. Produktionsleiter List murrte zwar: "Typisch Dean", machte jedoch Kaffee, ein paar belegte Brote und eine provisorische Schlafstätte fertig und wartete. Reed kam aber nicht. Er suchte sich einen bekannten Bootssteg - an dem übrigens auch Szenenteile für "Bloody Heart" gedreht werden sollten - und ging dort am See seinen Gedanken nach.

Zu den angesetzten Probeaufnahmen in Babelsberg am nächsten Tag erschien nur Renate Blume-Reed und war etwas verärgert, weil ihr Mann fortgeblieben war und nun auch nicht pünktlich im Atelier erschien. Tags darauf auch nur Telefonate. Man suchte ihn heimlich auf Hiddensee und vermutete ihn schließlich bei einem Freund in Karl-Marx-Stadt. Es wurde eine Kompanie Kasernierter eingesetzt, die die nähere Umgebung absuchte.

Obwohl Reed nicht als suizidgefährdet galt, erwog man inzwischen auch dies. Denn wenige Tage zuvor - die Eifersucht plagte ihn mal wieder - fuchtelte er mit einer Machete, ein Geschenk chilenischer Bauern, herum und ritzte sich damit, angeblich völlig gefahrlos, Schrammen an den Handgelenken.

Keine Gewalt feststellbar

Am 16. Juni sahen Urlauber auf einem Spaziergang am Bootssteg einen weißen Volkswagen und beachteten ihn kaum. Jedoch einen Tag später stand das Auto immer noch an derselben Stelle und immer noch mit geöffneter Fahrertür und offenliegenden Papieren. Wenige Stunden später bargen Taucher der Feuerwehr den ertrunkenen Reed aus dem flachen Wasser.

Die Gerichtsmediziner fanden keine äußeren oder inneren Anomalien, konnten keine Gewaltanwendung feststellen. Auf Wunsch wurde sogar eine weitere Obduktion vorgenommen. Ergebnislos. Es muss deshalb angenommen werden, dass Dean Reed seinem Leben selbst ein Ende setzte.

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Letzte Änderung: 2014-03-06