Filmstart.biz August 2007

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Der Rote Elvis

5 von 6 Sternen

Erich Honecker und das Zentralkomitee der SED klatschen begeistert zu den Rock-Songs ihres "Lieblingseinwanderers" Dean Reed. Eine kurios anmutende Szene - denn wann konnte die DDR schon mal jemand feiern, der freiwillig den Kapitalismus gegen den real existierenden Sozialismus eintauschte?

Der Dokumentarist Leopold Grün ist nun in seinem Film Der Rote Elvis dieser Frage und anderer Widersprüchlichkeiten im Leben Dean Reeds nachgegangen. Herausgekommen ist das spannende Porträt eines Sängers und Schauspielers, der auszog, um seine Stimme und Gitarre als Waffe gegen die Unterdrückten dieser Welt zu erheben und der sich andererseits von den sozialistischen Machthabern für ihre Zwecke einspannen ließ.

So ganz wurde man aus dem 1938 in Denver als Dean Cyril Reed Geborenen nicht schlau. Äußerlich verkörperte der "best looking man in the world" das Klischee des idealen US-Boys, dem eigentlich Hollywood zu Füßen liegen müsste. "Denn was unterscheidet ihn eigentlich von Brad Pitt oder Tom Cruise, die auch keine großen Schauspieler sind und nur das Glück haben, in großen Produktionen und guten Geschichten mitzuwirken", erinnert sich Armin Mueller-Stahl.

Doch der "singende Cowboy" mit der "verwässerten Elvis-Stimme" entschied sich zu einer Südamerika-Tournee, wo er tatsächlich den King of Rock'n'Roll vom Thron stieß. Sein Schauspiellehrer in Los Angeles, Paton Price, ein Kriegsdienstverweigerer, hatte ihn da schon gelehrt, politisch-soziale Zusammenhänge zu erkennen. Und so fiel seine Begegnung mit den gesellschaftlichen Missständen in Südamerika auf fruchtbaren Boden. Er lernte Spanisch und kehrte nach Argentinien und Chile zurück. In Buenos Aires bekam er eine eigene Fernseh-Show, drehte Filme und unterstützte in Chile mit unentgeltlichen Konzerten vor Arbeitern und in Gefängnissen Salvador Allendes Wahlkampf. Obwohl er sich niemals der kommunistischen Partei anschloss, kultivierte er fortan das Image des "Revolutionärs mit der Gitarre", tourte als erster US-Sänger durch die Sowjetunion, ließ sich in inniger Umarmung mit Palästinenser-Führer Arafat ablichten.

Nach einer Reihe Spaghetti-Western siedelt er 1972 in die DDR über und wird dort zum gefeierten Star des Sozialismus. Er heiratet die Lehrerin Wiebke, mit der ein gemeinsames Kind hat. Aber als Vater und Ehemann offenbart er zwischenmenschliche Defizite, die im krassen Gegensatz zu seinen sozialen Botschaften stehen. Auch vor den DDR-Realitäten verschlie&slig;t er die Augen, beteiligt sich nicht am Protest seiner Künstler-Kollegen gegen die Ausweisung Wolf Biermanns.

Die Ehe, die auch von seiner zwanzig Jahre währenden Liebschaft mit der estischen Schauspielerin Eve Kivi und einer langjährigen Liaison mit der Ostberliner Ärztin Maren Zeidler überschattet war, ging 1981 in die Brüche, als er sich bei Dreharbeiten in seine Kollegin Renate Blume verliebte. Diese auch nicht von dauerhaftem Glück getragene Beziehung - Renate weigerte sich, ihm zurück in die USA zu folgen - wurde durch den angeblichen Selbstmord Deans im Juni 1986 beendet. Kurz vor Beginn der Dreharbeiten zu einem von ihm geschriebenen Film über die Konfrontation indianischer Gruppen mit dem FBI am geschichtsträchtigen Wounded Knee im Jahre 1973, wird er tot aus einem See am Rande von Ost-Berlin gezogen. Das lässt viele an eine Verschwörung der US-Geheimdienste glauben, denen er schon immer suspekt war.

Grüns Film bohrt aber nicht in dieser Mordtheorie herum, interessiert sich mehr für die schillernde Persönlichkeit seines Protagonisten. Er entlockt seinen Wegbegleitern wie den Regisseuren Celino Bleiweiß und Günter Reisch und den Zeitzeugen von Isabell Allende bis Egon Krenz Erhellendes über den "roten Elvis".

Renate Blume bekommt er nicht vor die Kamera, muss auf Interviews aus den 80er Jahren zurückgreifen. Aber Maren Zeidler und Wiebke Reed zeichnen ein differenziertes Bild ihres ehemaligen Lebensgefährten, kritisch, aber immer auch von Verständnis und Zuneigung getragen. Dieser Respekt durchzieht auch den ganzen Film, dessen filmische Zeitdokumente, aktuelle Interviews, Spielfilm- und Konzert-Ausschnitte sich zu einem genauso unterhaltsamen wie informativen Porträt eines naiven, revolutionären und liebenswerten Troubadours verbinden. RRH

D 2007. Regie und Buch: Leopold Grün. Mit: Dean Reed, Isabell Allende, Armin Mueller-Stahl, Wiebke Reed, Celino Bleiweiß, Egon Krenz. Neue Visionen. 90 Min. Ab 2. August 2007 im Kino.

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Letzte Änderung: 2011-11-25