Sächsische Zeitung 17.06.2011

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Der tragische Rebell

Von Oliver Reinhard

Vor 25 Jahren nahm sich der Sänger und Schauspieler Dean Reed das Leben - es war das Ende eines naiven Visionärs.

Am Ende war er wirklich so allein, wie er sich schon lange gefühlt hatte. Nach einem von zahllosen Ehestreits verließ Dean Reed sein Haus in Rauchfangswerder am Zeuthener See bei Berlin. Zwei Tage drauf wurde sein weißer Lada entdeckt, direkt am Ufer. Im Inneren lag ein Filmdrehbuch. Auf den Rücken der ersten 15 Seiten: ein Abschiedsbrief. Es dauerte noch einmal zwei Tage, bis zum 17. Juni 1986, dann fand man auch den Absender. Dean Reed trieb im flachen Wasser des Sees. Anders als ein paar Tage zuvor, als er sich vor seiner Frau mit einer Machete den Arm aufritzte, wollte er diesmal wirklich sterben: "Ertrinken unter toxischer medikamentöser Beeinflussung" heißt es im Obduktionsbericht. Dean Reed hatte Schlaftabletten genommen, bevor er ins Wasser stieg und ein bewegtes Leben zur Ruhe kam.

Doch bei aller Bewegung; in einem hat sich der am 22. September 1938 im amerikanischen Denver Geborene nicht verändert. Schon als zwanzigjähriger Rock'n'Roller machte er aus seiner Weltanschauung keinen Hehl. "Ich bin Marxist, was auch immer ich singe", hat Reed später bekannt. "Und ich wirke überzeugender als Marxist, je besser ich als Showman bin." Noch im Abschiedsbrief grüßte er Honecker: "Ich bin nicht mit alles einverstanden, aber Sozialismus ist noch nicht erwachsen. Es ist die einzigste Lösung für die Hauptprobleme für die Menschheit der Welt."

Opfer seiner Inszenierung

Früh zog es den Schauspieler und Sänger nach Südamerika, wo er seit 1962 lebte, in Chile, Mexiko und Argentinien. Dort lernte er das Elend unterdrückter Massen kennen, wurde zum Freiheitskämpfer und setzte seine immense Popularität ein. Reed warb für Chiles sozialistischen Präsidenten Allende, unterstützte Arafat, protestierte gegen US-Politik, Atomwaffen, Krieg, und kam immer wieder in Haft.

Auch in der Sowjetunion und Osteuropa wurde er zum Superstar. 1971 lernte er in Leipzig seine zweite Frau kennen. Ein Jahr später übersiedelte er in die DDR, die den prominenten Überlauf aus Überzeugung als willkommenen Propagandacoup ausschlachtete. Jahrelang hatte der attraktive und jungenhafte Dean Reed Erfolg, etwa als Hauptdarsteller in "Aus dem Leben eines Taugenichts", mit Gojko Mitic in "Blutsbrüder", später als Regisseur von Filmen wie "El Cantor" und "Sing, Cowboy, sing". In den Achtzigern aber, inzwischen verheiratet mit Renate Blume, begann sein Stern zu sinken. "Sein Erfolg im Osten machte ihn blind für Ungerechtigkeit und Unterdrückung im eigenen Land", urteilt sein Biograf Stefan Ernsting. "Viele empfanden ihn inzwischen als lächerlichen Anpasser und narzisstischen Salon-Bolschewiken", der ausgiebig seine Reisefreiheit nutzte und zugleich die Mauer verteidigte. "Er wurde zum Opfer seiner eigenen Inszenierung", glaubt Ernsting.

Seine Auftritte wurden weniger, die Plattenverkäufe ebenfalls, der Schauspieler war nicht mehr gefragt. Allmählich, so scheint es, kam Dean Reed die Heimat abhanden. Er wurde verschlossener, unzufriedener, trauriger. 1984 singt er in "Ein Kessel Buntes" ein Sehnsuchtslied an seine "Mama". Er wollte zurück. Zurück nach Amerika. Doch seine Frau wollte nicht mit - und er tat alles, um ebenfalls nicht zu dürfen: Im April 1986 verglich er im US-Fernsehen Präsident Reagan mit Stalin, verteidigte wieder einmal die Mauer - und diskreditierte sich endgültig.

Dass sein lange vorbereitetes neues Filmprojekt endlich anlief, hat ihn nicht mehr trösten können. Fünf Tage vor Drehbeginn ging er in den See.

"Ja, vielleicht war er naiv", sagt Leopold Grün, dessen Dokfilm "Der Rote Elvis" gestern im Fernsehen lief. "Aber er hatte ehrliche Visionen und wollte sie verwirklichen. Das macht den großen Reiz seiner Figur aus." Nüchtern betrachtet, liest sich Reeds Leben wie ein packendes Buch, wie eine große Tragödie. Das findet auch US-Schauspieler Tom Hanks, der sich 2003 die Rechte an der Geschichte sicherte. Unlängst erst hat er bestätigt, immer noch an dem Projekt zu arbeiten. Doch sein Vertrag mit Reeds Hinterbliebenen ist inzwischen ausgelaufen, seither haben sie nichts mehr von Hanks gehört.

1991 wurde die Urne von Dean Reed auf Wunsch der Familie von Deutschland nach Boulder im US-Bundesstaat Colorado überführt. "American Rebel" steht auf seinem Grabstein. Es hätte ihm gefallen.



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Letzte Änderung: 2011-06-27