Mitteldeutsche Zeitung 07.08.2007

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Mit Gewehr und Gitarre

Leopold Grün zeichnet mit "Der Rote Elvis" ein Porträt von Dean Reed - Fragen bleiben offen

Von unserem Redakteur Andreas Hillger

Halle/MZ. Seine Lieblingshaltung hatte er im Libanon gefunden: Die Maschinenpistole in der Linken, den Gitarrenkoffer in der Rechten - und dann dem Gegner oder den Genossen entgegen. Dass er so im Ernstfall weder schießen noch spielen konnte, war Dean Reed vermutlich bewusst. Aber dass er weder die Waffe des Revolutionärs noch das Instrument des Künstlers loslassen wollte, zeigt die innere Zerrissenheit dieses "roten Elvis".

Leopold Grüns Dokumentarfilm, der 21 Jahre nach dem frühen Tod des Amerikaners im Zeuthener See nun für viel Aufsehen sorgt, entlehnt diese Aufnahmen aus "American Rebel" von Will Roberts. Doch anders als dieser Streifen, der 1985 [1986, Anm. d. Webmasters] auch beim Leipziger Dokumentarfilm-Festival gezeigt worden war, will diese neuerliche Annäherung ausdrücklich nicht Partei ergreifen. Aus der Konfrontation von Zeitzeugen und
-zeugnissen soll jeder Zuschauer sein eigenes Bild gewinnen. Dass der 1968 in Dresden geborene Autor daher auf jeden Kommentar verzichtet, ist jedoch eine folgenschwere Entscheidung.

Dies zeigte sich auch am Sonntagabend im halleschen "Lux"-Kino, wo Grün und sein Cutter Dirk Uhlig das Gespräch mit dem Publikum suchten. In dem von Andreas Montag - dem Kultur-Ressortleiter der Mitteldeutschen Zeitung - moderierten Forum wurden genau jene Fragen gestellt, die der Film offen lässt. Und gerade weil es dafür klare Antworten gibt, vermisste man diese rückwirkend umso mehr.

Der eklatanteste Fall: Eine große, wohl auch heikle Rolle im Leben des Sängers und Schauspielers, der 1972 in die DDR gekommen war, spielte seine zweite Ehefrau Renate Blume. Die Schauspielerin wird im Finale zwar mit der Zeugenaussage aus der polizeilichen Untersuchung zum Suizid ihres Mannes zitiert, der sie kurz vor seinem Tod nach einem heftigen Streit verlassen hatte. Warum sie jedoch als Interviewpartnerin im Film nicht auftaucht, während Reeds erste Frau Wiebke ausführlich Auskunft gibt, wird nicht erklärt. Die Vermutung, dass Renate Blume-Reed das Gespräch verweigerte, liegt nahe.

Also wäre der Hinweis, dass sie einen Exklusiv-Vertrag mit Hollywood-Star Tom Hanks unterzeichnet hat, als der sich 2003 die Rechte für einen biografischen Spielfilm über Dean Reed sicherte, dringend geboten - ebenso wie ein Beleg für die Rolle, die Maren Zeidler angeblich in Reeds Leben spielte. Diese Frau, die Grün erstmals zu Wort kommen lässt, war offenbar über einen langen Zeitraum Seelsorgerin und Geliebte des Exilanten.

Wie das Team dieser wichtigen Zeugin auf die Spur kam, bleibt unerklärt wie der Verzicht auf das gesamte amerikanische Vorleben des 1938 in Lakewood (Colorado) Geborenen. Im Gespräch erfährt man über Grüns Kontaktaufnahme zu Frau Zeidler wie über die schlechte Quellenlage zu Reeds Kindheit und Jugend - warum nicht im Film?

Was das Werk dennoch zu leisten vermag, sprach Andreas Montag stellvertretend für seine Generation aus: Angesichts der Bilder habe er sich an die Jahre zwischen dem chilenischen Militärputsch 1973 und der Biermann-Ausbürgerung 1976 erinnert - jene kurze Spanne zwischen der Solidarität mit fremden Unterdrückten und der Erfahrung eigener Unterdrückung. Dass auch Reed diese Zeit entscheidend prägte, glaubt man dank der Aufnahmen mit Salvador Allende und der Aussage von Armin Mueller-Stahl sofort. Dass er sich der zu jener Zeit längst verschwommenen Grenze zwischen Pop und Politik aber von der Seite des kreativen Träumers her genähert hatte, sorgte für seine naive bis sentimentale Position.

Die ist dem Filmemacher Grün übrigens nach eigener Auskunft nicht ganz geheuer - weswegen er Dean Reeds Lieder über weite Strecken durch den Soundtrack der Band Monomango ersetzt. Da wird durch Verzicht dann doch kommentiert, während das Rätsel der im Film gezeigten Grabsteine in Rauchfangswerder und Boulder (Colorado) ungelöst bleibt. Dabei ist es so einfach: 1991 ließ die Mutter Dean Reeds Asche in die USA überführen. Dort trifft Grün im Film eine junge Russin, die später schluchzt: "Er erhellte unser stumpfsinniges und trauriges Leben."

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Letzte Änderung: 2008-07-29