Junge Welt 15.05.1973

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Eine Lanze für die Romantik?

Zu dem "Taugenichts"-Film der DEFA mit Dean Reed

Zweimal hat die DEFA es gewagt, und das kurz hintereinander: ein literarisches Werk der deutschen Romantik zu verfilmen. Zu "Die Elixiere des Teufels" nach E.T.A. Hoffmann habe ich mich an dieser Stelle erst kürzlich geäußert (siehe JW vom 17. April); "Aus dem Leben eines Taugenichts", nach der Textvorlage von Joseph von Eichendorff "frei" entstanden, ist aber keineswegs besser. Sicher, lobenswert, dass überhaupt der Versuch gemacht wurde, für sie eine Lanze zu brechen. Das magere Ergebnis der Versuche kann aber nicht zufriedenstellen.

Die "Taugenichts"-Geschichte ist eine der liebenswertesten, die die romantische Kunstströmung hervorgebracht hat. Die Figur des Taugenichts sollte lebendig gehalten werden: ein "Milchbart" kommt durch die Lande, bis nach Italien, glücksuchend durchwandert er Schloss und weite Welt. Er ist Gärtnerbursche, Zolleinnehmer, Reisender in spe - er singt sich von Ort zu Ort, liebend die Mädchen, die schöne gnädige Frau, öfter in Versuchung, bei Schlafrock und Pantoffeln, Rechenbuch, Pfeife und Parasol, auch bei Hammel, Puter und fetten Gänsen mit Äpfeln hängen zu bleiben. Aber er bricht immer wieder aus dem "Käfig" aus.

Es ist gut und richtig, wenn Eichendorffs Geschichte von Drehbuch (Wera und Claus Küchenmeister) und Regie (Celino Bleiweiss) von manchem Staub befreit wird: es ist der Staub der Romantik selber. Aber dabei so kräftig drüberzuwischen, dass auch gleich alle Eichendorff-Lieder nicht mehr da sind - dafür zwar andere Volkslieder, und auch welche der Drehbuch-Autoren -, das halte ich doch nicht für gut und richtig. Einen Eichendorff ohne Eichendorff - das geht wohl nicht: wie der Film "Aus dem Leben eines Taugenichts" beweist. Keines der Lieder hier ist nachsingbar, eingängig, und das ist schade. Aber Eichendorff selber ist ein bedeutender Lyriker, er schrieb einige der schönsten Lieder ("In einem kühlen Grunde", "Wer hat dich, du schöner Wald", "O Täler weit, o Höhen").

Auch geht es wohl nicht, die Figur des Taugenichts "revolutionär" zu machen: er singt bei der Kahnfahrt statt des "Wohin ich geh und schaue" einfach "Die Gedanken sind frei", oder er gelangt im Film unter die Räuber Rinaldo Rinaldinis - warum eigentlich? Da gibt es denn zuviele Brüche, und wir haben weder das eine noch das andere: Weder die Geschichte Eichendorffs, noch eine neue, unverwechselbare Geschichte der Küchenmeisters. Denn diese beiden Möglichkeiten gab es ja, sich ein Kunstwerk vergangener Zeiten anzueignen: man kann die Geschichte, die vorgelegt wird, genau lesen, sie sich selbst auserzählen lassen; oder man aktualisiert sie, aber durchgängig, radikal, das Vorgefundene ist nur Anlass. Aber die Unentschiedenheit, mit der im Film "Aus dem Leben eines Taugenichts" zu Werke gegangen wurde, lässt dann nichts weiter als Interesse an Farbe und Dean Reed in der Titelrolle aufkommen - das ist mir ausgesprochen zu wenig. Dean Reed gibt sich alle Mühe, ist charmant, manchmal zu sehr, hat Stimme, aber keine Lieder, er trägt den Film, und manchmal scheint es, er würde lieber mehr reiten und fechten.

Rulo Melchert

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Letzte Änderung: 2012-07-17