Thüringer Landeszeitung, 28.07.2007

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Ein Cowboy in der DDR

Vor dem Bundesstart: "Der Rote Elvis" wird heute bereits in Weimar gezeigt

Von Frank Quilitzsch

Weimar. (tlz) Mehr als zwanzig Jahre nach dem Freitod des amerikanischen Sängers und Schauspielers Dean Reed ist das Interesse an seiner Person ungebrochen. Mehrere Biografien über den in den 70er Jahren von Colorado in die DDR gewechselten Protestsänger, Filmcowboy und Frauenschwarm sind erschienen, und mit Spannung wird die Verfilmung seines Lebens durch Regisseur und Hauptdarsteller Tom Hanks in den USA erwartet. Am 2. August kommt zudem ein 90-minütiger Dokumentarfilm in unsere Kinos. In Weimar ist der von Leopold Grün unter dem Titel "Der Rote Elvis" gedrehte Streifen in einer Voraufführung bereits am heutigen Sonnabend zu erleben.

"Rockstar, Cowboy, Sozialist" - der Dresdner Dokfilm-Regisseur begibt sich bei seiner Spurensuche zurück in die Zeit des Kalten Krieges. Der damals weltweit eskalierende Systeme-Konflikt hat die Karriere des 1938 in Wheate Ridge bei Denver geborenen Dean Cyril Reed überhaupt erst ermöglicht. Der in den USA nicht übermäßig erfolgreiche Countrysänger wurde, als er Anfang der 60er Jahre durch Südamerika tourte, über Nacht zum Superstar. "Er ähnelt sehr Elvis Presley, nur verwässert", urteilt ein Augenzeuge, als ihm vierzig Jahre später die Songs nochmals vorgespielt werden. "Er hat eine starke Präsenz."

Entscheidend jedoch war Reeds soziales Engagement, sein Eintreten für eine gerechtere Welt. Während des Wahlkampfes in Uruguay trat er für den Präsidentschaftskandidaten der Linken auf, er artikulierte seine Verachtung für den Vietnam-Krieg und arbeitete für den Wahlsieg von Salvador Allende in Chile. "Er kam nicht nur, sang und ging wieder. Er blieb und sprach mit uns Arbeitern", erinnert sich ein chilenischer Gewerkschafter.

Der Filmemacher Grün hat sich an die Schauplätze der Konzerte begeben, wo Reed vom Publikum gefeiert und von der Polizei verhaftet wurde. Er montiert Archiv-Aufnahmen, die den charismatischen Sänger mit seinem Freund Allende, der amerikanischen Bürgerrechtlerin Angela Davis und an der Seite von Palästinenserführer Jassir Arafat zeigen. Reed wird zum Dok-Filmfestival nach Leipzig eingeladen, wor er seine spätere Frau Wiebke kennen lernt. Sie habe den berühmten singenden Cowboy nach seinem Auftritt im "Capitol" in ihrem Trabbi entführt, erklärt Wiebke Reed vor der Kamera.

Dean Reed und die DDR - das ist das schilerndste Kapitel einer Weltkarriere mit Millionen verkaufter Alben in der Sowjetunion, Osteuropa und Südamerika. "Wieso kommt er her? Das ist doch ein amerikanischer Star. Der kann doch eine große Karriere in Amerika machen", wundert sich der heute in den USA lebende Schauspieler Armin Mueller-Stahl, der keinen Unterschied zwischen dem Selbstdarsteller Dean Reed und einem Hollywood-Star wie Brad Pitt sieht.

Reed jedoch stellt sich voll und ganz in den Dienst seiner Weltanschauung, wird zum Sänger der Solidarität. "Er wurde benutzt als Beispiel des Ideals, in dem wir in der DDR zu leben hatten", urteilt der Filmregisseur Celino Bleiweiß. Egon Krenz, der als oberster FDJ-Funktionär dem singenden Paradiesvogel ein Podium bot, sieht darin auch nachträglich kein Problem. Dass Ideal und Wirklichkeit gewöhnlich auseinander klaffen, zeigt sich besonders im Privatleben des "Friedenskämpfers". Vielleicht hat Leopold Grün diesem ein bisschen viel Aufmerksamkeit geschenkt. Treue zum Weib war nicht die größte Tugend des mehrmals verheirateten, blendend aussehenden Hauptdarstellers des Defa-Films "Aus dem Leben eines Taugenichts". Da wurden Frau und Tochter auch schon mal aus dem Haus gejagt.

Als sein Stern zu sinken begann, trieb es den Yankee in seine alte Heimat zurück, er versuchte sogar ein Comeback in Colorado, doch dort geißelten ihn die Radiohörer als "Verräter". Der heute an der Weimarer Bauhaus-Uni lehrende Filmregisseur Günter Reisch erinnert sich, wie das mit Reed gestartete Filmprojekt "Bloody Heart" über den Indianeraufstand von Wounded Knee platzte: "Reed wurde depressiv."

Grüns Hommage an Dean Reed kommt ohne Off-Kommentar aus und liefert ein durch viele Stimmen differenziertes, sehenswertes Porträt. Schade, dass nur wenige, kurze Ausschnitte aus Reeds Konzerten gezeigt werden. Gewiss ist "Der Rote Elvis" kein Musikfilm. Doch wer die Musik nicht kennt, bekommt auch durch den Film keinen lebendigen Eindruck davon.


Voraufführung Sonnabend, 22 Uhr, im Weimarhallen-Park (bei Regen im Foyer der Weimarhalle). Ab 2. August im Capitol Jena (6. August Gespräch mit dem Regisseur) und Mon Ami Weimar

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