Das Volk 26.05.1982 (Zeitung in Erfurt)

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Künstler für den Frieden

Der amerikanische Rebell

Oder: Nach einem dritten Weltkrieg werden keine Blumen mehr blühen

Sein Auftritt während des Pressefest-Eröffnungsprogramms im iga-Freilichttheater war so, wie ihn wahrscheinlich alle erwartet hatten: kämpferisch und mitreißend! Dies mit seiner Version des Antikriegsliedes "Sag mir, wo die Blumen sind", ebenso wie mit dem zur Parteinahme herausfordernden "No, wir lassen uns nicht unterkriegen", das im weiten Rund tausendfach widerhallte. Wir nutzten die Gelegenheit, mit Dean Reed, dem Sänger und Schauspieler des anderen Amerika, zu sprechen.

Dem Lied "Sag mir, wo die Blumen sind", hast du vorausgeschickt, das Lied sei für unsere jetzige Zeit zu optimistisch, weil es die gefährlichen Dinge nicht beim Namen nennt. Kannst du jetzt dazu etwas mehr sagen?

Ich bin fest von der nackten Wahrheit überzeugt: Nach einem dritten Weltkrieg werden keine Blumen mehr blühen. Damit es gar nicht erst soweit kommt, muß man jetzt mehr tun, als nur fragen, wo die Blumen geblieben sind. Was wir im Moment durchleben, ist die gefährlichste Phase für den Weltfrieden seit dem zweiten Weltkrieg. Und ich sehe die Ursache dafür in der Politik, die gegenwärtig von der Regierung meines Vaterlandes, von der Reagan-Administration, betrieben wird. Ich kenne mein Land. Wäre der Sozialismus nicht verteidigungsbereit, der US-Imperialismus hätte ihn längst "eingekauft". Darum kann man den jetzigen Zustand nicht nur registrieren. Jeder vernünftige Mensch muß einsehen, daß man für den Frieden kämpfen muß - auch mit Waffen.

Wenige Tage vor dem Pressefest warst du aus familiären Gründen ganz kurz in deinem Heimatland. Hast du dabei auch deine eben formulierten Ansichten bestätigt bekommen?

Ja, der Kurs der Reagan-Mannschaft ist äußerst aggressiv. Aber ich habe auch die enorm anwachsende Friedensbewegung in meiner Heimat erlebt. Ich glaube, daß sich seit Vietnam unser Volk zur größten Allianz gegen den Krieg zusammenschließt. Die Mehrheit des Volkes wünscht Verhandlungen mit der Sowjetunion statt neuer Raketenwaffen. Immer mehr Amerikaner begreifen, daß es unsinnig ist, ob das Waffenarsenal ausreicht, sie zehn- oder zwanzigmal in die Luft zu jagen. Und immer mehr sehen auch ein, daß an dieser wahnsinnigen Rüstungsspirale nur zwei Prozent der Bevölkerung verdienen - alle anderen werden mit jedem neuen Budget ärmer. Wie auf der ganzen Welt, vollzieht sich auch in Amerika derzeit ein gewaltiger Prozeß. In seinem Verlauf werden alle sonst trennenden Fragen zugunsten   d e r   Frage unserer Zeit, nämlich der Erhaltung des Weltfriedens, in den Hintergrund gestellt. Jetzt laßt uns nur über den Frieden sprechen! Haben wir diesen sicher, dann laßt uns über alles weitere verhandeln!

Dean, dein Honorar für den Auftritt zum Pressefest-Eröffnungsprogramm hast du dem Solidaritätskonto der Journalisten überwiesen. Warum?

Ich halte es seit jeher so: Für politische Arbeit kann ich kein Geld nehmen. Freilich, auch Künstler müssen leben, und man kann niemandem vorschreiben, was er mit seinem Geld anfangen soll. Um zu leben, produziere ich Filme (im Entstehen ist einer bei der DEFA über das gegenwärtige Leben der Indianer in den USA) oder Schallplatten (eine neue mit Country-Musik wird bei Amiga demnächst erscheinen). Für das bessere Leben derer jedoch, die heute noch um ihre Befreiung oder Selbständigkeit ringen, bin ich mit meiner Gitarre auf Meetings und Kundgebungen dabei.

US-Produzenten, so war zu lesen, drehen über dich einen Film mit dem Titel "Der amerikanische Rebell". Was glaubst du, bewegt sie heute zu solch einem Unternehmen?

Ich stehe der Sache skeptisch gegenüber. Nicht, daß der Film schlecht würde. Nur - wo soll er gezeigt werden? In den USA werden alle großen Kinos von den Ölkonzernen des Landes beherrscht. Dementsprechend auch werden die Filme ausgewählt. Was aber soll ein Film über einen Amerikaner bewirken, der mit seiner Stimme und seinem Herz immer auf der Seite derer steht, die für den Fortschritt kämpfen - ob in Vietnam oder in Chile, ob in El Salvador oder Afghanistan. Was soll ein Film ausrichten über einen Amerikaner, der sich im Sozialismus zu Hause fühlt und gegen die Reaktion in seiner Heimat auftritt?

Ich bin Amerikaner. Und ich würde gern wieder in meinem Heimatland leben. Denn mit der Heimat habe ich nicht nur Berge und Täler, Städte und Dörfer verlassen oder Hab und Gut aufgegeben. Ich verlor auch gute und teure Freunde. Ich fand keine Ruhe mehr, bin nirgendwo richtig zu Hause. Und wie oft auch verlasse ich meine Wahlheimat DDR, um an Brennpunkten des Weltgeschehens mit meiner Gitarre (die übrigens ein Geschenk der "Everly Brothers" ist) dabeizusein. Das alles, meine ich, ist für das US-Kino nicht sehr attraktiv. Die Produzenten denken anders. Sie glauben, mit diesem Film Erfolg zu haben, weil die amerikanischen Kinobesucher immer etwas Einmaliges, Unverwechselbares sehen wollen. Und da können sie wohl - das wäre das Positive an der Sache - nicht an der wachsenden Friedensbewegung in den USA vorübergehen.

(Mit Dean Reed sprach Heinz Stade)

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Letzte Änderung: 2007-05-23