Renate Holland-Moritz

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Renate Holland-Moritz (29.03.1935 - 14.06.2017) war eine deutsche Journalistin, Autorin, Satirikerin, berühmt als Filmkritikerin "Kino-Eule"

Renate Holland-Moritz: Die tote Else

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Märkische Allgemeine 29.03.2010

SATIRE: Dean Reed überzeugte sie nicht

Renate Holland-Moritz wird heute 75

POTSDAM - "Können Sie eigentlich dichten?", fragte Redakteur Hansgeorg Stengel die 21-jährige Renate Holland-Moritz, als sie sich beim "Eulenspiegel" als freie Mitarbeiterin bewarb. Die junge Dame im schicken Kleid, die sich für das Vorstellungsgespräch eigens eine "hochmodische Mäckie-Frisur" schneiden lassen hatte, musste kleinlaut verneinen. Die Antwort ihres Chefs in spe fiel anders aus als erwartet: "Dann können Sie bleiben. Dichten kann hier jeder Idiot."

Für ein Fixum von 300 Mark – für damalige Verhältnisse viel Geld – lieferte sie dem Magazin von da an launige Humoresken zu den verschiedensten Themen. Ganz reibungslos verlief ihre Karriere in den Anfangsjahren freilich nicht: "Immer häufiger bekam ich Manuskripte zurück, auf die mein Lehrmeister in seiner bekannten unfeinen stenglischen Art geschrieben hatte: "Husch, husch – ins Körbchen!" oder "Blamieren Sie sich damit bei einer anderen Redaktion!"

Doch sehr bald fand die Satirikerin einen unverwechselbaren Stil, der bis heute als ihr Markenzeichnen gilt. Die Autorin weiß um das Risiko einer so klar identifizierbaren Handschrift: "Ich lebe andauernd in der Angst, mich zu wiederholen." Bislang ist diese Furcht unbegründet. In ihren 20 Büchern, die eine Gesamtauflage von zwei Millionen Exemplaren erreichten, entrann sie den Fallstricken der Repetition. Zwei ihrer urkomischen Erzählungen verfilmte die Defa. Aus "Das Durchgangszimmer" wurde "Florentiner 73". Und "Graffunda räumt auf" lieferte die Vorlage zu "Der Mann, der nach der Oma kam", einem der erfolgreichsten DDR-Leinwandhits.

Dass man der Journalistin in den Babelsberger Studios so mit Wohlwollen begegnete, war durchaus keine Selbstverständlichkeit, denn seit 1960 veröffentlichte sie in ihrem Leib- und Magenblatt unter der Rubrik "Kino-Eule" Kritiken, die so manchem Streifen aus ostdeutscher Produktion den Garaus machten, darunter auch jenen Schnulzen, in denen der zugewanderte Sänger Dean Reed die Hauptrolle spielte. Als sie den Amerikaner 1978 beim Filmfestival in Karlovy Vary traf, bescheinigte sie ihm rigoros, dass "noch keine seiner Leistungen" sie "überzeugt" habe. Auch einheimische Regisseure mussten sich von ihr Maß nehmen lassen. Einer drohte ihr deshalb sogar Prügel an. Den Namen verrät Holland-Moritz nicht: "Schließlich lebt der Mann noch."

Geboren wurde die Künstlerin 1935 als Tochter eines Zangenmachers und einer Artistin im Berliner Stadtteil Wedding. Die Oberschule schloss sie nicht ab. Stattdessen durchlief sie ein zweijähriges Volontariat bei verschiedenen DDR-Zeitungen: "Das fing bei der Vierteljahreszeitschrift 'Sowjetwissenschaft' an. Also, da war ich so was von falsch! Ich konnte ja noch nicht einmal ordentlich russisch. Dann kam ich in die Monatszeitschrift 'Neue Gesellschaft', danach in die 'Friedenspost' und von dort zur 'BZ am Abend', heute der Berliner Kurier." An diesem Punkt endete ihr Arbeitsverhältnis unsanft: Der stellvertretende Chefredakteur schasste sie, weil sie sich seine Zudringlichkeiten verbat. In der Kaderakte las sie Jahrzehnte später, dass ihre Kündigung wegen "zweifelhafter Moral" erfolgte.

In den Altbundesländern erzielte Renate Holland-Moritz nie jene Popularität, die ihr im Osten widerfuhr. Andreas Hutzler erklärte 2006 in der "Zeit", es handle sich bei den Glossen der Autorin um "liebenswürdige Vignetten über kleine alltägliche Zwischenmenschlichkeiten im Arbeiter- und Bauernstaat". Holland-Moritz selbst betonte: "Ich habe mit dem Publikum im Westen die denkbar schlechtesten Erfahrungen gesammelt." Bei ihren Reisen durch die andere Hälfte Deutschlands konfrontierte man sie stets mit dem "Klischeebild" von einem Volk, das der Stasi in jeder Lage willig auf den Leim ging.

Anfangs ärgerte es sie, ständig auf solche Vorurteile zu treffen: "Die dachten doch tatsächlich, wir hätten 40 Jahre lang statt mit Messer und Gabel nur mit Hammer und Sichel gegessen." Inzwischen wirkt die 75-Jährige, die eng mit der Politikerin Regine Hildebrand befreundet war, merklich entspannter.

Ganz altmodisch tippt sie heute noch ihre Manuskripte auf der Maschine. "Mailen kann ich nicht. Das macht mein Mann."

Von Ulf Heise

maerkischeallgemeine.de, 29. März 2010

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Jubel der Woche: Holland-Moritz, Gudzuhn, Geißler

Neuanfang und Abschied nehmen heißt es bei der Satirikerin Renate Holland-Moritz am Sonntag: willkommen im neuen Lebensjahrzehnt und Abschied nehmen von der mehr als fünfzig Jahre fast ununterbrochen ausgeübten Profession als "Kinoeule", die sie im April-Heft des Eulenspiegel zum letzten Mal ist. Renate Holland-Moritz wurde für ihre originellen und ironischen, immer von Sachverstand, aber auch vom eigenen Geschmack geprägten Kritiken vom Publikum geliebt, forderte aber auch zum Widerspruch heraus. Bei nicht wenigen DEFA-Leuten war sie gefürchtet. Sie war manchmal boshaft, aber unbestechlich, im besten Sinne parteilich, aber nicht parteiisch. Frauenschwarm Dean Reed hatte bei ihr ebensowenig auf Nachsicht zu hoffen wie Filmerin Evelyn Schmidt. Viermal wurden ihre Vorlagen verfilmt, ohne dass den Regisseuren danach der Kopf abgerissen wurde. "Florentiner 73" (1971) und "Der Mann, der nach der Oma kam" (1972, unter Mitarbeit von Exehemann Lothar Kusche) waren Kinohöhepunkte. Reißend verkauften sich ihre Bücher und die Schallplatten, die aus ihren Lesungen hervorgingen. Wenn sie am Sonntag 80 wird, beginnt für sie der verdiente Ruhestand, in dem sie sich ihrer Eulensammlung widmen wird.

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Junge Welt 25.03.2015

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