WELT 04.02.2009

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Nachruf

Kurt Demmler - mal verboten, mal linientreu

Von Michael Pilz

Zuletzt machte er Schlagzeilen, weil ihm Kindesmissbrauch vorgeworfen wurde. Jetzt hat sich der DDR-Liedermacher Kurt Demmler das Leben genommen. Als Verfasser von Songs für Nina Hagen, Karat und Katja Ebstein gelangen ihm in Ost und West Erfolge. Er war kein Widerständler. Aber auch kein Linientreuer.

2001 erschienen seine letzten Aufnahmen. Kurt Demmler nannte sie "Mein Herz muss barfuß gehen". Anschließend wurde es wieder still um ihn wie seit dem Untergang der DDR. Erst im August 2008 machte der einstmals produktivste Liedermacher Ostdeutschlands durch Polizeiberichte auf sich aufmerksam.

Er wurde wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch Minderjähriger verhaftet. Im November wurde Anklage erhoben. Seit zwei Wochen lief die Hauptverhandlung. In der Moabiter Untersuchungshaftanstalt fanden Beamte ihn am Dienstag morgen tot in seiner Zelle.

Es heißt, Demmler habe sich erhängt. Wie soll man da mit Anstand einen Nachruf formulieren? Während nicht nur Staatsanwälte seine Songs nach Hinweisen durchforsten wie in "Noch nicht sechzehn", das Kurt Demmler 1980 für Rockband Dialog verfasste?

Und es war ja auch nicht so, dass jeder in der DDR Kurt Demmler kannte. Manche seiner Lieder aber kannte jeder. Nina Hagens Schlager "Du hast den Farbfilm vergessen", "König der Welt" von Karat und "Wer die Rose ehrt" von Renft. Frank Schöbel sang Kurt Demmler. Wie die Puhdys, Pankow, Silly, Wolfgang Lippert und Dean Reed (1, 2, 3) wie Karel Gott und Katja Ebstein drüben.

1943 kam Kurt Demmler in Posen zur Welt, er wuchs in Klingenthal und Cottbus auf und wurde Arzt in Leipzig. Als Student trat er schon in den Sechzigern mit eigenen Liedern auf. Vorübergehend war auch Demmler Mitglied im Oktoberklub. Sein erstes Album, "Lieder", wurde 1971 veröffentlicht.

Mal wurden seine Songs verboten, mal durfte er singend durch den Westen reisen. Demmler war kein Widerständler aber auch kein Staatskünstler. Er zählte zu den Unterzeichnern der Protestnote gegen die Ausweisung Wolf Biermanns. Auch die Resolution der Musiker gegen die staatliche Bevormundung vom 18. September 1989 trug Kurt Demmlers Unterschrift.

Er sprach am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz vor 500.000 Anwesenden und dem Rest der DDR am Fernseher. Demmler hängte sich seine Gitarre um und widmete der zunehmend nervösen Stasi die Hymne "Einer ist immer dabei".

Jetzt geht es nur noch um die Mädchen, die er auf "Mein Herz muss barfuß gehen" intensiv besang. Um ihm zur Last gelegte Übergriffe in 212 Fällen bei privaten Talentsichtungen in Storkow und Prenzlauer Berg. Er selbst hat alles abgestritten.

Nun wird das Verfahren eingestellt, glaubt die Verteidigung. Kurt Demmlers Homepage stellt sein letztes Lied vor, vom vergangenen Sommer. "Mein Wort möchte Richtung/ Zwar geben und Sinn/ Aber seine Gewichtung schlägt mich selber lang hin."

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Letzte Änderung: 2009-02-04