melodie und rhythmus 08/1986

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Dean Reed 1938-1986

Zweimal nur kurz haben sich unsere Arbeitswege gekreuzt. Das eine Mal, als ich für eine Plattenaufnahme den "El Cantor" ins Deutschte brachte, den Titelsong aus seinem engagierten Film über Victor Jara, den ermordeten chilenischen Volkssänger. "Er ließ uns allein", beginnt er mit einer erschreckend sachlichen Feststellung, um alsbald im Refrain aus der Unwiderruflichkeit des leiblichen Todes nun nicht einen rührseligen oder unehrlichen Trost, sondern eine trotz alledem vernünftige Schlussfolgerung zu ziehen: "...der Sänger wird zum Chor, die Erde nimmt sein Lied und singt, im Kind, das lacht, in Tränen, die man weint, in Salz und Brot singt El Cantor ... weil sich im Licht sein Tag schon zeigt .. lebt El Cantor." Ich bin sicher, Dean Reed hat, als er diese Zeilen schrieb und sang, nicht eine Sekunde daran gedacht, dass sie eines Tages auf ihn selbst zutreffen könnten. Dazu war er ein viel zu außengerichteter, tätiger Charakter, und nicht leichtfertig oder zufällig hatte er sich einen Kampfplatz, eine Wirkungsarena gesucht, auf dem sein Einsatz willkommen und nützlich war. Aber wohl niemand begreift ganz jene inneren Bezugssysteme, aus denen heraus sich Worte eben so und nicht anders einstellen und über kurz oder lang eine unerwartete zusätzliche Bedeutung erhalten.

Dean Reed hat sich mit Idealen, für die er eintrat, so sehr identifiziert, dass er in ihnen völlig aufging. Politische Aktivität und künstlerische Selbstverwirklichung waren keine Alternativen für ihn, sondern ein in sich geschlossenes Programm. Gerade deshalb reduziert sich in meinen Augen ein so vielseitig schöpferischer Mensch nicht auf den Platz, den er in der Gesellschaft einnahm, auf die Arbeiten, die er ihr lieferte. Seine verschiedenen Leistungen werden schon dank der technischen Medien, deren sich Reed bediente, in Erinnerung bleiben. Obwohl er am überzeugendsten, ja mitreißendsten wohl live und allein mit seiner Gitarre und vor vielhundertköpfigem Auditorium war, was nun allerdings uns sehr fehlen wird.

Das alles zu benennen und herauszustreichen kostet überhaupt keine Mühe, und mit Geheimniskrämerei, Betulichkeit und Heroik lässt sich sogar nachbessern. Mir scheint anderes nicht minder wichtig und einem opferbereiten Kämpfer wie Dean Reed weit angemessener zu sein: nämlich auch in seinem unzeitigen, vielleicht sogar vermeidbaren Tod einen Zusammenhang aufzufinden. Eben in dem Sinne, wie er es in "El Cantor" vorwegnahm: "Er ließ uns allein", doch "weil sich im Licht sein Tag schon zeigt ... lebt El Cantor."

Wolfgang Tilgner

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Letzte Änderung: 2007-12-07