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Kapitalismus macht krank

Fiete Jensen
Heute erreichte die Redaktion von AmericanRebel ein Brief, von einem Leser unserer Zeitungen. Der Kollege möchte zum Selbstschutz nicht genannt werden, deshalb nenne ich ihn einfach mal Fritz. Sein Leidensweg ist nicht von Gott bestimmt und auch kein Zufall, lest bitte und beteiligt Euch an der Diskussion. Er schrieb uns sinngemäß:
„Ich bin seit sehr vielen Jahren arbeitslos und lebe seit fast gleicher Zeit von Hartz IV. Und als ob das nicht genug wäre, werde ich seit der Zeit in der ich nicht mehr arbeite durch Mobbing fix und fertig gemacht. Das hatte zur Folge das ich vier Schlaganfälle und einen Herzinfarkt hatte. Hilfe bekomme ich keine, nur von klugen Sprüchen und raten zum positivem Denken habe ich einen ganzen Sack voll. Kontakte in meiner Umgebung habe ich praktisch keine mehr. Der Rest ist die Verbitterung eines Krueppels.
Ja, jedes Volk kriegt die Regierung, die es verdient, und die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber. Diese Sprüche passen wie die Faust aufs Auge des deutschen Volks. Wenn ich versuche, gegenzusteuern, zu erklären warum es vielen bei uns so schlecht geht, weiss ich nicht, wo ich anfangen soll. Die meisten Menschen sind so verblendet von der Boulevard-Presse und von zur Chefsache gekrönten Belaglosigkeiten alla TV-Soaps und Helene-Fischer-Geplärre, dass sie gar nicht mehr in der Lage sind sachlich über ihre Lage nach zu denken, geschweige denn sich über die Ursachen und deren Bekämpfung auseiander zu setzen.
Wenn ich an den Händen abzählen wollte, wie oft mir „der Focus“ meine Kommentare gesperrt hat, wenn ich z. B. schrieb dass auf einen freien Arbeitsplatz mindestens fünf bis sechs geeignete Arbeitssuchende kommen, bräuchte ich viele Hände. Deutschland hat ein ganz massives Überproduktionsproblem – und das will keiner einsehen.
Ich bin aus der Hartz-IV-Gruppe von AmericanRebel ausgetreten, weil ich zwar durchaus Kritik vertragen kann aber Negativstress in meiner Lage nicht aushalten will. Soviel Betablocker kann ich gar nicht fressen. Das sind Grenzen, mit denen muss ich leben, sonst bin ich ruck zuck wieder auf der Intensivstation. Es ist also keine Boshaeit von mir, es ist nur Selbstschutz. Zz. wage ich mich kaum noch in die Öffentlichkeit und bin drauf und dran Facebook, zu verlassen.
Ich denke sehr marxistisch und sehe Hartz IV als ein Teil des Ueberbaus, den wir überwinden muessen. Im Sozialismus ist Hartz IV überfluessig!
Mir geht vieles durch den Kopf, möche Leute zum nachdenken bringen. Was ist der beste Weg bis zur Übergangsgesellschaft? Die Forderung nach einem bedingungslosem Mindestlohn? Mir liegt sehr viel daran dass eine sanktionsfreie Mindestsicherung eingeführt wird um den Druck der Demütigung von den Kollegen/-innen zu nehmen. Im Kommunistischen Manifest spricht Max von Arbeitszwang. Ich möchte das verstehen als „Arbeitszwang statt Zwangsarbeit“ – ich hoffe du verstehst was ich meine.“
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Ich möchte auf den Beitrag von Fritz eingehen. Festzustellen ist, Fritz ist ein Mensch welcher sich mit seinen privaten und gesellschaftlichen Problemen noch auseinander setzt. Jedoch es gibt sehr viele Menschen welche in ähnlicher Lebenssituation sind. Auch ich war fünf Jahre sehr erkrankt und musste da durch. Wichtig ist sich nicht selbst aufzugeben und mit erhobenen Hauptes in der Öffentlichkeit zu bleiben. Das bedeutet sauber und geordnet nach außen aufzutreten und vorhandene Kontakte und Beziehungen zu pflegen. Wichtig ist die eigene Denke zu überprüfen. Es ist richtig etwas an dieser Welt verändern zu wollen, das geht aber nur organisiert und nicht als Wanderprediger welcher stellvertretend für seine Klassenkollegen etwas ändern will. In einer Zeit als es einfach war sich Kommunist zu nennen gab es mal mir gegenüber einen Spruch: „Die Partei ist deine Familie“. Damals gab es kopfschütteln. Heute jedoch kann die echte m/L Partei auch helfen die Familie zu ersetzen weil man eine lohnenswerte perspektivische Aufgabe hat. Gemeinsam statt Einsam kämpft es sich besser für Freiheit und Recht. Wer organisiert kämpft wird auch Spaß und Freude daran finden und wird sich nicht in Selbstmitleid isolieren.
Ich wünsche Fritz die Kraft den Kopf wieder zu heben und nach vorn zu schauen um den richtigen Weg vor falschen Pfaden zu sehen. Nur wer den Kopf hebt kann auch in dunklen Stunden die Sterne und Sonnen ferner Galaxien sehen. Das alles sollte Kraft und Mut geben.
Danke, dass du offen und ungeschönt über die gesellschaftlich verordnete Armut schreibst. Die Folgen für die betroffenen Menschen sind Isolation, Armut und Krankheit. Ein Teufelskreis, der noch verschlimmert wird über die gesellschaftliche Ignoranz für die Menschen, die durch politische Entscheidungen in die Zwangsjacke der Verelendung gesteckt wurden, und strampeln, bis sie nicht mehr können, oder aber aufgeben.
Arbeitslosigkeit und Armut werden privatisiert: „Ihr seid selber schuld.“ Oder „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ Wer kennt nicht diese sinnentleerten Sprüche?
Armut hat kein Gesicht und keine Lobby, und bleibt ein Randthema. Die Politik kann keinen Blumenpott damit gewinnen, und so wird es den Betroffenen überlassen, einen Weg zu finden im gnadenlosen Kampf ums eigene Überleben. Solidarität ist und bleibt das Zauberwort, und meine ist dir sicher Fritz.
In den neunziger Jahren hat der Kapitalismus seinen „Siegeszug“ angetreten. Neoliberale Irrlichter haben die Köpfe und die Herzen geklaut. „Das kalte Herz“ und „Jeder ist sich selbst der Nächste“ wurden zum Mantra, und die gesellschaftlichen Verhältnisse und Bedingungen veränderten sich in rasender Geschwindigkeit. Die Errungenschaften, oft mit einem Blutzoll im Faschismus erkämpft hätten es wahrlich verdient, dass man sie standhafter verteidigt hätte.
Es ist das mörderische kapitalistische System, dass das Heer von Arbeitslosen produziert, denn 6% brauchen sie als sogenannte „Reservearmee.“
Vieles stellt man heutzutage einfach nicht mehr in Frage, denn das einlullen und die künstlich erzeugten Bedürfnisse, die mit echten menschlichen Bedürfnissen einen Dreck zu tun haben, lösen diese immer mehr ab.
Folge ich einer kürzlich gelesenen Studie wird dort folgendes festgestellt, dass Verachtungsgefühle nicht etwa bei Sinti Roma oder Geflüchteten sich darstellen, sondern, sowohl im Westen als auch Osten es die Teile der Bevölkerung betreffen, die „Langzeitarbeitslose“ genannt werden.
Bei den Kindern, die von dem unsäglichen Mist der Hartz Gesetze betroffen sind kann die Politik schlecht von „selber schuld“ sprechen, zumal das Schulsystem alles, was nur irgendwie möglich ist privatisiert, und an die Familien weitergegeben hat, und es dort in den gebeutelten Familien nur ganz schwer bewältigt werden kann.–
Was das „bedingungslose Grundeinkommen“ angeht habe ich mehr als erhebliche Zweifel. Man ist dann weg vom Fenster, man wird vergessen, und die Verantwortlichen, die den ganzen Schlamassel verursachen können sich den schlanken Fuß machen, um es vereinfacht zu sagen.
„Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinem Bedürfnis…….(Marx), da sind wir lange nicht.
Der Mensch ist ein gesamtgesellschaftliches, soziales Wesen, und Arbeitslosigkeit ist eine Form isolierender Bedingungen der Menschen, und wenn sie nicht aufgehoben werden können, kommt es zu individuellen Verarbeitungsmechanismen, die ÜBERLEBENSNOTWENDIG sind, weil so dass Leben abgesichert wird. Krankheit, Schwermut, Wesenänderungen, Rückzug, um nur einige der auftretenden Probleme zu nennen sind die Folgen für die Mitmenschen.
Kooperation ist Teil der menschlichen Natur.
Isolierende Bedingungen können krank machen. Entfremdung und Isolation gehören zusammen, und zeigen einmal mehr die Brutalität und die Verachtung des Menschen im Kapitalismus.
Arbeitslosigkeit ist ein Gewaltakt, ein Anschlag auf die körperliche und geistige Integrität und die Unversehrtheit der betroffenen Menschen. Sie ist Raub und Enteignung der Fähigkeiten, Eigenschaften und Talenten, die in den Familien, in Ausbildungen, im Studium, oftmals mühsam erworben wurden. Jeder Mensch hat Talente und Fähigkeiten, die brach liegen, die verkümmern, wenn sie nicht gebraucht werden, und der Mensch sich wertlos, überflüssig und an den Rand gedrängt fühlt und wird.
„Ohne revolutionäre Theorie, keine revolutionäre Bewegung.“ (Lenin), und Friedrich Engels sprach am Grab von Karl Marx in englisch am 17. März 1883 folgende Worte, (die am 18.3.1883 niederschrieb, und am 22.3.1883 im „Sozialdemokrat“ veröffentlicht wurden):
……dass die Menschen vor allen Dingen zuerst essen, trinken, wohnen und sich kleiden müssen……..
„Und weil der Mensch ein Mensch ist…………
Verzweifle nicht, es sind und bleiben die Verhältnisse, die dich krank gemacht haben, und du bist nicht alleine mit den Folgen der unsäglichen Politik, die von Schmarotzern, kleinkapitalistischen Krämerseelen, Speichelleckern und PO Kriechern des Kapitals gemacht wird, und die auf Kosten der Ärmsten leben, und den Honigtopf der Republik belagern, und große Teile der Partei Die Linke sind dort auch zu finden. Widerlich.
Danke für diesen sehr guten Beitrag.
Ja , einen Rat kann ich dem lieben Schreiber nicht geben. Er hat ja schon viele Ratschläge bekommen, die aber leider seine Situation nicht ändern. Das mit dem Mobbing kenne ich ich sehr gut. Das Amt hatte auch statt meinem Sohn zu helfen ihn nur gemobbt, nicht sein Arbeitsosengeld 1 gezahlt, so dass er in eine Schuldenfalle geraten ist. Alles dies wird durch das ungerechte Verhalten des Amtes gegenüber Arbeitslosen ausgelöst. Die Situation für so viele Hartz IV Empfänger ist deshalb kaum zu stemmen. Uns hilft nur die Solidarität, das Aufstehen gegen so viele Ungerechtigkeiten. Wir, von der Zeitung „Der Stachel Leipzig, versuchen da auch einiges. Denn nur wir selbst können etwas dagegen tun, Solidarität, Zusammenschließen, auf die Straße gehen und Gerechtigkeit fordern, die Menschen zum Nachdenken bewegen, ihnen klar werden lassen, das sie eine historische Mission zu erfüllen haben. Erst dann wird Frieden und Gerechtigkeit siegen. Wir befinden uns gerade in einer für die Herrschenden kritischen Situation, deshalb werden ihre Aggressionen gegen uns da unten immer härter.
Lieber Fritz,
oft habe ich erleben müssen, wie Arbeitslose, vor allem wenn sie bei Hartz IV landeten, psychisch krank wurden. Meist haben sie das dann noch als ihr persönliches Versagen angesehen. Natürlich bringt jeder seine Persönlichkeit mit und das ist auch ein Bestandteil einer psychischen Erkrankung. Aber in dieser Gesellschaft wird alles daran getan, die Menschen zu individualisieren und zu vereinzeln. Individualität kann gut sein. Aber in dieser Gesellschaft wird es zu einem Mittel des Egoismus und der Vereinzelung. Einzeln sind wir schwach und dann halten wir die Lasten, die uns diese Gesellschaft immer mehr aufbürdet, nicht aus. Leider glaube ich, dass Du auf dem falschen Weg bist, weil Du Dich immer weiter isolierst. Es ist sehr schwer, wenn es einem schlecht geht, mit anderen Menschen auszukommen, Probleme auszuhalten. Was sonst normal ist, wird einem zur Last. Aber Rückzug macht es langfristig nur noch schlimmer, auch wenn man kurzfristig seine Ruhe hat. Mit Rückzug kommst Du in einem immer schlimmeren Teufelskreis. So hat es das Kapital am liebsten: Jeder für sich und schwach! Du brauchst KollegInnen und GenossInnen! Suche Dir welche und beiße Dich mühsam durch, auch wenn es mal Rückschläge gibt.
Solidarische Grüße
Diethard
Lieber Fritz, ich finde, wenn Du so weit unten bist, ist es sehr schwer wieder Hoffnung zu haben. Es wichtig sich vor Dingen zu schützen, die einen runterziehen. Aber sich von Menschen zu entfernen oder sich gar von der Öffentlichkeit zu entfernen, macht noch einsamer und empfindlicher. Mache Dinge, die Dir früher Spass gemacht haben, auch wenn Du es nicht gleich spürst. Zu wissen es gibt Menschen, die haben eine gleiche oder ähnliche Einstellung und mit Freunden zu reden, ist gut. Es muss ja nicht gleich ein Diskussion sein. Kleine Dinge schön zu finden wie ein sonnigen Tag und sich jeden Tag eine kleine machbare Sache vorzunehmen, wird Deine Gesundheit stärken. Ich hoffe, es wird Dir helfen, was mich vor Jahren wieder nach oben gebracht hat. Gib nicht auf. Monika
Es ist nicht ein System, woran wir leiden, sondern es sind immer die menschlichen Beziehungen. Kapitalismus ist nichts weiter als die Bezeichnung für ein System, wie wir unsere Wirtschaftsbeziehungen „geordnet“ haben. Es ist ein Trugschluss, zu glauben, nur die verordnete Veränderung eines Wirtschaftssystems würde andere Menschen hervorbringen.
Die Tendenz andere Menschen auszubeuten und zu unterdrücken, scheint dem menschlichen Wesen immanent und sucht sich, unter welchen Bedingungen auch immer, ihren Weg.
Der Kapitalismus verschwindet von allein, wenn alle Menschen bereit sind faire Beziehungen miteinander zu pflegen.
Insofern ist es hilfreich nicht nur die Leiden der Einkommensschwachen zu diskutieren, sondern auch die der Superreichen. Ich erkenne in Raffgier und im Streben nach immer mehr Macht nichts anderes als tiefe seelische Störungen. Gesunde Menschen leben genügsam und haben durchaus im Blick auch ihren Nachkommen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen.
Mit Verlaub, so eine Bewertung ist aus meiner Sicht abenteuerlich.
Das System werde ich nicht erklären, doch dass menschliche Beziehungen letztendlich menschliche Bedingungen brauchen liegt auf der Hand: Eine menschenwürdige Gesellschaft kann nur ohne Kapitalismus eine menschliche Persepektive haben.
Beziehungen sind nicht getrennt von dem dem System zu sehen, in dem wir leben, und wenn möglich arbeiten.“ Kapitalismus verschwindet von alleine.“ Flügel hat er sicherlich nicht. Nichts wird so verteidigt wie der Kapitalismus, und nichts ist ver- und zerstörender als dieses System.
„Tiefe seelische Störungen“ Wo kommen die denn her ?
Hallo Bernd, Hallo Fritz, liebe Leser/innen,
Man merkt Bernd, das dein Beitrag von Herzen kommt. Dennoch stellt die Geschichte der Menschen, die Erkenntnisse aus den Klassenkämpfen und sogar meine eigene Erfahrung der letzten 45 Jahren ein ganz anderes Bild da, als Du es beschreibst und einschätzt.
Schon bei Deinem zweiten Satz, wo Du behauptest das der Kapitatlismus nichts weiter als die Bezeichnung für ein System, wie „wir“ unsere Wirtschaftsbeziehungen „geordnet“ haben, stellen sich bei mir die Nackenhaare hoch. Wer ist „wir“? Wir das komplette Volk oder wir die arbeitenden Massen? Wir haben gar nichts geordnet – uns wurde verordnet. Nach der Revolution 1918 hat sich die SPD entschieden dem Kapital zu dienen und das kapitalistische Wirtschaftssystem zu erhalten. Wer damit nicht einverstanden war oder gar aktiv dafür kämpfte wurde verfolgt, eingekerkert und/oder ermordet. Gegen den Willen der denkenden Arbeitermassen, und das sind ja bekanntlich immer so rund 90% der Bevölkerung, wurde eine Diktatur errichtet bzw. weiter geführt. Die Diktatur des Kapitals und ihren Parteien in den Parlamenten. Da kann man nicht von „wir“ sprechen. Wenn ich das Wort „wir“ gebrauche, dann meine ich immer die oben angesprochenen 90%. Wir haben nichts geordent! Du schmeißt, mit deiner Wischiwaschi-Formulierung die Herrschenden und die Beherrschten in einen Pott und damit hilfst du mit das Unklarheiten und Illusionen über die realen Machtverhältnisse in diesem Staat weiter Verbreitung finden.
In deinem ersten Satz schreibst Du: „Es ist nicht ein System, woran wir leiden, sondern es sind immer die menschlichen Beziehungen.“ Das stimmt nicht! Armut, Kriminalität und Verelendung hat immer die Ursache im System. Wenn Menschen die schwächer sind aus dem kapitalistischen System ausgegliedert werden, weil sie ihm, keinen Nutzen mehr bringen, leiden die menschlichen Beziehungen. Dem Arbeitslosen wird z. B. suggeriert das er selber Schuld an seiner Situation ist und Menschen die am Rande der Gesellschaft stehen, werden, geleitet von falschen Werten, als nicht dazugehörig erklärt, Familien gehen zu Bruch und Menschen verlieren ihre Wohnung. Wir leiden nicht an fehlenden guten menschlichen Beziehungen sondern an dem „bösartigem Geschwür Kapitalismus“!
Ja, ein gerechtes und soziales Wirdschaftsystem kann den größten Teil der Leiden der Menschen beseitigen. Es ist kein Trugschluss, zu glauben, dass dadurch eine neue Qualität eines sozialen Menschen entsteht. Wenn alle Menschen gleichermaßen in Frieden und Wohlstand leben, gibt es auch keinen Grund neidisch auf andere zu sein. Und was willst Du den Leser/innen mit der Formulierung von der „verodneten Veränderung eines Witschaftsystems“ suggerieren? Wenn Du auf den Sozialismus anspielst, den muss sich das arbeitende Volk erkämpfen, der wird und nicht geschenkt und der kann auch nicht verordnet werden! Allerdings war es in der deutschen sowjetischen Besatzungszone (später DDR) anders. Da musste es verodnet werden oder meinst Du das man sich kurz nach dem Krieg mit einer Bevölkerung die zuvor 12 Jahre lang den Nazis zugejubelt haben, sich den Sozialismus erkämpfen kann?
Die Tendenz andere Menschen zu unterdrücken ist nicht in den menschlichen Genen verankert, sie ist immer ein Resultat der gesellschaftlichen Verhältnisse und die zielgerechte Beeinflussung durch die herrschende Klasse. Ein Beispiel: In Bosnien gab es viel Armut, dem Volk wurde suggeriert das daran die serbischen Mitmenschen schuld seinen, wenn die sich aus dem Staub machen würden, gäbe es für die Bosnier genügend Arbeit und allen ginge es gut. Das Volk glaubte an dieses Märchen und sie gingen aufeinander los – Nachbar gegen Nachbar…
Wieso sollte der Kapitalismus aus welchen Grund auch immer von alleine verschwinden? Er ist das diktatorische Herrschaftssystem einiger wenige. Wenn er verschwindet würden diese Wenigen auch von der Bildfläche verschwinden. Ist das deren Wunsch? Du sprichst von fairen Beziehungen zwischen Menschen und meinst die Beziehungen zwischen den Werktätigen und dem Kapital. Wie soll es da jemals fair zu gehen – das ganze System ist doch auf unfairheit aufgebaut der eine ist Herrscher, die anderen werden beherrscht. Illusionen von fairen Beziehungen unter den Klassen gehören heute nicht einmal in den Kindergarten.
Die Raffgier und das Streben nach Macht ist keine seelische Störung, sondern dient dem Selbsterhaltungstrieb der noch herrschenden Klasse. Diese ist in das kapitalistische System so eingebunden, das die Missachtung der wichtigsten Regel ihren eigenen Untergang bedeuten würde. Das Kapital konkuriert untereinander so extrem das es zu den verbrecherischsten Maßnahmen greifen muss die man sich vorstellen kann. Werksspionage und feindliche Übernahmen sind dabei noch die harmlosesten Mittel. Kriege anzetteln, etnische Säuberungen und Erpressungen ganzer Nationen gehören ebenso dazu. Der Kapitalist muss extrem aggressiv sein, sonst droht ihm selber der soziale Abstieg. Das hat nichts mit einer seelischen Störung zu tun.
Fiete Jensen, Tischler aus Kiel
Rezension zum Taschenbuch: Macht der Kapitalismus depressiv?, Fischer Verlag GmbH, 160 Seiten, 2016, Autor Martin Dornes, seines Zeichens Soziologe und Professor Dr. habil. der Psychoanalyse
Als ich das Essay von Martin Dornes „ Macht Kapitalismus uns depressiv?“ bei meiner netten Buchhändlerin bestellte und den Titel nannte, meinte diese lakonisch: “Dazu muss ich doch kein Buch lesen! (um dies zu wissen)“. Damit wäre eigentlich die kürzeste Rezension der Welt verfasst worden und man könnte die undankbare selbstgestellte Aufgabe einer Buchrezension beenden! Aber beginnen wir mit der Kontextanalyse des Werkes, wobei schwerpunktmäßig wirklich nur auf die Beantwortung der obigen Frage als Titel „Macht Kapitalismus uns depressiv“ Bezug genommen werden soll. Der erste Blick ins Büchlein offenbarte eine Enttäuschung: Nicht eine Grafik, Abbildung und Tabelle war zu detektieren! Subsummierende Diagnose: Ein unseriöses wissenschaftliches Werk! Vorwegnehmend sei in diesem Kontext konstatiert, dass Dornes durch die Benennung von reinen Zahlen nicht zur Übersichtlichkeit beiträgt – das Gegenteil ist eher der Fall! Mit Tabellen und Grafiken hätten Beweisführungen vs. Negierungen fundierter und eindeutiger geführt werden können.
Und nun aber kommt noch der Hammer: auf Seite 6 offenbart der Autor seine ganze Unkenntnis zur elementaren Physik: Wenn der Wasserspiegel sinkt, dann würde der Eisberg immer mehr hervortreten! (die Höhe des Eisberges oberhalb der Wasserfläche ist immer konstant und beträgt ca. 0,1 (akkurat 0,11) der Gesamthöhe des Eisbergeses). Hier hätte man eigentlich zum zweiten Mal mit der Buchrezension aufhören können, weil sich der Autor absolut von der Allgemeinbildung her disqualifizierte! Aber nun zur eigentlichen Materie: Selbstverständlich nehmen psychische Erkrankungen im Turbo-Kapitalismus zu! Diese Aussage basiert auf solide und fundierte Literaturrecherchen und eigene Forschungsergebnisse! Nahezu übereinstimmend findet man hierzu Forschungsergebnisse diverse Quellen und Institution (diverse Krankenkassen!!!, Statistikportal, Deutsches Ärzteblatt, Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenkrankheiten (DGPPN), das Robert Koch Institut,……) im Internet. Beispielsweise konnte eine Quelle ausfindig gemacht werden, wo von 1972 bis 2012 die psychischen Erkrankungen mit einer Kurve/Funktion eine Darstellung erfuhr, dergestalt, dass von 0,6 Prozent im Jahre 1972 bis 17 Prozent im Jahre 2012 die psychischen Erkrankungen innerhalb von 40 Jahren zunahmen. Eine weitere Funktion einer anderen Quelle reflektiert das Geschehen psychischer Störungen von 2003 bis 2015, dergestalt, dass von 2003 bis 2009 ein gravierender Anstieg der Krankheitstage von 3 Tage auf ca. 11 zu verzeichnen war und dann bis 2015 wieder auf ca. 5 Krankheitstage (von 100 Arbeitsnehmern) abfiel. Das Statistik-Portal Statista gibt einen Anstieg psychischer Erkrankungen von 1997 bis 2017 auf ca. 270 Prozent an (auf das 1,7-fache angestiegen). Aber verbleiben wir einmal bei der jüngsten Erhebung mit aktuellem Datenmaterial zu psychischen Erkrankungen: Der Fehlzeitenreport 2018 der AOK reflektierte (siehe Märkische Allgemeine vom 05. 09. 2018, Seite 9), dass bei sinnvoller, sinnstiftender Arbeit bei 34 Prozent der Arbeitnehmer Rücken- und Gelenkschmerzen und bei 33 Prozent (unspezifische) Erschöpfungszustände diagnostiziert werden (beide Diagnosen jeweils als Ausdruck psychischer Beanspruchungen). Wird die Arbeit hingegen als unbefriedigend und belastend empfunden, dann erhöhen sich die Prozentwerte jeweils auf 54 und 56 Prozent! Und: In der Märkischen Allgemeinen Zeitung wurde kürzlich erst reflektiert, dass 2/3 der Bevölkerung in Brandenburg an Hypertonie (Bluthochdruck) leidet. Dies ist der überzeugende Beleg dafür, dass die neoliberalen Verhältnisse/Zustände aufgrund der extremen miserablen Arbeitsbedingungen, wie Zeitdruck, geringe Löhne, mehrere Jobs pro Person vermehrt zu psychischen Erkrankungen führt! Kapitalismus macht also eindeutig krank, ja depressiv! Diese Zahlen sind ein deutliches Indiz dafür, dass psychische Störungen und Erkrankungen unzweifelhaft zugenommen haben und dass Arbeit krankmachen kann! Bereits einfache logische Überlegungen lassen erkennen, dass Arbeitslosigkeit (Überforderung durch Unterforderung, demotivierend, deaktivierend, destruktiv, dequalifizierend, psychopathologisch,… ……) und miserable Arbeitsbedingungen und extreme Ausbeutung (lange Anfahrtswege zur und von der Arbeit, ständige Erreichbarkeit über Handy, prekäre Beschäftigungen, 40 Prozent der Werktätigen/ Beschäftigten/ Arbeitnehmer haben befristete Jobs und können keine Zukunft planen , viel zu geringe Entlohnung, unbezahlte Überstunden, mangelnder Arbeitsschutz, Monotonie und Stress, mehrere Jobs pro Tag und Woche,…..) für einen Anstieg der psychischen Erkrankungen / Störungen in Form von Depressionen, Ängste und Burnout (…) sorgen. Was aber absolut erstaunlich und unverständlich ist, ist die Tatsache, dass der Autor die soliden Daten diverser Quellen dazu benutz (z.B. vom Robert- Koch-Institut und vom DAK-Report,….), um seine Hauptthese(n) zu belegen, indem er offensichtlich die Fakten und Daten verdreht bzw. anders interpretiert! Beispielsweise wird eine Quelle gravierend in ihrer Aussagkraft modifiziert, indem der Autor behauptet, dass Frauen besonders von Depressionen betroffen seien. Seine inhaltlichen Beweise, dass durch moderne Multimedia- und Computertechnologien nicht die psychischen Belastungen in modernen Berufen/Arbeitsstätten zunehmen würden, sind einfach absurd! Wahrscheinlich hat Herr Professor Dr. Dornes noch nie in einem modernen Betrieb mit innovativer Computertechnologie gearbeitet!
Und Schüler sind in Ganztagsschulen, ganz einfach zu berechnen, um den Faktor 0,4 mehr psychisch belastet (10 h-6 h: 10= 0,4). So einfach ist die psychische Mehrbelastung pauschal zu berechnen! Und an einer anderen Stelle (Seite 51 oben zum Burnout) negiert der Autor die Effektivität und Potenz von ergonomischen /arbeitswissenschaftlichen Gestaltungsmaß-nahmen im Arbeitsprozess zur Minimierung von Stress und Burnout und plädiert eher für Verhaltensänderungen/Training der Arbeitsnehmer/Operateure. Wahrscheinlich hat Professor Dornes noch nie etwas von arbeitsplatzgestaltenden Maßnahmen, wie der Forcierung von primären, sekundären und tertiären sicherheitstechnischen Lösungen, der optimalen Gestaltung der physikalischen und chemischen Umweltfaktoren (Beleuchtung, Lärm, elektromagnetischen Wellen und Felder, der Vibrationen,…..) und der optimalen anthropometrischen Auslegung der Arbeitsplätze bzw. der optimalen ingenieurpsycho-
logischen Auslegung der Anzeige- und Bedienelemente, sowie ihre optimale An- und Zuordnung nach den Kompatibilitäts- und Gruppierungsgesetzen gehört!
Und psychische Erkrankungen lassen sich sehr gut und exakt mit psychodiagnostischen Methoden und Verfahren indizieren bzw. diagnostizieren – mit klaren und eindeutigen Diagnosen! Beispielsweise mit dem Fragebogen „ Arbeitsbedingtes Verhaltens- und Erlebnismuster“ (kurz: AVEM) oder mit dem Freiburger Persönlichkeitsinventar (kurz: FPI)! Hier wird beispielsweise die Persönlichkeit mit/in 12 Dimensionen abgebildet und es lassen sich direkt und exakt Diagnosen ableiten – zum Beispiel „psychosomatisch gestört/nervös“, depressiv/Depression oder psychisch labil,….). Der Autor arbeitete bei diversen Bildungsträgern als Psychologe und Leiter des Psychologischen Dienstes und führte primär Berufseignungsdiagnostik mit Jugendlichen und Erwachsenen mit einer Testbatterie von 8 Tests und Fragebögen durch, wobei die Ergebnisse dann in einem Arbeits- und Klinisch-Psychologischen Gutachten einmündeten, um den Vermittlern/Coachs/Sozialpädagogen effektive Informationen zur beruflichen Integration der Klienten in die Hand zu geben. Dabei stellte sich heraus, dass viele Jugendliche und Erwachsene bei längerer Arbeitslosigkeit gravierende psychische Störungen, ja Krankheiten von Depressionen bis zu psychosomatischen Störungen und eine ausgeprägte psychische Labilität aufwiesen, die mit der Applikation des FPI indiziert werden konnten. Und bei der Applikation des Arbeitsbedingten Verhaltens- und Erlebnismuster musste in den drei Dimensionen „Erfolgserleben im Beruf“ „Lebenszufriedenheit“ und „Soziale Unterstützung“ konstatiert werden, dass die Ausprägung ganz minimal war. Für einen großen Teil der Betroffenen musste daher ein Antrag auf Schwerbehinderung oder sogar auf eine Rente aufgrund von Erwerbsminderung gestellt werden. Und das Psychodiagnostische Instrumentarium war sogar so intelligent, dass man das sozialpsychologische Klima in diversen Betrieben diagnostizieren konnte!
Siegfried Marquardt, Königs Wusterhausen
Neueste Horrormeldung zu psychischen Erkrankungen in der Bundesrepublik Deutschland:
Wie die Medien im März 2019 vermeldeten, haben im Zeitraum von 2007 bis 2017 die Krankheitstage zu psychischen Erkrankungen laut AOK von ca. 44 Millionen auf rund 110 Millionen zugenommen! Kommentar überflüssig!