Lúcio Bellentani
30. November 1944 in Birigui; † 19. Juni 2019 in Jacareí
Wir trauern um den Kollegen, Genossen und Freund Lúcio Bellentani. Er war ein brasilianischer VW-Arbeiter und Mitglied der Kommunistischen Partei Brasiliens (PCB). Nicht Einschüchterung, Knast und Folter konnten ihn davon abbringen sich für seine Kollegen/-innen ein zu setzen und die Verbrechen und die skrupellose Profitgier von VW do Brazil und der Militärdiktatur anzuprangern.
Wir sind stolz darauf das Du einer von uns warst und verneigen uns vor deiner Standhaftigkeit und deiner Entschlossenheit bei der Verteidigung der Interessen unserer Klasse und der Menschenrechte in Brasilien.
Lúcio starb am 19. Juni 2019 im Alter von 74 Jahren in Jacareí (Brasilien).
.
Nachruf von Lupo (VW-Wolfsburg)

Lupo
Lúcio Bellantani ist von uns gegangen. Er war VW-Arbeiter bei VW do Brazil und Kommunist. Während der Militärdiktatur wurde er gefoltert. Sein angebliches Verbrechen, er kämpfte gegen die Hungerlöhnerei von VW. So holte der Werkschutz die Folterknechte der Generäle ins Werk wo Lúcio an seinem Arbeitsplatz verhaftet wurde und es war der Beginn einer langen Tortur. VW hat bis heute sich nicht entschuldigt und auch nicht entschädigt. Stattdessen schickte VW erst den „Historiker“ Grieger los um diese Schandflecke aufzuarbeiten. Doch Grieger biss sich die Zähne aus, die gefolterten Kollegen wollten keine Schönfärberei, sondern Entschuldigung und Entschädigung. Grieger warf den Job hin und der nächste „Historiker“ wurde angesetzt. Doch auch Kopper musste erkennen, die Kollegen um Lucio forderten klar, keine leeren Sprüche, sondern Bares auf den Tisch für die erlittene Schmach.
Wenn man bedenkt, daß VW Milliarden Euro ausgibt für Rechtsanwälte und Entschädigungen um sich vom Dieselskandal reinzuwaschen, dann dürften die Entschädigungen für die gefolterten Kollegen leicht aus der Portokasse zu bezahlen sein. Nun ist zu erfahren, VW möchte sich außergerichtlich wegen der Entschädigungen für die gefolterten Kollegen einigen. Ein Vorgehen, das auch beim Dieselskandal gern ausgeübt wird. Man möchte so einen gerichtlichen Präzedenzfall vermeiden um Kosten zu sparen. Das ist nicht nur schäbig, sondern die Herren Vorstände glauben, die Angelegenheit unter den Teppich schieben zu können.

Mitarbeiter von VW Brazil schrauben im Werk in Sao Paulo für einen Hungerlohn am Sedan (Käfer).
Bild: YouTube screenshot
Es ist das Verdienst von der Reporterin Stefanie Dodt vom NDR diesen Skandal ans Tageslicht zu bringen. Es wurde ein Fernsehfilm über die Sache gedreht, Lucio wurde eingeladen nach Berlin um über seine Fall zu berichten. Doch Lúcio starb ohne eine Entschuldigung oder Entschädigung. Doch der eigentliche Skandal ist die Tatsache, daß die so eifrigen Revoluzzer von der MLPD, die keinen Tag verstreichen lassen ohne die internationale Arbeitersolidarität zu bemühen, nicht ein einziges Wort über den VW- Folterskandal berichten. Die Schweinereien mit der Folter bei VW, die Arbeitsverbote in diesem Land existieren einfach nicht. Das hat seinen triftigen Grund. Die MLPD hatte einen wichtigen Sendboten im Aufsichtsrat bei VW, nämlich Berthold Huber, zuständig bei der MLPD für Betrieb und Gewerkschaft. Dieser Speichellecker von Herrn Piëch hatte nichts Besseres zu tun als das Wohlgefallen des Patriarchen zu erregen und war tunlichst darauf bedacht, keine atmosphärische Störungen wegen Schweinereien in den in- und ausländischen VW-Werken zu erregen.
Daß in den ausländischen VW-Werken, in Südafrika, Spanien oder China die Menschenrechte mit Füßen getreten wurden und werden, das pfeifen die Spatzen von den Dächern. Billiglöhnen und der Aufstand dagegen, das wird brutal unterdrückt. Und natürlich die Solidarität der deutschen Kollegen mit den ausländischen Kollegen. Die IG- Metall als gelbe Gewerkschaft mit ihrem Protagonisten Stefan Krull, auch ehemaliger Betriebsart bei VW-Wolfsburg, zuständig für den Arbeitskreis Internationalismus will nichts von den Ermordungen der Kollegen durch die chinesischen Sozialfaschisten bei VW- Shanghai gewusst haben.
Die Tradition des Sklaventreibers Porsche bei VW nimmt also ungebrochen seinen Fortgang. Und im Interview mit dem ehemaliger Chef von VW Carl C. Hahn begründete er das Vorgehen von VW in Brasilien, es seien ja Kommunisten. Die blutige Dividende von VW um jeden Preis erhalten. Wenn nun aus dem Auspuff eines Volkswagens nicht nur Gift, sondern Blut fließt, dann ist das schlecht für eine Nummer eins im Automobilgeschäft. Corporate Governance heißt das Zauberwort. Viel Geld und „Historiker“ werden in die Spur geschickt um massive Imageschäden zu verhindern. Doch Kosmetik und Schwamm darüber das ist nicht. Lúcio und seine Kollegen haben auf den Tisch gehauen. Und das ist recht so. Diese finsteren Herren Vorstände mit der Gutsherrenmentalität und dem Bedarf die Arbeiter in Sklavenhaltung zu entmündigen, das kam mal zum Ausdruck als ein Obermeister bei VW-Wolfsburg erzählte: „Jeder Arbeiter müsse einen Marschallstab in seinem Tornister haben“. Dies zeigt, eigentlich ist VW nichts Besonderes. Wie Lenin einst sagte sind die Fabriken der Kapitalisten Militärzuchthäuser für Arbeiter. Die Kapos der gelben Gewerkschaften sorgen als soziale Polizei dafür, daß auch nur der kleinste Widerstand im Keim erstickt wird. Und so ist es nicht verwunderlich wenn ein solcher Kapo wegen Lustreisen mit der VW-Luftfahrt in den Puff nach Brasilien düst und dabei noch auffliegt, seinen Hut nehmen muss. Die Verabschiedung dieses Lumpen mit stehenden Ovationen durch die Kollegen bei VW-Hannover zeigt, wie tief die Arbeitsmoral bei VW gesunken ist. Es zeigt aber auch, wenn die Kommunisten in Hannover es vorziehen zu saufen, die Arbeiter sich im Stich gelassen fühlen.
Wenn der Feind uns bekämpft ist das gut und nicht schlecht heißt es. Wenn in Brasilien VW den faschistischen Knüppel herausholt aber in diesem Lande den Arbeitern Zucker in den Hintern bläst, die Spaltung der Arbeiterklasse betreibt, so können wir uns mit diesem Geschäft nie anfreunden. Die unverbrüchliche Solidarität mit Lúcio und seinen Genossen ist ewig über den Tod hinaus. Wenn in diesem Land die Arbeiterklasse den Arbeiterfürsten hinterher latscht, glaubt so ihr Brot zu verdienen, dann haben sie sich gekniffen. Das sozialverträgliche Wohlverhalten und Stellenkürzungen wegen der Fossilkrise wird nichts bringen. Es zählt nur der Profit. Und dafür gehen die Kapitalisten über Leichen.
.

„DAS ROTE LENKRAD“, Betriebszeitung der KPD/ML für VW,
berichtete regelmäßig über die Ausbeutungspraktiken in den VW-Werken im Ausland.
.
Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.
.
Anmerkung der Redaktion Arbeiterkampf zum Nachruf von Lupo:
Die Aussage in Lupos Nachruf zur Rolle von Berthold Huber ist unseres Wissens sachlich falsch. Huber war und ist kein Mitglied der MLPD. Er soll bis 1979 im KAB, der Vorgängerorganisation der MLPD gewesen sein und wurde dort ausgeschlossen. Heute ist er SPD-Mitglied.
Man kann heute der MLPD nicht anlasten, was ein ehemaliger, ausgeschlossener und heutiger SPDler treibt. Eine Kritik an der MLPD ist unseres erachtens notwendig. Sie muss aber den Tatsachen entsprechen. Wir wissen, dass die MLPD über ihre „Automobilkoordination“ Kontakte nach Brasilien hat und auch über die Militärdiktatur berichtet und dazu Stellung genommen hat. Sie macht das auf ihrer maoistischen und idealistischen Grundlage. Das muss entlarvt werden, aber nicht durch falsche Behauptungen..
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung –
Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz.Auch linker Journalismus ist nicht kostenlos
und auch kleine Spenden können helfen Großes zu veröffentlichen!
Das Verhalten von VW ist nicht hinnehmbar und niemals sollte Gras über die Vorfälle wachsen.
Zur „Anmerkung der Redaktion Arbeiterkampf zum Nachruf von Lupo:
Die Aussage in Lupos Nachruf zur Rolle von Berthold Huber ist unseres Wissens sachlich falsch. Huber war und ist kein Mitglied der MLPD. Er soll bis 1979 im KAB, der Vorgängerorganisation der MLPD gewesen sein und wurde dort ausgeschlossen. Heute ist er SPD-Mitglied.
Man kann heute der MLPD nicht anlasten, was ein ehemaliger, ausgeschlossener und heutiger SPDler treibt. Eine Kritik an der MLPD ist unseres erachtens notwendig. Sie muss aber den Tatsachen entsprechen. Wir wissen, dass die MLPD über ihre „Automobilkoordination“ Kontakte nach Brasilien hat und auch über die Militärdiktatur berichtet und dazu Stellung genommen hat. Sie macht das auf ihrer maoistischen und idealistischen Grundlage. Das muss entlarvt werden, aber nicht durch falsche Behauptungen.“
Einst saß Willy Dickhut bei der Gründung der KPD/ML mit am Tisch. Alsdann kam es zum Zerwürfnis mit Ernst Aust. Streitpunkt, wie sollen die Kleinbürger aus der Studentenbewegung behandelt werden. Dickhut wollte die Kleinbürger in der Partei nicht, Ernst Aust wollte mit ihnen eine Front von Arbeitern und Studenten. Ob dieses Zerwürfnisses kam es zur Spaltung. Dickhut gründete den KAB. In diesen wurde auch Berthold Huber aufgenommen, damals Kleinbürger und Student. Er war 12 Jahre zuständig für Betrieb und Gewerkschaft laut Stefan Engel. Während dieser Zeit besuchte er die Akademie der Arbeit in Frankfurt um als Gewerkschaftsbonze den Arbeiterverrat zu erlernen. Es muss angemerkt werden, dass auch viele Genossen der KPD/ML in den DGB-Gewerkschaften aktiv waren. Doch die meisten wurden ausgeschlossen und mit Arbeitsverboten bedacht. Das war die Zeit als Willy Brandt mehr Demokratie wagen wollte. Hier wirkte Zuckerbrot und Peitsche. Kroch man den Bonzen in den Hintern war die Welt in Ordnung. So wurde gern mit Angeboten wie Akademie der Arbeit oder DGB-Bundesschule in Springe gelockt. Nun soll Berthold Huber wegen angeblichem Karrierismus ausgeschlossen worden sein. Das reimt sich insofern nicht, weil stets die Linie verfolgt wurde Kommunisten müssen in den (welche) Gewerkschaften mitarbeiten. Was dann zur Gewerkschaftskarriere führte. Und die Steigleiter des Berthold Huber führte zum Vorstand der IG-Metall und schließlich zum Vorsitz und damit automatisch zu einem weichen Plätzchen im Aufsichtsrat von VW, wo er zeitweilig Vorsitzender wurde und das Vertrauen des Patriarchen Piëch erwarb um den Dieselbetrug zu beaufsichtigen. Von solchen Karrieren verspricht man sich Einfluss und Wirkung. Das Dumme nur ist, je mehr man den Bonzen in den Hintern kriecht, je mehr verkommt das Subjekt. Aus diesem Grunde wurde zum Beispiel bei einer Mitgliederversammlung der IG-Metall beschlossen, nie weiter als ein von den Kollegen gewählter Funktionär zu werden um nicht den Kontakt zur Basis zu verlieren.
Dies resultierte aus den Erfahrungen weltweit mit den bürgerlichen Gewerkschaften. Und wo mit diesen keine Übereinkunft erzielt werden konnte, gründeten sich proletarische Klassengewerkschaften. Zum Beispiel in diesem Lande die Gewerkschafts Opposition GO mit Josef Predatsch einem Bergarbeiter und Kommunist. Die Bonzen gerieten in Panik weil die GO „wilde“ Streiks organisierte so auch zum Beispiel bei VW in allen inländischen Werken. Und die Streiks waren siegreich, was die Kollegen überzeugte im Gegensatz zu dem Geschacher der Bonzen. Was also soll der Nachtrab des DGB? Die Volksfront mit den Sozen ist ein altes Übel. Spätestens nach der Erklärung von Rosa Luxemburg zur Sozialdemokratie als stinkender Leichnam erübrigt sich wohl jegliche Zusammenarbeit mit den Sozen. Doch Walter Ulbricht drehte das Rad der Geschichte zurück und proklamierte 1935 an der Brüsseler Konferenz der KPD sogar die Einheitsfront mit den Faschisten. Heute life in Italien wieder mit 5 Sterne und der Lega Mord. Das Standardwerk des Walter Ulbricht zur Gewerkschaftsfrage ist die Leitschnur für alle sich mit K dekorierenden Gruppen und Grüppchen. Sie alle vereint, dass sie den Sozialfaschismus in ihrem Vokabular vermeiden.
Berthold Huber, nicht der von der DBAG, verfrisst heute seine fette Rente im Gegensatz zu den 140 000 Opfern der Arbeitsverbote die Willy Brandt und seine Bonzen in die Altersarmut getrieben haben. Die MLPD als Nachfolgeorganisation des KAB betreibt weiter innigst Nachtrab beim DGB. Man darf gespannt sein welches trojanische Pferd als Neues da wieder herauskommt. Der Dieselskandal und die MLPD mittendrin, ein tödliches Ende dieses Vereins ist gewiss.
Lieber Lupo,
Deine Haltung zur Gewerkschaft ist in meinen Augen nicht korrekt. Als Kommunist muss man auch in gelben Gewerkschaften arbeiten – siehe Lenin, Der Linksradikalismus – Kinderkrankheit…
Die Frage ist nicht ob, sondern wie man darin arbeitet. Es ist eine Frage der politischen Linie, die korrekt sein muss. Bei der DKP ist klar, dass sie jede kritische Auseinandersetzung mit dem Kurs der Gewerkschaftsführer meidet wie der Teufel das Weihwasser. Bei der MLPD ist das mittlerweile differenzierter (gegenüber ihrer früheren Haltung, die ähnlich wie bei der DKP war). Immerhin sind mehrfach MLPDler aus Gewerkschaften ausgeschlossen worden, haben sich aber oftmals erkämpft, dass das rückgängig gemacht werden musste. Zudem kennen wir vor Ort in der Region Stuttgart einige MLPDler, die gute Arbeit in ihren Betrieben machen und deshalb seitens der Gewerkschaftsführer ständig unter Druck stehen. Es gab auch Entlassungen mit Zustimmung von BRs. Leider machen sie aber immer wieder die Erfolge ihrer Arbeit mit den zentralen Parolen der MLPD kaputt, die für die Kolleg/innen völlig weltfremd erscheinen. Wir hatten hier schon einen Betrieb, da hatten sie vor Jahren die Mehrheit im BR erobert. Der Vorsitzende war aus ihrem Umfeld und bei den Kolleg/innen wegen seiner kämpferischen Haltung sehr beliebt. Sie haben auch gute Kämpfe initiiert und teilweise Erfolge erzielt. Nachdem sie aber die Mehrheit hatten, haben sie auf den Betriebsversammlungen die Kolleg/innen mit den immer gleichen und weltfremden Parolen der MLPD bombardiert. Die nächste BR-Wahl endete mit einer Katastrophe, alle wurden abgewählt bis auf den BR-Vorsitzenden, der wegen seiner früheren kämpferischen Haltung immer noch die meisten Stimmen erhielt. Eine sozialdemokratische Mehrheit übernahm den BR und den Vorsitz. Und der ehemalige Vorsitzende von der MLPD verließ rasch den Betrieb, statt zu kämpfen. Das kam bei den Kolleg/innen nicht gut an. Es stärkte die Vorurteile gegenüber den revolutionären Kräften.
Solidarische Grüße
Diethard