Volkskorrespondent
Siegfried None
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Siegfried None
Wir begingen den hundertsten Jahrestag der Novemberrevolution. Die IG-Metall-Führung feiert „100 Jahre Stinnes-Legien-Abkommen“. In der Dezembernummer der „metallzeitung“ wird dieses Abkommen zwischen Vertretern des Kapitals (Hugo Stinnes) und der reformistischen Gewerkschaftsführung (Karl Legien) kritiklos als große Errungenschaft der Gewerkschaftsbewegung gefeiert.
In Wirklichkeit aber, wie wir u. a. in AmericanRebel-Spezial »100 Jahre Novemberrevolution« dargelegt wurde, war dieses Abkommen ein Verrat an den kämpfenden Kolleginnen und Kollegen und dazu gedacht, etwas „Schlimmeres“, nämlich die sozialistische Revolution und die Enteignung der Kapitalisten zu verhindern.
Wenn ein Vertreter der Bourgeoisie, also der herrschenden Klasse, wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein solches Abkommen preist, dann ist das kaum verwunderlich. Es wirft aber ein bezeichnendes Licht auf den Zustand in der IG-Metall-Führung, wenn dieser Verrat an der Arbeiterklasse noch als Erfolg der Gewerkschaften hingestellt wird. So heißt es in dem Artikel: „Das Stinnes-Legien-Abkommen gilt als Geburtsstunde der Tarifautonomie in Deutschland. …Arbeitgeber und Gewerkschaften erkannten sich darin als Verhandlungspartner an und legten fest, welche sozialen und wirtschaftlichen Fragen sie gemeinsam regeln.“
Der „Kieler Matrosenaufstand“ wird gerade mal erwähnt, die Streiks und Demonstrationen sowie die bewaffneten Kämpfe der Novemberrevolution in Städten wie Berlin, Hamburg und München, aber reichsweit auch in zahlreichen weiteren Orten, werden als „Unruhen“ bezeichnet.

Wandgemälde zur Erinnerung an den Kieler Matrosenaufstand an einem Bunker im Kieler Arbeiterviertel Gaarden. Foto: Fiete Jensen
Die Legitimation für dieses Abkommen wird auf die Sozialpartnerschaft fokussiert. Metallzeitung: „Die Gewerkschaften hatten seit Jahrzehnten um die Anerkennung als Vertreter der Arbeiterinnen und Arbeiter gekämpft.“ Jetzt bekamen sie sie sozusagen von den Kapitalisten frei Haus. Oder war es vielleicht der Dank dafür, dass die Gewerkschaften in den Jahren des 1. Weltkriegs den „Burgfrieden“ gehalten hatten, oder dass ihre Führer den Kriegskrediten für die kaiserliche Armee zugestimmt hatten (Legien war SPD-Mitglied und diese Partei stimmte im Reichstag für die Kriegskredite)?
Abschließend schreibt die metallzeitung: „Das Abkommen legte den Grundstein für eine Tarifpolitik, die auf Flächentarifen beruht. Wie wirksam dieses Instrument bis heute ist, zeigt der Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie Anfang 2018. Für Beschäftigte ist er ein weiterer Schritt auf dem Weg zu guter Arbeit.“
Erstens: So berauschend waren die Tarifabschlüsse in der Metall- und Elektroindustrie in den letzten Jahren nicht.
Zweitens: Um gute Tarifabschlüsse zu erreichen, brauchen wir die Kampfkraft der Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, nicht die Kungeleien in den Tarifkommissionen.
Und: Wir brauchen eine andere, klassenkämpferische Gewerkschaftspolitik.
Kolleginnen und Kollegen, macht in den Gewerkschaften Druck für eine kämpferische Gewerkschaftspolitik!
Wählt in die gewerkschaftlichen Gremien klassenkämpferische Vertrauensleute und Betriebsräte!
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Erstveröffentlichung heute oder vor wenigen Tagen in der Gruppe Volkskorrespondenz. Weiterveröffentlichung nur für Partner/innen der Gruppe Volkskorrespondenz.
Bilder und Bildunterschriften wurden komplett oder zum Teil von der Redaktion AmericanRebel hinzu gefügt.
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DGB-Chef Reiner Hoffmann setzte noch eins drauf: bei der „Neujahrspressekonferenz“ des DGB in Berlin. Tarifverträge empfahl er, weil sie die „Binnenkonjunktur stärken“ und den Staat von Verteilungskonflikten zwischen Kapital und Arbeit „entlasten“ würden. Besser kann man sich dem Staat des Kapitals wohl nicht als Ordnungsmacht empfehlen.
Seinen Einsatz für die Neuauflage der „großen Koalition“ vor einem Jahr findet Hoffmann noch immer völlig in Ordnung, die „Sozialpartnerschaft in Deutschland“ nannte er einmal mehr „ein Erfolgsmodell“.
Das ist ganz auf der Linie der Klassenzusammenarbeit, welche die Führungen der DGB-Gewerkschaften verfolgen. Kritik am Gang der Dinge brachte der DGB-Vorsitzende nur genau an den Stellen an, wo die gewerkschaftlichen Angebote zum politischen und sozialen Management nicht akzeptiert werden – und zwar ausschließlich in Form von Appellen. Forderungen wurden keine gestellt und schon gar nicht zum Kampf gegen die unsozialen Maßnahmen der Regierung (Hartz IV zum Beispiel) aufgefordert.
Der DGB will 2019 „Demokratie, Europa und sozialen Zusammenhalt stärken“. Der Anteil der tarifgebundenen Betriebe liegt im Westen der BRD nur noch bei 27, im Osten bei 18 Prozent. Das ist nicht gut für die „Binnenkonjunktur“! Europa, sagt Hoffmann, gerät durch „die zunehmende Spaltung aus den Fugen“. Deshalb startet der DGB eine Europakampagne, „um die Menschen am 26. Mai zum Wählen zu motivieren“ Schließlich war die EU mal ein „Wohlstands- und Friedensversprechen“.
Sogar im Ausland macht sich der DGB-Chef für Europa stark. So brachte am 18. Januar die London Times eine großformatige Anzeige, welcher die Briten aufforderte, doch bitte in der EU zu bleiben oder doch wenigstens eines Tages zu ihr zurückzukommen: „Unsere Tür wird immer offen bleiben“.
Der Aufruf war unterschrieben von den Parteivorsitzenden von CDU, SPD, den Grünen, den Vorsitzenden von BDI, BDA und DIHK, den Vorstandsvorsitzenden von Daimler und Airbus und – dem DGB-Vorsitzenden Rainer Hoffmann. Unglaublich, aber wahr.