SPEZIAL


Des Kapitals Lieblingskind droht zu kollabieren

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Inhalt

Volkskorrespondenz

Michael Hillerband

Pflegenotstand – Keine Zeit für einen Schluck Wasser

Michael Hillerband

Im Landtag von NRW gab es am 18. Juni eine Pressekonferenz zur „Personalsituation in Krankenhäusern“. Unter anderen verkündete Sylvia Bühler (verdi) Dinge, die alle schon wissen. Dann aber legte die Krankenpflegerin Esther Hasenbeck aus Essen los und schilderte ihren Klinik-Alltag: „Man will morgens manchmal schon weinend nach Hause gehen, weil es heißt: Kollege X ist krank… Wir kommen jeden Tag an unsere Grenzen. Wir arbeiten nicht mehr unter menschlichen Bedingungen und die Patienten werden nicht unter menschenwürdigen Bedingungen versorgt. Ich habe bestimmt schon hundert Dienste gemacht, ohne einen Schluck Wasser zu trinken… ohne auf die Toilette zu gehen, Dienste, ohne zwischendurch in ein Butterbrot zu beißen…. Meine Mutter war auch Pflegerin, sie ist in Frührente: Rücken kaputt…

Spätestens nach zwei Jahren im Beruf ist der Grundgedanke, Menschen helfen zu wollen, bei vielen Kollegen schon vernichtet – die ersten flüchteten schon während oder kurz nach der Ausbildung… In der normalen Nachtschicht 2 Pfleger auf 36 Patienten… Wir tun alles, aber da passieren Fehler. Wir müssen Prioritäten setzen, wir gehen jeden Tag Risiko… Das Menschliche bleibt auf der Strecke…Bis zum regulären Renteneintritt hält kaum einer diesen Knochenjob durch… Warum werden Milliardenrettungsschirme über Banken gespannt? Warum fließt so wenig Geld in die Betreuung von Menschen? Auch Kanzlerin Merkel und ihr Minister Spahn benötigen eines Tages einen Pfleger!“

Da können wir Dich beruhigen, liebe Esther! In der christlich-abendländischen Leidkultur wird für die beiden garantiert gut gesorgt werden! Schließlich gehörst Du nur zum „Personal“, sie aber nicht!

Nach einer Überschlags-Untersuchung der Gewerkschaft „verdi“ fehlen bundesweit etwa 80.000 Krankenpfleger, allein in NRW rund 18.000 – deutsche Kliniken sind demnach europaweit Schusslicht, viele Dienstpläne seien von vornherein unrealistisch, jeder Krankheitsfall im Personal werde zum Notfall im Dienstplan.

Am übernächsten Tag gab es in Düsseldorf vor einem Hotel, wo sich „Fachpolitiker“ trafen, eine Demonstration von offiziell 3.000 Pflegekräften und sich solidarisierenden Menschen – Teilnehmer nennen eine weit höhere Zahl. Die „Deutsche Stiftung Patientenschutz“ fordert eine Umkehr der Beweislast: nicht der Patient müsse nachweisen, dass dieses Medikament seine Gesundheit schädige, sondern die Herstellerfirma müsse beweisen, dass der Gesundheitsschaden nicht von ihrem Medikament herrühre. Bisher können die Firmen sich da herausreden, vor allem, wenn jemand mehrere verschiedene Medikamente gleichzeitig nimmt.

Die Gesundheitsminister Spahn vom Bund und Laumann aus NRW (beide CDU) wurden von den Demonstrierenden mit einem Pfeif- und Sirenenkonzert empfangen. Sie forderten mehr Personal für Kliniken und Heime. Spahn balzte um die Gunst der Protestierenden: „Ich weiß, Sie haben viel Vertrauen in die Politik verloren, geben Sie uns die Chance, es zurückzugewinnen durch konkrete Taten.“ Meine Güte, wie viele Chancen wollen die denn noch kriegen? Und was sie vorhaben, ist auch nicht sehr vielversprechend: Ein paar Tausend Arbeitsplätze sollen geschaffen werden und bei Behandlungsfehlern sollen Patienten leichter Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche stellen können! Komm, Du Dummerchen, ich erklär Dir mal, wie man so ein Formular ausfüllt – dann können wir es auch schneller ablehnen! Ja, geht’s noch toller? Sind das die „Chancen“, die ihr versemmeln wollt?

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Volkskorrespondenz

Ulrike Spurgat

Pflege: eine Geldmaschine

Krankenstand von Kollegen/-innen in der Pflege ist 30% höher als in den Krankenhäusern

Ulrike Spurgat

Eines haben meine Kollegen/-innen in den Pflegeberufen alle gemeinsam: Sie arbeiten am Limit! Ein täglicher Kampf der sie zerreißt. Der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist emens und Sie alle haben oder hatten alle selber pflegebedürftige Eltern und was das heißen kann, darüber lohnt es sich wirklich nachzudenken.
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Und das ist das System

Die meist privaten Betreiber von Pflegeeinrichtungen appellieren genau an die menschlichen Fähigkeiten, Empathie und Mitgefühl zu haben und suggerieren  Mitarbeiter/innen und Angehörige, dass diese Fähigkeiten, getreu dem „freien Markt,“ käuflich zu erwerben sind.
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Zuneigung muss bezahlt werden

Die Angehörigen sind diesem System meist ausgeliefert und sind oft  mit all der z. T. überflüssigen Bürokratie überfordert und deswegen sind sie dringend auf Hilfe angewiesen. Sie greifen nach dem erstbesten „Strohhalm“ um die Situation zu entschärfen. Natürlich wollen sie ihre Eltern nicht abschieben aber ihre Lebens- und Arbeitssituation lässt oftmals keine andere Möglichkeit zu. Der Pflegebedürftigte oder die Angehörigen müssen tief ins Portemonnaie greifen, wenn sie in solch einer Einrichtung gewollt oder auch ungewollt landen.

Spekulanten, Verbrecher und Gangster haben sich das Geschäftsmodell Pflege zur Beute gemacht.

Der Staat hat komplett versagt. Die sogenannte Daseinsfürsorge gibt es schon lange nicht mehr, obwohl man immer noch so tut, als ob. Den „fürsorgenden Staat“ gibt es nur für die 709 Abgeordneten des Bundestages. Sie können, im Gegensatz zu denen, die hier an einem konkreten Beispiel „zu Wort“ kommen, fürsoglich leben.
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Der Alltag in einer Pflegeeinrichtung

Beginn der Frühschicht: 6:00 Uhr. Die Einrichtung hat 56 Bewohner, davon 25 schwerst Pflegebedürftige (Menschen mit einem besonderen Bedarf an zusätzlicher regelmäßiger Hilfe). Sie alle müssen versorgt werden. Je eine Fachkraft, ein Pflegehelfer und ein Auszubildender arbeiten im Minutentakt.  Waschen, Wundversorgung (Einige der Bewohner sind durchgelegen, haben offene, schmerzhafte Wunden, die behandelt und beobachtet werden müssen), Nahrung geben, Betten beziehen, kämmen, eincremen und die körperliche Bewegung, für all das gibt es die Vorgabe, die es gilt einzuhalten. In einer Dokumentationsmappe muss dann jeder Handgriff und jeder Furz dokumentiert werden. Ein enormer Zeitaufwand der, dann den Bewohnern von ihrer Zeit abgezogen wird. Die Mappen sollen den Betreiber rechtlich absichern und die Kollegen kontrollieren. Wenn keine Angehörigen erreichbar sind, sterben die Bewohner/innen meist alleine. Für Zuwendung, Ansprache, Gesten wie Hände halten oder ein freundliches Wort, dafür reicht die vorgegebene Zeit nicht. Viele Kollegen/-innen steigen aus. Sie werden krank in dem sie „gesund“ auf ein System reagieren dass selber krank und zerstörerisch ist: Der Kapitalismus.
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Kosten für den Aufenthalt und die sogenannten zusätzlichen Hilfsmittel

Ein Doppelzimmer, das für zwei Bewohner konzipiert und 24 qm groß ist wird lediglich durch einen Vorhang getrennt. So ist eine Privatsphäre von vornherein ausgeschlossen. Pro Person und Monat liegt der Eigenanteil des Bewohners, je nach der Einstufung des Pflegegrades bis zu 1900,- Euro. Die Pflegekasse übernimmt einen ähnlich hohen Betrag. Rund 3.800 Euro gehen also monatlich an den Betreiber, wovon die Lebensmittel (ca. 155 Euro) den kleinsten Posten ausmachen. Besonders ins Auge fallen die sogenannten Investkosten, die monatlich bei ca. 500 Euro für jeden Bewohner liegen. Rechtlich ist es bislang nicht geklärt ob diese erhoben werden dürfen, da die Miete, die Betriebskosten usw. über die monatlichen Zahlungen abgedeckt sein müssten.
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Und noch einmal zugelangt

Wer nun denkt das die genanten Kosten ein „Rund um Sorglospaket“ abdecken, ist auf dem Holzweg. Jeder Handschlag muss zusätzlich bezahlt werden. Physiotherapie, Krankengymnastik, zusätzliche Betreuung von außen, Ergo- und Logopädie, Friseur, Maniküre, Pediküre usw. Einen Arzt gibt es nicht im Hause.  Bei akuten Erkrankungen dauert es meist zulange den Hausarzt zu bitten. So kommt dann der Rettungswagen und bringt die/den Patient/in ins Krankenhaus, um ihn/sie dann etwas später wieder abzuholen und ihn/sie  zurück zu bringen. Oft wird im Krankenhaus festgestellt, dass der Bewohner dehydriert war (zu wenig Flüssigkeit) bekommen hat und einfach keine Zeit war dem Bewohner bei der Aufnahme von Flüssigkeit zu helfen. Dieses geschieht hunderte Male täglich in diesem so reichem Land und die Betreiber von Rettungswagen berechnen jedes Mal pro Einsatz zwischen 400- und 600 Euro. Dann kommen die permanenten Zuzahlungen für Medikamente, für Vorlagen, für Salben, für Desinfektionsmittel, Katheter und Spritzen dazu. Für jedes Zipperlein gibt es das passende Medikament und der Bewohner nimmt es ein und hinterfragt nicht.
 Soweit nicht bei den Bewohnern eine nicht übersehende Veränderung im Alltag erkennbar ist bleibt die Kontrolle der Einnahme und die Neueinstellung der Medikamente, zur möglichen Reduktion dem Zufall überlassen. Ein Ende gibt es nicht, weil auch die Eindrücke und realen Schilderungen immer eine Momentaufnahme bleiben, im Leben derer, die der Politik wenig nutzen.
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Protestkundgebung an der Berliner Charité am 23.06.2015

Jens Spahn und das Kalte Herz

Arbeiten Sie mindestens einen Monat lang in einem der 33.000 Hospize wo menschlich gestorben werden darf. Vom wirklichen Leben und Sterben verstehen die Politiker nichts.
 Die vornehmliche Pflicht eines Staates ist es, die Schwachen vor der Willkür des Starken zu schützen. 
“Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ heißt es im Artikel 1, des Grundgesetzes
. Die Ankündigung von 8.000 – 10.000 neuen Stellen in der Pflege sind ein Witz. Bei ca. 13.000 Einrichtungen wäre das nicht mal eine Stelle pro Einrichtung. Dampfplaudern, schwätzen, sich wichtig tun, dafür steht Jens Spahn. Tausende Stellen müssen neu geschaffen werden und die Arbeitsbedingungen müssen erheblich verbessert werden. Bei den Löhnen muss eine dicke Schüppe drauf. Es ist dringend an der Zeit, dass die Pflegeberufe endlich die Anerkennung erfahren die lange fällig ist. Die Privatisierung muss gestoppt werden. Sie ist das Grundübel, das Monster, dass sich gegen alles stellt, dass die Bedingungen der Alten und Kranken und die der Mitarbeiter und Kollegen verbessern kann.
 Der Rechtsbruch in den Heimen muss aufhören. Fixierungen und andere Zwangsmaßnahmen müssen richterlich genehmigt werden. Pflegeerleichternde Maßnahmen schränken die elementaren Grundrechte der Bewohner ein. Aufhören muss, dass Ärzte Mangelernährung feststellen, dass die Betreiber mit richterlicher Genehmigung, Zwangseinweisungen fordern können wenn sie überfordert sind und mit Bewohnern nicht umzugehen wissen, weil wie meist geeignete Mitarbeiter fehlen. Fachkräfte sind teuer. Pflegehelfer/innen können und dürfen z. B. Schlaganfall Patienten nur unter Anleitung versorgen. Der kranke Bewohner leidet still, akzeptiert, isoliert sich und einige warten auf den Tod. Eine wirklich humane Gesellschaft macht sich daran fest, wie mit Schwachen, Kranken und Kindern umgegangen wird. Davon sind wir weit entfernt.
 An ihren Taten werden sie gemessen werden – Jens Spahn, also tun sie endlich was!

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Weitere Beiträge von Ulrike Spurgat  
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Robert Balzer

Pflege unlimited …

Robert Balzer


Pflege grenzenlos, ja es soll was passieren für bessere Pflege alter Menschen, ambulant oder stationär, für die Pflege in Krankenhäusern. Auf der politischen Bühne treten immer mehr Akteure auf, die Onkel Doktor im Gesundheitswesen spielen wollen. Und sie treten so auf, dass niemand merkt, dass sie bestenfalls Laienschauspieler sind.
Realistisch gesehen sind sie nichts anderes als Interessenvertreter des Kapitals und dessen Profitsystems. Und sie tun nichts anderes als zwischen Monopolen, mittleren und kleinen Kapitalisten und frisch geschlüpften Profitgeiern zu vermitteln. Jeder von ihnen soll für sich den größtmöglichen Reibach mit dem zur Zeit lukrativen Geschäft mit der Pflege machen können.

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Der neue Gesundheitsminister

Es ist der 37-jährige CDU-Rechtsaußen Jens Spahn, der nun, auch mit begeisterter Zustimmung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, die ministeriellen Fäden im Gesundheitswesen in den Händen hält. Als ein wichtiger Sektor der Wirtschaft ist das Gesundheitswesen einer der profitabelsten. Bei guter Pflege durch den Minister dürften die Profite der einschlägigen Unternehmen bis hin zum Betreiber eines kleinen Altenpflegeheims durch die Decke schießen. Kultursensible Pflege nach kapitalistischem Verständnis.
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Immer mehr Private

Waren Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen bis in die 90er Jahre noch großenteils in Trägerschaft der Öffentlichen Hand, so befinden sie sich jetzt mehrheitlich, nämlich bereits zu 52%, in den Krallen privater Investoren. In Schleswig-Holstein lag der Anteil Privater im Jahr 2016 schon bei 73%. Zur Zeit kommen jeden Monat bundesweit 70 bis 80 neue Einrichtungen dazu. Offenbar lohnt es sich zu investieren. Galten bislang noch Atomkraftwerke als wahre Gelddruckmaschinen, so sind es jetzt Pflegeheime und ambulante Pflegedienste. Längst sind auf diesem Sektor große Konzerne entstanden mit der Tendenz zur Monopolbildung.

Marktführer in Deutschland ist mit ca. 25 000 Pflegekräften die französische Korian-Gruppe. Drei Milliarden Euro wurden bundesweit allein im Jahr 2016 in Pflegeimmobilien investiert. So kaufte z.B. die Gruppe Primonial Reim aus Frankreich 68 Pflegeheime für ca. eine Milliarde Euro von Even Capital, und die Deutsche Wohnen erwarb für 420,5 Millionen 28 Heime.

Die Branche scheint also gut geeignet, Gelder aus der weltweiten Finanzblase einzusetzen, um weitere Millionen- und Milliardenbeträge in diesem Casino zu gewinnen.
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Pflegenotstand heißt Profitmaximierung

Maximale Profite und Profitsteigerungen erreicht das Kapital üblicherweise durch intensive Ausbeutung der Ware Arbeitskraft. Und das heißt auch Rationalisierung und andere Arten von Personaleinsparung.

Ein Pflegenotstand ergibt sich weniger aus der demographischen Entwicklung als vielmehr durch bewusst verminderten Personaleinsatz. So werden zur Zeit Pflegeheime mit etwa 80% bis zu 50% der eigentlich notwendigen Personalausstattung betrieben. Die zuständigen Kontrollinstanzen wie Heimaufsicht und Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) schreiten erst dann ein, wenn eine nicht mehr zu kaschierende Häufung von gravierenden Pflegefehlern vorliegt. Dann wird allerdings nicht die Einstellung weiteren Personals angemahnt, sondern es wird mit der Schließung des betreffenden Heims gedroht. Üblicherweise wird die Schließung dadurch vermieden, dass das Pflegeheim in das Eigentum eines anderen Konzerns übergeht wie jüngst geschehen in Ludwigsburg bei Stuttgart. Nach dem Transfer und der Vorlage eines „neuen“ Konzepts wird die Genehmigung zum Weiterbetrieb sofort erteilt.
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Personalsituation

Im Jahr 2016 waren 594.000 Menschen in der Pflege beruflich tätig, davon allerdings 385.000 Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte. Verschiedene Studien, u.a. auch eine des Bundes, legen dar, dass um die 200.000 Pflegekräfte mehr gebraucht werden.

Im neuen Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass in einem Sofortprogramm 8.000 neue Stellen in der Pflege geschaffen werden sollen, finanziert aus den Mitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Der Großteil der Beschäftigten arbeitet nicht tarifgebunden. Und das heißt: 40 Stunden-Woche (bei 6 Tagen), 24 bis 27 Tage Jahresurlaub, ein halbes oder gar kein 13. Monatsgehalt. Private Träger verweigern meist die Zahlung von Zuschlägen für Nacht- und Wochenenddienste, trotz gesetzlicher Verpflichtung. Nicht selten werden Pflegekräfte unter Druck gesetzt, ihre geleisteten Überstunden nicht aufzuschreiben (es wird an das in diesen Berufen ausgeprägte Berufsethos appelliert).
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Kosten für Pflegebedürftige

Die alte Einteilung der Bedürftigkeit in Pflegestufen wurde abgeschafft und in diesem Jahr durch fünf Pflegegrade ersetzt. Die monatlichen Kosten sind je nach Region unterschiedlich aber vergleichbar. Sie belaufen sich im Grad 1 auf ca. € 130,- bis im Grad 5 auf ca. € 2005,- monatlich. Die Kassen übernehmen davon monatlich 28 Tage bis zu höchstens ca. € 1600,-. Der Rest muss selbst aufgebracht werden. In diesen Beträgen ist auch das Einkommen des Trägers eingerechnet.

Mindere Personalausstattung (inklusive geringe Entlohnung und unbezahlte Arbeit), das Nicht-Vorhalten von Pflegemitteln sowie billigste Ernährung der Heimbewohner sorgen für zusätzliche Gewinne von ca. € 500,- pro Monat und Bewohner. Das lohnt sich richtig. Der Arbeitsaufwand für einen Betreiber ist vergleichsweise gering, das Geschäft läuft von selbst.
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Der Minister

Um zusätzliche Stellen in der Pflege zu besetzen will sich nun Jens Spahn im Ausland nach ausgebildeten Pflegekräften umsehen. Was für eine abgelutschte olle Kamelle.

Nun hat eine Studie, die vom baden-württembergischen Landtag in Auftrag gegeben wurde, festgestellt, dass auch der Personalmarkt im Ausland z.B. Polen leergefegt ist, also von da kaum mehr Bewerber zu erwarten wären.

Poteste an der Uni Tübingen im Dezember 2017

Um die Spielchen unserer Laiendarsteller zu beenden brauchen wir ein anderes System. Wir brauchen Sozialismus!
Zunächst aber wollen wir:
• einen bundeseinheitlichen Personalschlüssel, der an den Bedürfnissen der zu Pflegenden orientiert ist
• Angemessene Bezahlung, d.h. 30% mehr
• 13. Monatsgehalt
• Zuschläge für Nacht- und Wochenenddienste
• 30 Tage Urlaub
• 35 Stunden-Woche (bei 5 Tagen)
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Erstveröffentlichung in Arbeit-Zukunft am 16. April 2018. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers 

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Volkskorrespondenz

Steffen Weise

Der Kampf der Pflegekräfte rüttelt an den Grundpfeilern dieses Systems!

Steffen Weise

Der Pflegenotstand beschäftigt mich seit Langem. Ich bin selbst betroffen, also selbst schwer krank und den Kampf der Pflegekräfte für mehr Personal halte ich für ganz herausragend wichtig. Dieser Kampf findet in einer Sache, in einem Segment statt, in dem das kapitalistische System ganz zentral angegriffen wird. Der Kampf der Pflegekräfte rüttelt an den Grundpfeilern dieses Systems!

Die Grundlage des Problems wurde mit der weitreichenden Privatisierung vieler Einrichtungen, aber auch mit der Einführung des Neoliberalismus als Verfassungsrang geschaffen. Alles muss sich rechnen, es zählt nur der Profit! Dass der Mensch, in dem Fall die Krankenschwester bzw. der Krankenpfleger, nur ein Kostenfaktor ist, wissen wir schon lange.

Diese Einrichtungen müssen Profit erwirtschaften – sonst ziehen die Investoren ihr Kapital ab und dann wird der Laden ganz geschlossen. Wenn der Investor ahnt, dass er für sein Kapital irgendwo mehr Rendite bekommt, ist ihm der ganze Laden schnurz-piep-egal. Der Investor ist der Kapitalist und genau in diesem Spannungsfeld stehen die Geschäftsführungen vieler Krankenhäuser.

In den Krankenhäusern fehlen 80.000 oder gar 100.000 Pflegekräfte. Das können und wollen sich die Kapitalisten nie leisten. In der Altenpflege kommen nochmal etwa 40.000 hinzu. Die Kosten sind unvorstellbar hoch. Hinzu kommen noch Kosten der Ausbildung. Wenn es realisiert würde das fehlende Personal zu beschaffen, wäre der Profit dahin und es wäre auch endlich klar, dass das Gesundheitswesen, wo es ganz zentral um den Menschen geht, absolut ungeeignet ist für die Profitwirtschaft ist.

Es ist völlig klar, dass die Geschäftsleitungen, die Minister und diese ganzen anderen Fuzzis diesen Forderungen nicht nachkommen können. Sie suchen jetzt nach Auswegen, wie sie die Protest- und Streikbewegung spalten und abmildern können. Diese Herrschaften haben ein richtig ernstes Problem!

Da ich leidenschaftlich für die Abschaffung des Kapitalismus streite und kämpfe, bin ich von dem Kämpfen für mehr Personal begeistert und ich gehe noch einen Schritt weiter. Ich halte es für möglich, dass diese Streik- und Protestwelle die Keimzelle einer zukünftigen revolutionären Arbeiterbewegung sein kann, in Deutschland und vielleicht sogar in ganz Europa.

Die Streiks in Essen und Düsseldorf haben eine radikale Komponente. Viele der betroffenen Pflegekräfte werden wissen um die Kostenfaktoren im Kapitalismus und um das ganze Leid der Privatisierungen und Kostendeckelungen im Gesundheitswesen. Wenn sie aber trotzdem streiken, richtet sich also ihr Streik gegen das System und unsere Aufgabe ist es, sie solidarisch zu unterstützen, auf sehr vielfältige Weise, dieses Spezial in AmericanRebell kann dazu einen kleinen Beitrag leisten.

Proteste im Oktober 2017 in Düddeldorf

Gleichzeitig ist es wichtig, in marxistischen Arbeitskreisen die Kämpfe theoretisch zu begleiten und den weiteren revolutionären Weg zu erörtern und zu finden und in die Streik- und Protestbewegung hineinzutragen. Diese marxistischen Arbeitskreise würden dann dezentral die Aufgabe einer Kommunistischen Partei übernehmen und die Arbeiterbewegung unterstützen und ihr den Weg aus der Barbarei weisen.

Der Gesundheitsminister und andere Fuzzis haben da nun so eine Kommission einberufen, die in einem Jahr (!!!) Ergebnisse ihrer Untersuchungen vorlegen soll und dazu solche lächerlichen Themen hat, wie z.B. „wie die Arbeitsbedingungen zu verbessern sind“. Dazu brauche ich keine Kommission, sondern nur sechs Beschäftigte aus der Branche und etwas Zeit, damit sie alle ihre Probleme, Sorgen und Nöte mal erzählen können. Es gibt ja sonst nichteinmal jemanden, der sich überhaupt dafür interessiert.

Diese Kommission ist nach meiner Meinung nur ein Vehikel, mit dem das Problem vertagt werden soll.  Gleichzeitig versucht man Strategien zu entwickeln, wie der Protest zu ersticken sei. Hier ist es unsere Aufgabe, dies ganz unverblümt zu entlarven und gleichzeitig den Streikenden den Rücken zu stärken. Es könnten z.B. örtliche Solidaritätskomitees initiiert werden, die die Solidarität mit den Streikendden und mit den Patientinnen und Patienten systematisch organisiert und nicht dem Zufall überläßt.

Über das Internet könnten wir versuchen, Unterstützung aus Europa zu organisieren. Wie steht es in anderen europäischen Ländern um die Pflege?m (siehe hiezu auch den Beitrah von Andreas Habicht aus Malaga, unten).

Kubanische Ärzte im Kampf gegen Ebola

Dem hiesigen Modell der Misswirtschaft im Gesundheitswesen können wir ein konkretes Gegenmodell gegenüberstellen. Die sozialistische Republik Kuba entsendet Ärzteteams in alle Welt, um armen Menschen eine Gesundheitsversorgung zu gewähren. Es ist doch nicht so, dass wir nur gegen etwas sind. Wir haben schon auch sehr gute Gegenvorschläge zu machen. Es muß eben nur mal die Mauer der bürgerlichen Propaganda und Hetze der Qualitätsmedien gebrochen werden.

Das Gesundheitswesen auf Kuba ist, trotz Embargo und Boykott, beispielhafte Weltspitze.

An diesem Beispiel können wir anschaulich aufzeigen, dass Kostenbremse und Profitwirtschaft im Gesundheitswesen kein Gesetz sind, sondern einfach eine politische Entscheidung.

Ausserdem würden wir damit den kubanischen Genossinnen und Genossen helfen, die Desinformationskampagne zu durchbrechen und die Bevölkerung in Deutschland umfassender über die wahren zustände auf Kuba zu informieren. Abgesehen davon, können wir von den kubanischen Genossinnen und Genossen viel lernen.
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Andreas Habicht, Málaga (Erschienen am 6. Nov. 2017)

Sparpolitik auch im spanischen Gesundheitswesen

Über die Sparpolitik im Gesundheitswesen in der Provinz Málaga
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Andreas Habicht

Das Gesundheitswesen ist wohl in allen kapitalistischen Ländern darauf ausgelegt, die Kosten, vor allen Dingen für die Betreiber und die Versicherungen, möglichst niedrig zu halten. So auch in Spanien, obwohl es hier, anders als in Deutschland, weitestgehend vom Staat, bzw. den autonomen Regionen betrieben wird. Dies hilft zwar den Versicherten, die Kosten erheblich niedriger zu halten, als dies in Deutschland der Fall ist, allerdings bedeutet dies natürlich keineswegs, dass hier nicht der Rotstift regiert.

In Spanien existiert für jeden Arbeitnehmer, auch für Selbständige, eine Sozialversicherungspflicht, die unter anderem die Behandlung in den “Centros de Salud”, den Gesundheitszentren (in etwa vergleichbar mit den Polikliniken in der DDR) ermöglicht. Diese Zentren, die flächendeckend vorhanden sind, werden, wie die Sozialversicherung ebenfalls von der jeweiligen autonomen Region betrieben.

Außerhalb der normalen Sprechzeiten existiert ein Notdienst, der meist allerdings auf minimalem Niveau betrieben wird. Dass darunter letztendlich die Notfallpatienten und auch das Personal dieser Zentren zu leiden haben, braucht wohl nicht weiter erwähnt zu werden.

Sicherlich dürfte sich diese Sparpolitik in ländlichen, strukturschwachen Gebieten besonders auswirken. Aus diesem Grunde findet (sicherlich nicht nur) in Álora (Provinz Málaga), jeden letzten Freitag im Monat eine Manifestation für ein zweites Notfallteam statt, die unter anderem vom Ortsverband der Izquierda Unida (spanische Linkspartei) organisiert wird. So setzte sich am vergangenen Freitag, 27. Oktober pünktlich um 18 Uhr der Demonstrationszug vom “Centro de Salud” (Gesundheitszentrum) bis zum Rathaus in Bewegung. Dort angekommen, fand eine kurze Ansprache statt, die mit dem Aufruf, an der nächsten Demonstration Ende November teilzunehmen, beendet wurde. Es bleibt zu hoffen, dass diese durchaus berechtigten Forderungen von den zuständigen Stellen erhört werden und die entsprechenden finanziellen Mittel bewilligt werden.

Bildnachweis: 2017 by Andreas Habicht, © alle Rechte vorbehalten

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Fiete Jensen (27. Okt. 2017)

Personalmangel in Krankenhäuser unerträglich

Erneut streikten Kollegen/-innen aus dem Bereich Krankenpflege
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Autor Fiete Jensen

Fiete Jensen

In dieser Woche kam es in Krankenhäusern in NRW, im Saarland und in Düsseldorf erneut zu Arbeitsniederlegungen für mehr Pflegepersonal. Ver.di teilte am Dienstag mit das Mitarbeiter/innen des Universitätsklinikums Düsseldorf für zwei Tage in den Ausstand getreten sind. Am Mittwoch folgen dann die Kolleginnen und Kollegen in der katholischen Marienhausklinik im saarländischen Ottweiler dem Streikaufruf, um für einen »Tarifvertrag Entlastung« zu kämpfen. Am Donnerstag streikten Kollegen/innen aus dem Bereich Pflege des privaten Helios-Amper-Klinikums im bayrischen Dachau.

In Dessau ist die Leitung der Helius-Amper-Klinik zu keinen Verhandlungen bereit und Düsseldorf verweigere die Krankenhausleitung sogar den Abschluss einer Notdienstvereinbarung. »Statt auf Verständigung und Lösungen für die Personalnot zu setzen, setzt der Vorstand hier auf Eskalation«.

Streikaktionen vor dem Düsseldorfer Universitätsklinikum, Foto: WDR

Kollegen/-innen der Universitätsklinikums Düsseldorf haben am 23. und 24. Oktober einen 48-Stunden Warnstreik durchgeführt. Die Gewerkschaft ver.di hatte zum Arbeitskampf aufgerufen, und hunderte Beschäftigte nahmen teil. Viele Kundgebungen und Demonstrationen wurden durchgeführt. Die Stimmung war sehr kämpferisch und von viel Solidarität geprägt.

Warum wird gestreikt?

Kollegen/-innen der kämpfenden Belegschaft von Klüh unterstützten die Streikaktionen, Foto: AZ

Die Kollegen/-innen  beklagen das die Personaldecke zu dünn und dadurch die Arbeitsbelastung für die Pflegekräfte viel zu hoch ist Besonders in den Nachtschichten kommt es zu Engpässen.
Zudem wird bemängelt, dass Mitarbeiter/innen von Tochtergesellschaften der Uni, darunter Reinigungskräfte und Pförtner, bisher keinen Tarifvertrag haben.
Solidarität zeigten auch die von Entlassungen betroffenen Reinigungskräfte von Klüh, des Düsseldorfer Flughafens. Sie nahmen an der Demo teil und unterstützten die streikenden Kollegen/innen. Außerdem nahmen auch u. a. Vertreter der Die Linke, DKP und SDAJ teil.


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