Frank Burkhard

Noch friedlich

„P.S. Ick liebe Dir“ – noch bis zum 6. Januar im Prime Time Theater, Berlin
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Frank Burkhard

Pop-Theater, das ist modernes Volkstheater, und das ist es, was das Ensemble des Prime Time Theaters in Berlin auf die Bühne bringen will. Das ist sympathisch, hat volkstümlichen Charme und anspielungsreichen Witz, aber manchmal überwiegt auch der Klamauk. Der wird in der neuen Inszenierung zurückgedrängt, weil das Bundestagswahlergebnis für die im Multikulti-Bezirk Wedding angesiedelte Truppe doch ein Schock war. Die mittlerweile 113. Folge der Bühnen-Sitcom „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ (GWSW) mit dem Titel „P.S. Ick liebe Dir“, die Philipp Hardy Lau geschrieben hat, setzt ein paar politische Spitzen. Dazu werden neue Personenkonstellationen aufgebaut. So ist Petra, die unternehmungslustige Mutter der „Kiezschlampe“ solo, weil ihr Gatte Hartwig wegen Mauscheleien, die er zum öffentlichen Unwohl verübte, für längere Zeit hinter schwedischen Gardinen verschwand. Hartwigs Freund Hartmut kommt mit einem attraktiven Freund zu Besuch, und es stellt sich heraus, dass beide frischgebackene Bundestagsabgeordnete sind, der eine für die FDP, der andere für die AfD. Noch ist alles friedlich, aber da steckt schon das Potential für das nächste Stück, das erst im neuen Jahr folgt. In einem der Filmeinspiele taucht dann Frauke Petry höchstselbst auf – ein Novum bei GWSW, wo prominente Namen stets verballhornt wurden. Sie wird treffend von der vielseitigen Cynthia Buchheim parodiert. Die ehemalige Frontfrau einer Band kann hier ihre weniger bekannte Seite ins Spiel bringen, indem sie Zickzack-Politikerin ein Lied singen lässt. Sie ist auch Petra und Theresa, wie denn alle Darsteller wiederum in mehreren Rollen brillieren. Hausherr und Publikumsliebling Oliver Tautorat spielt nicht nur Murat und Tina Tonne, sondern auch einen französischen Kellner, Philipp Lang ist Hartmut und Tom und hat als frischverliebter Orkan besonders schöne Szenen. Mit Cecilia Hafiz und Marlon Putzke gibt es zwei neue Ensemblemitglieder, deren Talent groß genug ist, sich auf den speziellen Stil bei GWSW einzulassen. „Altgedientes“ Ensemblemitglied ist Alexandra Marinescu, die seit kurzem die Funktion als künstlerische Leiterin übernommen hat und diesmal ihr gutes Händchen als Regisseurin beweist. Aber man freut sich auch darauf, wenn sie als „Kiezschlampe“ wieder auf der Bühne stehen wird.

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Aus Das Blättchen, Nr. 24, vom 20. November 2017, mit freundlicher Genehmigung des Autors
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