Volkskorespondenz

Nico Diener

Nur ein Stück Scheiße

Menschenverachtenden Räumungsaktionen nun auch in Berlin
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Nico Diener

Nur ein Stück Scheiße scheinen Berlins Obdachlose für den Berliner Senat und die Bezirksverwaltungen von Berlin-Mitte und -Neukölln zu sein. Eine neu eingerichtete sogenannte „Task Force“ macht kurzen Prozess, überfällt Obdachlose in den Parks und stiehlt ihre Habe.

Hat gut Lachen und schläft im Warmen: Bezirksbürgermeisterin Giffey (SPD)

Nicht nur im Tiergarten, sondern auch in Neukölln übernachten viele Obdachlose in öffentlichen Grünanlagen. Dieser Umstand rief eine Dame Namens Franziska Giffey, ihres Zeichens Bezirksbürgermeisterin von Neukölln und, wie sollte es anders sein, SPD Abgeordnete, auf den Plan. „Wir gehen konsequent dagegen vor“, sagte Giffey gestern dem Tagesspiegel. „Wir dürfen das nicht dulden, da die Situation in den Grünanlagen nur noch schlimmer wird. Die Grünanlagen und Parks sind für die Erholung der Bürger da. Dafür müssen wir sorgen.“

Zu diesem Thema erreichte uns eine Pressemitteilung der Berliner Obdachlosenhilfe e.V.
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Berliner Obdachlosenhilfe e.V.

Stellungnahme zur Räumung in Mitte und Neukölln

Es ist Herbst. Die Nächte werden kalt, es regnet, sich draußen aufzuhalten ist oft unangenehm. Diejenigen, die Tag und Nacht im Freien verbringen müssen brauchen gerade jetzt Verständnis und manchmal auch Hilfe.
Die Regierungsparteien Berlins haben während des Wahlkampfs versprochen, die Situation obdachloser Menschen zu verbessern. Die letzten Tage und Wochen passiert genau das Gegenteil. Das ist enttäuschend und macht wütend.
Obdachlose Menschen, die gezwungen sind auf der Straße oder eben in Parks zu übernachten, werden mit Polizeitrupps von dort vertrieben und es wird Druck auf sie ausgeübt in ihre Herkunftsländer zurückzugehen.
Leider scheint in der SPD nicht klar zu sein dass die EU-weite Freizügigkeit auch für arme Menschen gilt. Auch der grüne Bürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel, schlägt in die gleiche Kerbe und bedient sich schamlos rassistischer Vorurteile wenn er die Abschiebung von auf der Straße lebenden Menschen fordert.

„Insel der Obdachlosen“ nennt die Berliner Zeitung den Tiergarten

Um diese Haudrauf-Linie noch härter durchsetzen zu können fordert die Neuköllner Bürgermeisterin Giffey von der SPD überall in Berlin so brutal vorzugehen. Der Senat will wohl genau dies mit der neu gegründeten Task Force aus Polizei und Ämtern durchsetzen.
Das jahrelang ignorierte Problem der Obdachlosigkeit wird aber nicht gelöst indem man die Betroffenen aus der Stadt jagt. Statt Repression braucht es dringend einen Ausbau niedrigschwelliger Hilfen, eine ausreichende Finanzierung der Hilfsorganisationen und der Kältehilfe.
Vielen Menschen fällt es nach Jahren auf der Straße schwer sich in die strengen Regeln staatlicher Wiedereingliederungsprogramme zu fügen. Deshalb braucht es offene Angebote, in denen sich Betroffene selbstbestimmt und mit Unterstützung ein eigenes Leben aufbauen können.
Damit das möglich ist, müssen dringend die Sozialleistungen erhöht und für alle hier Lebenden zugänglich gemacht werden.
Und zusätzlich braucht die Stadt eine Wohnraumpolitik, die verhindert dass immer mehr Menschen sich keine Wohnung leisten können und gezwungen sind auf der Straße zu leben!
Man mag sich kaum vorstellen was es bedeutet bei nachts unter null Grad draußen zu schlafen wenn eine „Task Force“ das eigene, notdürftig warm haltende Lager zerstört, Matratze und Zelt nimmt und einem nur bleibt was man am Körper trägt. Und wenn das auch noch an jedem Platz geschieht, an dem man versucht ein wenig Ruhe zu finden.
Deshalb bitten wir euch: Solidarisiert euch! Solidarisiert euch mit den Menschen die auf der Straße leben, mit denen die in der Gesellschaft ganz unten stehen und auf die die Politik jetzt weiter eintritt anstatt zu helfen.
Sprecht mit den Leuten die ihr im Park oder auf der Straße seht, die betteln oder Pfandflaschen sammeln um zu überleben. Fragt was sie brauchen, bringt einen warmen Kaffee oder etwas Geld vorbei. Oft ist ein nettes Gespräch auf Augenhöhe schon eine große Hilfe.
Wenn ihr Schlafsäcke, Schuhe, Winterkleidung übrig habt: fragt nach ob sie gebraucht werden und verteilt sie selbst oder bringt sie zu uns oder anderen Organisationen die sie verteilen.
Und gerade jetzt: macht Druck diese menschenverachtende Politik zu ändern! Engagiert euch, schreibt euren Abgeordneten dass das scheiße ist, macht Stress in der Bezirksverordnetenversammlung oder protestiert wenn wieder Menschen geräumt werden.
Setzt euch mit uns dafür ein, dass endlich alle ein würdiges Leben führen können, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Einkommen. Ein gutes Leben für Alle ist möglich!
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